Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Farmer und Goldsucher – Kapitel 3

Farmer und Goldsucher
Abenteuer und Erlebnisse eines jungen Auswanderers in Virginia und Kalifornien

Kapitel 3

Als ich allein war, überdachte ich reiflich meine ganze Lage und kam zu dem unwandelbaren Entschluss, entweder zu siegen oder zu sterben. Bevor ich aber der Gefahr die Stirn bot, hielt ich es für angebracht, das Terrain erst ein wenig zu sondieren. Verborgen hinter einer Eiche, deren dichte Zweige mich vor der Sonne schützten, zog ich mein Fernrohr hervor und richtete es auf die Ebene, die zu meinen Füßen lag.

Die Reihen der Ahornbäume, von den Strahlen der sinkenden Sonne beleuchtet, gewährten einen herrlichen Anblick. Sie glichen einem grünen See, auf welchem der Abendnebel in feurigen Streifen magische Bilder hervorzauberte. Ein scharfer Luftzug durchfuhr die Wipfel der Tulpenbäume und Catalpa bis herab zu den Kräutern der Wiesen. Hier und da flogen Silbervögel, rote Dohlen und Grünspechte mit golden glänzenden Flügeln. Wasservögel spielten auf den Wellen des Teichs, der lärmende Regenvogel, der Austernsänger, die Drossel begrüßten jeder auf seine Weise die Ankunft der Nacht. Es war ein Gemisch von Tönen und wunderbaren Schauspielen, wie sie die amerikanische Natur allein zu bieten imstande ist. Im Betrachten dieser wahrhaft bezaubernden Landschaft versunken, vergaß ich meine kritische Lage ganz, wurde aber wieder schnell in die grelle Wirklichkeit zurückversetzt.

Eine hinter den Ahornbäumen aufsteigende Rauchsäule verriet mir den Ort, an welchem Townships Farm lag. Als ich mein Fernrohr dorthin richtete, bemerkte ich eine mit Blumen bedeckte Wiese und dicht dabei ein kleines Wäldchen, welches die Farm verbarg. Zwei starke Knaben, wahrscheinlich die Kinder des Bewohners, kämpften miteinander wie zwei junge Stiere. Ein wenig entfernter gewahrte ich eine lieblichere Erscheinung und meine Träume von diesem Morgen schienen sich verwirklichen zu wollen. Ein junges Mädchen in weißen Kleidern ging über die Wiese. Ihre leichte Haltung, ihr blondes Haar harmonierte vollkommen mit einem Gesicht von engelgleicher Reinheit und Unschuld.

Mitten in dieser herrlichen Umgebung schritt das Mädchen träumerisch einher, bald den Blick zur Erde gesenkt, bald zum Himmel emporgehoben. Am Ende der Wiesen bei einem Boskett von Tulpen angekommen, ließ sich die junge Virginierin im Gras nieder, pflückte einige wilde Blumen und steckte sie in ihr Haar, als ob sie sich zu einem Fest schmücken wollte. Nach diesem unschuldigen und geheimnisvollen Vergnügen erhob sie sich wieder, und der Abendwind entführte eine Blume nach der anderen aus dieser jungfräulichen Krone. Ein warmer Hauch schien mir in diesem Augenblick über die Wiese dahin zu streifen, ein leiser Klageton drang aus dem Laub der rauschenden Bäume, und wie ein leichter Schatten entschwand das junge Wesen hinter den hohen Tulpenbäumen.

Die Sonne war untergegangen, die Nacht mit ihren breiten Schatten brach herein, und der Augenblick zum Handeln war gekommen. Die beiden jungen Burschen, welche auf der Wiese herumgetummelt hatten, und die kräftige Statur des Squatters machten den Kampf, den ich zu wagen bereit war, zu einem ungleichartigen für mich, aber die Würfel waren gefallen. Mit raschen Schritten eilte ich den Hügel hinab und legte mein Geschick in Gottes Hände. Auf der Wiese angelangt, versuchte ich mich zu orientieren und schlug den Weg in die Richtung, in welcher die Rauchsäule mir die Behausung des Squatters verraten hatte, ein.

Meine Büchse war in gutem Zustand, ich schritt in eine dunkle Allee, welche mich zu der Farm führen musste. Alles lag rings um mich in lautloser Stille, und vorsichtig, mit gemessenen Schritten, näherte ich mich dem Terrain, welches mir gehörte und ich zum ersten Mal betrat, hingegen weniger als der Herr, der in sein Eigentum einziehen will, sondern wie ein Freibeuter, der überrascht zu werden fürchtet. Mehrmals glaubte ich, in dem Schatten der Bäume den auf mich lauernden Squatter zu sehen. Ich schritt indessen näher auf die Behausung zu und konnte dergleichen nicht feststellen. Plötzlich aber zweifelte ich nicht mehr, dass ich dem Mann begegnet war, den ich suchte. Unbeweglich an den Stamm eines Baumes gelehnt, bemerkte ich Township, der seine mächtige Flinte auf der Schulter hielt. Ein Zeichen seiner Hand gebot mir Halt. Ich war etwa dreißig Schritt von ihm entfernt.

»Ich warte bereits auf Euch«, rief er mir mit dröhnender Stimme zu. »Was wollt Ihr von mir?«

»Wenn Ihr mich erwartet habt, so wisst Ihr auch, wer ich bin und was ich will. Man hat mir gesagt, dass Ihr Euch auf meinem Grundstück niedergelassen habt. Ich verlange von Euch im Namen des Gesetzes, mir hier freie Hand zu gewähren.« Ohne an James Warnung zu denken, zog ich mein Papier aus der Brusttasche, welches mein Eigentumsrecht bewies.

«Red Maple wird nur einen Besitzer haben, solange ich lebe«, entgegnete Township. »Bereits seit einer Stunde geht Ihr über diese Allee, und ich hätte Euch längst niederschießen können. Aber ich möchte ein Blutvergießen zwischen uns vermeiden. Kehrt um, noch ist es Zeit! Mein Recht ist das des ersten Besitzers und Eure Papiere gelten nichts in meinen Augen.«

Sei es um mich zu erschrecken, oder in der wirklichen Absicht, auf mich abzufeuern, nahm Township seine Büchse von der Schulter und zielte auf mich. Ich blieb unbeweglich.

»Der nächste Sheriff«, fuhr der Squatter fort, »ist 25 Meilen von hier entfernt. Der Knall meines Gewehres wird nicht bis zu seinem Ohr dringen. Euer Körper wird eine Beute der Raubvögel und Eure Papiere werden wie welke Blätter vom Winde zerstreut sein, ehe man nach Euch gefragt hat. Eins, zwei …«

Er legte seine Büchse an, aber eine unwiderstehliche Gewalt trieb mich vorwärts. Mein Gewehr ruhig auf der Schulter tragend, ging ich auf den Squatter los, mein Dokument wie einen Talisman in der Hand haltend. Lieber wollte ich sterben, als zurückweichen.

»Drei!«, schrie Township.

Was danach geschah, konnte ich im ersten Moment nur wage begreifen. Als der Squatter das Wort »Drei« gerufen hatte, stürzte ein Mann aus einer Hecke hervor. Ich fühlte meine Hände von zwei kräftigen Armen festgehalten. Dieses Manöver führte einer von Townships Söhnen aus und entriss mir heftig meine Papiere. Ich hörte einen Schuss, und eine Kugel fuhr zwischen unseren Köpfen hindurch, die in der Hitze des Gefechts aneinandergeraten waren. Wir fielen beide, jeder mit dem Gefühl, dass der Schädel seines Gegners zerschmettert wäre. Township stieß einen Entsetzensschrei aus, als ob er seinen Sohn getroffen hätte. Aber das kräftige Knie seines Sohnes, das auf meine Brust gestemmt war, zeigte mir nur zu deutlich, dass ich es mit einem Lebenden zu tun hatte. Bleich vor Schreck und mit rollenden Augen sprang der Squatter zu uns heran. Als er aber seinen Sohn wohlbehalten und als Sieger vorfand, zuckte ein Freudenstahl über seine entstellten Züge. Empört über diese Hinterlist sprang ich auf und unerschüttert von dem rohen Druck meines Gegners drehte ich mich Township und rief ihm zu: »Ihr seid ein Elender! Ein Feigling!«

»Ich? Ein Feigling!«, rief er wild lachend. »Wer hätte mich abgehalten, Euch den Gehirnkasten selbst zu zerschmettern. Der Sheriff vielleicht oder diese Papiere, die nicht mehr wert sind als ein Maisblatt?« Bei diesen Worten nahm Township seinem Sohn die Papiere ab, die mir dieser entrissen hatte, hob meine Büchse vom Erdboden auf und warf mir beides vor die Füße. Danach warf er einen wütenden Blick auf seinen Sohn, um ihn für sein Dazwischenkommen zu strafen, und fuhr fort: »Wohlan, ich will meinen Vorteil nicht ausnutzen. Aber da es hier nur einen Herrn von Red Maple geben kann, so wollen wir mit gleichen Waffen um das Eigentumsrecht kämpfen, damit der Sieger in diesem Streit dann nicht wieder beunruhigt wird. Aber das wird ein Kampf auf Leben und Tod, hört Ihr, ein Kampf ohne Gnade und Barmherzigkeit, und der ist feige, der hier zurücktritt.«

Daraufhin lud der Squatter sein Gewehr nach. Ich glaubte, dass der Streit in demselben Augenblick vorüber war, als das Gebüsch rings um mich raschelte und ich die durch den Schrei des Vaters herbeigelockten beiden Jungen sah, welche sich erst vor Kurzem auf der Wiese getummelt hatten. Es waren die beiden jüngeren Söhne Townships, die sich nicht erwehren konnten, mich mit einer Art von Mitleid zu betrachten, wie einen Menschen, dessen Tod gewiss ist. Inzwischen brach die Nacht herein. Einer von den Söhnen machte die Bemerkung, dass es für einen Zweikampf bereits zu dunkel und es daher besser sei, diesen auf den nächsten Morgen zu verschieben.

»Ein guter Vorschlag«, erwiderte Township, »also morgen bei Sonnenaufgang. Wenn der Fremde diese Nacht in meiner Hütte bleiben will, so ist er willkommen.«

Ich war unschlüssig, was ich ihm antworten sollte. Schon wollte ich auf den Vorschlag eingehen, als der ältere Sohn des Squatters, der mich festgehalten hatte, sich mir näherte und mir leise zuraunte: »Bleibt hier!« Daraufhin wandte er sich seinem Vater zu.

»Da der Fremde unter freiem Himmel übernachten will, so werde ich ihm einige Lebensmittel herschaffen und die Nacht hindurch an seiner Seite auf dem Moos schlafen.«

Ich nahm diesen Vorschlag an, da die freie und offene Miene des jungen Mannes mir außerordentlich gefiel. Nachdem er mir versprochen hatte, mich nicht lange warten zu lassen, verließ er mich in Begleitung seiner Brüder und seines Vaters.

Ich blieb nur eine Stunde allein zurück in der Finsternis, aber diese Stunde schien mir ewig lang zu werden. Endlich sah ich den Jungen mit einer Laterne und einem Korb zurückkommen. Er war sehr besorgt und entschuldigte sein langes Außenbleiben mit einer gewissen Ängstlichkeit, die einem Amerikaner fremd war. Er teilte mir mit, dass sie auf ihrem Rückweg einen benachbarten Farmer getroffen hätten, welcher ihnen außerordentliche Nachrichten über ein entferntes Land mitgeteilt hatte, in welchem Gold wie gewöhnliche Steine zu finden sei.

Auswandererkaravanen aus allen Teilen Amerikas zogen in dieses Land. Mein Todfeind Township war bereits in die Lektüre dieser Blätter vertieft, welche die verlockendsten Berichte enthielten. Ich hörte mir diese Erzählung teilnahmslos an, und der junge Amerikaner, der mein Stillschweigen bemerkte, breitete vor meinen Augen die mitgebrachten Lebensmittel aus. Einige Maiskuchen, ein großes Stück Pökelfleisch und ein Krug Bier bildeten ein gutes Mahl, dem ich aus Höflichkeit mehr als aus Bedürfnis zusprach.

»Ihr scheint über den Rat, den ich Euch gegeben habe, erstaunt zu sein«, fuhr der junge Mann fort, »und würdet wahrscheinlich lieber in der Farm schlafen. Aber zwei Männer, welche sich bei Sonnenaufgang auf Tod und Leben gegenüberstehen, können die Nacht über nicht unter einem Dach schlafen. Vater ist nicht der Mann, um die Beleidigung zu vergessen, die Ihr ihm zugefügt habt. Und diesen Abend, wenn er einige Glas Branntwein getrunken hat, so … will er Euch töten. Es wird besser für ihn sein, wenn er Euch morgen unter diesen Bäumen hier anstatt noch diese Nacht in seiner eigenen Wohnung niederstreckt. Ist das nicht Eure Meinung?«

Ich fand, und gestehe es offen, diese Wahl sehr niederschlagend und antwortete dem Jungen nur mit einer Kopfbewegung.

»Die Nacht ist warm«, fuhr der Jüngling fort, »in drei Stunden wird es Tag sein. Die paar Stunden werden bald vergehen. Wenn Ihr außer Eurem Mooslager noch ein Feuer wünscht, will ich Euch eins aus Reisig anzünden. Ich werde diese Nacht nicht schlafen, aber für Euch werden einige Augenblicke Ruhe gut sein.«

»Willst du denn die Nacht hier bei mir verbringen?«

»Gewiss! Ich bin Gott und meinem Vater für Euch verantwortlich.«

Ich sah nun ein, dass ich wider Erwarten in diesem einfachen Menschen einen Beschützer gefunden hatte. Um eine für mich unangenehme Unterhaltung abzubrechen, legte ich mich hin. Langsam überkam mich der Schlaf. Aus dem warmen Hauch der Nacht, aus dem Flüstern des Windes in den Blättern der Bäume klang es wie Trostworte zu mir herab, klang es wie die sorgende Bekümmernis einer Mutter, die ihr Kind vor Gefahr schützen will. Der Nebel, der sich über Bach und Teich legte, stieg in leichten Dunstwolken zu den Wipfeln der Bäume auf. Alles schlief um mich her. Die Stille der Natur erfasste auch mich endlich und ich verfiel nach und nach in einen Halbschlummer. Aus diesem Zustand weckte mich das leise Flüstern einer weichen süßen Stimme. Ich öffnete rasch die Augen und sah deutlich eine weiße schlanke Gestalt durch das Gebüsch sich entfernen.

»Was war das?«, fragte ich den jungen Squatter.

»Nichts, weniger als Nichts«, antwortete er, »die Laune eines jungen Mädchens. Meine Schwester war’s, die mich unter, ich weiß nicht welchem Vorwand aufsuchte. Jedenfalls führte sie die Neugier hierher. Und dann, darf ich es Euch sagen? Als sie Euch beim Schein der Laterne betrachtete, fand sie Euch noch zu jung zum Sterben«.

Die ganze Familie rechnete also blindlings auf den Sieg des Squatters, ohne mich weiter zu bemitleiden. Die Idee, dass diese Nacht vielleicht die letzte meines Lebens sein könnte, ließ mich nicht mehr einschlafen. Die letzten Stunden bis zum Aufgang der Sonne verflossen sehr rasch. Ich sah die Sterne erblassen, den Nebel schwinden, die Vögel regten sich in den Zweigen, der Morgenwind erhob sich. Die Dämmerung vertrieb die Finsternis Schritt für Schritt, und die ersten Strahlen der Sonne erhellten das Tal. Der entscheidende Moment war gekommen. Ich weckte den jungen Squatter, welcher unter einem Baum eingeschlafen war.

Stillschweigend erwarteten wir Townships Ankunft. Der junge Mann schien weniger ruhiger als gestern zu sein. Er ging auf und ab, sah mit besorgter Miene durch die rot schimmernden Zweige der Bäume und warf mehrmals einen unruhigen Blick auf die kurze Büchse, mit der ich bewaffnet war und von deren Tragkraft ich ihm erzählt hatte. Nie in meinem Leben erschien mir die Natur so schön wie in diesem Augenblick. Der Gedanke, zum letzten Mal in der Mitte dieser üppigen Wiesen unter diesem prachtvollen Himmel geschlafen zu haben, begann nichts Fürchterliches mehr für mich zu haben, als ich meinen Gegner in Begleitung von seinen zwei Söhnen und einem Mann, den ich seiner Kleidung nach für einen reichen Farmer hielt, herankommen sah. Wahrscheinlich war dies der Gast, von welchem mir Townships Sohn erzählt hatte. Ich war begierig auf das, was sich ereignen würde.

»Ich weiß, um was es sich handelt«, sagte der reiche Farmer, mir die Hand reichend, »es lässt sich aber vielleicht unter gewissen Bedingungen noch alles regeln.«

»Ich halte keine Vermittlung zwischen dem Räuber meines Eigentums und mir für möglich, ich verlange die Zurückgabe von Red Maple.«

»Es würde sich nur um die Zurücknahme gewisser Worte handeln, die mein Nachbar Township nicht vergessen kann. Ihr wisst, was ich meine.«

»Nun?«

»Dann würde man über die Abtretung von Red Maple sprechen können. Und unter einigen Bedingungen würde man Euch als Herrn dieses Landstrichs anerkennen, welche für niemanden keinen großen Wert mehr hat.«

Diese Wendung meiner Angelegenheiten überraschte mich außerordentlich. Welcher Einfluss war mächtig genug gewesen, Townships Vorsätze so plötzlich zu ändern, seinen Stolz als ersten Besitzer, die empfindlichste Seite des Amerikaners, zu brechen? Doch war es nicht der Augenblick, danach zu fragen, sondern es galt vor allem, dass ich mir die vorgeschlagenen Bedingungen anhörte. Die Hütte von Red Maple sowie die begonnene Urbarmachung des Landes wurden zu einem angemessenen Preis abgeschätzt, den ich auf der Stelle bezahlte. Die Bemerkung »Feigling«, welche ich am vorangegangenen Abend ausgesprochen hatte, nahm ich zurück und entschuldigte mich bei Township. Der Streit war beigelegt, und ich folgte den beiden Männern zu der Farm, wo mir ein gastfreundlicher Empfang bereitet wurde.

Ich schien aus einem bösen Traum zu erwachen. Der Squatter, gestern noch so finster und wild, war fröhlich und ausgelassen. Ich konnte meine Neugier nicht länger im Zaum halten und fragte ihn nach dem Grund des plötzlichen Sinneswandels. Township zeigte durch das Fenster auf mehrere Wagen, die bepackt wurden, und nach einem auf dem Tisch liegenden offenen Heft mit Titel Tagebuch eines Kalifornischen Auswanderers, wobei ich mich an die wenigen Worte erinnerte, welche mir sein Sohn mitgeteilt hatte. Diese friedliche Beilegung unserer Differenzen hatte ihren Grund in der Sucht nach Abenteuern, welche bei einem echten Squatter wohl einschlummern, nie aber verlöschen kann. Nach der Entdeckung der kalifornischen Goldminen war dieses Fieber unter dem Namen »Das Goldfieber« sprichwörtlich ausgebrochen.

Wer den amerikanischen Charakter gründlich kennengelernt, wird sich nicht wundern, welchen mächtigen Einfluss dieser Umstand auf die kalten und scheinbar ruhigen Naturen die Sucht nach Abenteuern und die Überwindung von Hindernissen hat, wenn ein bedeutender Gewinn in Aussicht steht. Der Unternehmungsgeist des Amerikaners findet in den Gefahren einer Auswanderung nach entfernten Ländern eigentümliche, dem Bewohner des alten Europa gänzlich unbekannte Reize. Ich bemerkte indessen sehr rasch, dass die Meinung der weiblichen Familienmitglieder über das Glück dieser plötzlichen Reise eine ganz andere war. Mutter und Tochter saßen mit fest verschlungenen Händen beieinander und in traurige Gedanken versunken. Bildeten sie eine reizende Gruppe unter diesen rohen Kolonisten, welche mit fieberhafter Ungeduld auf das Zeichen zum Aufbruch warteten.

Einige Stunden später war ich allein in dem Haus, das kurz zuvor eine zahlreiche Familie mit ihrem Tun bewohnt hatte. Meine Blicke irrten traurig über diese große und prächtige Besitzung, deren alleiniger Herr ich nun war. Am Ende einer langen und beschwerlichen Reise erstaunte ich über die Gleichgültigkeit, in welche mich die Eroberung meines Eigentums versetzt hatte, und ich musste mir eingestehen, dass meine Sorgen nun ein anderes Ziel hatten. Townships Tochter hatte mir im Vorübergehen einige Abschiedsworte gesagt, die schmerzlich in meinem Herzen widerhallten. Als sie von mir wegging, schmückte sie den Wagen, auf welchen sie sich setzte, mit einem Zweig duftender Ahornblüten. Eine dieser Blumen glitt ihr aus der Hand auf den Boden. War dies ein Abschiedsgruß? Ein Andenken? Diese Frage richtete ich an mich, als ich aus der verlassenen Hütte unter den Ahornbäumen, den Wiesen und dem Teich entlang ging, ohne dem Gemisch von Empfindungen entfliehen zu können, welche diese Nacht und dieser so bewegte Morgen bei mir zurückgelassen hatten. Der Abend brach herein, und ich kehrte auf die Farm zurück.

Die Journale, deren merkwürdiger Inhalt mir vielleicht das Leben gerettet hatte, während sie dem starken Township den Kopf verdrehten, lagen noch auf dem Tisch.

Hastig griff ich danach, fand aber darin nicht die Zerstreuung, welche ich suchte, und der Gedanke an die, welche, verlockt durch diese Lektüre, meine freundliche Besitzung verlassen hatten, erfüllte lebhafter als vorher meinen Geist.

Einige Tage vergingen, in deren Verlauf die Einsamkeit wie eine unerträgliche Qual auf mir zu liegen begann. Ich erinnerte mich daran, dass Townships Nachbar mich zu sich eingeladen und mir gleichzeitig das Versprechen gegeben hatte, Red Maple gegen Eindringling zu schützen, wenn einst irgendein Grund meine Abwesenheit nötig machte. Die Farm dieses Mannes lag nur einige Stunden von der meinen entfernt. Ich machte mich auf den Weg zu ihm. Als ich jedoch meine Farm für einen oder zwei Tage verließ, konnte ich es nicht verhindern, dass ich mich traurig nach meiner einsamen Hütte umwandte, als ob ich ihr auf ewig Lebewohl sagen musste.