Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Abenteuer und Wanderungen der sieben Schwaben Teil 12

Abenteuer und Wanderungen der sieben Schwaben
als des Blitz-, Spiegel-, Nestel-, Knöpfle-Schwab, Seehaases, Gelbfüßler und Allgäuer.

George Jaquet’s Verlagsbuchhandlung. Augsburg, 1855.

Der allzeit sauft und allzeit schlemmt,
behalt zuletzt nicht ein gutes Hemd!

Abenteuer von den sieben Schwaben

Der Allgäuer sagte zum Spiegelschwaben: »Wir gehen dem Bodensee nach, dann kommen wir ans Gebirge und können dann nicht mehr fehlen.«

Wegen Bezahlung der Wirtsrechnungen aber machte der Spiegelschwabe mit dem Allgäuer Folgendes aus: »Den einen Tag zehre ich umsonst und du bezahlst, den anderen Tag bezahlst du und ich zehre umsonst.«

Der Allgäuer schlug ein, konnte aber auf der Reise und danach sein Leben lang nie begreifen, wie es gekommen sei, dass bei aller genauen Einhaltung des Kontraktes doch immer er nur bezahlen musste.

In Lindau kehrten sie auf der Steige ein, um ihre von dem Seewein jämmerlich zerfressenen Mägen wieder mit Bier auszupichen.

Während ihres Hierseins erzählte ihnen ein sehr stattlicher Mann, welcher immer das Fluchwort Dass dich der Schübling fräß’! im Munde führte, folgendes aus der Chronik von Lindau:

1

Die Fortsetzung dieser höchst interessanten Historie müssen wir dem Publikum leider vorenthalten, da ihr Inhalt unter die Staatsgeheimnisse gehört, durch deren Veröffentlichung leicht ein allgemeiner europäischer Krieg herbeigeführt werden könnte. Und wir wollen doch unsere Hände von Menschenblut rein erhalten, da wir sie ohnedies mit Tinte oft beflecken müssen.

Unsere beiden Pilger erfuhren auch, dass die vergangene Woche bei einer Abendunterhaltung in der Fünfzehngesellschaft zwei zufällig Fremde aus langer Weile gestorben seien.

Als sie sich nach der Seelenzahl des Städtchens erkundigten, hieß es 3000 Seelen, und auf ihre Verwunderung, dass deren Anzahl nicht größer sei, erwiderte man: »Ja! Die Übrigen sind Katholiken.«

 

*

 

Des anderen Tages besahen unsere beiden Freunde die Merkwürdigkeiten und Seltenheiten Lindaus, womit sie sehr schnell fertig wurden. Sie sahen nämlich ein sie freundlich anlächelndes Frauenzimmer, welches aber keine Eingeborene war, eine Jungfrau aus einem schweizerischen Badeort (sie zählte 11¾ Jahre); zwei Männer, welche ebenso viele Minuten beisammen sein konnten, ohne sogleich vom Handel zu sprechen; einen Herrn, welcher kein Geld hatte (war aber auch ein Fremder und ein Dichter dazu); dann die Heidenmauer, das Fuchsloch, den Diebsturm, den Hexenstein, und den schönen Brunnen, in welchem aber kein Wasser floss.

Als die Wanderer nach dem Stift fragten, denn sie wollten ihre Andacht verrichten, wies man sie in eine Bierkneipe, welche so heißt.

Im Fortgehen gingen sie an der Eintracht vorbei, wo eben einer hinausgeworfen wurde. Nebenan sahen sie das Schwefelbad, eine sehr unschuldige Quelle und so genannt, weil das Badehaus schwefelgelb angestrichen ist.

Über die Scheidegg nach Weiler und Immenstadt wandernd, wo der Spiegelschwab den Albsee für eine grüne Wiese hielt, kamen sie nach Hindelang in des Allgäuers Heimat.

Der Spiegelschwab lugte mit Wohlgefallen auf die Mädelesgabel, den Hochvogel und die übrigen Hochgebirge hinein und auf das grüne Tal voll blühender Matten, so die silberschlängende Iller bewässert. Als er die wohlgebauten, reinlichen hölzernen Häuser sah, deren Außenwände so zierlich mit nett gerundeten, angestrichenen Schindeln bedeckt sind, fragte er den Allgäuer, ob denn hierzulande die Bäume nicht mit einer Rinde überzogen aufwüchsen, sondern mit Schuppen wie die Fische.

Indessen gingen sie an einem Bauernhof vorbei, dessen hundertjähriger Besitzer eben seinen achtzigjährigen Sohn abstrafte, weil er den hundertdreißigen Ehni2 durch sein lautes Singen und Pfeifen in seinem Nachmittagsschläfchen gestört hatte.

 

*

 

Hindelang ist ein Ort, so traulich und heimlich wie ein Krippele. Des Allgäuers erster Schritt war in den Stall, um nach Bräunli und Blässli zu sehen. Dann ging er in die Stube und grüßte Vater und Mutter.

Die Mutter setzte dem 6½ Schuh hohen Büebli sogleich eine Schüssel voll Schlottermilch vor, brachte Brot und Gaiskäsle und sagte zum Fremden: »Esst mit!« Und zum Vater: »Wie Vater, lang auch zu!« Und nachdem sie eingebrockt hatte, sagte sie: »Jetzt lasst es euch schmecken!«

Da tat der Spiegelschwabe, als wollte er das Kreuz über die Schüssel machen, sagte: »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!« Und strich dabei allen Rahm auf seine Seite. Der Allgäuer aber ergriff nun auch seinen Löffel, sagte »Im Namen der allersten Dreieinigkeit!« Und rührte alles wieder einander.

Also saßen und zehrten sie miteinander. Der Spiegelschwab blieb acht Tage beim Allgäuer zu Gast und ruhte sich aus.

Am achten Tag aber kamen Viehhändler nach Hindelang, die ihn kannten und ihm die Nachricht brachten, seine Frau sei nicht in die Schweiz, sondern mit den Lanzknechten als Marketenderin wider die Türken gezogen.

Da ließ er von ihnen sich mit anderem Vieh nach Memmingen zurückbringen. Als er da ankam, trat ihm seine liebe Ehehälfte entgegen und trug ein Kind auf den Armen. »Grüß dich, Herzensmännle«, sagte die Frau. »Da sieh dir einmal dein Bübli an.

Der Spiegel ab sah drein, wie einer, der ein schweres Erinnerungsexempel im Kopf auflöst. Er konnte es doch nicht herausbringen. Das Kindlein aber lächelte ihm entgegen und da konnte er nicht mehr anders – er musste es nehmen. Er gab ihm ein Eule und nannte es sein eigenes Bübele. Die Frau machte gleich ein warmes Süpple – Friede und Einigkeit herrschten im Haus. So verlebte er dort friedlich seines Lebens alle Tage.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Show 2 footnotes

  1. Zensurlücken
  2. Großvater

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert