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Im Zauberbann des Harzgebirges – Teil 7

Im Zauberbann des Harzgebirges
Sagen und Geschichten, gesammelt von Marie Kutschmann

Stift und Stadt Quedlinburg

Weit ins graue Altertum hinein verliert sich der Ursprung der Stadt Quedlinburg, denn schon zur Zeit der alten Sachsen stand an der gleichen Stelle ein Dorf, Quitlingen genannt, und die Sachsenherzöge pflegten hier mit Vorliebe des edlen Weidwerks.

Noch bevor Heinrich I., der Finkler, zum deutschen Kaiser gewählt worden war, sah er Quedlinburg als seinen liebsten Aufenthaltsort an, dem er auch als Kaiser Treue bewahrte. Hier soll ihm der Sage nach die Krone überbracht worden sein, als er auf dem Finkenherd mit Vogelfang beschäftigt war.

Mancher feste Platz musste am Ostrand des Gebirges zum Schutz gegen die andringenden Feinde des Reiches errichtet werden. So erbaute Heinrich auch auf dem Hügel ein sicherndes Kastell, welcher nun das Stiftsgebäude oder das sogenannte Schloss trägt. Nach dem glücklichen Besiegen der Ungarn erschien es ihm und besonders seiner frommen Gemahlin Mathilde eine heilige Pflicht der Dankbarkeit gegen Gott, Klöster und Kirchen zu gründen und auszustatten. Es wurde denn auch auf der Burg zu Quedlinburg, welche zu Mathildens Witwengut gehörte, auf der Herrin Anregung der Bau eines Stiftes und einer Kirche begonnen. Heinrich starb 936 zu Memleben. Die Leiche aber wurde seinem Willen gemäß nach Quedlinburg gebracht. Als dann Mathilde 963 starb, wurde sie ihrem Gemahl zur Seite in der Stiftskirche vor dem Altar St. Petri beigesetzt.

Kloster Quedlinburg war ein Frauenstift und stand unter Äbtissinnen, die Sitz und Stimme unter den Reichsständen hatten.

Die erste nachweisbare Äbtissin war eine Tochter Kaiser Ottos des Großen und auch unter ihren Nachfolgerinnen entstammten viele königlichen Geschlechtern. Die letzte Äbtissin war Sophie Albertine, Tochter Königs Adolf Friedrich von Schweden, welche 1803, als das Stift aufgehoben wurde, nach Schweden zurückkehrte. Im Jahr 1815 kam das Stift endgültig an Preußen.

Unter der Regierung der Äbtissin Bertrade (1270 – 1308) entspannen sich Zwistigkeiten wegen der Belehnung mit der Schutzgerechtigkeit des Stiftes zwischen den Grafen Ulrich und Albert von Reinstein und dem Bischof von Halberstadt. Unter ihrer Nachfolgerin Jutta, Gräfin von Kranichfeld, kam es sogar zu offener Fehde.

Der Bischof von Halberstadt wusste die Bürger für sich zu gewinnen, und so verband sich Quedlinburg mit Halberstadt und Aschersleben zu gemeinsamer Verteidigung.

Darüber erbittert, besetzten die Grafen von Reinsten die Höhen um Quedlinburg sowie das Kloster St. Wiperti und die Warte auf der Altenburg, nahmen Bürger gefangen, störten den Handel der Stadt und schadeten derselben, wo sie nur konnten. Im Jahr 1327 belieh zwar der Graf von Reinstein den Magistrat der Altstadt auch mit der Neustadt, aber die Bürger ließen sich nicht so leicht beruhigen. Sie waren durch das gewaltsame Verfahren der Grafen allzu sehr aufgebracht. Häufig machten sie Ausfälle gegen die Reinsteiner, welche meistens siegreich waren. Nun verbanden sich aber die Reinsteiner mit dem Grafen von Anhalt, Mansfeld und Hohenstein und bedrängten die Stadt nur umso mehr. Da beschlossen die Bürger, ein Letztes zu wagen, um sich von diesen Drangsalen zu befreien. Unterstützt von den Mannen des Bischofs brachen sie am 7. Juli 1336 aus der Altstadt hervor und schlugen die Reinsteiner nach einem verzweifelten Kampf. Graf Albert von Reinstein, der die Bürger besonders hart bedrängte, indem er die Neustadt besetzt hatte, wurde aus dieser verjagt. Als er sich zum Kloster St. Wiperti zurückziehen wollte, wurde er auf der Flucht am Hackelteich gefangen genommen. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die dem Grafen gehörige Gersdorfer Burg von den Bürgern zerstört. Über ein Jahr hielt man ihn in einem käfigähnlichen Kasten. Die Hansestädte verlangten seine Hinrichtung und verurteilten ihn als einen Störer des Landfriedens. Der Kaiser aber bestätigte dieses Urteil.

Dennoch kam es nicht zur Ausführung, denn Graf Albert erlangte unter der Bedingung seine Begnadigung, dass er der Schutzgerechtigkeit entsagen, die Stadtmauern ausbessern und sieben Türme in derselben erbauen lassen wolle. Das hierüber ausgestellte Dokument enthält die Schlussworte Gegeben to Quedlinburg vor der Stadt. Nach diesem Wortlaut scheint es, als wäre der Graf schon auf den Richtplatz geführt, ehe er sich entschlossen hätte, auf diese Bedingungen einzugehen.

Von den Türmen, die er danach errichten ließ, sind noch vier vorhanden.

Der Kasten, worin Graf Albert gefangen saß, seine Streitaxt, Armbrust, Sporen und Feldflasche werden auf dem Rathaus zu Quedlinburg aufbewahrt. Das Schwert, welches sich früher ebenfalls dort befand, hat General Königsmarck mit fortgenommen, als er im Dreißigjährigen Krieg die Stadt sechs Stunden plündern ließ.

Außerdem befinden sich noch mehrere Kuriositäten auf dem Rathaus, so zum Beispiel ein gedörrtes Menschenhaupt und zwei rechte Hände, denen der Daumen fehlt. Es sollen Überreste von Leichnamen der gegen Kaiser Otto I. Verschworenen sein, welche im Jahr 924 hingerichtet wurden. Weiter finden wir dort höchst interessante alte Waffen, darunter eine Kanone von besonderer Konstruktion, Folterwerkzeuge, Urnen aus den alten Begräbnisplätzen der Sachsen, einen Kodex des Sachsenspiegels sowie eine kleine Gemäldegalerie fürstlicher und berühmter Persönlichkeiten.

Die schon erwähnte Stiftskirche, eine romanische Basilika, zeichnet sich noch heute durch ihre Größe und reiche Architektur aus. Neben der Sakristei befindet sich ein uraltes Gewölbe, die Zyther, welches wohl früher zur Aufbewahrung der Reliquien bestimmt war. Noch heute werden dort viele Kostbarkeiten und wertvolle Altertümer gezeigt, wie zum Beispiel der Wasserkrug von der Hochzeit zu Kanaan, der von Kaiser Ottos Gemahlin Theophania aus dem Orient hierher gebracht sein soll, weiterhin ein Kamm aus Elfenbein, welcher der Bartkamm Heinrichs I. genannt wird, ein Bischofsstab, viele prächtige, mit Edelsteinen verzierte Reliquienkästen und kunstvolle, von verschiedenen Äbtissinnen und Klosterfrauen gearbeitete Teppiche. Weiterhin ist als Merkwürdigkeit in der Schlosskirche noch ein Gewölbe zu erwähnen, das sich unter einem Teil des Mittelschisses hinzieht und die Fürstengruft genannt wird.

In diesem Gewölbe, welches die Kraft besitzen soll, die Körper unverwest zu erhalten, wurde die berühmte Pröpstin des Stiftes, Aurora von Königsmark, beigesetzt und noch vor wenigen Jahren deren mumienhaft eingetrocknete Leiche den Besuchern der Kirche gezeigt. Nun ist der Eingang vermauert und die hier beigesetzten Toten der Ruhe zurückgegeben.

Im Westen des Schlosses liegt gleich einer Vorstadt der mit vielen kleinen Häusern bebaute Münzberg. Ehemals stand hier ein Nonnenkloster, welches von der Äbtissin Mathilde 986 gestiftet wurde. Als der Bauern­krieg wütete, verließen die Nonnen das Kloster und nur wenige kehrten später zurück. Bei Einführung der Reformation aber zog es die Äbtissin Anna ein. So verfiel es, und unter den Trümmern siedelten sich einige arme Leute an, zu denen sich nach und nach immer mehr gesellten. Auf diese Weise bekam der Münzberg seine jetzige eigentümliche Gestalt.

Nahe der Stadt liegt ein herrliches Lustholz, Brühl genannt, das ehemals zum Kloster St. Wiperti gehört hatte, nach dessen Aufhebung aber vom König der Stadt geschenkt wurde. Hier, aus lieblichster Umgebung, erhebt sich ein Denkmal Klopstocks, der in Quedlinburg zur Welt kam und dessen Geburtshaus am Schlossplatz steht. Es ist an dem von zwei Säulen getragenen Vorbau leicht zu erkennen. Außerdem steht auch ein Denkmal des berühmten Geografen Ritter im Brühl, denn auch er wurde in Quedlinburg geboren.