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Sagen- und Märchengestalten – Der Hexenprozess

Sagen- und Märchengestalten sowie Geister-, Wunder- und Aberglauben des deutschen Volkes
Mit Erzählungen von Begebenheiten der Vorzeit, die den Glauben an eine Geisterwelt förderten, Berlin, Verlag von Burmester & Stempell,1874

Der Hexenprozess

»Da sahen die Kinder Gottes nach den Töchtern der Menschen, wie sie schön waren, und nahmen zu Weibern, welche sie wollten.«

Diese Worte des ersten Buches Mose bildeten die Grundlage jenes ungeheuerlichen und schreckensvollen Prozesses, der alle menschliche Vernunft, wie alles göttliche Recht aus den Fugen zu drängen schien und die finsteren Mächte der Unterwelt auf die Oberfläche der Erde heraufbeschwor. Unbeirrt von dem belebenden Strahl des Tages hob der lichtscheue Aberglaube das missgestaltete Haupt, streckten Habsucht, Mord- und Raubgier die Hand nach denen aus, welche in zitternder Erstarrung das Unheil wohl heranstürmen sahen, doch nicht mehr wussten, wie sie vor ihm sich verbergen sollten. Nur wer in jenes Reich hinabtauchte, aus dem keine Rückkehr möglich ist, nur der war dem furchtbaren Jammer entrückt, dessen Wogen sich mit grausamer, unerbittlicher Wut vernichtend über das deutsche Vaterland heranwälzten.

Die Kinder Gottes, die abtrünnigen Engel, von des Allmächtigen Angesicht im Zorn verstoßen, dachte man sich herabgestiegen zur Erde, in sündiger Liebe entbrannt zu den Töchtern der Menschen, welche schön waren. Diese gebaren von ihnen wunderbare Geschöpfe, ausgerüstet mit mancherlei Vorzügen, welche sie mit vollendeter Bosheit zum Schaden der Menschheit geltend zu machen wussten. Die von Weibern geborenen, von gefallenen Engeln entsprossenen Wesen wurden Teufel, deren Zahl Legion heißt, die eigentlichen Buhlteufel des Hexenprozesses. Sie sollten sichtbar und unsichtbar alle Gegenden der Erde, der Luft, des Wassers durchschwärmen, lärmende Versammlungen abhalten, die Menschen an Geist und Körper plagen, ihnen Krankheiten und tiefe Schwermut verursachen, bis diese sich aus Verzweiflung dem Bösen ergaben. Die also Geplagten, von denen der Teufel mit Gewalt, wider ihren Wissen und vollen Besitzes genommen, nannte man Besessene und unterschied sie genau von Hexen, Wahrsagern, Totenbeschwörern, weil diese sich in frevelndem Übermut dem Verführer zugewendet und das Heil ihrer Seelen verscherzt hatten.

Schon Johannes von Damaskus, der Vertreter der Scholastik unter den Griechen, ein berühmter und gelehrter Priester, erwähnt in seinen Schriften Teufel in Drachengestalt, welche in die Häuser der Zauberinnen einziehen und mit diesen verbotenen Umgang pflegen. Er starb nach einem glänzenden und viel bewegten Leben, aus dem er sich in ein Kloster seiner Vaterstadt Damaskus zurückgezogen hatte, im Jahre 760. Fast um zwei Jahrhunderte früher lebte der berühmte Jornandes, einer hohen, mit den Gotenkönigen verschwägerten Familie entstammt. Anfänglich Rechtsgelehrter, später Geistlicher und Bischof, schrieb er die Geschichte seines Volkes und erzählt darin den Ursprung der Todfeinde desselben, der Hunnen, folgendermaßen: Ein König der Goten, Filimer, befahl die Zauberweiber zu vertreiben, die so viel Unheil in seinem Land stifteten. Da beschworen die Zauberinnen Dämonen, welche in Scharen herbeieilten und mit ihnen die Hunnen erzeugten, deren Rachezug alsbald die Goten aus ihren Wohnsitzen verjagte.

Seit dem 4. Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung erschien der Teufel in den Legenden der Heiligen und wurde stets von diesen überwunden. Nach der Eroberung Spaniens durch die Araber, dieses in allen Wunderdingen so kundigen Volkes, dass Araber und Zauberer für gleichbedeutend angesehen wurden, ergoss sich eine Flut von abergläubischen Vorstellungen über die Nachbarvölker, durch Südfrankreich nach Mittel- und Unteritalien.

Von dort zog sich das Unwesen von zwei Seiten, von Westen und Süden nach Deutschland hinein, verheerte wie der eiserne Fußtritt des Krieges das Elsass, Bamberg, Würzburg, Hessen und die Wetterau, drang durch Westfalen und Niedersachsen bis zu den Wogen der Nordsee hinab, tauchte im 7. Jahrhundert von Neuem in Mitteldeutschland auf, wo es in den folgenden Jahrzehnten aber mehr und mehr an Boden verlor, und verpflanzte sich endlich nach den weniger zivilisierten Ländern, wie Polen, Liefland, Kurland, um dort bis tief hinein in das 18. Jahrhundert seine Herrschaft zu behaupten. Auch die von den Wellen der Nord- und Ostsee umrauschten skandinavischen Halbinseln Dänemark, Schweden und Norwegen empfanden jene Erschütterungen, welche ihren Ursprung in dem mystischen Reich des Wunderglaubens hatten.

Dem romantischen Geist jener früheren Zeiten gemäß, nach welchem man bei allen öffentlichen Handlungen die unmittelbare Einmischung der göttlichen Gewalt erbot, zogen die Richter die Gottesurteile einem langwierigen und oft fruchtlosen Verhör vor. Diese bestanden in Wasser- und Feuerproben, denen sich später noch das Wiegen zugesellte. Die Wasserproben wurden durch eine besondere Bulle Papst Eugen II. eingeführt, der diese Verordnung zwischen 824 und 827 gab. Er befahl, dass man zuerst das Wasser, in welchem die Probe stattfinden sollte, einsegnen und den Teufel daraus vertreiben sollte, damit dieser Erzbösewicht seinen Anhängern keinerlei Beistand zu leisten vermöge. Dem Henker oblag es, die Verurteilten mit den Zehen des linken Fußes an die rechte Hand, und ebenso die Zehen des rechten Fußes an die linke Hand zu knüpfen. Durch die verschlungenen Glieder zog er einen Strick, der an beiden Ufern des Sees oder Flusses, in welchem die Wasserprobe vollzogen wurde, mit gleich verteilten Kräften gehalten werden musste, um den Körper, im Falle er unterging, sogleich wieder emporwinden zu können. Der Anteil an den Gesamtkosten des Prozessverfahrens, den die Henker für das Foltern und Brennen der Hexen davontragen, bewog sie, ein Schuldig der Angeklagten dem Unschuldig vorzuziehen, und sie verstanden mit dem ausgespannten Strick so geschickt zu hantieren, dass die Erprobten schwimmen und also für überwiesene Hexen oder Zauberer gelten mussten.

Die Feuerprobe bot mancherlei Verschiedenheiten in der Ausführung. Die Angeschuldigte musste ein glühendes Eisen in die entblößten Hände nehmen und dieses mehrere Schritte weit forttragen, oder sie tauchte mit entblößtem Arm in einen Kessel voll siedenden Wassers, um irgendeinen hineingeworfenen Gegenstand, etwa ein Geldstück oder einen Ring, herauszuholen. Zeigten sich Brandwunden, so galt die Angeklagte für schuldig. Obwohl den Frauen die gegen sie geübte Hinterlist nicht unbekannt war, meldeten sie sich dennoch nicht selten zu diesen Gottesurteilen, vielleicht in der Hoffnung, Gleiches mit Gleichem vergelten zu können. Es galt in der Tat als nichts Unerhörtes, dass sie drei, vier und noch mehr Schritte mit dem rot glühenden Eisen in den Händen machten, ohne sich irgendwie zu verletzen.

Aus der fortlaufenden Kette der schrecklichen Prozesse jener Zeit heben sich vier Hauptgruppen hervor. Zuerst die Verfolgung der Waldenser, dann der schmachvolle Prozess gegen die Templer, die Verbrennung der Jungfrau von Orleans und endlich der Hexenprozess von Arras. Allen lagen politische Motive unter, die aber schlau mit dem Eifer für die Religion verhüllt wurden, um der allgemeinen Entrüstung die Spitze abzubrechen und gerechte Vorwürfe schweigen zu machen.

Zur Zeit der Kreuzzüge verbanden sich neun Ritter zu einem Orden, der sich die Aufgabe stellte, Pilger zum heiligen Grab und von dort wieder zurück in die Heimat zu geleiten.

Sie erwarben ein Haus in Jerusalem, welches in der Nähe des ehemaligen Tempels stand, und legten sich nach diesem den Namen der Tempelritter bei. Bald zählte der Orden die Blüte der französischen Ritterschaft zu seinen Mitgliedern, deren reiche Besitzungen ihm zufielen. Nach diesen Gütern wurde Philipp der Schöne, König von Frankreich, lüstern. Unter dem Vorgehen, die Mitglieder jener Verbindung ihrer ketzerischen Gesinnungen und ihrer Sittenlosigkeit halber zur Bestrafung ziehen lassen zu müssen, wusste er sich die geistliche Erlaubnis, deren er bedurfte, zu verschaffen. An einem Tag verhaftete man in ganz Frankreich die Tempelritter, welche sich fast alle in seinen Ländereien aufhielten, und kerkerte sie ein. Ein ungeheurer Prozess begann, der kaum noch seines Gleichen in der Weltgeschichte hat: Er dauerte von 1305 bis 1314.

Die Anklage, welche man gegen die Templer vorbrachte, enthielt drei Hauptpunkte: Gottesverleugnung, Teufelsdienst und Zauberei.

Auf diese wurde inquiriert und gefoltert, weil viele der Ritter heldenmütig die ihnen zur Last gelegten Verbrechen leugneten, während andere, unfähig den Martern zu widerstehen, alles, was man von ihnen verlangte, bekannten. Dafür wurden sie auch mild bestraft und einfach verbrannt. Die Standhaften hingegen, 56 an der Zahl, briet man bei langsamem Feuer, während sie mit herzdurchdringendem Geschrei ihre Unschuld beteuerten.

Die Zahl derer, denen durch die Beschlagnahmung der Ordensgüter alle Habe geraubt war, sodass sie sich bettelnd der Grenze zuwenden mussten, betrug mit Einschluss derjenigen, welche man auf Lebenszeit in Kerkernacht begrub und der Verbrannten, nicht weniger als 15.000. Als der Papst den Orden für aufgehoben erklärte, nahm Philipp der Schöne ungestört von dem blutigen Raub Besitz. Als er plötzlich starb, beschuldigte man seinen ersten Minister, den König in einem wächsernen Zauberbild getötet zu haben. Da ihm aber nichts bewiesen werden konnte, begnügte man sich damit, ihn hinzurichten.

Das traurige Geschick der Jungfrau von Orleans ist bekannt. Nachdem das begeisterte Weib mit reiner Hand und keuschem Mut die Feinde ihres Vaterlands in offener Feldschlacht besiegt und den angestammten König nach Rheims geführt hatte, wo er sich krönen ließ, fiel sie bei der Belagerung der Stadt Compiegne den Engländern und Burgundern in die Hände. Feig und undankbar von den Franzosen verlassen, wurde sie von ihren Verfolgern der Zauberei, des Bündnisses mit dem Teufel und der Gottesverleugnung angeklagt und 1431 auf dem Marktplatz zu Rouen verbrannt.

Der Hexenprozess zu Arras in Frankreich begann 1459 und zeigte dieselben Elemente, welche die Verfolgung der Albigenser schon im 13. Jahrhundert dargeboten hatte. Ein Zeitgenosse berichtet darüber Folgendes: »In diesem Jahr trug sich hier eine erschreckliche und klägliche Begebenheit zu, welche man Vaudoisie nannte (nach den Waldensern). Gewisse Leute, Männer und Weiber sollten nächtlicher Weile durch Hilfe des Satans weggeführt worden sein an abgelegene Orte, wo sie sich alsdann in großer Anzahl zusammenfänden. Daselbst träfen sie den Teufel in Gestalt eines Mannes an, dessen Gesicht sie niemals zu sehen bekämen. Dieser sagte ihnen nun seine Gebote und Verordnungen vor, auf welche Weise sie ihn anbeten und ihm als Herrn dienen müssten. Dann ließ er sich von jedem zum Zeichen des Gehorsams küssen, verteilte Geld, Wein und Speisen in großer Menge unter sie und hieß sie sich lustig machen, während die Lichter sämtlich erloschen. Hierauf befände sich die ganze Gesellschaft wieder an dem Ort, von welchem sie hergekommen.«

Auf solche Anschuldigungen hin zog man verschiedene vornehme und geringe Leute der Stadt Arras ein und folterte sie, bis einige bekannten, es habe sich alles so zugetragen, wie ihnen vorgesagt wurde. Auch legten sie Zeugnis ab gegen viele angesehene Herren und Prälaten und gaben vor, sie hätten diese alle wirklich auf dem Sabbath gesehen und erkannt. Nun entstand eine weitgreifende Verfolgung, deren Verlauf den Einwohnern der Stadt Arras endlich über die leitenden Beweggründe der ganzen Sache die Augen öffnete, und der Zeitgenosse erklärt schließlich: »Diese Anklage war von etlichen boshaften Menschen erfunden worden, um einige Vornehme, wider die sie einen alten Hass trugen, in Unglück und Schimpf zu bringen. Deshalb sie zu allererst bloß liederliche Leute gefangen genommen, die sie durch allerhand Pein und Marter gezwungen auszusagen, was sie ihnen in den Mund legten.« Diejenigen, welche verbrannt wurden, riefen laut vor ihrem Tod, dass sie zu den gemachten Aussagen durch schmeichelnden Betrug der Richter wären verleitet worden, die ihnen volle Straffreiheit zugesichert hätten, wenn sie nur gestehen wollten.

Ungefähr dreißig Jahre später ließ man die Akten des Prozesses revidieren, und die Pariser Universität erkannte feierlich die Unschuld der angeklagt Gewesenen an. Allein dieser feierliche Urteilsspruch vermochte nicht die Tränen derjenigen zu trocknen, die, ihres Vermögens beraubt, arm und elend in die Fremde gezogen waren. Er konnte nicht die Folter ungeschehen machen, welche die Glieder der armen Schlachtopfer zerrissen hatte, noch vermochte er in die Gräber zu dringen und die Toten wieder zu beleben.

Auch das stolze Albion wusste sich nicht frei zu erhalten von Hexen- und Zauberglauben, der schwer auf seinen blühenden Fluren lastete. Schon bei der Krönung Richard I., genannt Löwenherz im Jahre 1189, wurde ein Befehl erlassen, dass während der Feierlichkeit kein Weib sich in den Straßen Londons blicken lassen dürfe, bei Todesstrafe, weil alle Weiber Hexen seien. Die Zauberinnen wurden unterschieden in weiße, graue und schwarze, vermutlich nach den Graden ihrer Bösartigkeit. Wie ihre Getreuen in Deutschland sich unter dem Vieh besonders den Kühen schädlich erwiesen, so übten die englischen Hexen ihre Heimtücke gegen die Schweine aus. Jakob I. schrieb mit eigener königlicher Hand ein Buch gegen die Zauberinnen und wohnte ihren Verhören bei.

Bis zur Erfindung der Buchdruckerkunst war die lateinische Sprache die Weltsprache gewesen. Sie war nur den Gebildeten zugänglich, während die Masse des Volkes ohne Belehrung aufwuchs, kaum notdürftig unterrichtet in den Anfängen der Glaubenslehre. Nun verbreiteten sich überallhin deutsche Bücher, und die Anstrengungen der Finsterlinge richteten sich hauptsächlich gegen sie, die unerwünschte Aufklärung so schnell weiter zu tragen imstande waren. Geistliche und weltliche Behörden wurden beordert, die verhassten Bücher zu verbieten. Natürlich ohne Erfolg, denn wo jenem Ansinnen selbst auch Gehör gegeben wurde, gingen die Wogen der Zeitströmung zu hoch und rissen alles mit sich fort.

So standen die Verhältnisse im Jahre 1484. Da erschien die bereits mitgeteilte Bulle Papst Innozenz VIII., und wie man bisher in ungeregelter Gewalt hier und da Blut vergossen und Scheiterhaufen entzündet hatte, ordnete sich jetzt das Ganze zu einer gesetzmäßigen Verfolgung. Durch diese Bulle wurden besondere Hexenmeister, Inquisitoren, eingesetzt und mit der höchsten unumschränkten Gewalt bekleidet. Unter allen Mönchsorden war derjenige der Dominikaner der gelehrteste und ihm übertrug der Papst Amt und Würden der Inquisitoren. Bischöfe und Erzbischöfe wurden angewiesen, die neuen Richter in keiner Weise zu beschränken, selbst nicht durch früher bestandene Rechte und Privilegien, welcher Art diese auch sein mochten, endlich auch keinerlei Berufung an den päpstlichen Stuhl zu gestatten.

So brach denn eine Zeit der drückendsten Tyrannei über die unglücklichen Länder herein. Jede persönliche Sicherheit hörte auf, niemand wagte es, die Unglücklichen auch nur zu verteidigen, deren Unschuld in vielen Fällen klar zutage lag.

Kinder badeten in einem Fluss. Einer der Knaben bespritzte die anderen im Übermut mit Wasser und rief dazu, weil überall nur von dem unheimlichen Treiben der Höllengeister die Rede war: »Ich taufe Euch in drei Teufels Namen!« Das wurde von den anderen Kindern weitererzählt, der vorlaute Bursche, eingezogen, bedroht und vielleicht sogar gefoltert, gab an, von irgendeiner alten Frau das Zaubern gelernt zu haben. Diese sucht sich durch falsche Aussagen zu befreien, beschuldigt andere, und so verloren mehrere Menschen ihr Leben in diesem abscheulichen Prozess.

Fast sollte man meinen, dass unter solchen Verhältnissen die Ausführung der Bulle nicht hätte auf Schwierigkeiten stoßen können. Und doch war dem so. Weltliche Richter und selbst Geistliche erhoben sich dagegen, weil alle Rechtsverhältnisse durch die Macht der Inquisitoren aufgelöst zu werden drohten. Es erschien deshalb notwendig, der Bulle ein besonderes Werk folgen zu lassen, um ihren Inhalt durch die Kirchenväter und durch die Heilige Schrift zu begründen und zu rechtfertigen. Jakob Sprenger und Heinrich Gremper verfassten gemeinsam den berüchtigten Hexenhammer, der 1489 zu Köln in lateinischer Sprache erschien und das wundersamste Gemisch theologischer Spitzfindigkeiten und schändlichster Rechtsverdrehungen bildet. Diese Schrift sollte wie ein Hammer alle Hexerei niederwerfen und zermalmen. Die Sanktion des Kaisers Maximilian zur Veröffentlichung und Inszenesetzung dieses Machwerkes wurde erschlichen. So stand denn der völligen Ausführung nichts mehr im Wege.

Der Hexenhammer gibt die Merkmale der Hexerei so umfassend an, dass nach ihm eigentlich niemand frei von diesem Laster war. Er behauptet zum Beispiel, dass schon durch den Blick grünlicher Augen ein Verhexen möglich sei. Triefende Augen sollten gleichfalls bezaubern, »denn sie sind entzündete Augen, entzünden daher die Luft und diese Luft entzündet wiederum gesunde Augen.« Um die Verfolgung gerade der Frauen zu rechtfertigen, zitiert der Hexenhammer eine Stelle aus den Kirchenvätern. Der heilige Chrysostomus sagt: »Heiraten ist sehr misslich. Denn ein Weib ist eine Feindin der Freundschaft, eine unvermeidliche Strafe, ein notwendiges Übel, eine natürliche Versuchung, ein wünschenswertes Unglück.« Nach Sprengers eigener Meinung sind die Frauen überaus leichtgläubig, für Offenbarungen besonders empfänglich, ihrer schlaffen Komplexion nach. Vorwitzig, von rascher unbedachter Zunge, was sie verleitet, sich so tief mit dem Teufel einzulassen. Gott schuf sie aus einer krummen Rippe, daher stammt ihre Halsstarrigkeit gegenüber dem Mann. Betrügerisch war Eva schon im Paradies und von schwachem Glauben. Zum Schluss seiner Abhandlung preist Sprenger die Männer als hoch begnadigt, weil Christus als Mann und nicht als Weib erschienen sei. Aber auch den männlichen Zauberern widmet Sprenger einige Kapitel, vorzüglich denen, welche sich mit der Passauer Kunst und den Freikugeln beschäftigen. Dabei fallen ingrimmige Seitenhiebe auf die Fürsten, welche ihre gottlosen Taschenspieler und Tausendkünstler nicht verbrennen lassen wollen, von denen besonders diejenigen seinen heiligen Zorn im höchsten Grad auf sich laden, welche mit entblößten Füßen über scharf geschliffene Schwerter zu laufen vermochten.

Eine Untersuchung konnte auf bloßes Gerücht hin eingeleitet werden. Begründet war die Anklage schon durch zwei bis drei Zeugen, deren Aussagen mit Gewalt erzwungen werden durfte.

Ein solches Zeugnis wurde sogar angenommen von Exkommunizierten, Mitschuldigen, Infamen, entlaufenen liederlichen Knechten, von Eheleuten und deren Kindern gegeneinander, und nur der Todfeind sollte nicht als Zeuge gelten, derjenige, der erwiesenermaßen dem Angeschuldigten nach dem Leben gestanden hatte.

Feinde konnten einen halben Beweis durch ihr Zeugnis liefern, der aber sofort zu einem ganzen wurde, wenn eine andere unverdächtige Aussage hinzutrat. Gab Anneliese also an, dass ihr Bärbel, mit der sie sich tags zuvor gezankt hatte, das Kind behext habe, so galt das als halber Beweis. Nun erinnert sich Peter, dass das Bärbel vor so und so viel Jahren ihm die Kuh verhexte, dass sie keine Milch gab. Jetzt war der Beweis vollständig, die Bärbel wurde eingezogen, gefoltert und musste als Hexe brennen.

Gleich den Würgengeln des Jüngsten Gerichts zogen die Inquisitoren durch das Land. Wohin sie kamen, wurde öffentlich bekannt gemacht, dass alle, welche von irgendeinem Verdacht der Hexerei betroffen wären, bei schweren Strafen angegeben werden müssten. Von dem Vermögen der Eingezogenen oder ihrer Verwandten wurden die oft alles Maß übersteigenden Prozesskosten bestritten. Richter, Henker, überhaupt alle, welche bei dem Verfahren tätig waren, empfingen unerhörte Anteile. Man belohnte selbst die Ankläger, die nicht einmal gehalten waren, ihre Namen zu nennen. Opferbüchsen standen überall an den Kirchtüren, in diese warf man die Anklagezettel, wie einst zu Venedig in den furchtbaren Rachen des erzenen Löwen.

Das Verhör begann mit unverfänglich scheinenden Fragen, verwickelte die Angeklagten aber plötzlich in Widersprüche und brachte sie endlich so in Verwirrung, dass sie oft nicht wussten, was sie sprachen, viel weniger, was sie während des Verlaufs der Untersuchung geredet und getan hatten. Mit den wirklich festgesetzten Klagepunkten wurde ganz liederlich und ungerecht verfahren, wenn hier überhaupt von Gerechtigkeit die Rede sein kann.

Die Richter mischten alles willkürlich durcheinander, sie schoben der einen zu, was der anderen zur Last gelegt war. Niemals wurden die Angeklagten mit den Anklägern konfrontiert. Auch der Nachweis des Alibis half nichts. Sagte ein Ehemann aus und beschwor, dass er seine Frau in eben jener Nacht, in welcher sie auf dem höllischen Sabbath sich lustig gemacht haben sollte, ruhig schlummernd neben sich mit seinen eigenen Augen erblickt, ja dass er sie geweckt und mit ihr gesprochen habe, so hatte, sagten die Richter, der Teufel hat ihn betrogen, er hatte ihm die Gestalt seiner Frau nur vorgegaukelt, ihr Leib blieb zwar sichtbar, aber ihre Seele feierte mit ebenso verworfenen Geistern des Satans Feste!

Der Form wegen gab man dem Angeschuldigten einen gerichtlichen Verteidiger, doch wehe diesem, wenn er es gewagt hätte, die Sache seines Klienten mit Eifer zu führen. »Solche Advokaten«, sagt Sprenger, »sind Hexen- und Ketzerpatrone und gefährlicher, denn die Hexen selbst.«

Fälschungen der Untersuchungsprotokolle wurden von den Inquisitoren als erlaubte Pfiffe und Rechtssündlein angesehen.

Es war ausdrücklich verordnet worden, dass die Folterung nicht eher wiederholt werden dürfe, bis neue Anzeichen dies nötig machten. Diese Bestimmung umgingen die Inquisitoren, indem sie geboten, die Folterung am nächsten Tage nur fortzusetzen.

Während die Hexen entkleidet wurden, um der schmerzhaften Prozedur unterworfen zu werden, legten die Henkersknechte ihre Werkzeuge mit vielem Geräusch zurecht und mitten in der dadurch erweckten Angst sprach der anwesende Geistliche der Sünderin zu und beschwor sie, ihre Unschuld durch Tränen zu erweisen. Nicht selten geschah es, dass die Gefolterten während der Pein in eine Art von Starrkrampf verfielen, der sie der Empfindung beraubte. Es ist sogar von angenehmen Visionen die Rede, welche ihnen vorschweben sollten. Derartige Zustände nannte man das Schweigen oder den Hexenschlaf, und die unwissenden und boshaften Richter schrieben sie den Einwirkungen des Satans zu.

Zu Regensburg sollten mehrere berühmte Hexen ersäuft und verbrannt werden. Allein sie ertranken nicht und brannten auch nicht, denn die Henker hatten diejenigen, welche ertränkt werden sollten, in einer Weise künstlich geschnürt, dass sie nicht untergehen konnten, und die zum Feuertod Verurteilten so gestellt und den Holzstoß so schlau geschichtet, dass Wind und Zug die Flamme in die entgegengesetzte Richtung treiben mussten. Einer der Inquisitoren verfiel endlich auf den Gedanken, dass die Hexen ein Teufelsmittel zwischen Haut und Fleisch unter den Armen eingenäht tragen könnten. Dies schnitt man ihnen angeblich heraus, und da dann auch bald der Wind zu ihnen wehte, verbrannten sie. Wenn sich, wie früher erwähnt wurde, die Hexen freiwillig zur Wasser- und Feuerprobe erboten, so widerrief der Hexenhammer dies Letztere.

»Denn der Teufel sei ein starker Kräuterkenner und wisse Mittel, um die Seinen gegen glühendes Eisen zu schützen.«

Bloße Verdächtige mussten abschwören und Kirchenbuße tun im Hexenkittel, der aus grauer Leinwand gefertigt und mit großen Kreuzen von safrangelbem Leder ausgeschlagen war. Zuweilen sperrte man sie auch auf beliebige Zeit ein. Wer sich zu der demütigenden Ausstellung an den Kirchtüren nicht sofort verstand, wurde als Verstockter zu Tode gebracht. Appellierte er, so war der Richter angewiesen, das Urteil zu verschleppen.

Als die Feuer- und Wasserproben an Kredit bei den Hexenrichtern verloren, tauchten andere Verfahrungsarten auf: die Nadelprobe und das Wiegen. Irgendeine alte Narbe, eine Verhärtung, ein Maul galten für das Zeichen des höllischen Geistes, der seine Leibeigenen dadurch kenntlich zu machen suchte. Dieses Drutenmal galt als unempfindlich gegen Stoß und Stich und sollte kein Blut geben. Der Henker bohrte anscheinend eine sehr lange und spitze Nadel hinein, ohne dass der Angeklagte irgendwelche Äußerung des Schmerzes tat. Die Nadeln, deren man sich zu diesem Verfahren bediente, waren innen hohl und zogen sich, sowie sie aufgedrückt wurden, in sich selbst zurück. Wo sich dergestalt präparierte Instrumente nicht vorfanden, wussten die Henker die Nadeln geschickt umzuwenden und drückten nur mit dem Kopf derselben auf das Maul. In andere Körperstellen stießen sie aber die Spitze, dass Blut floss und der Schmerz tat sich kund. Dieser inquisitorischen Erfindung stand das Wiegen gegenüber. Der Gebrauch der Waage war aus dem Volk entsprungen, das von alten Zeiten her den Zauberern und Hexen kein normales Gewicht zutraute. Die Verdächtigen wurden beschaut und ihrem Gewicht nach geschätzt. Entsprach das Resultat des Wiegens annähernd dieser Schätzung, so gab man die Angeschuldigten frei, andernfalls aber blieb die Anklage auf ihnen haften und man bemächtigte sich ihrer bei passender Gelegenheit aufs Neue.

Kaiser Karl V. erteilte sogar der guten Stadt Oudewater in den Niederlanden ein Privileg, nach welchem derjenige, der dort für unschuldig erklärt worden war, wegen Zauberei in keiner Weise wieder belangt werden durfte. Nach verschiedenen Hexenprozessakten stellte sich das Körpergewicht einzelner Hexen und Zauberer nur auf wenige Lot heraus, und es muss also auch hierbei ein betrügerisches Verfahren innegehalten worden sein.

In England wurde die Tortur verboten, um den Angeklagten die Freiheit ihrer Auslassungen zu sichern. Das teuflische Genie der Hexenrichter und ihrer Kreaturen erfand aber neue Mittel, die in ihre Hände geratenen Unglücklichen zu quälen.

Sie ließen sie entkleiden und so lange durch Wasser ziehen, bis sie in tödlicher Ermattung alles zugaben, was man von ihnen verlangte. Andere wurden gezwungen, zwischen mehreren Verhörrichtern unausgesetzt Tag und Nacht hin und her zu gehen, bis die Erschöpfung sie halb sinnlos machte. Sanken sie zu Boden, so wurden sie wieder emporgerissen und weitergeschleppt. Mit nicht geringerer Bosheit war das sogenannte Sitzen erdacht. Einen besonders in England hervortretenden Zug des Hexenwesens bildete nämlich die Annahme, dass der Teufel den ihm ergebenen Frauen von Zeit zu Zeit ein wenig Blut aussauge, gewöhnlich an einer durch Haarwuchs verdeckten Stelle des Hauptes. Diese saugenden Dämonen nannte man Käuzchen. Die Käuzchen lehrte die damals übliche Theorie, schlichen sich in Gestalt von Spinnen, Fliegen oder Käfern ein, verbreiteten üblen Geruch und wurden von den Zauberinnen in verborgenen Winkeln des Hauses gehalten. Sie sollten genötigt sein, in je 24 Stunden mindestens einmal ihre Nahrung zu fordern. Hierauf gründete man das Sitzen. Man setzte die angebliche Hexe auf einen Tisch oder Stuhl, doch so, dass die Beine herabhingen, die nun kreuzweise gebunden wurden, damit das ganze Gewicht des Körpers auf dem sitzenden Teile konzentriert blieb. In dieser peinvollen Stellung erhielt man die Armen 24 Stunden lang ohne Speise und Trank, ohne ihnen einen Augenblick des Schlummers zu gönnen. Unterdessen fahndete man auf die angeblichen Käuzchen, durchstöberte die Räumlichkeiten der Wohnungen in allen Richtungen und tötete jedes Insekt, dessen man habhaft werden konnte. Zeigte sich nun zufällig eins dieser Tierchen gegen seine Verfolger störrisch, so galt es für ein verkapptes Käuzchen und die Sitzende war als Hexe überwiesen.

Drei Jahrhunderte hindurch blutete Deutschland unter den Folgen eines so ruchlosen Verfahrens, und zur Schande der Menschheit sei es gesagt, dass selbst der Hexenhammer noch menschlicher in seinen Gesetzen war, als die katholischen, lutherischen und reformierten Richter, denen die Anwendung derselben übertragen wurde. Die Epoche der Hexenprozesse musste notwendig eine ebenso mächtige Umwälzung des Gemeinlebens hervorrufen, wie jede andere gewaltsame Bewegung es vermag. Die hergebrachte Ordnung der Dinge war unterbrochen, die Kette zerrissen, welche das Triebrad der Staaten im geregelten Gang erhält, und die Hefe, der Bodensatz des Pöbels im Reich der Moral, erfüllte auf längere oder kürzere Zeit die Oberfläche des Ganzen.

Unter den beklagenswerten Opfern dieses finsteren Wahnes befanden sich achtzigjährige Greise, auch unmündige Kinder, Männer und Weiber, Blinde und Lahme, Fremde und Einheimische, alle versanken durcheinander in den weit geöffneten nimmersatten Schlund des Hexengerichts. In Königsberg ergriff man einen Blödsinnigen, der sich für Gott den Vater ausgab, man folterte ihn, damit er widerrufe, und da er standhaft blieb in seinem Wahn, so wurde ihm die Zunge ausgerissen und sein Körper gevierteilt. In Holstein ließ der edle Herr Christian von Ranzau auf seinen Gütern ein großes Hexenbrennen veranstalten, bei welchem 41 Personen umkamen. Schlimmer noch trieben es die Inquisitoren zu Bamberg und Würzburg. 1515 richtete man in Genf 500 Menschen in drei Monaten hin.

Die Gefängnisse, in welchen die Angeklagten aufbewahrt wurden, Hexentürme oder Drutenhäuser genannt, hatten unglaublich dicke Mauern mit kleinen, stark vergitterten, hoch angebrachten Fenstern. Innerhalb dieser Mauern verhallte das Jammergeschrei der Unglücklichen ungehört, und kein Strahl der Sonne drang in die feuchten Zellen, in denen hohläugige Verzweiflung wohnte.

Hier presste man die Glieder der Gefangenen in den Stock, beschwerte sie mit Block und Kette, und hing sie wohl gar schwebend auf. In den kleinsten Städten hielt man 4 bis 6, auch 8 Henker, die alle beschäftigt waren. Sogenannte Hexenfinder zogen im Land umher, in England unter anderen der berüchtigte Hopkins, mit dem das Volk zuletzt selbst die Hexenprobe anstellte und ihn umbrachte, weil er schwamm. Ein anderer gestand am Fuß des Galgens, dass er 220 arme Weiber, den Kopf zu 20 Schillingen, dem Tod überliefert habe. Eine traurige Berühmtheit erlangte der Hexenmeister Remigius in Lothringen. Er schrieb viel über Zauberei und verurteilte seiner eigenen Aussage nach während einer sechszehnjährigen Amtstätigkeit an die 800 Männer und Frauen als Zauberer zum Tode. Zum Schluss dieses Kapitels sei es uns gestattet, aus der Reihe der furchtbaren Prozesse jener finsteren Zeit einige der hervorragendsten herauszugreifen und hier in kurzen Zügen mitzuteilen.

Wie einst die schönste Jungfrau der Stadt Würzburg als Hexe dem Feuertod verfiel, so auch das reichste Edelfräulein des pommerschen Landes, die unglückliche Sidonia von Bork, freilich zu einer Zeit, wo der Liebreiz ihre altersschwachen Glieder nicht mehr schmückte. Gleich der sagenhaften Kunigunde vom Kynast hatte sie alle Freier zurückgewiesen, und erst der kaum zwanzigjährige Herzog Ernst Ludwig von Wolgast, der die Fürstenkrone auf ihr Haupt zu setzen vermochte und ihre kühnsten Hoffnungen zu befriedigen verhieß, war bestimmt, ihr Herz zu rühren. Die Stettiner Fürsten jedoch, denen die Wahl ihres jugendlichen Vetters ein Dorn im Auge war, suchten die Heirat durch alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel zu hintertreiben und dies gelang ihnen vollkommen. Der Herzog brach Sidonien die verpfändete Treue und führte die schöne Hedwig von Braunschweig als sein Gemahl heim. Das Fräulein von Bork aber verschloss sich in das Kloster Marienfließ.

Nach langen Jahren rächte sich die Treulosigkeit der pommerschen Herzöge am ganzen Geschlecht, sechs junge Fürsten blieben ohne Erben. Sofort hieß es, dass nur Zauberei dies bewirkt haben könne, und im Jahre 1618 brach eine große Hexenverfolgung in Pommern aus. Die Geschichte Sidoniens, nun Äbtissin von Marienfließ, war bekannt im ganzen Land. Überall flüsterten die Leute davon, und es war also kein Wunder, wenn alle die unglücklichen Frauen, welche nach und nach als der Verzauberung der Herzöge verdächtig eingezogen wurden, fast einmütig auf Sidonien als Urheberin derselben hinwiesen. Dies genügte, um die alte achtzigjährige Frau zu ergreifen und nach Stettin zu schleppen, woselbst ihr die Folter zuletzt das Geständnis, die sechs Herzöge mit einem Zauber belegt zu haben, erpresste. Diese beschworen sie nun, den Zauber zu lösen, und da sie dies nicht vermochte, wurde sie enthauptet und ihr Leichnam verbrannt.

Während des großen Hexenprozesses zu Pendle-Forest in der englischen Grafschaft Lancaster im Jahre 1633, wurde ein elfjähriger Knabe verhört, der folgende Aussage machte: »Ich hatte unseren Nachbar Parker um die Erlaubnis gebeten, Schlehen von seiner Hecke einzusammeln, was er mir auch gestattete. Während ich damit beschäftigt war, kamen zwei Windhunde über das Feld dahergesprungen, ein schwarzer und ein brauner. Sie trugen Halsbänder, die wie Gold glänzten, drängten sich an mich heran und schmeichelten mir. Ich glaubte, sie seien das Eigentum mir bekannter Personen und beschloss, mit ihnen ein wenig zu jagen.

Da sprang ein Hase vor mir auf und ich hetzte sie diesem nach.

Sie liefen jedoch nicht, und weil mich dies verdross, band ich sie an einen Baum und prügelte sie. Unter den Schlägen verwandelte sich der schwarze Hund in das Weib unseres Nachbars Dickinson, der braune in einen Knaben, den ich nicht kannte.

Erschrocken wollte ich entfliehen, allein die Frau hielt mich auf, bot mir einen neuen Schilling an und bat mich, dass ich schweigen sollte. Ich schlug das Geld aus und rief ihr zu: »Du bist eine Hexe!« Nun zog sie einen mit Schellen besetzten Zaum hervor, warf diesen dem fremden Knaben über den Kopf, worauf dieser sofort zu einem weißen Pferd wurde, auf welches sie sich setzte.

Sie ergriff mich, nahm mich vor sich auf das Pferd und ritt einem neuen Haus zu, das etwa eine Viertelmeile weit lag. Dort sah ich eine Menge Personen zu Pferd halten, welche sämtlich abstiegen und hineingingen, um zu essen. Mir brachte ein junges Weib etwas aus dem Haus. Es roch und schmeckte unangenehm und ich berührte es nicht weiter. Nach und nach gingen einige der Leute über den Hof zu einer Scheune, denen wieder andere folgten. Ich schlich ihnen nach und blickte hinein. Es waren ihrer sechs und von dem Dach der Scheune hingen sechs Stricke herab.

Sobald sie dieselben in Bewegung setzten, glitten allerlei Speisen und Getränke daran herunter und wurden von den Leuten aufgefangen, die alsdann hinweggingen. Dann kamen andere sechs und so fort. Ihre gräulichen Gesichter jagten mir Furcht ein und ich eilte davon. Allein sie hatten mich bemerkt und folgten mir, bis zwei Reiter, die uns entgegenkamen, die Unholde verscheuchten.«

Von diesen Personen wollte der Bursche achtzehn erkannt haben. Eins der Weiber sah er seiner Aussage nach später auf dem Kreuzbalken in seines Vaters Schornstein sitzen. Es verschwand jedoch, sobald er es bei Namen anrief. Später lauerte ihm dieselbe Frau an einer Brücke auf, und ein Knabe mit gespaltenem Fuß, der bei ihr war, schlug ihn. Der Vater dieses elfjährigen Knaben bekräftigte die Aussage seines Sohnes nach Möglichkeit, und darauf hin zog man die Personen, welche er genannt hatte, gefänglich ein, führte den Knaben auch zu der Kirche, ließ ihn dort sich auf einen Stuhl stellen und diejenigen heraussuchen, die er bei der Versammlung erblickt, ohne ihre Namen zu kennen.

Die Aussagen wurden ihm gut bezahlt und so wurde er zu immer neuen Angebereien verleitet, während die von ihm als Hexen bezeichneten Frauen im Gefängnis schmachteten und sogar wie wilde Tiere für Geld gezeigt wurden. Glücklicherweise war einer der Richter in London, wohin sie in das Fleetgefängnis geschleppt wurden, ein verständiger Mann. Er berichtete über diese Angelegenheit an den König und an das Parlament, und nachdem die Angeklagten hierhin und dorthin gezerrt, vielfach untersucht und verhört worden waren, bekannte der Knabe, den man mittlerweile von den Seinen getrennt und in besondere Obhut genommen hatte, dass er auf Nötigung seines Vaters Gebilde seiner Fantasie für wirklich Erlebtes ausgegeben hatte.

Zu Lincoln in England waren etwa fünfzehn Jahre früher die Kinder eines Grafen Ruthland scheinbar ohne genügende Krankheitsursache gestorben. Dies wurde die Ursache einer Hexenverfolgung, infolgedessen zwei Personen als der Untat schuldig gehenkt wurden. Noch heute sieht man in der Kirche zu Bottesworth die marmornen Säulen an der Gruft der gräflichen Sprossen mit der Inschrift, dass der frühe Tod derselben durch Zauber herbeigeführt worden war.

In den englischen und schottischen Regentenfamilien erlangte der Glaube an das Zauberwesen eine verhängnisvolle Macht. Wie es im alten Rom schon die Kaiser verstanden, gefährliche und missliebige Personen durch die Anklage verbrecherischer Künste hinwegzuräumen, wussten auch diese Fürsten sich der Beschuldigung der Zauberei als eines unfehlbaren Mittels zu bedienen, um Tod und Verbannung über diejenigen herabzubeschwören, die ihnen verhasst oder unbequem waren.

Doch nicht auf das Wogen umgürtete England allein beschränkte sich der Wahn. Er machte sich mit den englischen Schiffen auf, und über den Ozean hinweg erfüllte er die Neue Welt mit Unheil.

Es war zu Anfang des Jahres 1692, als in der Stadt Salem, im britischen Nordamerika, mehrere Personen in eine unbekannte Krankheit verfielen und sich wie Besessene gebärdeten. Sobald sie beschworen wurden, begannen sie verschiedene Leute zu beschuldigen, dass sie mit dem Teufel im Bunde ständen und die Erkrankten plagten. Diese Hexenepidemie dauerte kaum 16 Monate und schon waren während dieser Zeit 19 Personen hingerichtet worden. Ein Mann war unter der Folter gestorben, 8 andere hatte man bereits wieder zum Tode verurteilt, 150 saßen noch im Gefängnis und über 200 sollten aufs Neue verhaftet werden. Die wachsende Gefahr öffnete den Richtern endlich die Augen über die eigentliche Tendenz aller Offenbarungen der Besessenen. Der schreienden und tobenden Zuhörerschaft zum Trotz, ja den eigenen Bekenntnissen der Angeklagten gegenüber, erklärten sie diese für nicht schuldig und ließen sie in Freiheit setzen. Diesem entscheidenden Schritt folgten bald Enthüllungen aller Art über die Kunstgriffe, deren die Lenker des ganzen Treibens sich bedient hatten, um die Besessenen gerade das aussagen zu lassen, was ihnen am passendsten erschien. Die Unschuld der Eingekerkerten und Hingerichteten wurde schließlich so augenfällig erwiesen, dass Richter und Geschworene nebst den Beisitzern ihren Irrtum öffentlich bekannten und Abbitte leisteten. Ausgangspunkt war eine Mutterkornvergiftung durch viel zu feuchten Roggen, welcher unsachgemäß gelagert wurde.

Eine hervorragende Stelle unter den Ereignissen dieser Art nimmt der berühmte Hexenprozess zu Mora in Schweden ein.

Im Jahre 1670 erkrankten eine Menge Kinder an Nervenleiden und Krämpfen, welche mit tiefen Ohnmachten abwechselten. In ihren Fantasien erzählten die Kinder von nächtlichen Zusammenkünften und Hexentänzen zu Blokula, wohin sie von Weibern, deren Namen sie sogar angaben, mitgenommen sein wollten. Der König sendete eine Kommission an Ort und Stelle, ein Hexengericht wurde niedergesetzt, und viele Personen, Weiber und Kinder verhaftet. Nach Jahresfrist erfolgte das Ergebnis: 72 Frauen und 15 Kinder wurden hingerichtet, 56 mit schweren Strafen belegt, und noch schmachteten 47 in Untersuchungshaft. In Deutschland waren es vorzugsweise das Bamberger Bistum, dem Protestantismus in gefahrdrohender Neigung zugetan, nicht minder Würzburg, in dessen Gebiet die Hexenrichter mit empörender Grausamkeit hausten. Ein »kurzer und wahrhaftiger Bericht und erschreckliche Zeitung« erschien 1659 mit Erlaubnis des Bischofs zu Bamberg selbst und gab Auskunft über die 600 Hingerichteten. Die Erpressungen, welche dabei vorfielen, waren so schlimmer Art, dass Kaiser Ferdinand II. an den Bischof schrieb: »Was aber die höchst schmutzige Konfiskation in diesem Krimine anlangt, so können wir diese durchaus nicht und unter keinerlei Vorwand mehr gestatten.«

In Stift Würzburg wurden unter der achtjährigen Regierung des Bischofs Philipp Adolf von Ehrenberg nicht weniger als 900 Personen umgebracht, wie eine noch erhaltene amtliche Liste ausweist. Unter diesen Opfern befand sich auch ein naher Verwandter des Bischofs, der Letzte seines Stammes. Vielleicht musste er sterben, um denjenigen Platz zu machen, die nach seinem Erbe strebten. Ein Jesuit, der ihm in den letzten Augenblicken nahe war, schildert das Ende des lebensfrischen Jünglings. Anfänglich stand er in des Bischofs höchster Gunst, wurde dann der Trägheit und Vernachlässigung des Gottesdienstes beschuldigt und endlich angeklagt, von einer alten Base das Zaubern gelernt zu haben, worüber er auch seinem Beichtvater reumütige Bekenntnisse abgelegt haben sollte. Die arglistigen Berichte häuften sich, er sollte sich versteckt und rückfällig zeigen, man schilderte ihn als einen verworfenen Menschen und wusste auf diese Weise ihn endlich zu verderben. Der widerstrebende Bischof vollzog das Todesurteil des jungen Mannes. Eines Tages führte man den arglosen Jüngling unter erbaulichen Gesprächen über eine bessere Welt dem Schloss zu. An allen Plätzen, die er mit seinen Begleitern berührte, hier und da an einem Baum, einem Busch, einer Anlage blieb er stehen und erzählte mit der vollen Wärme und Offenheit eines reinen, unverfälschten Gemüts von all den tausend fröhlichen Erlebnissen seiner frühesten Jugend, die an diese Stellen knüpften. Ungerührt schritten seine Begleiter aber weiter, nur hin und wieder ihn zu mehr Eile ermahnend. Ahnungslos betrat er an ihrer Seite das Schloss und durchschritt eine lange Reihe von Gemächern, und erst als plötzlich ein schwarz ausgeschlagenes Zimmer sich vor ihm auftat, in dessen Mitte er den Henker, das entblößte Schwert auf den Todesblock stützend, stehen sah, erst da begriff er den furchtbaren Ernst seiner Lage und setzte sich verzweifelt zur Wehr. Selbst die Richter waren erschüttert beim Anblick dieses Jammers und sie flehten in einem Bittgesuch den Bischof um Gnade für seinen jungen Verwandten an, das aber nie in dessen Hände gelangt ist. Ihm wurde gesagt, der Angeklagte habe sich frech und verstockt gezeigt bis zum letzten Augenblick. Als endlich der Jüngling, erschöpft von dem langen vergeblichen Kampf zu Boden sank, ergriff ihn der Henker, sein junges Haupt wurde auf den Block gelegt, und bald rollte es, vom Rumpf getrennt, auf den Boden.

Wenn man die schweren Verfolgungen ausnimmt, unter denen Bamberg, Würzburg und Trier litten, ist keiner der berüchtigten deutschen Hexenprozesse so geeignet, ein Bild jener traurigen Zeiten zu geben, als der Prozess zu Lindheim. Dieses kleine Dorf gehörte zu der reichsfreien Burg gleichen Namens in den prangenden Fluren der Wetterau und litt mannigfach unter den Drangsalen des Dreißigjährigen Krieges. Kaum hatten Hungersnot und Pest das Örtchen verlassen, als der nicht minder grimmige Feind der Hexenverfolgung dort seinen Einzug hielt.

Weiber saßen auf einer feuchten Wiese und plauderten. Da fuhr es der einen ins Bein, riss und stach, und sie vertraute ihrer Nachbarin, dass diese oder jene, mit der sie sich nicht zu schicken vermochte, sie angerührt habe und dass davon das Übel entstanden sei. Ein später Frost deckte die schmutzigen Gassen des Dorfes mit Glatteis, ein alter Mann fiel hin und brach sich den Fuß. Da wurde bezeugt, dass irgendeine Frau absonderlich hinter ihm hergegangen sei und gleich nach dem Fall gerufen habe: »He, der hat das Bein gebrochen!« Ein Weib liebkoste den Kopf des kleinen Sohnes ihrer Nachbarin, und kurze Zeit darauf zeigte sich ein Ausschlag auf der Stelle, welche sie berührt hatte. Das waren die Anlässe, die Schneeflocken, aus denen eine Lawine entstehen sollte. Der Prozess, welcher von 1631 bis 1633 währte, forderte allerdings nur drei Menschenleben. Dafür war er aber auch nur das Vorspiel einer weit blutigeren und schrecklicheren Tragödie. Um das Jahr 1650 brach eine zweite Hexenverfolgung aus und verwickelte nach und nach fast sämtliche Bewohner des Ortes in den Prozess.

Lindheim stand zu jener Zeit unter der Herrschaft verschiedener Besitzer, in deren Namen der Justizamtmann Huber und der Oberschultheiß Geiß die Rechtspflege ausübten. Der Erstere schien anfänglich gezwungen gewesen zu sein, sich passiv zu verhalten. Der Letztere, ein ehemaliger Offizier, regte in brutaler Habsucht und Grausamkeit das ganze Verfahren an. In den Prozessakten befindet sich ein Brief, den er an den Mitbesitzer der Herrschaft, den edlen Heinrich von Oeynhausen gerichtet hat.

In diesem Brief klagt er scheinheilig über die in Lindheim überhandnehmenden Unholde, erwähnt, wie der größte Teil der Einwohner die Bestrafung derselben verlange, auch gern das nötige Holz hergeben und die Kosten tragen wolle, wenn die Herrschaft nur Lust zum Brennen hätte. Dabei lässt er mit einfließen, es dürfte wohl so viel bei dem Verfahren herauskommen, dass die Brücke und die Kirche instand gesetzt und die Diener künftig besser bekleidet und besoldet werden könnten. Für derartige Gründe war der Herr von Oeynhausen nicht unempfänglich und er zögerte nicht länger mit der Erlaubnis. Nun begann eine Untersuchung, welche Geiß mithilfe der Blutschöppen leitete, einer Art von Inquisitionsrichtern, die aus keinem geistlichen Orden, sondern aus den Ortseinwohnern von Lindheim genommen worden, und deren Bildung sich als so gering erwies, dass nur einer von ihnen schreiben konnte. Viele Frauen, auch einige Männer, ja sogar drei Kinder wurden gefänglich eingezogen. Diese Letzteren wagte Geiß nicht, am Leben zu strafen. Er wandte sich an die Universität Rinteln, die ihm den Rat erteilte, die kleinen Belialsgenossen täglich einige Stunden mit frommen Leuten beten zu lassen.

Die Untersuchung wurde militärisch geführt, Geiß inquirierte auf einen Hexenkönig auf eine Hexenkönigin, einen Hexengeneral, einen Korporal usw. Die Gepeinigten gestanden alles zu, da sie den Tod den grässlichen Martern vorzogen, und dankten, wie Geiß sich ausdrückt, Gott und der lieben Obrigkeit, dass sie durch sie vom Teufel erlöst würden. Einige suchten sich durch Geschenke zu retten. Die Gaben wurden dankbar angenommen, aber dies half den Unglücklichen wenig. Man folterte und verbrannte sie dennoch, da man ja so ihr ganzes Vermögen in die Hände bekam. Sechs Personen waren bereits verbrannt, 16 andere lagen im Hexenturm.

Eine Hebamme und mehrere Frauen wurden angeklagt, das tot geborene Kind des herrschaftlichen Müllers Schüler im Mutterleibe erwürgt und später zu Hexensalbe verkocht zu haben. Das Grab wurde geöffnet und es erwies sich, dass die kleine Leiche noch unberührt in ihrem Sarg lag. Allein die Weiber hatten das ihnen aufgebürdete Verbrechen auf der Folter ja zugegeben, es war also kein Grund vorhanden, sie für schuldlos zu erklären. Sie wurden ohne Weiteres verbrannt! Nicht lange daraus wurde der Müller mit seiner Frau eingezogen und gefoltert. Die Frau, einer gebildeten und frommen Predigerfamilie angehörig, war entschlossen, die Qualen zu ertragen und sich durch erzwungenes Bekenntnis nicht selbst zur Hexe zu machen. Der Schmerz überwältigte sie aber dennoch. Dem Mann gelang es mithilfe guter Freunde, aus dem Turm zu entkommen. Er floh nach Würzburg zu einem der anderen Mitbesitzer Lindheims, dem Domdechanten von Rosenbach und flehte dessen Schutz an. Ein Protest des Domdechanten gegen das ungesetzliche Verfahren fruchtete nichts, und Geiß ließ die Müllerin verbrennen. Da wandte sich der so schmählich um sein Weib beraubte Mann an das Reichskammergericht zu Speyer. Ihm folgten noch zehn Weiber, die zum Teil gleich ihm aus dem Hexenturm ausgebrochen waren. Halb nackt und noch blutend von der Folter liefen sie durch die Straßen der Stadt und verlangten laut schreiend Gerechtigkeit. Ein wackerer Mann, dessen Frau zur Untersuchung und vorläufigen Folter geführt werden sollte, widersetzte sich der Verhaftung, zerschlug dem Blutschöppen den Arm und jagte Gerichtsdiener und Henker, die mit erschienen waren, zum Haus hinaus in die Flucht. Auch erschien eine Bittschrift der Dorfgemeinde zu Lindheim, welche über die traurigen Vorgänge berichtete und schleunige Abhilfe forderte.

Trotz dieser drohenden Anzeichen tat Geiß seinem blutigen Treiben keinen Einhalt. Er fuhr fort, die Eingekerkerten foltern zu lassen. Das Jammergeschrei der Unglücklichen, das aus dem Turm drang, versetzte die Bevölkerung in eine furchtbare Aufregung. Mit Tränen der Wut in den Augen erschienen die Dorfbewohner vor dem Rathaus und verlangten die Freigabe der Gefangenen. Gleichzeitig befahl Herr von Rosenbach dem Justizamtmann Huber, den Unterdrückten mit Rat und Tat beizustehen, er unterstützte die Sache derselben energisch bei dem Reichskammergericht, und dieses gebot die sofortige Einstellung jedes gerichtlichen Verfahrens. Geiß wurde von dem Herrn von Oeynhausen »in Gnaden« entlassen. Kurze Zeit darauf stürzte er bei einem Ritt vom Pferd und brach sich das Genick.

Noch sind die Akten dieses von ihm geleiteten Prozesses vorhanden, stumme und doch so beredte Zeugen der unauslöschlichen Schmach, mit welcher die Pfleger der Gerechtigkeit sich bedeckten. Den Akten sind die Rechnungen beigelegt, vermittelst deren der Oberschultheiß sich über den Verbleib der konfiszierten Gelder auszuweisen suchte. Für einen Ritt bei schlechtem Wetter berechnet er sich 25 Taler nach unserem Geld, für jene Zeit eine enorme Summe. Bei Gelegenheit der Verhaftung der sogenannten Hexenkönigin vertranken die Schützen in einem Wirtshaus in der Nähe von Lindheim 15 Taler. Der Ausschuss zu Bleichenbach vertrank und verzehrte in zwei Tagen etwa 40 Taler. Den Henkern wurden für Folter und Hinrichtung unerhörte Summen zugestanden. Ihre Frauen beluden sich mit dem teuersten Putz und verschwendeten auf alle ordentliche Weise das Blutgeld, das ihre Männer erwarben.

Als letztes Opfer fiel in Deutschland die Subpriorin des Klosters Unterzell bei Würzburg, Maria Renata Sänger. Unter den Nonnen jenes Klosters brach eine mehr und mehr um sich greifende Besessenheit aus, und eins jener Schauspiele wurde aufgeführt, wie sie nicht bloß in Deutschland, sondern auch in Frankreich und Spanien mit Erfolg in Szene gesetzt wurden, um allzu freidenkende Mitglieder der geistlichen Orden dem Arm der Hexenmeister zu überliefern. Im Jahr 1749, in einem Alter von mehr als 70 Jahren, ließ die Priorin ihr Leben auf dem Schafott, worauf ihr Körper verbrannt wurde.

Als ein merkwürdiges Erzeugnis jener Zeit ist die sogenannte Drutenzeitung anzusehen, welche zu Nürnberg 1627 anonym erschien. Sie wurde bis auf ein Exemplar eingezogen, das sich bis heute erhalten hat und in den Archiven der Stadt Nürnberg aufbewahrt wird. Diese Hexenzeitung bringt einen Holzschnitt, auf welchem Drutenhäuser, Wasserproben und schon getötete Hexen zu sehen sind, auch drei Teufel, welche die ihnen verfallenen Seelen abfordern. In vierundzwanzig vierzeiligen Strophen werden die Übeltaten der Eingefangenen geschildert in einem Lied, das nach der Melodie Dorothea mein Schätzel! gesungen werden sollte.

Erst nach und nach verloren sich die Hexenverfolgungen in den einzelnen Ländern. Es ist das 18. Jahrhundert, welches sich mit vollem Recht den Namen des aufgeklärten erwarb, obwohl in manchen Ländern noch immer nicht die Sonne der Aufklärung die mittelalterliche Geistesnacht zu verscheuchen vermocht hatte. In Spanien wurde noch im Jahre 1783 eine Hexe von der Inquisition verbrannt. In der Schweiz loderte der schreckliche Holzstoß zum letzten Mal 1782. In Deutschland inquirierte man 1737 noch auf ein buhlerisches Bündnis mit dem Teufel und auf Wettermachen, während die Verfolgung der Zauberei in Frankreich um das Jahr 1718 und in England im Jahre 1682 ihr Ende erreichte.