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Die Gespenster – Dritter Teil – 44. Erzählung – Teil 2

Die Gespenster
Kurze Erzählungen aus dem Reich der Wahrheit von Samuel Christoph Wagener
Allen guten Schwärmern, welchen es mit dem Bekämpfen und Ablegen beunruhigender Vorurteile in Absicht des Geisterwesens ernst ist, liebevoll gewidmet von dem Erzähler Friedrich Maurer aus dem Jahr 1798
Dritter Teil

Vierundvierzigste Erzählung – Teil 2

Um acht Uhr kehrte ich, begleitet vom Schreiber Deter, von den Söhnen des Gärtners Leusch, dem Branntweinbrenner Rohr und den Bauern Dittmann und Frost, in den Wohnsitz des Kobolds zurück. Auch die Magd schloss sich beherzt wieder an uns an. Die Mutter hingegen blieb in Frosts Haus zurück. Einige von den Anwesenden spielten Karten. Plötzlich flog gegen den Arm eines der Spielenden ein Ei und bald darauf bekam der Nämliche einen Schmiss mit dem Feuerzeug, welches auf dem Kamin gestanden hatte. Endlich flog auch die Stalllaterne herbei, ohne dass wir bemerkten, woher sie kam.

Um zehn Uhr ging die Magd wieder zum Nachbarn, um mit der Mutter da zu übernachten. Ich blieb mit meinem und Frosts Knecht und dem Nachtwächter in der Stube, und alles blieb ruhig. Gegen Morgen kamen jene vom Nachbarn zurück. Ich legte mich nun aufs Bett der Mutter. Mein Knecht lag auf der Ofenbank, um auch ein wenig zu ruhen. Plötzlich entstand an dem Kaminbrett ein Geräusch, und zwar von innen; zugleich bekam der Knecht einen Schmiss mit der Mohnkeule; ein anderer flog an die Wand, und mittels eines Dritten mit dem anderen Ende der zerbrochenen Mohnkeule fiel dieses auf das Bett, worauf ich lag. Woher diese Schmisse kamen, weiß ich nicht.

Eine Stunde darauf erfolgte in Anwesenheit des Gärtners Leusch von außen an die Stubentür ein Schmiss mit dem Kesselhaken, und zwar so heftig, dass man den Knall davon in des Nachbars Haus vernommen hatte. Nachher geschah noch ein ähnlicher starker Schmiss mit einer kleinen Bank von außen gegen die Stubentür, während dass die Frauensleute nicht in der Stube waren. Endlich fiel auch noch eine Glasflasche vor der Stubentür nieder, aber diesmal waren Mutter und Magd in der Stube. Am Mittwoch früh hatte meine Mutter die Suppe zum Frühstück in den Ofen gesetzt. Als sie danach den Topf mit derselben herausnehmen wollte, hatte das Gespenst die Suppe in den Trank ausgegossen, wie die Brotbrocken der Suppe, die nun im Viehtrank schwammen, deutlich erwiesen.

Mit dieser Aussage des Bauers Fischer stimmt das, was die Magd, die alte Fischern, der Knecht und einige andere Personen, sofern die letzten bei einzelnen spukhaften Wahrnehmungen zugegen gewesen waren, hatten protokollieren lassen, im Ganzen überein. Um meine Leser nicht mit Wiederholungen zu ermüden, erwähne ich hier nur noch eines wichtigen und bedeutungsreichen Zusatzes der Magd und des Knechts. Jene sagte unter anderen aus:

»Als die alte Fischer in der ersten Spuknacht sich gegen elf Uhr mit mir ins Bett gelegt hatte, fing es zuvörderst an, zu batzen; dann flog der Kien in der Stube umher und endlich zu uns ins Bett. Wir beiderseits lachten darüber, denn ich, zu meinem Teil, glaubte anfangs, dass jemand in der Stube wäre, der sich einen Spaß mit uns machen wolle, weil Christian, unser Knecht, Tags vorher gesagt hatte, wir wären so furchtsam, dass man uns mittelst einer Blase mit einigen Erbsen jagen könne. Wie aber endlich die Kienstücke zu uns zu dem Bett hinzufliegen anfingen, da wurde mir bange. Auch dauerte das Schmeißen bis zwei Uhr nach Mitternacht; also viel zu lange für einen Spaß. In der folgenden Nacht endeten die nämlichen spukhaften Beunruhigungen erst um drei Uhr gegen Morgen. In beiden Nächten erleuchtete der Mond die Stube, aber weder ich noch Mutter Fischer erblickten in derselben einen Schmeißenden.

In dieser zweiten Nacht klagte mir die alte Fischer, dass der Poltergeist ihr die Nachtmütze abreißen wolle, sodass sie dieselbe festhalten müsse. Um mich davon zu überzeugen, sagte sie, ich möge nur einmal über das Bett hinüberreichen. Als ich dies tat, schlug mir ein unerkanntes Etwas dreimal über die Finger. Ich weinte vor Angst, aber die alte Frau lachte darüber. Mir wurde gar nicht wohl dabei zumute, die Fischer hingegen blieb immer guten Mutes und meinte doch, dies möge wohl ihre verstorbene Schwiegertochter sein.«

Im Protokoll vom 10. Februar heißt es unter anderen, dass der Fischersche Knecht Langerhans Folgendes ausgesagt habe:

»Den Tag, an welchem der Poltergeist gedroht hatte, er wolle mich schmeißen, kam des Abends, als ich mich mit dem Kopf auf den Tisch gelegt hatte, auch wirklich ein Stück Kien zu mir hingeflogen, und bald darauf, wie ich eben damit beschäftigt war, mit eine Pfeife Tabak zu stopfen, kam ein zweites. Danach schlummerte ich am Tisch ein wenig ein und erhielt einen dritten Schmiss mit Kien. Ich trat nun an das Kaminfeuer, an welchem mein Herr eben eine Pfeife anzünden wollte. Diesem flog nun plötzlich ein Wurf mit einem großen Stück Holz, das ich vorher in der Küche liegen sah, an den Arm. Nun wurde uns bange; wir holten uns des Nachbarn Knecht.

Am Sonntagabend, als Mutter Fischer zum Nachbarn hinübergegangen war, die Magd aber erst am Ofen, dann am Bett saß, geschah im Beisein mehrerer Personen von außen ein heftiger Wurf an die Stubentür. Als der Branntweinbrenner mit der Laterne das, womit geworfen sein mochte, in der Stube suchte, kam eine bisher im Fenster stehende irdene Tabakpfeife auf die Laterne geflogen. Als hierauf wir alle eilig zur Stube hinausliefen und zwischen der Tür uns drängten, bekam ich von oben einen sehr schmerzhaften Schmiss auf den Arm. Die Magd war, wenn ich nicht irre, unter denen, die sich drängten, die Hinterste.

Als wir auf den Hof kamen, zerfiel eine gläserne Flasche vor uns. Sie war, so viel ich bemerkte, die nämliche, welche kurz vorher noch halbvoll in der Stube auf dem Tisch stand, denn diese vermisste ich nachher gänzlich.

An demselben Abend schmiss es, ebenfalls in Abwesenheit der alten Fischer, aber im Beisein der Magd, in der nämlichen Stube mit Pantoffeln und einer Milchsatte. Bald traf es mich oder den Brauern Frost, bald den Gärtner Leusch und die beiden Krauses. Von wem dieses Schmeißen geschah, bin ich nicht gewahr geworden. Da ich mich nun im Haus nicht sicher glaube, so bitte ich um die Erlaubnis, jetzt gleich aus dem Dienst meines Herrn gehen zu dürfen, es sei denn, dass er mir dafür einstehe, dass mir kein Leides geschehen solle und er mir widrigenfalls dafür gerecht werde.«

Auf diese letzte Erklärung wurde ihm die Versicherung gegeben, dass von Gerichtswegen solche Vorkehrungen getroffen werden würden, dass er weiter nichts zu besorgen habe. Man hielt ihm Wort, obwohl die Kleistischen Gerichte durch die zweckmäßigsten, zweitägigen Verhöre vieler Personen nur die der Wahrheit so ungünstige Bemerkung gemacht hatten, dass fast alle vernommene Leute nur sehr schlechte Beobachter sind, die nur immer von der Vorstellung übernatürlicher Vorgänge ausgehen, voller Furcht sind und daher nur unbestimmt von geschehenen Würfen auszusagen wissen, ohne die geringste Bemerkung über die Ursachen derselben gemacht zu haben, sodass ihre Aussagen wenig oder gar nicht zur Aufklärung der Sache dienen können.