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Slatermans Westernkurier 10/2015

Cowboys-CookingDas Kochbuch der Cowboys oder eine Abhandlung darüber, was richtiges Essen ist

Auf ein Wort Stranger,

ein ziemlich bekannter Mann jener Zeit hatte einmal gesagt, dass Essen und Schlafen zu den elementarsten Dingen im Leben eines Cowboys gehören. Ohne sie konnte kein Rindermann Kraft für seinen Job finden, der ihn oftmals sechzehn Stunden lang bei Wind, Regen und Schneestürmen im Sattel hielt, der ihn gegen wilde Tiere, Banditen und Indianer kämpfen ließ und der bei jeder noch so kleinen Unachtsamkeit sofort schwere Verletzungen oder gar den Tod des Betreffenden nach sich zog.

Der Mann hatte recht.

Die Reiter brauchten etwas Handfestes, das unter die Rippen ging, nur so waren die Strapazen zu ertragen.

Auch wenn heute den Nahrungswissenschaftlern beim Anblick der Speisen dieser Männer die Haare zu Berge stehen und sich jeder Biofreak und Müslifan mit Grausen abwendet, ganz so falsch konnte es nicht gewesen sein.

Fakt ist, dass die Cowboys gegenüber Siedlern und Städtern bedeutend weniger von Krankheiten heimgesucht wurden als diese. Das mag vielleicht daran liegen, dass sie sich praktisch nur an der frischen Luft bewegten und kalorienmäßig jede noch so kräftige Nahrung fast augenblicklich und vollständig verbrauchten.

Aber das allein kann nicht alles sein.

Herz und Kreislauferkrankungen waren relativ unbekannt und Probleme mit den Verdauungsorganen (Magen, Leber, Niere, Darm) trotz erheblichem Kaffee-, Tabak-, Alkoholgenuss und fettreicher Nahrung weit unter dem Durchschnitt.

Professor Doktor Jeremy Stockton hat nach systematischen historischen Recherchen festgestellt, dass, abgesehen von Unfalltodesursachen, das Durchschnittsalter eines Siedlers im Wilden Westen bei 50 Jahren lag, das eines Städters bei 52. Beim Rancher waren es 70 und bei den Cowboys 78 Jahre!

Es gibt inzwischen Untersuchungen in US-Forschungsinstituten, die das ungewöhnlich hohe Durchschnittsalter des historischen Cowboys und den fast gänzlichen Mangel an Krebserkrankungen darauf zurückführen, dass der Cowboy Eiweißprodukte aus der Wildnis jenen von gefütterten und gezüchteten Haustieren vorzog. So fehlten Dinge wie Schweinefleisch, Milch und Milchprodukte sowie raffinierter Zucker und Eier gänzlich in seinem Speiseplan.

Also was ist dran an Speis und Trank der Cowboys?

 

***

 

Nichts Weltbewegendes, wie man feststellen kann, wenn man sich die Rezepte einmal näher ansieht. Der Großteil besteht aus einfachen Zubereitungen und bodenständigen Zutaten, die nur der Natur entnommen sind.

Zum besseren Verständnis und auch als Anreiz, diese Dinge einmal nachzukochen, hier eine kleine Auswahl damaliger Rezepte.

Beginnen wir mit dem Frühstück.

Da ist zunächst einmal der Kaffee, wobei die Betonung auf Kaffee liegt.

Die Plörre, die heutzutage dem Verbraucher als Coffee to Go mit zum Teil horrenden Preisen in diversen Filialketten verkauft wird, oder die sogenannten Kaffeepads haben mit dem ursprünglichen Kaffee, wie er beim Rindertrail am Lagerfeuer serviert wurde, ungefähr so viel gemeinsam wie eine Kuh mit einer Muskatnuss.

Kaffee bestand aus einem Liter Wasser, einer großen Tasse gemahlenem Kaffee, einem Ei und einer halben Tasse kaltem Wasser. Das Wasser wurde in einer Kanne oder einem gusseisernen Topf aufgekocht und danach der Kaffee und das zerschlagene Ei mit der zerdrückten Eierschale hineingegeben. Nach weiteren vier Minuten gab man das kalte Wasser hinzu und nahm den Topf vom Feuer.

Durch das kalte Wasser setzte sich der Kaffee und die zerdrückte Eierschale band das Kaffeemehl und klärte den Kaffee.

Manche Trailkochs fügten noch eine Prise Salz hinzu.

Dazu gab es Sourdough Biscuits, auch Sauerteigbrötchen nach Cowboyart genannt.

Das Rezept mitsamt Zutaten liest sich wie folgt:

½ Tasse Sauerteig, 1 Tasse Milch, 2 ½ Tassen Mehl, 1 El Zucker, nicht ganz einen Teelöffel Salz, 1 Tl Backpulver und einen ½ Tl Backsoda, dazu Fett von ausgelassenem Speck je nach Geschmack.

Sechs bis acht Stunden vor dem Backen wird der Sauerteig mit der Milch und einer Tasse Mehl verrührt und zugedeckt in einen warmen Raum gestellt. Zur Weiterverarbeitung dann eine weitere Tasse Mehl in den Teig kneten, mit dem Salz, Zucker, Backpulver, Soda und der übrig gebliebenen halben Tasse Mehl vermischen und hineinkneten. Den Teig auf einem Brett etwa so dick wie ein Zeigefinger ausrollen und in zehn bis fünfzehn Vierecke schneiden. Diese dann im warmen Fett wenden und in eine gefettete Backform hineinlegen. Etwa eine halbe Stunde an einen warmen Platz geben und dann im vorgeheizten Ofen bei mittlerer Hitze ungefähr dreißig Minuten backen.

Hört sich zwar nach viel Arbeit an, aber wer erst einmal solche Brötchen gekostet hat, will sie nicht mehr missen.

Außer Kaffee und Sauerteigbrötchen gehörten noch Bohnen mit gepökeltem Fleisch, Zwiebeln und Fleischbrühe sowie gepfefferte, nicht gesalzene Rindersteaks vom Grill, die innen noch ziemlich blutig waren, zu den hauptsächlichen Bestandteilen eines üblichen Cowboyfrühstücks.

All das war im Grunde genommen das Hauptessen der Cowboys.

Wobei es da unzählige Variationen gab, jeder Trailkoch hatte seine speziellen Rezepte und schwor auf sie als die einzig wahre Zubereitung, genauso wie es auch heute noch unzählige Abarten von Original Spaghetti Bolognese oder Ungarischem Gulasch gibt.

Damit ist unsere kleine Rezeptsammlung allerdings noch nicht am Ende.

Denn da gab es noch die Hausherrin, die Frau des Ranchers, die in der Küche dem Trailkoch, ihrem männlichen Pedant, aufzeigen wollte, wie man wirklich kochte.

Hinzu kam noch die Rivalität mit anderen Frauen, die sich meistens beim Erntedankfest oder dem Treffen zum Unabhängigkeitstag offenbarte.

In dieser Zeit wurden Rezepte geboren, die je nach Region noch heute zu den Klassikern der Cowboyküche zählen und die wir dem Leser dieser Kolumne keinesfalls vorenthalten wollen.

Da ist zunächst einmal der »Arme Mann«.

Dazu nimmt man ein zweipfündiges Steak (bekommt man in unseren Breitengraden, wenn man beim Schlachter seines Vertrauens ein Porterhousesteak verlangt), schneidet es auf beiden Seiten leicht ein und gibt in diese Schnitte eine Mischung aus schwarzen Pfeffer, Chilipulver und zwei gehackten Knoblauchzehen. Das Steak wird danach mit Salz eingerieben – am besten grobkörniges Meersalz – und einen Tag abgedeckt stehen gelassen.

Danach wird es einen weiteren Tag in mexikanischen Rotwein gelegt.

Ein Tempranillo oder Mazuelo aus Rioja erfüllt denselben Zweck, und das bedeutend kostengünstiger.

Danach wird das Fleisch in Mehl gewälzt und in scharf erhitztem Rinderfett kross gebraten. Anschließend gibt man nach und nach Lorbeerblätter, Nelken, Zitronenschalen und Wacholderbeeren hinzu und löscht das Ganze immer wieder mit der Weinbeize ab.

Wenn das Steak gar ist, sofort mit Salbei-Omeletts servieren.

Im Grenzgebiet zu Mexiko, also im südlichen Arizona, in Texas oder New Mexiko war nachfolgendes Rezept unter den dort lebenden Cowboys der Favorit:

Man nehme 5 Pfund rote Bohnen, die man zuvor einen Tag lang eingeweicht hat, 4 Pfund getrockneten, gesalzenen Speck, 2 Pfund Tomaten, die gleiche Menge an Zwiebeln, 4 Knoblauchzehen, dazu so viele rote Chilischoten, wie man glaubt zu vertragen, und eine Handvoll zerstoßene, schwarze Pfefferkörner.

Das Ganze wird etwa sechs Stunden in einem Kessel, der über dem offenen Feuer hängt, gekocht. Daraus wird eine Mahlzeit, die für 5 bis 6 Männer einen Boden im Bauch ergibt.

Das ganze nennt sich Frijoles und ist in seiner Originalform nur für Männer geeignet, deren Speiseröhre und Magen entweder aus Eisen oder aus Kupfer bestehen.

Wobei es, Berichten nach zu glauben, in diesen Regionen Chilis gab, die sich sogar durch diese Metalle fressen konnten.

Ein weiteres sehr beliebtes Kesselgericht, das meist während des Rindertrails gekocht wurde, war das Son-of-a-gun-stew (Kanonensohn-Eintopf), der aus Hirn, Leber, Herz, Nieren, dem Magen und der Zunge frischgeschlachteter, lebensschwacher Kälber bestand.

 

***

 

Wie in jeder Rezeptsammlung, die man heutzutage entweder im Netz oder in der Buchhandlung erwerben kann, standen auch damals in den Kochbüchern Anleitungen zum Zubereiten von Kuchen, Süßspeisen und Desserts immer am Schluss der betreffenden Abhandlung.

Unsere Kolumne macht dabei keine Ausnahme.

Obwohl, eigentlich müssten diese Dinge am Anfang stehen, so unendlich viele Rezepte, wie es da gibt. Die Unmenge an Zubereitungsarten hatte einen triftigen Grund: Es gab im Wilden Westen keinen Menschenschlag, mit Ausnahme einiger Indianerstämme, der so verrückt nach Süßigkeiten war wie der Cowboy.

Ein Umstand, den sich die Hersteller von Arbuckels Kaffee zunutze machten und ihren Kaffeepäckchen Plättchen von Pfefferminzbonbons beigaben und so aus ihrem Kaffee den meistgetrunkenen im Westen machten.

Es gab alleine von Sauerteigbrötchen Dutzende verschiedene Variationen, ob mit Rosinen oder Maple Sirup serviert, in Milch eingeweicht, dazu Apple Crunch Pudding und, und, und.

Der absolute Klassiker dieses Genres aber war und ist der Angel Food Cake, ein Cowboy-Feiertagskuchen, der nur zu hohen Festen auf der Ranch zubereitet wurde.

Eine Mischung aus 250 g Weizen- und Maismehl, dazu 15 Eiweiß, 100 g reine Sahne, 300 ml Maple Sirup, den der Cowboy dem Zucker vorzog, etwas Salz, 1 Esslöffel Vanille und Zimt brachte jeden von ihnen ins Schwärmen.

Damit sind wir wieder einmal am Ende der Kolumne.

Gott sei Dank muss ich sagen, denn inzwischen knurrt mir regelrecht der Magen.

Es wird Zeit, dass das Steak aus meinem Kühlschrank endlich den Weg in die Pfanne findet.

In diesem Sinne,

man liest sich wieder

Euer Slaterman

Quellenangaben:

  • Thomas Jeier, Das große Buch vom Wilden Westen, Verlag Carl Ueberreuter 2011
  • H.J. Stammel, Der Cowboy von A bis Z, Verlagsgruppe Bertelsmann 1972
  • www.usa-kulinarisch.de