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Die Blume der Prärie – Die Erzählung des Häuptlings

Gabriel Ferry
Die Blume der Prärie
oder die deutschen Kolonisten an den Ufern des Colorado
Grimme und Leipzig, Druck und Verlag des Verlags-Comptoirs, 1852

Achtes Kapitel

Die Erzählung des Häuptlings

Die ersten Strahlen der Morgensonne säum­ten bereits die Gipfel der Guadeloupe Mountains und purpurne Wölkchen segelten wie Feenschiffe über den tiefblauen Himmel, als die Jäger das einsame Blockhaus wieder erreicht hatten.

Job Jenkins öffnete die Tür, welche, der Nähe der schwarzen Bevölkerung der Pflanzung wegen, gegen die Sitte der Wildnis verschlossen war, und folgte dem eintretenden Häuptling, nach­dem er den Hirsch an einen Ast des alten Pekanbaumes aufgehängt hatte, der den Platz vor der Hütte mit dichtem Laub überwölbte.

Zwei rohe Stühle zu beiden Seiten eines gleich rohen Tisches, eine Bank neben dem offenen Herd, über dem ein kupferner Kessel an einer Kette her­niederhing. eine Art von Feldbett, ein Geschenk von Mrs. Mertens, mit einer Matratze und wol­lenen Decken belegt, ein kleiner Wandschrank und eine geräumige Truhe von Ebenholz, welche beide die wenigen Habseligkeiten des Alten beherbergten, bildeten das ganze Mobiliar der Hütte, deren Wände übrigens mit Jagd- und Fischereigeräten, indiani­schen Waffen, Sätteln, Zäumen und ähnlichen Geräten behangen waren. Auch ein Glasfenster, das mit einem schweren Laden bedeckt werden konnte, ein seltener Luxus in der Hütte eines Trappers, war, ebenfalls ein Geschenk von der Pflanzung, in der hinteren Wand des Blockhauses angebracht und gestattete nun den Strahlen des jungen Ta­ges, in das Innere dieser kunstlosen Wohnung zu dringen.

Der alte Job war in seiner Art ein Freund von den guten Dingen dieser Welt.

Niemals fehlten in dem kleinen Wandschrank die Ingredienzien zu einem Becher erquickenden Punsches und nur selten entbehrten die unbehauenen Balken des Blockhauses der Zierde einiger Bären­schinken, eines guten Stückes getrockneten Hirsch über dem ein kupferner Kessel an einer Kette her­niederhing. eine Art von Feldbett, ein Geschenk von Mrs. Mertens, mit einer Matratze und wol­lenen Decken belegt, ein kleiner Wandschrank und eine geräumige Truhe von Ebenholz, welche beide die wenigen Habseligkeiten des Alten beherbergten, bildeten das ganze Mobiliar der Hütte, deren Wände übrigens mit Jagd- und Fischereigeräten, indiani­schen Waffen, Sätteln, Zäumen und ähnlichen Geräten behangen waren. Auch ein Glasfenster, das mit einem schweren Laden bedeckt werden konnte, ein seltener Luxus in der Hütte eines Trappers, war, ebenfalls ein Geschenk von der Pflanzung, in der hinteren Wand des Blockhauses angebracht und gestattete nun den Strahlen des jungen Ta­ges, in das Innere dieser kunstlosen Wohnung zu dringen.

Der alte Job war in seiner Art ein Freund von den guten Dingen dieser Welt.

Niemals fehlten in dem kleinen Wandschrank die Ingredienzien zu einem Becher erquickenden Punsches und nur selten entbehrten die unbehauenen Balken des Blockhauses der Zierde einiger Bären­schinken, eines guten Stückes getrockneten Hirschfleisches oder anderer Delikatessen, aus denen die kräftige Küche der Wildnis besteht.

Während der Häuptling mit schweigendem Brüten am Tisch saß, beeilte sich der Alte, die Pflichten der Gastfreundschaft zu erfüllen. Bald brodelte und zischte der Kessel über einem mächti­gen Feuer und frisches Maisbrot, Schinken und Hirschfleisch lagen auf dem Tisch. Nachdem der Alte zwei blecherne Becher aus dem siedenden Kessel gefüllt und eine mächtige Korbflasche mit Rum und eine irdene Büchse mit Zucker hinzugefügt hatte, forderte er den Häuptling auf, seinen Morgenimbiss zu teilen.

»Helft Euch zu, Häuptling, helft Euch zu!«, sagte er munter. »Indianischer Leckerbissen … ich habe den Bären letzten Herbst an den Quellen des Pecan geschossen … er war fett wie ein Weih­nachtstruthahn und der Schinken zergeht Euch wie Schmalz auf der Zunge!«

»Helft Euch zu, Mann!«, fuhr er fort, als der Indianer in seinem apathischen Schweigen ver­harrte, »oder Ihr seid in Gefahr, diese guten Dinge wie Schatten vor Euren Augen verschwinden zu sehen, denn ich bin hungrig wie ein Präriewolf … und durstig wie ein Hirsch, der von der Salzlecke kommt … Diesen Rum ist von Miss Louises eigenen niedlichen Händen in diese Flasche gegossen … Ihr Wohl, Sennor! Ihr Wohl, Sennor Tartaruga!«

Der Name Louises erweckte den Häuptling aus seinem düsteren Brüten. Er fuhr mit der Hand zum Becher und war im Begriff, ihn an die Lippen zu führen, als der Alte ihn lachend unterbrach.

»He! He! Halt, Häuptling! … Seid Ihr des Teufels! … Wasser ohne Rum ist wie Stoff ohne Geist … Hier ist die Flasche und hier Zucker statt Honig, und von denselben niedlichen Händen in des alten Jägers lederne Tasche gesteckt.«

Der Häuptling mischte einen Becher und trank mit der Hast eines Mannes, der trübe Gedanken in geistiger Flüssigkeit untergehen lassen will. Dann folgte er dem Beispiel seines Wirtes und beide verzehrten das Frühmahl, der Erstere mit indianischer Mäßigkeit zur notwendigen Befriedigung eines Naturbedürfnisses, der alte Jager mit der Behaglichkeit und dem Eifer eines Gourmands, dessen natürlicher Appetit durch den Wohlgeschmack der Gerichte gereizt und angefeuert wird.

Nachdem beide ihren Hunger gestillt und der Alte bereits zum dritten oder vierten Mal seinen Becher aus dem kochenden Kessel gefüllt hatte, begann er von Neuem die Unterhaltung.

»Und nun sagt mir, Häuptling, was Ihr von dem Mann wisst, den mein Messer ebenso uner­wartet wie notgedrungen in die Jagdgründe seiner Väter oder in des Teufels Lustschloss ge­sendet hat.«

»Das ist eine lange und traurige Geschichte, alter Freund«, antwortete düster der Häuptling in den tiefen Gutturaltönen, die den Idomen der in­dianischen Zunge einen so eigentümlichen Reiz ver­leihen.

»Ist es ein Geheimnis?«, fragte der Alte zum Feuer tretend, um eine der mächtigen Zigarren an­zuzünden, die in Europa unter dem Namen Pflanzerzigarren bekannt geworden sind.

»Nein!«, antwortete Tartaruga. »Die Frauen meines Stammes beweinten den Frevel der Ver­fluchten und meine jungen Männer haben jahrelang vergeblich ihre Spuren gesucht. O, wäre dein Messer weniger schnell gewesen … vielleicht hätte ich erfahren …«

Die Rede des Häuptlings wurde durch das laute Anschlagen der Hunde und die herauftönen­den Worte sich nähernder Männer unterbrochen.

»Au weh! Meine Verräter!«, rief der Alte, nachdem er durch das Fenster gesehen hatte, die Tür öffnend und die Hunde beschwichtigend. »Ruhig, ihr Bestien, werdet ihr niemals Freunde von Fein­den unterscheiden lernen? Ruhig, ihr Köter!«

Nach wenigen Sekunden erschienen der Haupt­mann, Horst und Jean Giroflée, der lustige Hausierer, vor der Hütte. Sie waren gekommen, um sich mit dem Alten teils über die bevorstehende Reise, teils über die Festlichkeiten zur Unterhaltung der indianischen Gäste, teils über die Gerüchte von der Annäherung organisierter Banden zu beraten.

»Ah, God save the old man«, rief der Hausierer nach den ersten Begrüßungen beim Anblick des feisten Hirsches, den Job vor seiner Tür auf­gehängt hatte. »Schneid ab, frisch, alte Flinte … gute Frühstück für lustike Giroflée und seine Kesellschaft!«

»Es wird dir nicht in den Zähnen hängen bleiben, Meister Lustig«, antwortete lachend der Alte. »Aber jetzt, hier …«, fuhr der Alte fort, dem Hausierer ein großes irdenes Gefäß reichend. »Hinunter mit dir und hol Wasser herauf zum Punsch für die Gentlemen oder es soll dir nie wieder ein Tropfen von meinem guten Getränk über deine plappernde Zunge fließen.«

»Wie, Gentleman? Aben ick nit auch die honeur to by a Gentleman, alte Biberfalle?«

»Du ein Gentleman? Du pfennigfuchsernder, ellenreitender, Menschen betrügender Schuft von einem Hausierer!«, rief lachend der alte Jäger.

»He! Ick not sein Gentleman?«, antwortete heiter der Hausierer, blitzschnell ein kleines Bündel entfaltend und dem Alten eine große Sarape (wollene Decke) über den Kopf werfend, dem ein Dutzend guter Cottonhemden und eine schwere, gefüllte Pulverbüchse folgten. »Alten betrinkende Schufte so ihre parole, alte Bärenschinder, he?«, fügte der Hausierer lustig hinzu, während der Alte die Decke vom Kopf zog und nachdem er einen Blick auf die Gaben des Hausierers geworfen hatte, diesem die Hand reichend sagte: »Bist ein ehrlicher Kerl, beim heiligen Antonius, und der Teufel hole den, der jemals dein Pack ohne Geld und Händel auch nur um eines Cents Gewicht leichter macht.«

»Fürs letzte Mal, alte Büchsenlauf!«, antwortete lächelnd der Hausierer, nahm das Gefäß von der Erde und lief eilig zur Quelle hinab.

Horst und der Hauptmann traten inzwischen in die Hütte, wo sie zu ihrer Verwunderung den Häuptling fanden, der, bis dahin regungslos und schweigend, sich nun zur Erwiderung ihres Grußes erhob.

»Sind die Betten von Mertenshaus weniger weich als die Lager in den Hütten meines Freundes, dass er so früh die gastliche Schwelle verlässt?«, fragte der Hauptmann in einem Ton, der vielleicht vorwurfsvoll klang.

»Verzeiht«, antwortete er sanft mit hoheitlichem Anstand, in dem das Air des gebildeten Mannes und die Weise des Indianers wunderbar schön verschmolzen erschien. »Der Indianer ist wie der Vogel. Der erste Strahl, der die Spitzen der Berge rötet, küsst auch den Schlaf von der Seele des roten Mannes. Der Große Geist führte mich zur Hütte meines Freundes.«

»O, wir haben bereits eine mächtige Jagd ge­macht«, fügte hereintretend der alte Trapper hinzu, »eine mächtige Jagd, beim heiligen Antonius, Haupt­mann Mertens. Der Häuptling hat mit dem kleinen, winzigen Tomahawk dort, der Waffe einer Squaw, einem Jaguar im Sprung den Garaus gemacht. Ich habe einen Hirsch geschossen und außerdem eine menschliche Seele durch ein Loch meines Messers ausfliegen lassen.«

»Wie … einen Menschen?«, fragte der Haupt­mann erstaunt.

»Einen Menschen … so gut je einer auf zwei Beinen gegangen ist … und einen alten Bekannten Sennor Tartarugas dazu.«

»O, vielleikt auch eine Bekannte von lustike Giroflée«, fügte der Hausierer, den Wasserkrug auf den Herd niedersetzend, hinzu.

Nach einer kurzen Erzählung des Vorgangs hielt man es zusammengenommen mit den Nach­richten des Hausierers für wahrscheinlich, dass der Getötete ein Mitglied der herannahenden Räuber und für die unfern lagernde Bande auf der Jagd gewesen sei.

»Das sind nicht die Waffen eines Jägers«, bemerkte Job Jenkins, der die Büchse, die Pistolen und das Messer des Getöteten herbeigeholt hatte.

»Das sein armes de fabrique espagnol«, bemerkte mit Kennermiene der Hausierer, indem er eine der Pistolen betrachtete, welche der Trapper auf den Tisch gelegt hatte.

»Ich kannte den Mann«, antwortete der Häuptling, um alle weiteren Erörterungen abzuschneiden. »Er war der Diener, Freund und Kumpan eines jener räuberischen, abenteuernden Schufte, wie sie der mexikanische Krieg zu Hunderten nach Texas geführt hat.«

»Und wer sein die Herr von diese tote Halunke?«, fragte der Hausierer.

»Ein Mann mit tausend Namen«, antwortete der Häuptling. »Er wird nicht weit sein, wenn seine Seele noch ihren Körper bewohnt, und bevor die Sonne niedergeht, werden die springende Schlange und der spürende Fuchs auf seinen Fußstapfen schreiten.«

»Ihr habt recht, Tartaruga … lasst Eure Spürhunde laufen«, sagte der Trapper. »Wenn mein Schlachtopfer zu einer Bande gehörte, so ist diese Bande nicht weit, und wenn, wie wahrscheinlich, Euer Feind bei dieser ehrenwerten Gesellschaft ist, so … aber erzählt uns nun Eure Geschichte, Tartaruga … der Kessel kocht … vielleicht zünden Eure Worte irgendeine Erinnerungsfackel an …«

»Ah, der Major, der Major«, rief Jean Giroflée aus. »Ick ’aben Ahnungen, Hauptmann Mertens … wie er verschwunden sein vor Sennor Tartaruga … je crois à cela, comme à l’Evangile … die Major und die Feind von Tartaruga und die Räuber von pauvre Jean sein la même personne

»Hol Euch der Teufel mit Eurem tollen Ge­plapper«, rief der Hauptmann, obwohl auch in seiner Seele bereits ein unbestimmter Verdacht ge­gen den Major Platz gefasst hatte. »Wie würde es Euch gefallen, wenn jemand Euch hinter Eurem Rücken einen Schuft und Betrüger nennt? Ihr habt doch gewiss manche Elle zu kurz abgeschnitten … aber habt die Güte, Sennor Tartaruga, Eure Geschichte zu erzählen.«

Der Häuptling verbeugte sich schweigend. Nachdem der ganze Vorrat von Trinkgefäßen aus des Jägers Wandschrank mit duftendem Getränk angefüllt war und Meister Giroflée sich nach vielem Beäugen des rosigen Bärenschinkens mit einer ansehnlichen Quantität seiner Lieblingsspeise versehen hatte, begann er die Erzählung einer jener düsteren Episoden, wie sie die Geschichte der westlichen Hemisphäre leider nur zu oft zur Schande der zivilisierten Eindringlinge aufzuweisen hat.

»Es war zu Beginn des mexikanischen Krieges«, sagte der Häuptling mit seiner schönen, melodischen Stimme in gutem Englisch, »als ich mit einer Schar meiner Krieger von den Ufern des Rio Grande zu den Guadeloupe-Gebirgen hinabzog. Wir hatten eben die ersten niedrigen Hügel erreicht, von denen an das Gebirge sich terrassenförmig empordehnt, als wir aus der Ferne lebhaftes Gewehrfeuer und das ferne Geräusch eines hartnäckigen Kampfes vernahmen.

Das Blut der roten Männer bleibt niemals kühl, wenn das Geräusch der Schlacht zu ihren Ohren dringt. Die Füße unserer Renner belebten sich wieder und bald gelangten wir zu einer breiten Lichtung, auf welcher der Kampf stattgefunden hatte.

Das Gefecht war vorüber, die Kämpfenden hatten den Wahlplatz verlassen. Nur die Leich­name einiger Gebliebenen und Pfützen geronnenen Blutes erinnerten an das, was hier stattgefunden hatte.

Einige meiner Krieger sprengten über die Lichtung. Die menschlichen Körper atmeten nicht mehr, ihre Waffen waren ihnen genommen, die Sie­ger hatten ihnen nichts gelassen als die blutbesudelten und zerrissenen Kleider, die sie am Leibe trugen.

Es begann dunkel zu werden, die Geister der Nacht schwebten auf dunklen Flügeln herauf, das Antlitz der Sonne mit schwarzem Schleier zu ver­hüllen.

Von einem Hügel unweit des Schlachtfeldes strömte eine Quelle … unsere Rosse waren ermüdet … unsere Lippen trocken … Ich befahl Feuer anzuzünden und das Lager zu bereiten.

Meine Krieger schlummerten bereits und die Pferde streckten die ermüdeten Glieder, von Zeit zu Zeit zur Quelle hinabgehend, um ihren Durst zu löschen und das üppige Gras abzuweiden.

Ich lehnte am Stamm eines alten Maha­goni und weidete meine Augen an der Herrlichkeit der Nacht und lauschte den Stimmen der Prärie.

Da drang plötzlich durch die tiefe und feierliche Stimme der klagende Ton an mein Ohr, den man oft in der Nähe der Schlachtfelder vernimmt. Ihr kennt ihn alle, diesen furchtbaren Ton … es ist der Totengesang, mit dem die Seele unter Schmerzen den Körper verlässt.

Den wimmernden Lauten nachgehend, fand ich, wenige Schritte voneinander entfernt, zwei weiße Männer, die, dem Schlachtfeld entflohen, hier den Ruf Manitus erwarteten.

Die weißen Blüten der Magnolien waren purpurn gefärbt von ihrem Blut, und schon kreisten die Geier mit heiserem Geschrei über den Häuptern der Männer, die bald ihre Speise werden sollten.

Ich beugte mich zu ihnen nieder. Beide waren schwer und mehrfach verwundet. Sie waren vielleicht noch zu retten, aber unser Weg war noch weit und die Beschwerlichkeit des Transportes groß und verzögernd für uns.

Würde der weiße Mann seine roten Brüder unter ähnlichen Umständen zweihundert Meilen weit tragen? So fragte ich mich und mein Verstand antwortete Nein, wie der Eure antworten würde, wenn Ihr Euch ehrlich die Wahrheit gesteht«, sagte der Häuptling, seine schönen, braunen Augen forschend auf die Anwesenden richtend. »Schon schwebte meine Waffe über dem Haupt des Mannes, der vor wenigen Stunden unter dem Messer des alten Mannes dort fiel, um die Qual seiner letzten Stunden abzukürzen, als der andere sich aufrichtete und stehend die Hände gegen mich ausstreckte.

Da erwachten die Lehren meines weißen Vaters in meinem Herzen und die Barmherzigkeit des Christen trat an die Stelle der Klugheit des roten Mannes.

Ich ließ die Verwundeten zu unserem Feuer hinauftragen, der alte Pflanzenkenner den Ihr gut kennt, Job Jenkins, verband sie mit kundiger Hand und wir führten sie, jeden zwischen zwei Pferden in einer Decke hängend, mühsam und vorsichtig mit zu unserem Sommerlager hinab.

Mein weißer Vater war damals nicht lange nach der Rückkehr von unseren europäischen Reisen zu seinen Vätern gegangen. Er hatte mir und meinem Stamm ein heiliges Vermächtnis zurückgelassen, seine Tochter, meine weiße Schwester, die Heilige der Komantschen, Diana von Vericour.

Du hast sie gekannt, alter Mann«, fuhr der Häuptling zu Job Jenkins gewendet fort, »du hast sie gekannt, die Lilie der Komantschen und die tiefe Verehrung, welche mein Volk ihr zollte. Sie war ein Engel des Friedens in unserem Stamm und säte die Saat der Tugend und Gesittung, die einst aufgehen und Früchte tragen wird.

Diana liebte ihre roten Brüder und Schwestern, in deren Schoß sie aufgewachsen war. Aber sie hatte deshalb nicht vergessen, dass das Blut der Weißen in ihren Adern strömte.

»Als sie erfuhr, dass zwei weiße Männer verwundet in unserem Dorf lagen, eilte sie zu ihnen und pflegte sie mit der zärtlichen Aufmerksamkeit einer Schwester.

Es vergingen Monate bis zur Genesung der schwer verwundeten Fremdlinge. Als sie geheilt waren, verweilten sie noch lange in unseren Hütten und jagten mit ihren Gastfreunden und schmeichelten sich in die Herzen der roten Männer.

Der eine, ein Mann von gebildetem Geist und feinen europäischen Sitten, gab sich für einen Franzosen aus, den die Spanier von seiner Pflanzung vertrieben hatten. Der andere spielte die Rolle seines treuen und unzertrennlichen Dieners.

Eines Morgens, als ich von einem Jagdzug mit dem größten Teil meiner Krieger zurückkehrte, kamen uns die Frauen und Mädchen des Dorfes weinend und klagend entgegen. Die Fremdlinge waren mit vier meiner besten Renner verschwunden und hatten die Lilie der Komantschen und meine rote leibliche Schwester mit sich hinweggeführt.

Nach vierundzwanzig Stunden war ich mit einer kleinen auserwählten Schar auf der Fährte der nichtswürdigen Räuber. Sie hatten den Weg nach Süden eingeschlagen, ohne Zweifel um nach Antonio de Bexar zu gelangen.

Drei Tage folgten wir ihren Spuren, als wir am Abend des vierten zu einer Stelle gelangten, wo sie wenige Stunden zuvor gerastet haben mussten. Die Holzreste glimmten noch unter der Asche und das Gras war frisch niedergetreten. Als ich im Gebüsch die Spuren untersuchte, unter denen ich deutlich und genau die Spuren meines Lieblingsrosses erkannte, harrte meiner ein furchtbarer Anblick.

In der beginnenden Dunkelheit war ich im hohen Gras auf einen erhabenen, nachgebenden Körper getreten. Ich bückte mich forschend zur Erde und erkannte den Leichnam meiner Schwester, erhob die Augen und sah den Körper der Lilie der Komantschen an einem Strick von einem Baumast herabhängen.

Wir konnten über die Urheber des Verbre­chens nicht im Unklaren sein, obwohl wir den Grund desselben nicht zu begreifen vermochten. Mein eige­nes Messer steckte noch im Herzen meiner Schwe­ster und der Strick, an dem der schöne Leib Dianas aufgehängt war, war in meinem Dorf ge­fertigt.

Die Mädchen waren ihren Entführern nicht freiwillig gefolgt. Sie hätten niemals heimlich die Wigwams ihrer Freunde verlassen. Die Gelenke ihrer Hände waren vom festen Binden angeschwollen, die feine Haut Dianas war ringsum ab­gerieben und zeigte einen blutigen Ring.

Nachdem wir die Körper der beiden Mäd­chen in den Schoß der Erde gelegt hatten, setzten wir unsere Verfolgung mit aller Eile, deren unsere ab­getriebenen Pferde fähig waren, fort. An den Ufern des Puerto verloren wir ihre Spuren und bis heute habe ich niemals wieder eine dieser satanischen Bestien erblickt. Aber der Tag der Rache wird einst kommen!«

Mit diesen Worten schloss der Häuptling seine Erzählung.

Nach einem minutenlangen Schweigen, durch welches die Zuhörer ihre Anteilnahme an den Tag legten, begann endlich der Hausierer: »Et voilà! ’aben nit behalten eine Zeichen pour la recomnaissance von diese kroße Hallunke?«

»Er war ein kräftiger Mann in Eurem Alter, Hausierer«, antwortete der Häuptling, »mit dunklem Haar und braunem Gesicht, wie Tausend andere. Ich würde ihn unter Tausenden erkennen, aber ich bin kein Maler, und die Züge eines Mannes lassen sich schlecht in Worten beschreiben. Nur eins fällt mir ein, er trug mehrere glänzende Ringe an sei­nen Fingern!«

»Ah, voilà! Monsieur le Capitain! O meine Ahnunk! Les anneaus à ses doigts! … O, Jean Giroflée ’aben recht … écouter Monsieur Tartaruga!« Und nun begann er in seinem Kauder­welsch die Geschichte seiner Beraubung und sein Zusammentreffen mit dem Major, den er besonders an seinen Ringen wiedererkannte, in Mertenshaus zu erzählen.

Der Häuptling verharrte in tiefem Schwei­gen. Wenn die Vermutungen des Hausierers auch nicht bedeutungslos waren, so waren sie doch weit entfernt, als Beweise gegen die Person des Majors gelten zu können.

»Es gibt viele Män­ner mit dunklem Haar und sonnenverbranntem Gesicht, die es lieben, Ringe an ihren Fingern zu tragen.«

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