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Captain Concho – Band 59

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 59
Zehn Mann gegen eine Armee

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Extra: Die Schlacht um Vicksburg: Thayers Approach, Die Vorbeifahrt von Admiral Porters Flotte an den Vicksburg-Batterien, Teil 10

Kurzinhalt:
Die Lage der Konföderierten wird immer bedrohlicher. Eine gewaltige Streitmacht der Yankees rollt in Richtung Süden, Port Hudson entgegen: die Banks-Armee! Und da sind nur Captain Concho und seine Männer, die ihren Vormarsch stoppen könnten, denn starke Südstaaten-Truppen sind an anderen Fronten gebunden. Aber Concho und seinen Leuten fehlen Proviant und Wasser. In dieser verzweifelten Lage wird »Spezialist« Finnewacker auf Banks’ Versorgungseinheit angesetzt. Und der Corporal macht eine so unglaubliche Beute, dass Concho es wagen kann, mit seiner Handvoll Männern einer ganzen Armee entgegenzutreten …

Leseprobe:

Corporal Finnewacker und Sergeant Forscreek lagen im hohen Gras und blickten zu den Yankees hinab, die vergnügt im Kreis saßen und sich die Bäuche vollstopften, dass den beiden konföderierten Soldaten die Augen übergingen. Dabei drang immer wieder dröhnendes Gelächter zu Finnewacker und Forscreek hinauf, weil einer der Yankees einen Witz nach dem anderen erzählte.

Es handelte sich um Artilleristen, die Pause machten. Auf der Straße standen, an Protzen gehängt und mit Viererzügen bespannt, vier erstklassige, nagelneue Geschütze. Hei, wie das blinkte!

Doch für die Geschütze interessierten sich Finnewacker und Forscreek nicht. Sie waren von Captain Concho beauftragt worden, Furage für die Truppe zu beschaffen. Dazu hatte er ihnen noch Sergeant Hines mitgegeben, der einen Steinwurf weit von ihnen entfernt lag und die Blauröcke ebenfalls beobachtete.

Der Yankee dort unten erzählte seine recht eindeutigen Witze so laut, dass sie sie verstanden.

»Mann, diese Nonnenwitze!«, sagte Forscreek angeödet. »Die haben doch alle sooo einen Bart.«

»Die Yankees lachen sich aber dumm und dämlich!«, meinte Finnewacker grinsend.

»Dafür sind die doch bekannt! Die lachen über jeden Mist«, erwiderte Forscreek geringschätzig. »Außerdem haben die bei dieser Verpflegung allen Grund, lustig zu sein.«

»Nehmen wir denen die Fressalien doch einfach weg«, sagte Finnewacker. »Hast du noch eine Krachmieze?«

Damit meinte er eine von den forscreekschen Handgranaten, die der Sergeant mit viel Geschick aus leeren Konservenbüchsen produzierte, die er mit Pulver und Kieselsteinen füllte und mit einem Reißzünder versah …

»Was die an Proviant mitführen, reicht für uns doch hinten und vorn nicht«, maulte Forscreek.

»Aber wir können uns erst einmal stärken!«, meinte Finnewacker versonnen. Was diese Kerle sich da unten alles reinschoben! Käse, Eier, Wurst und Speck! Das Wasser lief ihm im Mund zusammen.

Sergeant Hines kam zu ihnen gerobbt.

»Mensch! Seht ihr, wie die mampfen?«

»Wir sind ja nicht blind«, sagte Finnewacker.

»Forscreek!«, drängte Hines. »Los! Schlagen wir zu, ehe die alles aufgefuttert haben.«

»Mann!« Forscreek verdrehte die Augen. »Ist der Befehl nicht klar? Verpflegung für mehrere Tage für die gesamte Truppe sollen wir beschaffen. Die Yankees fressen sich satt, und dann ist kaum noch was übrig. Willst du dafür auch nur eine Handgranate verschwenden?«

»Er sitzt auf seinen Krachmiezen wie ‘ne Glucke auf den Eiern«, sagte Finnewacker murrend.

»Mensch, wir haben nur noch zwei!«, versetzte Forscreek.

»Wir beschaffen neue Büchsen und neues Pulver, Mann!«, erwiderte Finnewacker.

Damit hatte er Forscreek breitgeschlagen. Er griff in seinen Brotbeutel und drückte Finnewacker eine Handgranate in die Faust.

Finnewacker grinste.

»Wieso sagst du eigentlich Krachmieze?«, fragte Hines.

»Machen die Dinger nun Krach oder nicht?« Finnewacker hielt ihm die Konservenbüchse vor die Nase.

»Ja! Aber wieso dann Mieze?« »Ist das eine Büchse?«

»Ja!«, bescheinigte ihm Hines erwartungsvoll grinsend.

»Siehste«, sagte Finnewacker. »Und eine Büchse ist bei uns zu Hause eine Mieze. Kaporus?«

»Bei uns sind die Miezen Schlitzhasen!«

Finnewacker sah Forscreek an.

»Wo kommt der denn her?«, meinte Forscreek. »So etwas Einfallsloses!«

»Hör mal!«, entrüstete sich Hines. »Wir sagen auch Zimtzicke und Muttertier. Ist ein Girl besonders hübsch, ist sie eine Fee.«

Finnewacker musterte Forscreek wieder. »Fee!«

»Wirf schon deine Krachmieze!«, griente Forscreek.

Finnewacker zog die Handgranate ab, richtete sich auf und warf sie mit gezieltem Schwung.

Die Yankees bemerkten ihn, verstummten und starrten hinauf.

Mitten in den Kreis hinein fiel die Handgranate und explodierte, ein blinkendes, todbringendes Etwas.

Die Detonation zerfetzte die Stille. Eine Feuerlohe schlug dort unten empor, riss eine Fontäne aus Sand, Gras und Dreck aus dem Boden und wirbelte die Yankees wie Strohpuppen durcheinander.

Die Männer, die eben noch so herzhaft gelacht hatten, lagen nun regungslos im Gras.

Die Karabiner im Anschlag stapften die drei konföderierten Soldaten zu ihnen hinab, geleitet von einem nagenden Hunger.

Zu essen fanden sie nichts mehr vor.

Die Handgranate war auf der Zeltbahn explodiert, auf der die Yankees ihre Furage ausgebreitet hatten. Und an dieser Stelle befand sich nun ein tiefer Trichter.

Regenwürmer und Engerlinge gab es da vielleicht zu finden.

Die Männer schritten zur Straße und klappten die Sitzbänke der Protzen hoch. Blinkende Granatköpfe boten sich ihren Blicken.

Sie gingen von einem Geschütz zum anderen. Ihre Enttäuschung war riesengroß.

»So ein verdammter Mist!«, fluchte Finnewacker, als sie am letzten Geschütz standen und sich verbittert anblickten. »Statt Fressalien nur Munition! Und ich dachte, die Banks-Armee hat gar keine Munition mehr! Die gehören doch auch zur Banks-Armee, oder?«

Trotz seines quälenden Hungers betrachtete Forscreek interessiert, ja geradezu liebevoll das Geschütz.

»Mensch, nagelneu«, sagte er bewundernd. »Und ein Hinterlader! So etwas habt ihr noch nicht gesehen.«

Er öffnete den Verschluss.

»Da, seht euch das an! Hier wird die Granate reingeschoben – ssst!« Er schlug den Verschluss zu. »Fertig aus und ab.« Mit dem Handballen drückte er den Abzug nieder, der laut klickte. »Krach – rumms, und den anderen fliegen die Kartoffeln um die Ohren!

Er richtete sich auf, blickte die Kameraden an und fuhr mit der Hand über den glatten und blanken Lauf. »Das sind Dinger, was!«, murmelte er, und dabei glänzten seine Augen.

Aber weder Hines noch Finnewacker konnten für seine, Begeisterung Verständnis aufbringen.

»Alles ganz schön und gut«, sagte Hines lahm. »Wurde man noch reinbeißen können, wären die Dinger wirklich einsame Klasse.«

»Mensch, Forscreek! Was wollen wir mit den Geschützen? Wir schieben Kohldampf. Proviant sollen wir beschaffen!«, meldete sich Finnewacker.

»Sieh mal nach den verletzten Yankees, Hines«, sagte Forscreek. »Du hilfst mir, Finnewacker.«

Murrend machte Hines kehrt und stapfte zu den Männern hinüber.

»Wobei soll ich dir helfen?«, fragte Finnewacker.

»Wir nehmen die Dinger mit!«, erklärte Forscreek entschlossen.

»Da fehlt uns aber ein Kutscher.«

»Wir hängen die zwei letzten Kanonen aneinander, Finnewacker. Der Viererzug kommt mit davor, und ab geht die Post!«

»Und das Gespann übernimmst du?«

»Die Führpferde sind gesattelt. Das ist doch kein Problem.«

Sie gingen zum letzten Geschütz. Jeder ergriff ein Führpferd an der Kinnkette. Sie ließen die Tiere das Geschütz nach vorn ziehen. Während Finnewacker den Viererzug abhängte, ging Forscreek weiter voran zu den Pferden des dritten Geschützes und drängte das Gespann so weit zurück, dass sie die beiden Geschütze aneinanderhängen konnten. Sie verbanden kurzerhand die Deichsel des vierten Geschützes mit der Lafette des dritten. Als sie die Pferde nach vorn trieben, meldete sich dann Hines.

»He, kommt mal her!«, rief er.

Finnewacker überließ es Forscreek, aus den beiden Viererzügen einen Achterzug zu bilden, nahm den Karabiner in die Faust und rannte zu Hines hinüber.

Drei Yankees waren verletzt. Zwei davon recht schwer. Sie lagen im Gras. Der dritte Mann saß. Hines verband ihm den rechten Arm.

»Hol unsere Pferde«, brummte Hines. ‚»Hinter denen ist eine Versorgungseinheit. Die muss gleich hier sein.«

»Ach du dicke Maria!«, stieß Finnewacker hervor und stürmte den Hang hinauf. »Dann lass den Yankee doch liegen, Mann, und sage Forscreek Bescheid, dass wir türmen müssen!«, rief er über die Schulter.

Hines rief etwas von »Schlagader abbinden«.

Aber das verstand Finnewacker schon nicht mehr. Japsend und keuchend rannte er den Hang empor und zur anderen Seite wieder hinunter. Ihre Pferde standen dort unten im Gestrüpp. Nass geschwitzt kam er an, band die Tiere los und führte sie ins Freie.

Sie hatten in der Gegend von Vienna alle Pferde und ihre gesamte Ausrüstung verloren. Pferde hatten sie sich inzwischen zwar beschaffen können, doch ohne Sattelzeug.

Finnewacker schwang sich auf den blanken Rücken seines Braunen und trieb die Tiere über den Hügel hinweg zur Straße. Oben auf dem Kamm blickte er nach Norden. Aber da war von Yankees noch nichts zu sehen.

Hines befand sich inzwischen bei Forscreek.

»Sind die Yankees schon auszumachen?«, rief Forscreek.

»Nein! Aber hauen wir lieber ab!«, rief Finnewacker zurück, trabte den Hang hinunter und stoppte die Pferde.

»Komm runter und binde die Tiere an das letzte Geschütz!«, rief Forscreek.

»Hast du noch alle beisammen?«, fragte Finnewacker. »Mensch, die Yankees kommen! – Hines, hast du ihm das nicht gesagt? Mit den Geschützen kommen wir doch nicht weit.«

Hines zuckte bloß mit den Schultern. »Das ist ein Befehl!«, stieß Forscreek gallig hervor.

»Auch das noch!« Finnewacker glitt vom Pferd und band die Tiere an das Geschütz.

»Hines, du übernimmst das erste Gespann«, sagte Forscreek. »Wir bleiben so lange wie möglich auf den Straßen. Finnewacker, zweites Gespann! Ab durch die Mitte!«

Hines und Finnewacker schritten rasch nach vorn. Forscreek schwang sich auf das linke Führpferd seines Achterzuges, an dem die beiden letzten Geschütze hingen.

Kurzstielige Peitschen waren an den Sattelhörnern der Führpferde befestigt. Hines und Finnewacker brachten ihre Gespanne damit mühelos in Gang.

Grinsend sahen sich die beiden nach Forscreek um. Ja, er hatte Schwierigkeiten, schaffte das aber.

»Tempo machen!«, brüllte er nach vorn, das Gesicht krebsrot.

Hines und Finnewacker trieben die Pferde zum Galopp. Als sich Finnewacker umschaute, galoppierte der Achterzug ebenfalls.

Die Geschütze, Protzen und Geschirrteile rasselten und klirrten. Die eisenbereiften Räder zermahlten die verkrustete Oberfläche der Straße zu Staub, den der Fahrtwind emporriss und hinter ihnen hoch in die Luft wehte.

In hohem Tempo rasselten und donnerten sie die Straße nach Süden entlang. Das war zwar die falsche Richtung, doch erst einmal ging es ihnen darum, die Spuren zu verwischen.

Nach drei Meilen gabelte sich die Chaussee. Hines schwenkte nach Südosten ein. Brachland und Felder wechselten. Baumgruppen und Büsche durchsetzten das hügelige Land. Später folgten sie einem Feldweg, der sich durch die Wiesen auf ein Waldstück zuschlängelte. Mitten in diesem Fichtenwald verlor sich dann der Pfad, und Hines schlug den Weg zu jenem verlassenen Bauernhof ein, in dem Captain Concho und seine Männer Quartier bezogen hatten.

(wb)