Heftroman der Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Sonja Rudorf – Alleingang

Sonja Rudorf – Alleingang

Jona Hagen besitzt eine Praxis für Psychotherapie in Frankfurt am Main. Neben ihr arbeitet in dieser Praxis Alexander Tesch, der sich ihr gegenüber ebenfalls als Psychotherapeut ausgewiesen hat.

Eines Abends findet Jona ihren Mitarbeiter, der eigene Patienten hatte und mit ihr regelmäßig konferierte, schwer verletzt in der Praxis. Jemand hat ihn angegriffen, und er ist bewusstlos. Die Polizei findet zunächst keine Spuren, die auf den Täter hindeuten, während Alexander im Krankenhaus im Koma liegt.

Jona aber schaut sich seine Patientenakten näher an und muss feststellen, dass er äußerst unprofessionell gearbeitet hat. Alles deutet darauf hin, dass er gar kein examinierter Psychotherapeut ist. Und Jona fällt noch etwas auf. Die Aufzeichnungen legen nahe, dass ihr Mitarbeiter seine Patienten manipuliert und ausgenutzt hat.

Sie verschafft sich Zugang zu seiner Wohnung und bemerkt dort, dass er eine seiner Patientinnen sexuell ausgenutzt und auch Aktfotos von ihr gemacht hat. Die Psychotherapeutin ist entsetzt und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Dazu sucht sie die Patienten von Alexander heraus, die er ihrer Meinung nach ausgenutzt haben könnte, teilt ihnen mit, dass er nun längere Zeit verhindert sein wird, und bietet ihnen an, ihre Therapie währenddessen selbst weiterzuführen.

Anna Sturm, die junge Frau, die ihr Mitarbeiter sexuell ausnutzte, ist völlig fertig, denn sie war Tesch offensichtlich hörig. Ein anderer Patient namens Hendrik Denge reagiert auf Ihr Angebot ebenfalls nicht ohne Bedenken. Der junge Mann wird in der Schule von seinen Klassenkameraden gemobbt. In seiner Akte findet Jona den Eintrag Vatergespräch. Sie weiß zunächst nichts mit Alexanders Bemerkung anzufangen. Später jedoch lernt sie Cornelius Denge, den Vater des Jungen, besser kennen. Gibt es in dieser Familie einen, der ein Motiv hatte, Alexander zu verletzen?

Zudem könnten noch die Patienten Celia Rumpf und Florian Moser ein Motiv gehabt haben, ihren Mitarbeiter dermaßen zuzurichten. Celia Rumpf besitzt Immobilien – Alexander ist ihr Mieter – und hat ein Helfersyndrom. Sie betrachtet Tesch als Freund, der nicht nur ihre Probleme mit ihr bespricht, sondern sie auch bei der Verwaltung ihrer Wohnungen berät.

Florian Moser hingegen ist Werbegrafiker und spielsüchtig. Er wurde von Tesch abgehalten, sein ganzes Vermögen zu verspielen und spendete im Gegenzug für einen Hilfsfond für Spielsüchtige, den es offensichtlich gar nicht gibt. Hat Jonas Mitarbeiter sich diese Spenden selbst eingesteckt?

Je mehr sich die Therapeutin mit den Aktivitäten ihres Mitarbeiters beschäftigt, desto mehr unangenehme Fragen tauchen auf. Außerdem haben Alexanders Patienten offenbar alle ein Motiv, den falschen Psychotherapeuten zu hassen. Aber wer ist so weit gegangen, ihn in der Praxis derart zu verletzen?

Sonja Rudorf bietet dem Leser einen Kriminalroman, der eine ungewöhnliche Ermittlerin mit außergewöhnlichen Ermittlungsmethoden beschreibt. Jona Hagen, ihre Hauptakteurin, ist Psychotherapeutin und ermittelt mit den Möglichkeiten, die sie als solche hat, nämlich mit den Mitteln der Psychologie. Lange und verwickelte Recherchen über diverse Patienten und deren Tatmotive führen die Therapeutin schließlich zur Lösung des Falles.

Dabei entpuppt sich ihr Kollege, dem sie blind vertraute und den sie deshalb als Partner in ihre Praxis aufnahm, als ausgesprochen problematischer Charakter.

Die Autorin beschreibt einfühlsam und glaubwürdig verschiedene Personen und ihre psychischen Probleme, verliert sich allerdings für meinen Geschmack manchmal ein wenig zu sehr in psychologischen Überlegungen, was ihren Roman zuweilen als etwas zu undeutlich erscheinen lässt.

Fazit:
Die Verfasserin liefert mit Alleingang einen ungewöhnlichen Krimi ab, der eine Psychotherapeutin als Ermittlerin und ihre Psychologie als Mittel zur Überführung des Täters zum Thema hat.

Meistens sehr interessant und immer sehr einfühlsam beschreibt sie dabei Verdächtige und Opfer der Tat, wobei das Opfer eben nicht der positive Mensch ist, den man zunächst erwartet hat und die Verdächtigen durchweg alle Opfer sind.

Ich möchte das Buch demjenigen Leser empfehlen, der an Psychologie, psychischen Störungen und deren Behandlung Interesse hat und gerne einmal einen Krimi, der diese Themen zum Inhalt hat, lesen möchte.

Die Autorin:

Sonja Rudorf, Jahrgang 1966, erblickte in Frankfurt am Main das Licht der Welt. Sie studierte Germanistik, schloss ihr Studium mit dem Magister ab und erhielt ein Werkstattstipendium des Literarischen Colloquiums Berlin. Im Februar 2000 erschien ihr erster Roman mit dem Titel Die zweite Haut. Es folgten weitere Romane und auch Erzählungen.

Die Autorin lebt heute als Schriftstellerin und Lehrerin für Kreatives Schreiben in Frankfurt.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Medien GmbH.
  • Foto der Autorin. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Medien GmbH.

(ww)