Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Neue Gespenster – 26. + 27. Erzählung

Samuel Christoph Wagener
Neue Gespenster
Kurze Erzählungen aus dem Reich der Wahrheit
Erster Teil

Sechsundzwanzigste Erzählung

Mylady Russel

Die Gemahlin des englischen Obersten Russel wurde von jedermann für tot gehalten, und nur die Zärtlichkeit und Liebe ihres Gatten rettete sie vor dem lebendigen Begraben. Er wollte sie durchaus nicht eher verlassen, bis die Fäulnis ihren Tod bekräftigte. Sieben Tage lang lag sie so im Todesschlummer und erst dann hatte ihr unzertrennlicher Gefährte den Triumph, sie wieder erwachen zu sehen, als man in einer benachbarten Kirche die Glocken zu läuten anfing.

Siebenundzwanzigste Erzählung

Gutke zu Sandau

Gegen das Ende des 17. Jahrhunderts lebte in dem Städtchen Sandau im Magdeburgischen ein Bürger und Brauer, namens Gutke, der nämliche, dessen Sohn Kaspar, laut kirchliches Totenregister, am 13. April des Jahres 1716 dort begraben worden ist. Dieser Vater Gutke starb so unvermutet, wie plötzlich, vor dem Jahr 1695. Am dritten Tag nach erfolgtem Tod sollte er so feierlich, wie es einem vornehmen und wohlhabenden Bürger nach damaliger Sitte, zukam, unter vollem Geläut und begleitet von der Schule und zahlreichen Verwandten beerdigt werden. Wirklich lag er nicht nur schon im Sarg, sondern die Leichenträger waren auch schon auf dem Weg zum Kirchhof mit ihm, als plötzlich sie alle durch ein wiederholtes Klopfen aufmerksam gemacht wurden. Anfangs überhörte man dasselbe über das starke Tönen des schönen und nahen Kirchturmgeläuts; wenigstens setzten die Träger der einen Seite der Totenbahre immer voraus, dass dieses Klopfen von den jenseitigen Trägern verursacht werde, und so auch umgekehrt. Bald aber glaubten sie alle, deutlich zu bemerken, dass dieses Klopfen von innen aus dem Sarg heraus zu ihren Ohren gelange. Eine entsetzliche Bemerkung! Es fehlte nicht viel, sie hätte das Fallenlassen des Sarges zur Folge gehabt.

Indessen setzte man auf der Stelle die Totenbahre mit dem Sarg nieder und die Beherztesten und Vorurteillosesten drangen augenblicklich auf Öffnung des Sarges. »Es ist doch möglich«, meinten sie, »dass der Totgeglaubte nur in einer lange anhaltenden Ohnmacht gelegen hat und nun von dem Läuten der Sterbeglocken aus dem Todesschlaf erweckt worden ist.«

So sehr man auch zu dieser damals unerhörten Meinung den Kopf schüttelte, so vollkommen richtig hatten doch diese vernünftigen Männer geurteilt. Man fand bei der Öffnung des Sarges den Mitbürger Gurke nicht nur erwacht von seinem

langen Scheintod, sondern nach den Umständen auch sehr munter. Anstatt den Weg zu der Gruft mit ihm fortzusetzen, trug man ihn zu seinem Haus zurück, worin er, zur großen Freude der seinen und zum Erstaunen der ganzen Stadt und umliegenden Gegend, noch mehrere Jahre gesund und vergnügt lebte.

Weder den Tag des Scheintodes dieses Mannes noch auch die Zeit des nachher erfolgten Todes hat der Herausgeber ganz genau ermitteln können, da die allen Sandauischen Kirchenbücher in der großen Feuersbrunst vom Jahre 1695 mit verbrannt sind und die neuen erst mit dem Jahr 1700 ihren Anfang nehmen.

Indessen ist umso weniger an der Wahrheit obiger Tatsache zu zweifeln, da die ältesten Einwohner der Stadt Sandau sie so, wie sie hier erzählt worden ist, von ihren Vätern und Großvätern überliefert bekommen haben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert