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Schinderhannes – Sechzehntes Kapitel

Leben und Taten des berüchtigten Johann Bückler, genannt Schinderhannes
Für Jung und Alt zur Lehre und Warnung aufs Neue geschrieben von W. Fr. Wüst, Reutlingen 1870
Druck und Verlag von Fleischhauer & Spohn

Sechzehntes Kapitel

Schinderhannes kommt in Frankfurt ins Verhör und wird dann nach Mainz gebracht.

Der kaiserliche Werbemajor in Frankfurt ließ die beiden Gauner vorführen und verglich sie mit ihren Gestaltsbezeichnungen, die er von Mainz aus erhalten hatte. Anfangs beharrte Schinderhannes darauf, dass er Jakob Schweickard heiße. Bald aber sah er ein, dass das Leugnen vergeblich sei, und gestand nun offen, er heiße Johannes Bückler und sei der berüchtigte Schinderhannes. Ebenso bekannte er, dass Reinhard oder der schwarze Jonas zu seiner Bande gehöre.

Nun übergab ihn der Werbeoffizier an den Magistrat in Frankfurt, der ihn am 14. Juni durch eine Kompanie Soldaten auf den Römer (das Rathaus) vor das Kriminalamt bringen ließ. Hier wiederholte Schinderhannes seine obigen Aussagen und bekannte die meisten seiner Verbrechen, bat aber, man möchte ihn doch nicht an die französische Behörde in Mainz ausliefern, sondern ihn auf deutschem Grund und Boden richten. Da wolle er gern die verdiente Strafe erleiden. Dem Frankfurter Magistrat kam aber die Aufforderung der Mainzer Behörde zur Auslieferung des Schinderhannes ganz erwünscht, indem er so einer weitläufigen und äußerst kostspieligen Untersuchung loswurde, welche über 200.000 Gulden kostete.

Am 16. Jani erschienen französische Gendarmen in Frankfurt, um die Arrestanten nebst ihren Frauen und Kindern auf einen Wagen geschlossen nach Mainz zu befördern. Das Gerücht hiervon verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Daher war auch der Zulauf in letzterer Stadt ungeheuer, als man ihn einbrachte. Besonders viele Leute waren vom Hunsrück herbeigeströmt, wo der Ränder sich früher so lange aufgehalten und so oft versteckt hatte. Hoch erfreut waren hauptsächlich die jüdischen Kaufleute, dass ihr Erzfeind nun in obrigkeitlicher Gewalt war. Damit jedermann ihn recht sehen konnte, musste er seinen Hut abnehmen und wurde so durch einen großen Teil der Stadt Mainz geführt. Nicht den Trotz eines Räubers, wohl aber Gelassenheit und ruhige Hingebung sah man auf seinem Gesicht. Nach einem kurzen Verhör nahm ihn der Holzturm am Rhein auf, der zu seinem Gefängnis bestimmt wurde.

Ein eigenes peinliches Gericht wurde nun in Mainz niedergesetzt und erhielt den Auftrag, alles zu enthüllen, was auf diese große Räuberbande und auf ihre Verbrechen Bezug hatte. Bald kamen von allen Seiten eine Menge Gefangener an. Ihre Zahl belief sich in kurzer Zeit auf über sechzig. Leider aber konnte man nicht alle Mitglieder der ganzen Bande in obrigkeitliche Gewalt bringen. Es trieben noch das schändliche Räuberhandwerk: der schwarze Peter, Johann Leiendecker, der Krugjoseph, Johann Martin Riekert, Lorenzen Peter, Peter Heinrichs Hans Adam, Korbhannesen Adam, Knöpf Antons Hans Adam und manch andere. Übrigens wurde doch der Rest der Bande auseinandergetrieben, die Helfershelfer und Hehler wurden durch die strengen Maßregeln schüchtern gemacht und Ruhe und Sicherheit kehrten nach und nach wieder ein.

Johann Bückler behielt auch in Ketten und Banden seine Munterkeit. Er erzählte oft etwas Lustiges von seinen Begebenheiten und musste selbst herzlich dabei lachen.

Er hatte ein außerordentliches Gedächtnis und erinnerte sich der kleinsten Umstände aus seinem Leben. Da er alles so offenherzig und reumütig bekannte, so ersparte er dem Tribunal viele Mühe und Zeit.