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Das Grauen kam um Mitternacht

Bernard L. Kowalski
Die Rückkehr der Galerie des Grauens, Nr. 9
Das Grauen kam um Mitternacht
Night of the blood beast, USA 1958

Horror, Anolis Entertainment, Haibach, September 2013, 1 DVD, 67 Minuten, EAN-Nummer 4041036310325, FSK: 16, Extras: Booklet, Audiokommentar von Ingo Strecker und Lino Endorfino, deutsche Kinofassung, US-Fassung, Trailer, Bildergalerie
Produzent: Gene Corman, Roger Corman, Darsteller: Michael Emmet, Ed Nelson, John Baer, Angela Greene, Georgianna Carter, Tyler McVey, Ross Sturlin, Musik: Alexander Laszlo
http://www.anolis-film.de

In einer Forschungsstation in der Wildnis der Vereinigten Staaten von Amerika macht eine Gruppe von Wissenschaftlern Versuche und Testreihen, unter anderem mit einem bemannten Flug ins All. Doch bei dem Rückflug kommt es zu einem tragischen Unfall. Die Rakete erleidet eine Bruchlandung, bei der der Pilot ums Leben kommt. Die Wissenschaftler nehmen die Leiche mit in die Station, wo sie untersucht wird. Dabei entdeckt Dr. Julie Benson, die Verlobte des toten Piloten Major John Corcoran, dass sein Blut eine sonderbare Veränderung durchgemacht hat und neue, mutierte Zellen beinhaltet. Währenddessen geraten die Wissenschaftler in tödliche Gefahr, denn es ist noch etwas anderes aus den Weiten des Alls mit zur Erde gekommen. Ein furchterregendes Monster, das um die Station schleicht und Angst, Schrecken und Tod verbreitet. Herkömmliche Waffen richten gegen das Wesen nichts aus und der Funkkontakt zur Außenwelt ist abgeschnitten. Für die Wissenschaftler nimmt eine Nacht des Grauens ihren Lauf …

Ein kurzer, knackiger Science-Fiction-Gruselschinken aus den 50er Jahren wird dem Zuschauer hier präsentiert. Dass der Film von den Gebrüdern Corman (Gene und Roger) produziert wurde, macht ihn dabei nur umso interessanter. Mit einer Länge von knapp 67 Minuten (in der US-Fassung sind es sogar nur 60) nimmt er zudem nur wenig Zeit in Anspruch; unwesentlich mehr als man für das Anschauen einer x-beliebigen Folge einer TV-Serie im Privatfernsehen investieren muss, und dass ganz ohne Werbung. Wie bei allen Beiträgen zu Die Rückkehr der Galerie des Grauens handelt es sich auch bei Das Grauen kam um Mitternacht um harmlosen und kurzweiligen Trash, wobei man anmerken muss, dass die Trashfilme der 50er-Jahre immer noch weit gehaltvoller sind, als die heute produzierten Machwerke, in denen es die Produzenten nur allzu häufig auf billige und blutige Effekte abgesehen haben.

Betrachtet man das farbenfrohe Titelbild der DVD, könnte man annehmen, dass auch der vorliegende Film nicht gerade zimperlich zu Werke geht, doch weit gefehlt. Abgetrennte Köpfe sucht der Zuschauer hier vergebens. Und auch die im Klappentext erwähnten Parallelen zu Ridely Scotts Alien sind in der deutschen Kinofassung lediglich rudimentär vertreten: Raumfahrer wird für tot gehalten und erwacht plötzlich wieder zum Leben, wobei er Kontakt mit einem Außerirdischen hatte. Erst in der um sieben Minuten kürzeren US-Original-Version, die sich inhaltlich doch ein wenig von der endgültigen deutschen Fassung unterscheidet, wird offensichtlich, was gemeint ist. Das Bild ist in der deutschen Kinofassung größtenteils recht ordentlich, die Effekte sind jedoch schon für damalige Zeiten eher mäßig. Vor allem der Mann im Monsterkostüm wirkt unfreiwillig komisch, insbesondere wenn er sich mit gewagten, akrobatischen Hechtsprüngen ins Gebüsch rettet. Die Schauspieler haben ihre Arbeit im Großen und Ganzen recht ordentlich gemacht und waren offensichtlich mit der gebotenen Ernsthaftigkeit bei der Sache. Teilweise vielleicht mit ein wenig zu viel Ernsthaftigkeit, denn angesichts der erweiterten Dschungel-Szenen in der deutschen Kinofassung, die übrigens aus einem anderen Gruselfilm entnommen wurden, der ebenfalls von den Corman-Brüdern produziert wurde (Attack of the Giant Leeches), wartet man vergebens auf ein wenig Selbstironie und Witz. Doch die unnötige, geradezu hanebüchene Erzählung von Major John Corcoran von riesigen Blutegeln im Amazonasdschungel, die ihm die Affäre mit einer blonden Schönheit, gespielt von Yvette Vickers, versauten, bringt die eigentlich Handlung um keinen Deut weiter und besitzt überdies keinerlei nennenswerten Bezug zum vorliegenden Film. Zeitschinderei war wohl das einzige Motiv, warum es dieser Abschnitt in die endgültige deutsche Fassung geschafft hat. Dadurch wird das Finale in seiner Dramatik unnötig gebremst.
Die US-Fassung ist da nicht nur zeitlich straffer, sondern ist auch inhaltlich raffinierter aufgebaut, was vor allem am Ende zum Tragen kommt. Dummerweise lag ein Großteil des ungenutzten Filmmaterials nur als Super-8-Fassung vor, sodass die Bildqualität entsprechend schwankt. Was in der deutschen Kinofassung zugunsten des unsinnigen Dschungel-Plots rausgeschnitten wurde, wurde natürlich auch nicht synchronisiert und liegt daher nur im Original-Ton mit deutschem Untertitel vor. Daher die Empfehlung von Anolis die US-Fassung am besten gleich komplett in Englisch mit deutschen Untertiteln zu schauen.

Dessen ungeachtet erwartet den Zuschauer aber ein durchaus ambitionierter Science-Fiction-Gruselstreifen, der einmal mehr die Angst des Menschen vor der Fremdartigkeit thematisiert. Es ist sicherlich dem damaligen Zeitgeist geschuldet, dass sich das Alien schließlich tatsächlich als die bösartige Kreatur entpuppt, für die es die Forscher von Anfang an gehalten haben. Eigentlich schade, denn gerade die Argumentation der Wissenschaftler kurz nach der ersten Auseinandersetzung mit dem Monster ist höchst fragwürdig und lückenhaft. Regie führte übrigens der damals noch unbekannte Bernard L. Kowalski, den die Corman-Brüder dann auch gleich für Attack of the Giant Leeches buchten.

Neben den Trailern und der Bildergalerie hat die DVD noch Audiokommentare von Ingo Strecker (Autor des informativen und reichhaltig bebilderten Booklets) und Lino Endorfino zu bieten. Teils sind sie recht nett und informativ, teilweise aber auch einfach unnötig albern. Zumal man sich das schmatzende Gemampfe von Chips vor dem Mikro auch hätte sparen können.

Fazit:
Interessantes und kurzweiliges Science-Fiction-Horror-Frühwerk der Corman-Brüder. Die angekündigten Anspielungen auf Ridley Scotts Meilenstein Alien findet man am eindeutigsten in der noch kürzeren US-Fassung. Die deutsche Kinofassung langweilt den Zuschauer dagegen kurz vor Schluss noch mit einer völlig unpassenden Szene aus dem Gruselschinken Attack of the Giant Leeches. Wenn bloß das Monster nicht so albern aussehen würde …

(fh)