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Vergessene Helden 9

Der Mustang und der Waisenjunge – Sieben Jahrzehnte Freundschaft und Abenteuer

Als sich Albert G. Miller im Amerika der frühen fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts daran machte, ein Jugendbuch zu schreiben, dessen Hauptpersonen ein schwarzes American Saddlebred Horse, sprich Rapphengst, und ein neunjähriger Waisenjunge waren, ahnte er noch nicht, dass dieses als Jugendbuch konzipierte Werk einmal Millionen von Erwachsenen und Kindern auf der ganzen Welt begeistern würde.

Aus einer einfach gestrickten Geschichte wurde schließlich eine erfolgreiche Fernsehserie mit 116 Folgen. Es folgten Hörspielschallplatten, eine gedruckte Buchausgabe, die sich nicht nur in Deutschland zu einem Bestseller entwickelte, eine Comicserie und schließlich eine 2007 erschienene DVD-Edition.

 

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Die Prämisse dieser unglaublichen Erfolgsstory war anfangs denkbar schlicht abgehandelt. Ein neunjähriger Waisenjunge namens Joey Diamond kommt durch einen Beschluss des Vormundschaftsgerichts auf die Broken Wheel Ranch von Jim Newton. Dort gelingt es ihm als Einziger, einen wilden schwarzen Mustang zu reiten, der bisher noch keinen in seine Nähe ließ, ohne auf ihn loszugehen. Nachdem ihn der Rancher Jim Newton von dem Verdacht befreit, in der Stadt Fensterscheiben eingeworfen zu haben, freundet sich der anfangs noch widerspenstige Joey nicht nur mit dem Mustang, sondern auch mit Newton an und sagt ihm, er würde sich freuen, wenn er für immer auf der Ranch bleiben könnte. Zumal der ältliche Vormann Pete Wilkey sich nicht nur rührend um ihn kümmert und dabei des Öfteren in die Mutterrolle schlüpft, die der Waisenjunge so schmerzlich vermisst.

Ich glaube, den Titel dieses Buches und den der gleichnamigen Fernsehserie muss ich nicht mehr erwähnen. Nostalgiker und Freunde von Fernsehserien aus den Jahren 1955 bis 1970 wissen wahrscheinlich längst, dass es sich in dieser Kolumne Vergessene Helden um Fury handelt.

Die Erlebnisse des schwarzen Rapphengstes und seines treuen Freundes Joey zählen noch heute zu den dreißig besten Pferdeabenteuern weltweit. Ein Grund mehr, einmal die Hintergründe zu erforschen, warum Fury seit seinem ersten Bildschirmauftritt 1955 bis in die Anfänge unseres Jahrhunderts hinein so bekannt und populär war.

 

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Die Anfangssequenz war gleichzeitig auch der erste Grund des Erfolges. Der kleine Joey ruft den Namen seines Pferdefreundes laut in die Prärie hinaus. Fury erhört den Ruf aus kilometerweiter Entfernung und galoppiert über Berg und Tal und über die Prärie, bis er Joey erreicht. Dieser tätschelt nun den Hals des schwarzen Hengstes, fragt ihn, ob er Lust auf einen kleinen Ausritt hat, und reitet dann mit dem Pferd davon. Der Vorspann zeigt atemberaubende Landschaftsbilder und Cowboys beim Pferdetreiben in solch gekonnten Einstellungen, dass man unweigerlich davon träumte, dies alles einmal selbst erleben zu können.

In der damaligen Zeit war es nur wenigen Menschen möglich, in Gegenden wie den Westen Amerikas oder den Dschungel Afrikas zu reisen, und deshalb waren das Fernweh und die Faszination fremder Länder viel intensiver ausgeprägt als heutzutage, wo binnen vierundzwanzig Stunden jeder Fleck der Erde erreichbar ist. Dazu wurde der Vorspann mit aufregender Musik unterlegt, die jedem sofort ins Ohr ging.

Ein weiterer Grund waren die Drehbücher. Trotz der nur fünfundzwanzigminütigen Dauer je Folge

waren diese keinesfalls dahingeschludert, sondern überzeugten durch eine sorgfältige und vielfältige Charakterzeichnung der Hauptfiguren.

Es ging nie nur um reine Spannung, Action oder das Abenteuer als solches, sondern man war stets darum bemüht, die Konflikte des rauen Ranchlebens, sei es mit Verbrechern, gierigen Geschäftsleuten, wilden Tieren oder streitsüchtigen Nachbarn gemäß den allgemeinen, damals geltenden Moralvorstellungen friedlich und wirklichkeitsnah zu lösen.

Ein weiterer Eckpunkt für den Erfolg der Serie waren die Darsteller und das Team um die Produzentenfirmen. Die Filmmusik zum Beispiel stammte von keinem Geringeren als Ernest Gold, der für seine Kompositionen immerhin viermal für den Oscar nominiert war, ihn einmal gewann, den Grammy für die beste Aufnahme von Fernsehmusik einheimste und den Golden Globe Award einmal gewann und zweimal dafür nominiert wurde. Er bekam für seine Verdienste in der Film- und Fernsehmusik 1975 übrigens einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame.

Jim Newton, der Besitzer von Fury und der Broken Wheel Ranch, wurde von Peter Graves gespielt, der ebenfalls kein Unbekannter in Hollywood war. Er spielte in so bekannten Werken wie Billy Wilders Kriegsfilm Stalag 17 oder in der abgedrehten Komödie Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug sowie in weiteren fünfzig Filmen und Fernsehproduktionen mit. Fans früherer Fernsehserien werden ihn wohl ewig in seiner Paraderolle als Jim Phelps in der legendären Serie Kobra übernehmen Sie in Erinnerung haben, der die Mission Impossible Filmreihe entsprungen ist.

Den Gesetzeshüter der zuständigen County spielte dann Tom Keene, der in dieser Zeit ein Topstar der B-Western Szene war und unter anderem zusammen mit Rita Hayworth Filme machte.

 

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Zum Abschluss dieser Kolumne noch einige interessante Eckdaten zur Erscheinungsweise und dem Unterschied von der amerikanischen Originalfassung zur deutschen Fernsehfassung.

Fury wurde in den Jahren 1955 bis 1960 im Schwarz-Weiß-Format in den USA von ITC Entertainment und TPA produziert. Jede Folge umfasste 25 Minuten. Am 15. Oktober 1955 begann NBC mit der Ausstrahlung, am 15. Oktober 1958 folgte die ARD, damals noch unter dem Namen Deutsches Fernsehen bekannt.

Insgesamt wurden in den USA 116 Folgen der Serie gedreht, wobei nur 114 ausgestrahlt wurden. Die Folgen The Runaway vom 6. Oktober1956 und The Horse Caper vom 19. Januar 1957 fehlen aus unerklärlichen Umständen und wurden auch seltsamerweise bei allen bisherigen deutschen und amerikanischen Neuveröffentlichungen weder aufgelistet noch gezeigt. Zusätzlich wurde in Deutschland die Episode Sonic Boom (Überschallknall) nicht gezeigt, da sie ein reiner Werbefilm der US-Army war.

Fury, der Hengst, starb 1968 im Alter von 25 Jahren. Zusammen mit Lassie und Flipper gehört die Serie noch heute zu den legendärsten Kinderserien, die damals ausgestrahlt wurden.

Quellenhinweis:

(gs)