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Der Welt-Detektiv Band 6

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Kayuta und Waneta

Kayuta und Waneta

Die Indianer lieben ihre Seen. Sie haben einen Blick für ihre Schönheit. Für sie sind die Seen Wohnstätten freundlich gesinnter Geister. Sie pflegen vom Oneida Lake zu sagen, dass der Große Geist, als er die Welt erschuf, »… sein Lächeln auf dieses Gewässer legte und Frenchman’s Island aus den Fluten emporstieg, um ihn zu begrüßen. Er lachte so laut, dass man ihn bis Lotus Island hören konnte.« So bauten sie Hütten an ihren Ufern und glitten in Kanus über das Wasser. Ein großer Teil ihrer Historie bezieht sich auf sie. Dies ist eine Geschichte der Senecas, die vor vielen Jahren durch die Entdeckung eines Hirschfells in der Nähe der Seen Waneta und Keuka im Bundesstaat New York neu belebt wurde.

Waneta, Tochter eines Häuptlings, schwor Kayuta, Jäger eines benachbarten Stammes, mit welchem ihr Volk im Krieg stand, ewige Treue. Sie trafen sich in der Dämmerung am vom Dorf gegenüberliegenden Ufer des Sees. Nach diesen Treffen war Waneta voller Glückseligkeit. Doch weckte dies in Weutha, der sie als Braut begehrte und bereits die Zustimmung ihres Vaters erhalten hatte, nur Misstrauen und Eifersucht. Er verfolgte das Mädchen, als es sich eines Abends heimlich in den Wald stahl und mit ihrem Kanu auf eine dicht bewaldete Stelle zupaddelte. Er hörte den Ruf einer Wachtel, kurze Zeit später die Antwort darauf. Kayuta erschien am Ufer und hob die Jungfrau aus ihrem kleinen Nachen. Beide setzten sich hin, lauschten den leise dahinplätschernden Wellen und beobachteten die Sterne.
Zurück im Lager berichtete der Spion, dass ein Feind in ihrer Nähe sei. Obwohl Waneta über einen anderen Weg zu ihren Wigwam gelangte, hatten Krieger ihres Stammes bereits den See erreicht. Kayuta wurde durch die Krieger gesehen, verfolgt und konnte nur mit Mühe entkommen. Am nächsten Abend, ohne zu wissen, was in der vergangenen Nacht nach ihrem Rückweg ins Lager passiert war, da die Krieger das Wissen über ihre militärischen Operationen von den Frauen fernhielten, schlich das Mädchen wieder zum See und ruderte zu der gewohnten Stelle. Beim Warten auf den Wachtelruf fiel ein kleiner Zweig neben ihr ins Wasser. Schnell begriff sie, dass dies eine Warnung darstellte, verhielt sich ganz still und ließ ihr Boot in Richtung Ufer treiben. Dabei entdeckte sie, dass ihr Geliebter hüfthoch im Wasser stand. Flüsternd erzählte er ihr, dass sie beobachtet wurden, und zeigte auf eine abgestorbene Kiefer am Fuße des Sees. Dort würde er Waneta bald treffen. In diesem Moment streifte ein Pfeil seinen Körper und flog zittern in das Kanu.
Kayuta stieß das Boot an, damit es sich vom Ufer entfernte, sprang an Land und ließ den Kriegsschrei erklingen. Als Weutha aus seinem Versteck hervorkam, spaltete Kayuta dessen Schädel mit einem Tomahawk. Zwei weiter Krieger sprangen hervor, doch nach einem Kampf mit Kayuta lagen sie tot oder bewusstlos auf dem Erdboden. Kayuta wäre noch geblieben, um ihre Skalps an sich zu nehmen. Doch er hörte seinen Namen inmitten eines markerschütternden Schreis vom anderen Ende des Sees. Matt und blutend sprang er wie ein Reh am Seeufer entlang. Es war Wanetas Stimme, welche er hörte. Er erreichte die verdorrte Kiefer, blickte um sich und sank zu Boden. Andere Indianer, die den Kampflärm gehört hatten, kamen, schrien ihn an und schwangen ihre Waffen. Doch etwas in seinem Blick hielt sie von ihrem Vorhaben zurück. Kayutas Augen waren auf eine Perlenkette gerichtet, welche direkt am Ufer auf dem Grund des Sees lag. Die Wilden dachten nicht mehr ans Töten, sondern stöhnten vor Gram. Sie taten dies für Waneta, die nach dem Verlassen ihres Kanus an Land watete, dabei in einen Morast geriet und darin versank. Die ganze Nacht und auch am folgenden Tag saß Kayuta wie ein Mann aus Stein da. In der Stunde, in welcher er sich mit seiner Geliebten treffen wollte, brach ihm das Herz, und er folgte ihr ins Spiritland.

Quelle:

Charles M. Skinner: Myths and Legends of America: Strange Tales from Our Country’s History. Fireship Press, 2007.