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Abenteuer und Wanderungen der sieben Schwaben Teil 9

Abenteuer und Wanderungen der sieben Schwaben
als des Blitz-, Spiegel-, Nestel-, Knöpfle-Schwab, Seehaases, Gelbfüßler und Allgäuer.

George Jaquet’s Verlagsbuchhandlung. Augsburg, 1855.

Der allzeit sauft und allzeit schlemmt,
behalt zuletzt nicht ein gutes Hemd!

Abenteuer von den sieben Schwaben

Nun hatte aber der Erb-, Lehn- und Gerichtsherr von, auf und zu Kronburg etc., welchem jene Herde angehörig war, von seinem Fenster aus der Rauferei des Allgäuers mit dem Wolle zugesehen, schickte daher den Schergen ab, um die sieben Schwaben als Zänker und Ruhestörer zu verhaften.

Dieser nahm sieben Fanghunde mit. Anfangs hatten unsere Helden Lust, den Schergen brav abzubläuen. Als sie aber von den sieben Bullenbeißern zu Boden gerissen und am Genick gehalten wurden, sprachen sie: »Wir gehen gutwillig, denn der Obrigkeit ist man Gehorsam schuldig.«

Der Scherge führte sie nun am Galgen, dem Zeichen der Gesittung und des Bürgerglücks, wie der damit unabänderlich verbundenen gutsherrlichen Gerichtsbarkeit, vorbei zum Diebsturm, ob dessen Tür die in Stein gehauenen Worte zu lesen waren: Ehrlich währt am längsten.

Als sie über die Zugbrücke des mit Wasser gefüllten Schlossgrabens gingen, sah der Nestelschwab in selbem mehrere tote Fische und sagte, es sei doch schade, dass man die schönen Fische habe ersaufen lassen.

Als der Scherge sie eingesperrt hatte, schlug die Turmuhr drei.

Da zählte der Nestelschwabe: »Eins. Eins. Eins.« Die anderen fragten ihn dann, wie viel Uhr es sei, und erhielten zur Antwort: »Ich weiß nicht, denn ich habe es nicht zusammengerechnet.«

Der Gelbfüßler aber tat aus Ärger über diese Unterbrechung ihres Heerzuges seinen größten und schrecklichsten, wahrhaft Schauder erregenden Schwur, indem er ausrief: »Ei so wott i do, dass mi das Mäusle biss!«

Abends wurde den Inhaftierten eine große Schüssel voll Suppe und Knödel, dann eine zweite mit saure Spätzle gebracht.

»So«, sprach der Knöpfleschwab,» dä han i mal mei Sach!«

Er machte sich darüber her und aß alles fein auf. Danach begehrten die Übrigen auch ihre Portionen. Mit langem Gesicht ging der Scherge zum gnädige Herre zurück, welcher sie sogleich freizulassen befahl, damit ihre Gefräßigkeit ihn nicht noch tiefer in Schulden stürze. Doch gab er ihnen einen Steckbrief mit, um andere Leute vor ihnen zu warnen. Er hatte sie ohnedies nur einsperren lassen, damit durch Nichtgebrauch das Recht dazu nicht abkomme.

Als die sieben Schwaben darauf beim herrschaftlichen Weiher vorübergingen, sahen sie da eine stattliche Gondel, neben welcher einige kleine Nachen im Wind schaukelten.

»Sʼischt doch wunderbar!«, sagte der Nestelschwab, »dass doch alles, was klein ist, so gerne schimpfle1 tut.«

Sie kehrten darauf in die Taverne und tranken auf die Gesundheit des Gerichtsherrn, welchen sie als sehr niederträchtig2 rühmten.

 

*

 

In der Herberge lag ein fahrender Schüler mit ihnen auf ein und demselben Stroh neben dem Allgäuer. Er hätte im Norden studiert, erzählte er, und sei nun nach Süddeutschland gereist, um Erkundigung von den Schwabenstreichen einzuziehen, über die er ein Buch herausgeben wolle. Er sagte auch vor dem Einschlafen zum Allgäuer, derselbe möge nicht erschrecken, wenn er nachts heftig um sich schlage. Es träume ihm manchmal sehr lebhaft von akademischen Disputationen.

»Disputieren ist nichts Unrechtes«, sagte der Allgäuer, »ich habe es auch schon öfter getan, und noch öfter habe ich im Traum lebhaft mit meinen Ochsen zu tun.«

Gegen drei Uhr früh kam dem Studenten, Adolphus war sein Name, wirklich das Disputieren in Kopf und Faust, sodass er den Allgäuer ein paar Mal derb auf die Nase schlug. Alsbald fing auch dieser an, so lebhaft von seinen Ochsen zu träumen, dass er aufstand, eine Peitsche von der Wand nahm und damit anfangs mit den Worten Wist Bräunle, hi Blässle! auf den Studenten Adolphus losschnalzte, bald aber den Peitschenstiel verkehrt nehmend selbigen so durchwalkte, dass er aller Lehrsätze und Disputationen vergessend Mordio! schrie, und nur mit Mühe den lebhaften Träumen des Allgäuers endlich entrinnend zum Fenster hinaus entrann.

Ich weiß nun nicht, ob er in seinem Buch von den Schwabenstreichen auch der selbst Erhaltenen Erwähnung findet.

 

*

 

Des anderen Tags beim Frühstück war auch ein Tiroler zugegen, welcher mit Schneeberger und Theriak handelte. Diesen wollte der Spiegelschwab aufziehen und bedachte nicht, dass die Tiroler gewöhnlich Stich antworten, wenn man zu ihnen Trumpf sagt, obwohl sie sich ihres Profites wegen gern dumm stellen möchten.

Der Spiegelschwab fragte dann: »Welche Sprache ist feiner, die tirolische oder schwäbische?«

Der Tiroler antwortete: »Jene ist von Loden, diese von grobem Tuch.«

Der Spiegelschwab: »Wenn ein Schwabe und ein Tiroler beisammen sind, welcher ist wohl dümmer?«

Der Tiroler: »Einer um den anderen.«

Der Spiegelschwab: »Wann fangen die Tiroler an, gescheit zu werden?«

Der Tiroler: »Im fünfzigsten Jahr, sagt man, und die Schwaben im vierzigsten. Aber Erstere holen die Letzteren bald ein.«

Vor dem Abschied sagte der Spiegelschwab zum Tiroler: »Meinetwegen kannst du dir noch ein Käntle Branntwein einschenken lassen!«

Der Tiroler tat es, trank ihre Gesundheit zu und sagte: »Dank für die Bezahlung!«

Also musste der Spiegelschwabe wohl ehrenhalber bezahlen und war wieder der Gefoppte.

Nachdem dieser Tag ohne Abenteuer vorübergegangen war, brachen sie den anderen Morgen sehr früh auf und wanderten tapfer dahin.

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  1. scherzen
  2. herablassend

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