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Der Welt-Detektiv Band 6

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Frederick Marryat – Die Sendung – Kapitel 7

Kapitän Frederick Marryat
Die Sendung
Umschlagzeichnung nach Originalentwürfen von Professor Honegger
Neue deutsche Ausgabe. Magdeburger Verlagsanstalt. 1915
Kapitel 7

Abends kehrten Bremen und Swanefeld mit den Zähnen des Leitelefanten, die sehr groß waren, zurück. Auch die Xhosakrieger langten an. Die Eingeborenen beschäftigten sich aber vorderhand mit Essen. Der Häuptling der Xhosakrieger brachte die Zähne der übrigen Elefanten und die Schwänze, während seine Leute sich mit Fleisch beluden. Sobald diese bemerkten, dass die Ochsen und Pferde scheu geworden und davongelaufen waren, die Khoikhoi aber nicht in einer Lage waren, ihnen nachzugehen, so warfen sie ihre Last nieder, um die schüchternen Tiere einzusammeln. Noch vor Einbruch der Nacht war alles Vieh wieder zurückgebracht. Die Feuer wurden angezündet, und die Xhosa hörten erst gegen Mitternacht auf zu essen.

Unsere Reisenden hielten es nicht für ratsam, sich zu Bett zu begeben, da sie in ihren Khoikhoi jetzt keinen Schutz hatten. Sie machten ein großes Feuer an und blieben dabei sitzen, sich über die Abenteuer des Tages unterhaltend. Während sie noch miteinander sprachen, zeigte Begum, die sich an der Seite ihres Herrn befand, Merkmale von Unruhe, und klammerte sich zuletzt, augenscheinlich in großer Furcht, an den Major an.

»Was hat denn die Prinzessin?«, fragte der Major. »Sie muss sich vor etwas fürchten.«

»Ja, das ist augenscheinlich. Vielleicht befindet sich ein Elefant in der Nähe. Sollen wir Bremen und Swanefeld wecken?«

Begum schnatterte und auch ihre Zähne klapperten vor Furcht, während sie sich dichter und dichter an ihren Herrn anschmiegte. Der kleine Omrah, welcher gleichfalls beim Feuer saß, machte ein so ernstes Gesicht wie der Pavian und berührte endlich Alexanders Schultern, um dessen Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Zuerst deutete er auf den Affen und machte dessen Furcht nach. Dann aber ließ er sich auf Hände und Füße nieder, um die Bewegungen und das Geheul eines Tieres nachzuahmen.

»Ich verstehe«, rief der Major, nach seinem Gewehr greifend. »Der Junge meint, ein Löwe sei in der Nähe, und dies sei die Ursache von der Furcht des Affen.«

»Ein Löwe?«, sagte der Major zu Omrah.

Aber Omrah verstand ihn nicht. Er zog deshalb Papier und Bleistift heraus und hatte erst in einer Sekunde die Umrisse eines Löwen gezeichnet.

»Ein gescheiter kleiner Kerl! Weckt die Leute alle und haltet eure Gewehre bereit«, sagte der Major, indem er aufsprang. »Er kann nicht fern sein. Zum Geier mit dem Affen, er will nicht loslassen«, fuhr er fort, indem er Begum mit Gewalt losriss und sie wegschleuderte. Die Äffin aber kletterte augenblicklich auf den Wagen und verbarg sich dort.

Sie hatten kaum Zeit gehabt, die beiden Khoikhoi zu wecken, als ein lautes, fürchterliches Brüllen, ähnlich dem Rollen des Donners, sich vernehmen ließ und eine Weile an dem gegenüberliegenden Felsen nachhallte.

Nur wer selbst im Land gewesen ist und mit diesem Tier in seinem wilden Zustand zusammentraf, kann eine Vorstellung von der einschüchternden Wirkung des Löwengebrülls haben. Was man in einer Menagerie hört, ist nur schwach und gibt bloß eine matte Vorstellung. Im Dunkel der Nacht ist es fast unmöglich zu sagen, aus welcher Richtung der Schall herkommt. Er ist in der Tat eine erschütternde Vorbereitung, und auch Alexander, der nie zuvor den Löwen hatte brüllen hören, war dieser Ansicht.

Die Xhosa erwachten bei dem Getöse und unsere Reisenden, wie auch die Khoikhoi feuerten jetzt ihre Gewehre in allen Richtungen ab, um das Tier fortzuscheuchen. Wiederholte Schüsse übten die gewünschte Wirkung, und im Laufe einer halben Stunde war alles wieder ruhig.

»Dies ist das erste Mal«, bemerkte Alexander, »dass ich einen Löwen in seinem wilden Zustand brüllen hörte, und ich kann Euch versichern, dass ich mein Leben lang daran denken werde.«

»Das erste Mal ist es bei mir nicht«, entgegnete der Major, »aber so furchtbar kam mir das Gebrüll nie vor, wie in der Dunkelheit und Stille der Nacht. Auch mag der Widerhall zur Verstärkung beigetragen haben. Ihr könnt natürlich mehr davon erzählen, Swinton, da Ihr im Namaqualand gereist seid.«

»Wohl, aber dennoch ist es mir nur sehr selten so vorgekommen.«

»Dünkt es Euch nicht sonderbar, dass wir auf unserem ganzen Zug noch nie einen Löwen hörten?«, sagte Alexander.

»Der Löwe ist oft sehr nah, ohne einen Laut von sich zu geben«, entgegnete Swinton. »Übrigens glaube ich nicht, dass in dem Landstrich, welchen wir durchzogen haben, viel Löwen sind, da er zu bevölkert ist. Auf der anderen Seite des Gebirges werden wir sie in Massen finden, wenn wir anders den Rückweg in dieser Richtung nehmen wollen. Wo immer man Antilopenherden, wilde Pferde, Zebras und Giraffen trifft, wird man sicherlich auch den Löwen finden, da diese Tiere sein eigentlicher Raub sind.«

»Ich weiß wohl, Swinton, dass Ihr der Lebensweise der Tiere große Aufmerksamkeit geschenkt habt und dass dies einen Teil Eures Studiums bildet. Wisst Ihr viel von dem Löwen zu erzählen? Wenn dies der Fall ist, so werdet Ihr es uns nicht vorenthalten.«

»Ich habe allerdings die Naturgeschichte des Löwen studiert und mache mir ein Vergnügen daraus, Euch mitzuteilen, was ich aus eigener Beobachtung entnommen oder von anderen erfahren habe. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Löwe nicht mutwillig mordet. Davon habe ich wiederholte Belege. Ich erinnere mich namentlich eines sehr merkwürdigen Falles, der den Scharfsinn dieses edlen Tieres bekundet. Ein Mann, der zu einer Missionsstation gehörte, hatte einen Freund besucht und schlug, als er wieder zurückkehrte, einen Umweg ein, um an einem Teich vorbeizukommen, an welchem er eine Antilope schießen zu können hoffte. Als er an dem Teich anlangte, stand die Sonne schon ziemlich hoch, und da er kein Wild bemerken konnte, legte er sein Gewehr auf einen niedrigen Felsvorsprung, dessen Hinterseite mit Buschholz bedeckt war. Er ging zum Wasser hinunter und labte sich mit einem Trunk, worauf er zum Fels zurückkehrte und eine Pfeife rauchte. Da er sich müde fühlte, so legte er sich nieder und schlief ein.

Eine Weile danach weckte ihn die übermäßige Hitze, welche sich an den Felsen brach. Wie er die Augen öffnete, bemerkte er nur einen Schritt von sich einen geduckten, großen Löwen, dessen Augen funkelnd auf seinem Gesichte hafteten. Der Schreck raubte ihm einige Minuten alle Bewegung, denn er sah sich schon im Rachen des Ungeheuers. Endlich gewann er seine Geistesgegenwart wieder. Er blickte zu seinem Gewehr hin und streckte die Hand langsam danach aus. Der Löwe richtete seinen Kopf auf und fing furchtbar zu brüllen an. Dies bewog ihn, die Hand hastig wieder zurückzuziehen. Der Löwe schien damit zufrieden zu sein und legte wieder wie zuvor seinen Kopf zwischen die Vordertatzen. Eine Weile später machte der Mann einen zweiten Versuch, sich feines Gewehres zu bemächtigen. Da jedoch der Löwe abermals den Kopf erhob und zu brüllen anfing, so stand er von seinem Vorhaben wieder ab. Dies wiederholte er in Zwischenräumen noch etliche Mal, aber stets mit dem gleichen Erfolg vonseiten des Löwen.«

»Da muss der Löwe wohl gewusst haben, warum er nach dem Gewehr griff.«

»Zuverlässig; und deshalb wollte er dem Mann nicht erlauben, danach zu langen. Wahrscheinlich wurde auf das schlaue Tier schon früher gefeuert. Ihr bemerkt übrigens, dass er dem Menschen keinen Schaden zu tun wünschte. Er schien zu sagen: ›Du bist in meiner Macht und darfst nicht von hinnen gehen. Auch sollst du nicht nach deiner Muskete greifen, um nach mir zu schießen, oder ich reiße dich in Stücke.‹«

»Das war gewiss sehr merkwürdig. Und wie endete die Sache?«

»Die Sonnenhitze wirkte so mächtig auf den Felsen, dass der Mann fast verging, und seine nackten Füße wurden dermaßen verbrannt, dass er sich genötigt sah, sich zu bewegen, indem er einen auf den anderen legte und jede Minute abwechselte. Der Tag verging und die Nacht gleichfalls, ohne dass sich der Löwe von der Stelle rührte. Die Sonne erhob sich abermals und die Hitze wurde so übermäßig, dass die Füße des armen Mannes alles Gefühl verloren hatten. Um Mittag erhob sich der Löwe und ging zum Teich, der nur einige Schritte entfernt lag, sah aber alle Augenblicke zurück, um sich zu überzeugen, ob sich der Mann nicht rührte. Dieser versuchte abermals, nach seinem Gewehr zu greifen. Aber wie der Löwe dies merkte, wandte er sich wütend um und war im Begriff auf ihn loszuspringen.

Er zog seine Hand wieder zurück und die Bestie gab sich zufrieden.«

»Wie sonderbar!«

»Das Tier ging zum Wasser und trank. Dann kehrte es zurück und legte sich wieder an die frühere Stelle, ungefähr einen Schritt von den Füßen des Mannes, nieder. Abermals verging eine Nacht, ohne dass der Löwe von seinem Posten wich. Am anderen Mittag ging das Tier wieder zum Wasser hinunter und machte, als es dort stand eine Gebärde, als höre es Lärm in einer anderen Richtung. Dann verschwand es in dem Gebüsch.

Wie der Mann dies bemerkte, bot er alle seine Kräfte auf und griff nach dem Gewehr; aber er konnte nicht aufstehen, da die Kraft seiner Knöchel dahin war. Die Waffe in der Hand kroch er zum Teich und trank. Als er seine Füße untersuchte, entdeckte er, dass seine Zehen verbrannt waren und die Haut sich beim Kriechen durch das Gras abgeschürft hatte. Er setzte sich am Teich nieder und beschloss, dem Löwen, dessen Rückkehr er mit jedem Augenblick erwartete, den Inhalt seiner Büchse durch den Kopf zu jagen. Da übrigens die Bestie nicht mehr erschien, so band er sich das Gewehr auf den Rücken und kroch auf Händen und Füßen fort, so gut es eben gehen wollte. Er war ganz erschöpft und hatte erliegen müssen, wenn nicht glücklicherweise ein Mann des Weges gekommen wäre, der ihm nach Hause half. Er verlor übrigens seine Zehen und war ein Krüppel auf Lebenszeit.«

»Die Geschichte wird besonders merkwürdig durch den Umstand«, sagte der Major, »dass der Löwe, aller vernünftigen Annahme zufolge, nach sechzigstündigem Auflauern hungrig geworden sein muss, selbst wenn man zugibt, dass er kurz vorher ein kräftiges Mahl gehalten hatte.«

»Ich kenne noch manche sehr interessante und wohlverbürgte Anekdote über dieses edle Tier«, bemerkte Swinton, »und ich teile sie Euch mit Vergnügen mit, muss aber zu diesem Zweck in mein Notizbuch sehen, da sich sonst Unrichtigkeiten in meine Erzählung einschleichen könnten. Namentlich eine Tatsache ist sehr merkwürdig, und da sie mir von dem Missionar N. mitgeteilt wurde, der sie mehrere Male beobachtet haben will, so nehme ich keinen Anstand, für ihre Richtigkeit einzustehen, umsomehr, weil ich etwas Ähnliches bemerkte. Die Löwen beobachten nämlich das vierte Gebot, sie ehren ihre Eltern.

»Wenn ein alter Löwe in der Gesellschaft seiner Kinder ist oder wenn eine Anzahl von Löwen zusammenkommt, um Wild aufzusuchen, so ist stets einer darunter, der von den übrigen als der Älteste und Tüchtigste betrachtet wird und den Anführer spielt. Kommt nun eine Beute heran, so ist es dieser, welcher auf sie zukriecht und sie packt, während die andern geduckt im Gras liegen bleiben. Hat der alte Löwe, was in der Regel der Fall ist, das Tier getötet, so zieht er sich von seinem Opfer zurück und legt sich für etwa eine Viertelstunde nieder, um zu verschnaufen und auszuruhen. Mittlerweile lagern sich die übrigen in achtungsvoller Entfernung um ihn her, ohne dass sich einer unterstünde, dem Tier nahezukommen, das der Löwe getötet hat. Sobald Letzterer hinreichend ausgeruht zu haben glaubt, so geht er auf seine Beute los und lässt sich die Brust und den Magen belieben. Hat er eine ziemliche Portion gefressen, so gönnt er sich wieder ein Weilchen Ruhe und keiner von den anderen wagt es, sich zu rühren.

Nach der zweiten Mahlzeit zieht er sich zurück. Die übrigen Löwen achten auf seine Bewegungen und stürzen nun auf den Rest der Beute los, welche bald verzehrt ist. Ich sagte, ich habe selbst ein Beispiel mit angesehen, welches diese Angabe bekräftige, und will es jetzt erzählen. Ich saß, nachdem ich einige Pflanzen gesammelt hatte, auf einem Fels, als ich unter mir einen jungen Löwen eine Antilope ergreifen sah. Er hatte seine Tatze noch auf dem toten Tier, als der alte Löwe heraufkam. Der Junge zog sich nun augenblicklich zurück, bis der alte Herr gespeist hatte, und ließ sich dann den Rest belieben. Um Himmels willen, was ist dies?«

»Ich meinte, es sei wieder der Lowe«, sagte Alexander, »aber es hat gedonnert, wir werden ein Gewitter kriegen.«

»Ja, und ein tüchtiges obendrein«, versetzte der Major. »Ich fürchte, wir müssen aufbrechen und unter Dach zu kommen suchen. Ich habe bereits einige Regentropfen verspürt.«

Jetzt zuckte ein blendender Blitzstrahl auf, dem rasch ein anderer folgte, und der Donner krachte augenblicklich hinterher.

»Fehlt nicht«, entgegnete Swinton, »und ich kann Euch sagen, wir werden es in weniger als einer Minute über uns haben. Ich will meinen Wagen aufsuchen.«

»Jedenfalls wird es diese Khoikhoi nüchtern waschen«, bemerkte der Major, als die drei von hinnen gingen, um in ihren Wagen Schutz zu suchen.

Sie hatten kaum die Wagen erreicht, als der Himmel schon in Feuer stand und der Donner betäubend über ihren Häuptern hinrollte. Der Wind hob sich und blies mit furchtbarer Gewalt, während der Regen niederschoss, als wären in Wirklichkeit die Schleusen des Himmels geöffnet. Die Blitze waren so, dass man im Moment ihres Aufzuckens die ganze Gegend so klar sehen konnte wie bei Tag. Im nächsten Augenblick aber herrschte das tiefste Dunkel, und unter den betäubenden Donnerschlägen erzitterten sogar die Wagen samt allem, was darin war. Ein großer Baum, der keine fünfzig Schritte von der Karawane entfernt war, wurde vom Blitz getroffen und splitterte mit donnerndem Getöse zusammen. Die Xhosa hatten unter den Wagen Schutz gesucht.

Das Gewitter währte ungefähr eine Stunde, und dann klärte es sich eben so plötzlich wieder auf. Die Sterne flimmerten abermals am Himmel, und der rote Schein am Horizont verkündigte die Annäherung des Tages. Sobald das Gewitter vorüber war, kamen unsere Reisenden, die ihre Kleider nicht abgenommen hatten, aus ihren Bergwinkeln heraus und trafen am erloschenen Feuer wieder zusammen.

»Diese Nacht bin ich klüger geworden«, sagte Alexander. »Ich weiß jetzt, was ein afrikanisches Gewitter und das Gebrüll eines afrikanischen Löwen ist. Es ist doch kein Unglück geschehen, Bremen?«, fuhr er, zum Khoikhoi gewandt, fort, welcher in der Nähe stand.

»Nein, Sir, aber ich fürchte, es wird lange dauern, bis wir das Vieh eingesammelt haben. Wahrscheinlich hat es sich nach allen Richtungen zerstreut, und es dürfte der Fall sein, dass wir einige Tiere verlieren. Es wird bald Tag sein, und dann müssen wir ihnen nachsetzen.«

»Sind diese Kerle jetzt nüchtern?«

»Ja, Sir«, versetzte Bremen lachend. »Das Wasser hat allen Branntwein ans ihnen herausgewaschen.«

»So sagt ihnen, dass ich ihnen zur Strafe eine Woche lang keinen Tabak verabreichen lassen werde.«

»Es wäre besser, Sir, Ihr unterließet es jetzt«, entgegnete Bremen gedankenvoll. »Die Leute gehen ohnehin nicht gern weiter ins Land hinauf.«

»Ich bin gleichfalls dieser Ansicht«, bemerkte Swinton. »Auch müsst Ihr bedenken, dass das Fass auslief und die Verlockung allzu stark war. Ich würde für diesmal Nachsicht walten lassen. Gebt ihnen einen tüchtigen Verweis und lasst es dabei bewenden.«

»Nun, vielleicht ist dieses Verfahren immerhin das beste«, entgegnete Alexander, »ob schon ich nicht besorge, dass sie sich weiterzugehen weigern, denn wenn sie es tun, so entlasse ich sie und ziehe mit den Xhosa vorwärts. So viel ist gewiss, dass sie es nicht wagen werden, allein zurückzugehen.«

»Das ist wohl wahr, Sir«, erwiderte Bremen, »aber Ihr müsst den Xhosa nicht allzu viel trauen. Die Xhosa suchen stets Gewehre und Munition zu erhalten, und der Xhosakönig Hinza würde sich gleichfalls freuen, in den Besitz der Wagen und ihres Inhalts zu kommen. Er würde mit so vielen Gewehren zu einem reichen, mächtigen Mann. Der Xhosakönig wird Euch zwar nicht in seinem eigenen Lande bestehlen, weil er sich vor den Engländern fürchtet. Wenn aber die Wagen in diesem Land, das nicht ihm gehört, geraubt und ihr alle erschlagen werdet, so entschuldigt er sich, und sagt, er wisse nichts davon. Die Schuld müssen dann die Xhosa dieser Gegend tragen.«

»Bremen spricht sehr verständig«, sagte der Major. »Wir müssen die Khoikhoi als Zügel für die Xhosa, und die Xhosa als Zügel für die Khoikhoi beibehalten.«

»Verlasst Euch darauf, dass wir keine andere Politik verfolgen können«, versetzte Swinton.

»Ihr habt recht, und so soll denn nach Eurem Vorschlag gehandelt werden. Doch der Tag bricht an. Bremen, sammelt die Leute zum Aufsuchen des Viehes, und du, Omrah, sage Mahomed, er solle hierher kommen.«

»Beiläufig, Swinton«, fügte Major Henderson, »die Elefantenzähne, die in den Wagen liegen, bringen mich auf eine Frage, die ich Euch vorlegen möchte. In Ceylon, wo ich oft der Elefantenjagd oblag, haben diese Tiere keine Fangzähne. Auch in Indien sind sie nicht gewöhnlich und in der Regel sehr klein. Wie erklärt Ihr diese Abweichung?«

»Sie ist früher oft bemerkt worden und hat zu der Vermutung Anlass gegeben, die Vorsehung, welche stets auf die Bedürfnisse auch der geringsten Tiere Bedacht nimmt, habe dem afrikanischen Elefanten so große Fangzähne gegeben, weil er ihrer bedarf. In Ceylon findet sich Gras in Menge und Überfluss an Wasser. Auch hat sich dort der Elefant gegen keinen Feind zu verteidigen. Hier in Afrika sind die Flüsse zeitweilig sehr reißend, trocknen aber periodisch aus, und das einzige Mittel, welches der Elefant hat, um sich in der heißen Jahreszeit Wasser zu verschaffen, besteht darin, dass er in den Flussbetten gräbt, bis er das feuchte Element findet, das er sodann mit dem Rüffel einfängt. Außerdem hat er sich gegen das Nashorn zu wehren, in welchem er einen furchtbaren und oft siegreichen Gegner hat. Ferner bedarf er in Afrika seiner Fanger, um sich seine Nahrung zu verschaffen, denn er gräbt damit die Mimose auf, um die saftige Wurzel dieses Baumes verzehren zu können. In der Tat könnte ein Elefant in Afrika ohne seine Fangzähne nicht gut auskommen.«

»Ich danke Euch für Eure Erklärung, die mir sehr befriedigend und folgerichtig zu sein scheint. Doch jetzt zu unserem Frühstück, denn ich sehe, Mahomed ist bereit, und Omrah hat schon unsere Teetassen aufgestellt. Schaut nur, wie eifrig er in den Teetopf bläst. Freilich dürfen wir von einem »Kind der Wüste« nicht erwarten, das es uns einen Londoner Bediensteten ersetzt.«

»Wo ist denn sein Feind und Widersacher, der ritterlich große Adam?«

»Er hat sich, glaube ich, schlimmer betrunken, als alle Übrigen. Der kleine Buschmann versäumte nicht, von seinem wehrlosen Zustand Vorteil zu ziehen, und hat ihn die ganze Nacht hindurch in jeder nur erdenklichen Weise gequält. Ich sah, wie er dem Khoikhoi, als er mit weit offenem Mund dalag, Wasser eingoss, bis er fast erstickte. Um es schneller hinunterzubringen, nahm er den großen Zinntrichter, steckte ihm das eine Ende in den Mund, und goss oben ein, bis das Wasser herauslief. Dann versuchte er, was er mit Feuer anfangen könne, und steckte ihm glühende Kohlen zwischen die Zehen … Ich wette, der Bursche kann heute nicht gehen.«

»Ich fürchte, er wird Omrah noch umbringen«, sagte Alexander. »Man muss den Knaben warnen.«

»Das wird nicht viel nützen, und Omrah muss auf der Hut fein. Er weiß ebenso gut wie Ihr, dass Adam sein Feind ist, und nimmt sich deshalb vor ihm in acht. Ihn übrigens bereden zu wollen, dass er von seinen Possen ablasse, oder sie miteinander zu versöhnen, ist unmöglich«, sagte Swinton. »Ihr kennt die Buschmänner nicht.«

»So erzählt uns einiges von ihnen«, versetzte der Major. »Doch lasst Euch Zeit, bis Ihr mit diesem Elefantensteak, das Euch so gut zu schmecken scheint, fertig seid.«

»Das will ich Euch sagen, sobald ich mein Frühstück eingenommen habe«, erwiderte Swinton, »eher nicht. Denn wenn ich zu sprechen anfange, zehrt Ihr mir das ganze Steak auf, und dies möchte ich doch nicht haben.«

»Ich vermute, wir werden heute nicht von hier fortkommen«, bemerkte Alexander. »Wenn sich, wie Bremen meint, das Vieh sehr weit verlaufen hat, so wird es zu spät, um am Abend noch aufzubrechen, und morgen ist Sonntag. Ihr erinnert Euch, was wir uns vorgenommen haben, und der Sabbat soll gebührend gefeiert werden.«

»Sehr wahr«, sagte der Major. »Dann muss uns eben Swinton unterhalten, indem er uns von den Löwen erzählt, denn er ist nicht fertig geworden, als uns das Gewitter überfiel.«

»Nein«, versetzte Swinton. »Ich habe noch viel zu erzählen und werde mich glücklich schätzen, es zu jeder geeigneten Zeit zu tun, Major. Nur jetzt nicht.«

»Mein lieber Freund«, entgegnete der Major, indem er ein weiteres Stück Elefantensteak auf Swintons Teller legte, »gebt Euch ja nicht der Vorstellung hin, als wolle ich Euch nur deshalb zum Sprechen veranlassen, um Euren Anteil zu verzehren und den meinen dazu. Ich bitte, schreibt meine Ungeduld der wahren Ursache zu, dem Vergnügen, das mir Eure Belehrung gewährt.«

»Seht Ihr, Swinton, Ihr habt dem Major ein Kompliment abgepresst.«

»Ja, und ein Steak, was noch besser ist«, entgegnete Swinton lachend. »Nun, jetzt bin ich mit meinem Frühstück zu Ende, und will erzählen, was ich von Omrahs Volk weiß.

Die Buschmänner sind ursprünglich eine Khoikhoirasse. Dies wird, glaube ich, wenigem Zweifel unterliegen, obschon ich der Ansicht bin, dass sie eine Volksrasse sind, die durch die Umstände gebildet wurde, wenn ich mich dieses Ausdruckes bedienen darf. Der Khoikhoi in den Ebenen führt ein Nomadenleben. Er weidet seine Herden, und sie geben ihm Nahrung. Der Buschmann dagegen ist als ein Khoikhoi zu betrachten, der aus seinen fruchtbaren Ebenen vertrieben, seines Viehs beraubt und genötigt wurde, Sicherheit und Unterhalt in den Bergen zu suchen – mit einem Wort, er ist ein Berg-Khoikhoi. Von Hunger und schlimmer Behandlung gespornt, hat er sich so lange an dem Eigentum anderer vergriffen, bis diese Lebensweise ihm einen bestimmten Stempel aufprägte. Seine Hand war erhoben gegen jeden Menschen. Er wurde gehetzt wie ein wildes Tier und sah sich gezwungen, in den Höhlen eines fast unzugänglichen Gebirges sein Versteck zu suchen.

So entschwand Generation um Generation. Er hat Entbehrung und Hunger geduldet, bis sein Stamm so klein wurde, wie er jetzt ist. Außerstande, gegen die Gewalt anzukämpfen, hat er jetzt keine andere Waffe als seine Schlauheit und seine vergifteten Pfeile, mit denen er seinen Unterhalt erwirbt – oder vielmehr, es gelingt ihm auf diese Weise, sein Leben jämmerlich fortzuschleppen, aber weiter nichts. Es haben sich übrigens noch manche Rassen mit den Buschmännern vermischt; die entlaufenen Sklaven, die von Madagaskar hergebracht wurden, Malaien und sogar solche, die eine Beimischung von weißem Blut tragen und vielleicht wegen begangener Verbrechen der Strafe ausweichen wollten, haben die Rasse vergrößert und sich ihr einverleibt. Man nennt sie die Kinder der Wüste, und sie verdienen im buchstäblichen Sinne diese Bezeichnung.«

»Habt Ihr viele davon gesehen?«

»Ja, ich sah sie häufig, als ich im Namagualand und im Bechuana-Gebiet war. Ich denke nicht, dass sie unempfindlich gegen freundliche Behandlung sind, und glaube auch, dass man ihnen oft trauen kann, obschon man dabei große Gefahr läuft.«

»Haben sie sich je dankbar erwiesen?«

»Ja. Wenn ich zum Beispiel Wild für sie schoss, folgten sie mir, um mir die Wasserteiche zu zeigen, ohne die wir schwer gelitten haben, wo nicht gar zugrunde gegangen sein würden. Da vorhin von den Löwen die Rede war, – es ist eine altherkömmliche Meinung, dass der Schakal der Lieferant des Löwen sei. Mit weit mehr Recht lässt sich jedoch behaupten, der Löwe sei der Lieferant des Buschmanns.«

»Wirklich?«

»Ich fragte einmal einen Buschmann, wie er sich fortbringe und feine Antwort lautete: ›Ich lebe von den Löwen.‹ Ich ersuchte ihn, mir dies zu erklären, worauf er erwiderte: ›Ich will zeigen, was ich tue. Ich lasse die Löwen dem Wild folgen. Sie töten es und essen davon, bis sie ihren Magen gefüllt haben. Dann gehe ich zu der Stelle hinauf, wo der Löwe bei dem Gerippe sitzt, und mache mich ganz in seine Nähe, indem ich rufe: Was hast du da? Kannst du nichts für mich übrig lassen? Geh und gönne mir auch etwas Fleisch, oder ich tue dir etwas au. Dann tanze ich, springe umher und schüttle meinen Fellanzug. Der Löwe sieht nach mir hin, wendet sich um und geht.

Freilich knurrt er sehr viel, bleibt aber dennoch nicht und ich esse dann das Übrige.‹«

»Und dies sollte wahr sein?«

»Ich glaube, ja, denn ich habe es auch von vielen anderen bestätigen hören. Die Sache verhält sich nämlich so, dass der Löwe nur gefährlich ist, wenn er Hunger hat – den Angriff zähle ich natürlich nicht hierher -und hat er, wie der Buschmann sagte, genug gefressen, so wünscht er wahrscheinlich nach seinem Mahle durch die Anwesenheit und das Geschrei der Buschmänner nicht gestört zu werden, dass ganz kurze Zeit danach der Buschmann, welcher mir die eben mitgeteilte Geschichte erzählte, von einer Löwin getötet wurde, als er in seiner gewohnten Weise versuchte, sie durch Schreien von ihrem Raub zu vertreiben. Er hatte nämlich nur bemerkt, dass eine Löwin an einem wilden Pferd zehrte, nicht aber, dass sie ihre Jungen bei sich hatte. Als er daher auf sie zuging und schrie, brüllte sie wild, sprang, ehe er Zeit zum Rückzug hatte, auf ihn zu und riss ihn in Stücke.«

»Der Mensch gehört also nicht eigentlich in die hohe Jagd des Löwen, obschon er ihn tötet?«

»In der Regel nicht, aber die Namaqua sagten mir, wenn er einmal Vorliebe für Menschenfleisch fasse – und dies geschehe dann, wenn er im Hunger schon einen oder zwei verzehrt habe – so werde er doppelt gefährlich. Er verachte fortan alles andere Wild und mache nur auf den Menschen Jagd. Ob diese Angabe wahr ist, kann ich nicht verbürgen, obschon sie viel für sich zu haben scheint.«

»Wenn hier ein Analogieschluss Anwendung finden kann, so muss es wohl der Fall sein«, entgegnete der Major. »Es ist eine bekannte Tatsache, dass die bengalischen Tiger in Indien Menschenfleisch, sobald sie es einmal gekostet haben, jedem anderen vorziehen. Auch sind diese Bestien den Eingeborenen wohl bekannt und werden von denselben Menschenfresser genannt. So sonderbar es auch klingen mag – das Menschenfleisch scheint ihnen nicht gesund zu sein, denn wenn sie sich einmal ausschließlich auf diese Kost verlegt haben, werden ihre Häute schäbig. Ich habe einmal von dem Rücken eines Elefanten herunter einen Menschenfresser geschossen und gefunden, dass die Haut nicht der Mühe des Abziehens verlohnte.«

»Die Namaqua sagten mir«, erwiderte Swinton, »wenn der Löwe einmal in das Menschenfleisch verliebt sei, so vergesse er, wenn es sich darum handle, diese Speise zu erhalten, seine gewöhnliche Vorsicht ganz und gar und springe durch ein Feuer nach seiner Beute hin. Ich besuchte einmal einen Namaquahäuptling, der von einem derartigen Löwen – einem Menschenfresser, wie ihn der Major nennt – schwer verwundet worden war. Er erzählte mir den schrecklichen Vorgang, der allerdings bekräftigt, was jene Leute von dem Löwen, der einmal eine Vorliebe für Menschenfleisch gefasst habe, behaupten.

Der Häuptling teilte mir mit, er sei mit einem Haufen seiner Leute auf die Jagd ausgezogen. Sie hatten Gewehre, Assegais, Bogen und Pfeile bei sich. Am ersten Tag trafen sie, als sie eben einen Elefanten verfolgten, auf einige Löwen, von denen sie angegriffen wurden. Sie mussten, um ihr Leben zu retten, ein Pferd preisgeben, das von den Bestien verzehrt wurde. Dann suchten sie sich Verstecke in dichtem Gebüsch bei einem Teich, wo, wie sie wohl wussten, die Elefanten und Nashörner ihren Durst zu stillen pflegten.

Als sie eben auf ein Nashorn feuerten, sprang ein Löwe in ihr Gehege, nahm einen von den Männern auf und führte ihn mit sich fort. Sie konnten am anderen Tag nichts mehr von ihm finden als einen einzigen Fußknochen. In der nächsten Nacht, als sie in ihrem Buschhag bei einem Feuer saßen, kam wieder ein Löwe, packte einen der Leute, schleppte ihn durchs Feuer und riss ihm ein Stück aus dem Rücken. Einer aus dem Haufen gab Feuer, ohne jedoch zu treffen. Der Löwe ließ nun sein sterbendes Opfer fallen und brüllte durch das Feuer zu den Männern hin, sodass sie es nicht wagten, den Schuss zu wiederholen. Er nahm sodann seine Beute wieder auf und ging damit von dannen.

»Durch diese Unglücksfälle erschreckt, sammelten sich die Namaqua in einen einzigen starken Vorhau und schickten abends einen der Sklaven nach Wasser aus. Er hatte kaum den Teich erreicht, als er von einem Löwen ergriffen wurde. Sein Hilferuf war vergeblich. Er wurde fortgeschleppt durch die Wälder, und um anderen Tag fand man nur seinen Schädel, der durch die raue Zunge des Löwen glatt geleckt war.

Nachdem also auf diese Weise in drei Tagen drei Menschenleben verloren gegangen waren, zog der Häuptling mit all seinen Leuten auf die Jagd, um nur noch Löwen zu erlegen. Sie verfolgten die Spur des einen, welcher den Sklaven fortgeschleppt hatte, und fanden bald zwei Löwen, von denen sie den kleinsten töteten. Nachdem sie sodann ihr Frühstück eingenommen hatten, zogen sie dem anderen nach, in welchem sie denjenigen erkannten, der mit dem Mann davongegangen war.

Sie folgten der Bestie zu einem mit Schilf bewachsenen Platz, wo sie sich verschanzt hatte. Das Schilf wurde sofort angezündet und der Löwe herausgetrieben. Er erhielt bei dieser Gelegenheit eine schwere Schusswunde und schien flüchten zu wollen, als er plötzlich wieder umkehrte und unter lautem Gebrüll durch den Rauch und das brennende Schilf schoss. Das Ungeheuer brach unter die Jäger und packte den Bruder des Häuptlings am Rücken. Im Nu waren besten Rippen herausgenommen und die Lunge bloßgelegt.

Der Häuptling eilte seinem sterbenden Bruder zu Hilfe, aber sein Gewehr versagte. Er warf es deshalb weg und packte in seiner Verzweiflung den Löwen am Schwanz. Der Löwe ließ sein anderes Opfer los und wandte sich gegen den Häuptling, dem er mit einem Schlag seiner Vordertatze ein großes Stück Fleisch aus dem Arm schlug. Dann führte er einen zweiten Streich und streckte ihn zu Boden. Der Häuptling stand augenblicklich wieder auf; aber der Löwe packte ihn jetzt am Knie, warf ihn wieder nieder, hielt ihn fest und verstümmelte ihm den linken Arm.

Zerfleischt und blutend rief der Häuptling mit schwacher Stimme seinen Leuten zu, sie sollten das Tier von hinten erschießen, was denn auch zuletzt geschah, indem man dem Löwen eine Kugel durch das Gehirn jagte. Da auf dieser unglückseligen Jagd in vier Tagen jeder Tag ein Menschenleben gekostet hatte, so wurde sie aufgegeben, der Bruder des Häuptlings beerdigt, und die Jäger zogen nach Hause, ihren verwundeten Häuptling mit sich fortnehmend.«

»Dies ist in der Tat das schrecklichste Löwenabenteuer, von dem ich je gehört habe«, sagte der Major. »Der Himmel bewahre uns vor einem Menschenfresser-Löwen.«

»Es hat mir fast den Atem benommen«, entgegnete Alexander.

»Ich will Euch jetzt ein anderes Abenteuer erzählen, das in seinen Resultaten nicht so verhängnisvoll war. Ich habe es aus dem Munde eines Buschmannes erfahren«, sagte Swinton. »Ein Buschmann verfolgte eine Zebraherde, und es war ihm eben gelungen, eines der Tiere mit seinem Pfeil zu verwunden, als er die Entdeckung machte, dass ein Löwe mit ihm auf dasselbe Wild Jagd machte. Letzterer schien es sehr übel zu nehmen, dass ein Unbefugter sich gegen seine oberherrlichen Jagdgerechtsame verging, und war augenscheinlich geneigt, den Buschmann als Wilddieb zu züchtigen, als dieser noch zu rechter Zeit einen Baum entdeckte, an welchem er hurtig hinaufkletterte. Der Löwe ließ die Zebraherbe ziehen und schenkte dem Frevler seine volle Aufmerksamkeit. Er ging um den Baum herum und brüllte hin und wieder, während er nach dem Buschmann in die Höhe sah.

Endlich legte er sich unter dem Baum nieder und hielt daselbst die ganze Nacht durch Wache. Der Buschmann tat das Gleiche, wurde aber doch, da er sich sehr müde fühlte, vom Schlaf überwältigt und fing zu träumen an. Und was denkt Ihr wohl von dem Gegenstand seines Traumes? Er meinte, von dem Baum in den Rachen des Löwen herunterzufallen. Entsetzt fuhr er zusammen, verlor darüber seinen Halt und fiel von dem Ast herab mit seinem vollen Gewicht auf den Rücken des Löwen. Über diese unerwartete Begrüßung sprang das Tier mit lautem Gebrüll auf, schüttelte den Buschmann ab und lief davon, so schnell es konnte. Der Buschmann dagegen half sich, sobald er seine Besinnung wiedergewonnen hatte, auf die Beine und ergriff in einer anderen Richtung die Flucht. So waren denn die Schläfer wach und der Traum zur Wahrheit geworden.«

»Die Belagerer wie die Belagerten zogen sich zurück und räumten das Fort zu gleicher Zeit«, rief der Major lachend. »Nun ich denke, Ihr habt jetzt genug von den Löwen gehört«, sagte Swinton.

»Wenn Ihr so wollt, so war dies schon in der letzten Nacht der Fall. Nur sind Eure Löwen nicht ganz so nah, wie jener.«