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Leitartikel Monat November 2012

Printmedien und das Internet

Sag zum Abschied … leise Servus …
Dieses Lied könnte einem in den Sinn kommen, schaut man sich die (Print-)Medienlandschaft in Deutschland an.
Vieles von dem, was wir kennen, wandelt sich – oder es stirbt aus. Das ist nicht neu, so funktioniert die Welt bereits seit Jahrtausenden.
Vermutlich sträubten sich schon Steinzeitmenschen, endlich sesshaft zu werden; sie wollten an ihren alten Gewohnheiten festhalten.
Gut bekommen ist es ihnen wahrscheinlich nicht.

Erfindungen, neue Einsichten und Ansichten – all das führt zu einem steten Wandel. Diesem kann man sich verweigern, darf dann aber nicht weinen, wenn einen das Leben einfach am Wegesrand zurücklässt.
Betrachte ich mir die Medien in unserem schönen Land, sehe ich einige winkend am Wegesrand stehen.
Eine recht große Gruppe sind die Zeitung- und Zeitschriftenverleger.
Es ist, als sei das Leben an diesen Menschen in den letzten zwanzig Jahren vorbeigegangen. Als hätten sie noch immer nicht realisiert, dass es so etwas wie das Internet gibt und dass man dort Informationen jedweder Art deutlich schneller, preiswerter und umfangreicher erhält als in gedruckter Form.
Die Erfindung von Smartphone und Tablets wie dem iPad ist ohnehin noch nicht vollends im Bewusstsein der Verantwortlichen angekommen.
So ist es kein Wunder, dass manche Verlage nun das große Zittern bekommen – und zur Politik laufen, damit diese ihnen hilft.
Ein Leistungsschutzrecht soll her! Nein, es muss her! Am besten gestern, am besten umfassend, am besten so gestrickt, dass all die Umsatzeinbußen der letzten Jahre aufgefangen werden.
Die Idee bei der momentanen Vorlage ist es, dass Google (und andere Betreiber von News-Sammlungen) für das Verwenden von Überschriften und Anreißern der deutschen Verlage eben an diese eine gewisse Summe zahlen sollen.
Schließlich würde ja gerade Google mit diesen Sammlungen Unsummen verdienen …
Die Idee ist – um es freundlich zu sagen – grenzwertig. Andere Zeitgenossen nennen sie bescheuert, idiotisch, verblödet und nehmen sie als Beweis dafür, dass die Verlage nicht den Hauch einer Ahnung haben, wie das Web funktioniert.
Nun mag man ja noch denken, dass Google tatsächlich sehr viel Geld mit diesen News macht. Aber das stimmt nicht; Geld macht Google mit ganz anderen Dingen.
Mehr noch – ich behaupte, dass die Verlage in hohem Maße von diesen Sammlungen profitieren, denn auf diese Weise werden Reichweite und Klicks generiert.
Die Bigotterie der Verlage zeigte sich, als Google sagte, man werde dann eben deutsche Verlage nicht mehr einbinden.
Nein, nein, hieß es da, das ginge nicht. Google müsse weiterhin die Verlage einbinden; und zahlen. Alles andere wäre ja eine Wettbewerbsverzerrung.
Denn die Verlage wissen sehr genau, wie wichtig diese Funktion von Google ist. Man möchte den Internet-Riesen also per Gesetz zwingen, eine kostenpflichtige Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, damit die Verlage doppelt profitieren – einmal durch die Zahlungen, dann durch die Klicks.
Klingt völlig paradox, oder? Und alles nur, weil die Verlage nicht in der Lage sind, mit ihren Internet-Auftritten Geld zu verdienen. Denn hätten sie einen Weg gefunden, würden sie von den durch Google generierten Klicks profitieren und die Welt wäre in Ordnung.
Geht aber nicht, weil sie es weder geschafft haben, mittels Werbung Gelder in die Kassen zu spülen, noch eine Paywall auf die Beine zu stellen und ihr Angebot so zu stricken, dass User dafür zahlen.
Die Mär, dass im Web alles kostenlos sein muss, ist längst widerlegt. User zahlen gerne für qualitativ hochwertigen Content, den sie mobil oder auch stationär abrufen können.
Nur ist dieser Content nicht in Sicht.
Einzig Bild hat es geschafft, User mit kostenpflichtigen Angeboten auf Tablets zu locken. Die Bild-App in iOS ist überaus beliebt; nicht nur Artikel, sondern auch Audio- und Videoinhalte können damit abgerufen werden, optimiert für die entsprechenden Geräte.
Und ehe nun jemand hämisch grinst – mir geht es nicht um den Wahrheitsgehalt der Artikel, um deren Aufmachung etc. Wenn ich in diesem Zusammenhang von Qualität spreche, dann meine ich die Verzahnung multimedialer Elemente zu einem Angebot, für das User zahlen. Von diesem Standpunkt aus hat BILD sehr wohl ein qualitativ gutes Angebot auf die Beine gestellt. Dass ich selbst diese Inhalte nicht einmal bei geistiger Umnachtung und 40 Grad Fieber goutieren würde, ist ein anderes Thema …
Zurück zum Thema …
Springer-Chef Döpfner sagte vor einiger Zeit, die Verlage sollten Steve Jobs für das iPad danken.
Wörtlich hieß es da:

Jeder Verleger der Welt sollte sich einmal am Tag hinsetzen, um zu beten und Steve Jobs dafür zu danken, dass er die Verlagsbranche rettet. Das iPad bringt das, auf das wir alle gewartet haben.

Schaut man sich an, was daraus geworden ist, könnten einem jedoch die Tränen kommen. Die Zahl deutscher Magazine auf dem iPad ist verschwindend gering. Meist sind es Computer-Magazine, die auf das iPad müssen, wollen sie sich keine Blöße geben. Was dann aber in der Zeitschriften-App landet, ist oftmals ein schlechter Witz. Nicht selten handelt es sich schlicht um PDFs der Bringt-Ausgaben, Bilder und Töne sucht man vergebens.
Dass ein User dafür nicht freudig erregt seine sauer verdienten Euros ausgibt, versteht sich von selbst.
Andere – wie etwa der Der Spiegel – haben den Sinn von iTunes und App-Store scheinbar nicht ganz verstanden.
Statt sich einfach die aktuelle Ausgabe kaufen zu können, muss man sich erst auf der Seite des Magazins registrieren. Zwar kann man dann theoretisch den Spiegel auch anderweitig lesen, der Zwang zur Registrierung macht die App für reine iPad-User jedoch uninteressant. Dabei ist dieser Registrierungszwang völlig sinnlos, denn Abrechnung und Wiederherstellung der Einkäufe erfolgen über iTunes. Es ist, als müsse man sich im Supermarkt an der Info registrieren, ehe man den Spiegel erwerben darf.
Nur wenige Magazine haben tatsächlich in vollem Umfang erkannt, wie vorteilhaft das iPad für User ist. Tatsächlich stellen Tablets die Zukunft der Branche dar – eine Studie von Axel Springer hat schon vor einer Weile festgestellt, dass seit Einführung des iPads mehr gelesen wird; Magazine und Zeitungen können also davon profitieren.
So heißt es laut Media in dieser Studie:

Mehr als die Hälfte aller Tablet-Nutzer lesen wieder mehr Tageszeitungen und Magazine, seitdem sie ein iPad besitzen.

Wem dieser Absatz bekannt vorkommt – ich schrieb ihn schon einmal, und zwar vor einem Jahr in einem Artikel, der sich mit Magazinen auf dem iPad befasste.
Nun haben wir 2012 – und es hat sich kaum etwas getan. Ein paar mehr Magazine sind auf dem Tablet gelandet, aber wieder sind es oft nur PDFs. Dafür schreien die Verlage nun nach dem Leistungsschutzrecht.
Traurig, oder?
Das Leistungsschutzrecht jedenfalls wird die Verlagsbranche nicht retten. Google dazu zwingen, eine kostenpflichtige Leistung zu nutzen, wird vor Gericht scheitern. Und dann? Dann tauchen die Artikel nicht mehr in der Suche auf, die Klickzahlen gehen zurück, die Verlage verlieren vollends im Online-Bereich … Der Anfang vom Ende.
Ich fürchte nur, dass die Verlagsbosse allesamt zu altbacken, zu steif und versteinert sind, um das zu erkennen. Sie betteln bei der Politik, und die Politik gibt ihnen, was sie begehren …
Ist es eigentlich strafbar, jemandem beim Selbstmord zu assistieren?

Quelle der Studie: www.meedia.de

Copyright © 2012 by Gunter Arentzen

Eine Antwort auf Leitartikel Monat November 2012