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Curumilla – Zweites Buch, Kapitel 13

Gustave Aimard
Curumilla
Zweites Buch
Eine Abenteuergeschichte aus dem Jahr 1861
Kapitel 13 – Der Anfang des Endes

Es war Nacht. In einem kleinen Haus von Guaymas saßen Don Louis und Valentin beim Schein eines dürftigen Lichtes beisammen, das nur eine matte unsichere Heiligkeit verbreitete, und unterhielten sich. Sie berieten sich über die geeignetsten Mittel, um eine schnelle Entscheidung herbeizuführen und den dunklen Umtrieben ein Ende zu machen, in welche sie der General Guerrero mit teuflischer Geschicklichkeit verwickelt hatte, während Curumilla in einem Winkel des Zimmers lag und schlief.

»Ich habe es vorhergesehen«, sagte Valentin, »jetzt ist es zu spät, um zurückzutreten. Wir müssen entschlossen handeln, sonst ist alles verloren.«

»Liebster Freund, ich bin auf jeden Fall verloren.«

»Du wirst dich doch nicht jetzt, wo die Stunde der Gefahr gekommen ist, niederwerfen lassen?«

»Die Gefahr scheue ich nicht, sie soll mir willkommen sein. Ich sehne mich zu sterben, Bruder.«

»Mut gefasst! Sei ein Mann! Beeile dich aber. Hast du nicht bemerkt, dass fortwährend neue Waffen und Munition ankommen? Glaube mir, wir müssen um jeden Preis und je eher, je lieber ein Ende machen.«

»Ja, ich sehe wie du, dass uns der General täuscht. Aber meine Freiwilligen gleichen nicht denjenigen, welche ich in Hermosillo hatte. Diese zaudern, fürchten sich, was weiß ich! Ihr Anführer ist unfähig zu handeln, es ist ein Mann ohne Tatkraft. Mit solchen Menschen ist nichts auszurichten.«

»Das fürchte ich auch. Indessen ist es besser, gleich zu wissen, woran man ist, als länger in solcher Ungewissheit zu schweben.«

»Die Deputierten sollen sich morgen zum General begeben.«

»Sie sollen zum Teufel gehen! Der wird ihnen wenigstens eine deutliche Antwort geben«, rief Valentin ungeduldig aus. In dem Augenblick erschallten zwei leise Schläge an der Haustür.

»Wer mag so spät noch kommen?«, fragte der Graf, »Ich erwarte niemanden.«

»Wie dem auch sei, wir wollen sehen«, erwiderte Valentin, »zu Hause ist der unerwartete Besuch der angenehmste.«

Er ging und öffnete die Tür. Kaum hatte er sie halb geöffnet, als eine Frau in das Haus stürzte und dem Jäger mit vor Schrecken liebender Stimme zurief: »Seht! Seht! Man folgt mir!«

Valentin eilte hinaus.

Obwohl die Frau vollständig in ihrem Robozo verhüllt war, erkannte sie doch der Graf sofort. Welche andere Frau als Doña Angela hätte auf solche Weise kommen können?

Sie war es wirklich.

Der Graf fing sie halb ohnmächtig in seinen Armen auf, legte sie auf einer Butacca nieder und widmete ihr die Pflege, welche ihr Zustand erforderte.

»Um des Himmels willen, rede!«, rief er aus, »was ist geschehen?«

Das junge Mädchen richtete sich nach einer Weile auf, strich wiederholt mit der Hand über ihre Stirn und blickte den Grafen mit einem unaussprechlich glücklichen Ausdruck an.

»Sehe ich dich endlich wieder, mein Liebster!«, rief sie, in Tränen ausbrechend aus, indem sie sich leidenschaftlich in seine Arme stürzte.

Don Louis erwiderte ihre Liebkosungen und suchte sie zu beruhigen.

Das junge Mädchen befand sich in einem Zustand seltsamer, nervöser Aufregung. Ihre großen schwarzen Augen blickten starr, ihr Gesicht war totenblass und ihre Glieder bebten krampfhaft.

»Liebes Kind, was ist dir? Rede um Gotteswillen, erkläre dich, Angela. Ich beschwöre dich, bei unserer Liebe, sprich!«

»Bei unserer Liebe, mein armes Herz? – pobre querido de mi corazon …«, sagte sie seufzend und drückte seine Hand zwischen der ihren. »Zweifelst du an meiner Liebe? Dich, ich liebe dich bis in den Tod, Don Louis, ich werde an meiner Liebe sterben!«

»Rede nicht so, mein geliebter Engel! Verscheuche so düstere Gedanken, wir wollen nur an unsere Liebe denken.«

»Nein, Don Louis, ich bin nicht gekommen, um dir meine Liebe zu beteuern, sondern um dich zu retten.«

»Mich zu retten!«, rief er mit geheuchelter Heiterkeit, »meinst du, dass ich in so großer Gefahr schwebe?«

»Morgen, Don Louis, droht dir eine große Gefahr! Höre wohl auf meine Worte und sieh mich nicht so ungläubig lächelnd an, morgen bist du verloren! Alle Maßregeln sind getroffen, ich habe alles mit angehört. Es ist entsetzlich! Auf solche Weise habe ich erst deine Anwesenheit in Guaymas erfahren. Da bin ich verzweifelnd und außer mir hergeeilt, um dir zuzurufen: Flieh, flieh, Don Louis!«

»Fliehen!«, sagte er nachdenklich. »Soll ich dich wieder, und zwar für immer verlieren, Angela? Nein, lieber will ich sterben.«

»Ich fliehe mit dir. Bin ich nicht deine Braut und deine Frau vor Gott? Komm, komm, Louis, fort, verlieren wir keinen Augenblick! Negro, dein Pferd wird uns binnen zwei Stunden außerhalb des Bereiches unserer Verfolger bringen. Nimm aber deine Waffen mit, denn ein Mann hat mich auf meinem Weg von dem Hause meines Vaters bis hierher verfolgt.«

Sie redete wie in der Fieberhitze mit seltsamer Hast. Der Graf war unschlüssig, was er tun sollte.

Plötzlich erhob sich ein ziemlich lautes Geräusch auf der Straße und die Tür, welche nur angelehnt war, wurde weit geöffnet.

»Rette mich! Rette mich!«, rief das arme Kind von unbeschreiblichem Schrecken erfasst, aus.

Don Louis griff nach seinen Pistolen und stellte sich entschlossen vor sie.

»Du wirst kommen müssen, Elender!«, rief Valentins Stimme von außen. »Ich lasse dich nicht los. Geh vorwärts, sonst spieße ich dich mit meinem Dolch auf.«

Bei diesen Worten erschien der Jäger in der offenen Tür und schleppte mit gewaltiger Anstrengung einen Mann hinter sich her, der sich auf das Äußerste anstrengte, um zu entkommen.

»Schließe die Tür, Louis«, fuhr Valentin fort. »Jetzt, mein würdiger Spion, wirst du mir dein Gesicht zeigen, damit ich dein Schurkengesicht erkenne.«

Louis hatte sich beeilt, der Weisung Valentins zu gehorchen. Curumilla erhob sich aus der Ecke, wo er bisher geschlafen hatte, und zog ohne ein Wort zu sagen Doña Angela hinter einen Moskitovorhang, wo sie vollständig verborgen war. Hierauf griff er nach dem Caudil und trat zu seinen Freunden.

Der Gefangene leistete unterdessen verzweifelten Widerstand, um zu verhüten, dass man sein Gesicht enthülle. Er sagte aber kein Wort, sondern begnügte sich seiner Wut durch dumpfe unverständliche Laute Luft zu machen. Endlich nach langem Ringen schien der Unbekannte einzusehen, dass ein längerer Widerstand erfolglos sein würde. Er richtete sich auf, warf seinen Mantel ab, kreuzte die Arme über der Brust und sagte in höhnischem Ton: »Wohlan, seht mich an, da Euch so sehr danach verlangt!«

»Don Cornelio!«, riefen die Franzosen aus.

»Er selbst, meine Herren! Wie ist es Ihnen gegangen, seitdem ich zuletzt das Vergnügen hatte, Sie zu sehen?«, fragte er mit bewunderungswürdiger Zuversicht.

»Elender Verräter!«, rief Valentin aus, und stürzte auf ihn zu.

Der Graf hielt ihn zurück. »Warte«, sagte er.

»Ich habe Euch verraten, das ist wahr«, antwortete Don Cornelio, »was weiter? Wahrscheinlich lag es in meinem Interesse, es zu tun. Ich weiß im Voraus, was Sie mir erwidern werden, dass Sie mir bedeutende Dienste erwiesen hatten usw. Was will das heißen? Haben Sie mir doch an einem einzigen Tag mehr Leid zugefügt, als Sie mir je Gutes erwiesen.«

»Ich hätte dir ein Leid zugefügt? Du lügst, Elender!«

»Graf«, antwortete Don Cornelio in hochmütigem Ton, »ich erlaube mir, Sie daran zu erinnern, dass ich ein Edelmann bin und nicht zugeben kann, dass Sie so zu mir reden.«

»Der Wicht ist von Sinnen, auf Ehre!«, rief der Graf mitleidig lachend aus. »Lass ihn los, Bruder, er ist unseres Zornes nicht würdig und verdient nur unsere Verachtung.«

»Mit Nichten!«, versetzte Valentin eifrig, »der Mann ist der böse Geist des Generals, wir dürfen ihn nicht so gehen lassen.«

»Was wollen wir mit ihm anfangen? Früher oder später müssen wir ihn doch laufen lassen.«

»Möglich, vorläufig aber wollen wir ihn Curumilla anvertrauen, er wird es übernehmen, ihn zu behüten.«

Der Indianer nickte beifällig, fasste Don Cornelio und schleppte ihn fort.

Letzterer ließ es willenlos geschehen.

»Auf Wiedersehen, meine Herren«, sagte er mit höhnischem Lächeln.

Der Indianer warf ihm einen bedeutsamen Blick zu und brachte ihn in ein anderes Zimmer.

Doña Angela trat hinter ihrem Verstecke hervor. »Ich erwarte dich, Don Louis«, sagte sie.

Der Graf schüttelte traurig den Kopf. »Ich kann leider nicht fliehen«, sagte er, »mein Leben gehört mir nicht. Ich habe meinen Gefährten geschworen, sie nicht zu verlassen. Ich würde mich wie ein Verräter benehmen, wenn ich flüchtete.«

Doña Angela trat zu ihm, neigte anmutig den Kopf und sagte: »Lebe wohl, Don Louis, du handelst als ein Caballero, folge deinem Schicksale, denn deine Ehre ist mir so teuer wie dir, und ich kann nur wünschen, dass du sie rein von Makel erhaltest. Ich dringe nicht mehr in dich, lebe wohl! Küsse mich auf die Stirn, wir werden uns nur an unserem Todestag wiedersehen.«

Plötzlich ertönte ein Schrei auf der Straße, ein so entsetzlicher Schrei, dass alle drei schauderten.

Die Tür ging auf und Curumilla trat ein. Sein Gesicht war eben so ruhig und sein Schritt eben so gelassen wie immer.

»Ihr seid wohl durch die Tür des Corrals hinausgegangen, Häuptling?«, fragte Valentin.

»Ja.«

»Was habt Ihr mit Don Cornelio angefangen?«

»Frei!«, sagte der Indianer.

»Wie so, frei?«, fragte Don Louis.

»Darunter steckt etwas«, sagte der Jäger. »Warum habt Ihr dem Menschen die Freiheit wiedergegeben?«

Curumilla zog sein Messer aus dem Gürtel. Die Klinge desselben war von Blut gerötet.

»Wir haben ihn nicht mehr zu fürchten«, sagte er.

»Habt Ihr ihn getötet?«, riefen alle drei einstimmig.

»Nein«, sagte er, »er ist stumm und blind«

»Ach!«, riefen die Anwesenden entsetzt aus.

Curumilla hatte Don Cornelio mit seinem Skalpiermesser ohne Umstände die Augen ausgestochen und die Zunge abgeschnitten, ihn hierauf nach dem entgegengesetzten Teil der Stadt geführt und dort seinem Schicksal überlassen.

Valentin und Don Louis hielten es für überflüssig, dem Häuptling Vorwürfe zu machen, die an der Sache nichts mehr ändern konnten und die der Araukaner überdies nicht verstehen würde. Sie enthielten sich daher jeder Bemerkung.

Doña Angela wollte trotz der dringenden Bitten des Grafen nicht zugeben, dass er sie zum Haus ihres Vaters zurückbringe. Sie neigte sich zu ihm, flüsterte ihm ins Ohr: »Hüte dich, morgen, Don Louis!«, und entfernte sich. Der Graf lächelte, sie entschlüpfte wie ein Vogel und ließ das dürftige Gemach, welches sie eine Zeit lang durch ihre Gegenwart verherrlicht hatte, um so öder und verlassener zurück.

»Wie es scheint«, sagte der Graf, indem er auf einer Butacca niedersank, »ist es Morgen zu Ende; desto besser. Doch soll derjenige, der mich fassen will, teuer dafür büßen.«

Am nächsten Tage wie vereinbart die Deputierten der Freiwilligen beim General. Er empfing sie wie immer und überhäufte sie mit Beteuerungen und Versprechungen.

Die Deputierten drangen auf eine Entscheidung. Don Sebastian, der wahrscheinlich den längst vorbereiteten Streich ausführen wollte, nahm plötzlich einen anderen Ton an und schickte sie mit der Weisung fort, auf seinen Beschluss zu warten.

Die Deputierten entfernten sich, entrüstet über die Falschheit des Mannes, welchem sie so schwach gewesen zu vertrauen, und der ihnen nun deutlich zeigte, dass er ihrer nur gespottet habe.

Die Freiwilligen harrten ängstlich der Antwort, welche die Deputierten überbringen sollten. Als dieselben berichteten, was geschehen war, stieg die Entrüstung auf den höchsten Grad. Man rief zu den Waffen, und jedermann bereitete sich auf den Kampf vor.

Der Anführer des Bataillons wusste nicht, auf wem er hören sollte.

»Lassen Sie ein Karree bilden«, sagte der Graf.

Der Befehl wurde befolgt.

Der Graf stellte sich in die Mitte des Karrees und gebot mit erhobener Hand Ruhe.

Alle schwiegen.

Jedermann erkannte den Ernst des Augenblickes.

Der Graf konnte sich einer gewissen Bangigkeit nicht erwehren, welche sich auf seinen edlen Zügen malte.

Nicht für seine eigene Person hegte er Befürchtungen, doch fühlte er, dass er den letzten Wurf wage und dass derselbe entscheidend sei. Alle Augen waren auf ihn gerichtet.

»Sie zaudern, Graf?«, fragte ihn ein Offizier. »Weshalb sind Sie denn gekommen? Sind Sie nicht mehr der Held von Hermosillo?«

Bei dieser empfindlichen Mahnung flammte eine tiefe Röte auf den Wangen des Grafen und er bebte sichtlich zusammen.

»Nein!«, rief er aus, »nein, bei Gott, ich zauderte nicht! Bedenkt Euch, meine Freunde, noch ist es Zeit. Vergesst nicht, dass wir, sobald der Säbel gezückt ist, vogelfrei sind. Was entscheidet Ihr?«

»Den Kampf, den Kampf!«, riefen die Freiwilligen begeistert aus, indem Sie ihre Waffen schwangen.

Da richtete sich der Graf in die Höhe, zog seinen Degen, schwang ihn über seinem Kopf und sagte: »Ihr wollt es?«

»Ja! Ja!«

»Vorwärts denn! Es lebe Frankreich!«

»Es lebe Frankreich!«, antworteten die Freiwilligen. Das in vier Compagnien geteilte Bataillon verließ das Quartier mit entschlossener Haltung und eilte im Sturmschritt zur mexikanischen Kaserne.«

Unglücklicherweise herrschte, wie gesagt, Zwiespalt unter den Franzosen, und viele derselben gingen nur widerstrebend mit oder wurden von ihren Kameraden mit fortgerissen.

Der Anführer des Bataillons war zwar ein Mann, der persönlichen Mut besaß, doch ging ihm die Gabe, einen Handstreich auszuführen, ab, wie denjenigen, welchen die Freiwilligen beabsichtigten.

Der Graf hatte aus Taktgefühl und um ein einmütiges Handeln zu erzielen, den Fehler begangen, den Oberbefehl abzulehnen, welchen ihm die Offiziere und Soldaten anboten.

Das Bataillon schritt von drei verschiedenen Seiten auf die mexikanische Kaserne zu.

Der General Guerrero war aber bereits lange vorbereitet. Er hatte sich mit dreihundert Mann Linientruppen in der Kaserne eingeschlossen, die angrenzenden Häuser waren von den Civicos besetzt und vier Kanonen bestrichen die vier Seiten, von welchen aus es allein möglich war, einen Sturm zu unternehmen.

Die Franzosen zählten nur dreihundert entmutigte Leute; die Mexikaner hingegen beinahe zweitausend.

Der Kampf wurde indessen von beiden Seiten mit Nachdruck begonnen. Der erste Ansturm war, was er sein sollte, nämlich ausgezeichnet.

Die mexikanischen Kanonen waren auf die Angreifer gerichtet und lichteten ihre Reihen auf das Furchtbarste. Trotzdem hielten diese stand und fuhren fort, vorzudringen. Der Graf feuerte sie durch sein Beispiel an, indem er mit dem Gewehr in der einen und dem Degen in der anderen Hand, fünfzehn Schritt vor der Kolonne einherschritt und ihnen mitten aus dem Kugelregen zurief: »Vorwärts! Vorwärts!«

Plötzlich verlor der Bataillonskommandant den Kopf, als er sah, wie die Kartätschen seine Compagnie lichteten, und statt die Bewegung auf dem rechten Flügel zu unterstützen, wich er in der größten Unordnung in Richtung des französischen Quartiers zurück.

Der Graf bemühte sich vergebens, die Freiwilligen zusammenzuhalten, die Verwirrung wurde allgemein, und alle seine Anstrengungen blieben erfolglos.

Da sah der Graf ein, welchen Fehler er begangen hatte, indem er den Oberbefehl ablehnte.

Die mexikanischen Kanonen hatten unterdessen aufgehört zu schießen, weil die Artilleristen gefallen waren.

»Vorwärts! Zu den Bajonetten«, rief der Graf, indem er in Begleitung Valentins und Curumillas, die nicht von seiner Seite wichen, vordrang. Ungefähr zwanzig Freiwillige folgten ihm.

Der Graf stürmte gegen die Mauer der Kaserne an, es gelang ihm sie zu ersteigen, und er stellte sich aufrecht auf den Rand derselben, trotzdem er dem feindlichen Feuer vollständig Preis gegeben war.

»Vorwärts! Vorwärts!«, rief er immerwährend.

Sein von den Kugeln durchlöcherter Hut flog von seinem Kopf, und mehrere Bajonettstiche zerfetzten seine Kleider.

Es entstand ein furchtbares Handgemenge.

Unglücklicherweise zählten die Franzosen kaum fünfzehn Köpfe. Nachdem sie sich heldenmütig geschlagen hatten, um ihre Stellung zu behaupten, sahen sie sich gezwungen, zu weichen. Doch wichen sie wie Löwen, mit dem Gesicht zu dem Feinde gewendet und unaufhörlich kämpfend,

Der Graf knirschte vor Wut, Tränen des Zorns benetzten seine Wangen, als er sich verlassen sah und zu sterben wünschte. Doch stürzte er sich vergebens in das dichteste Gewühl. Überall schützten ihn seine beiden Freunde vor den Streichen, die nach ihm geführt wurden.

Endlich begann die Flucht. Der Graf zerbrach seinen Degen und warf den Feinden, die er, wenn er wacker unterstützt wurde, hätte besiegen können und welche ihm jetzt entgingen, einen Blick ohnmächtiger Wut zu.

Valentin und Curumilla schleppten ihn mit sich fort zum Hafen.

Das Schiff, welches sie hergebracht hatte, war während des Kampfes abgesegelt, es war unmöglich zu fliehen.

In dieser Not konnte nur ein Haus den Besiegten eine Zufluchtsstätte bieten. Es war das des französischen Bevollmächtigten. Dorthin eilten die Freiwilligen.

Der Señor Pavo versprach allen denjenigen den Schutz der französischen Flagge, die ihre Waffen in seine Hände liefern würden.

Der Graf war in das Haus geeilt und hatte sich auf einen Stuhl geworfen, von wo er allem, was um ihn her vorging, gleichgültig zuschaute. Aber Valentin wachte.

»Einen Augenblick, Señor Pavo«, sagte er. »Versprechen Sie dem Grafen von Prèbois-Crancé, dass man sein Leben nicht antasten wird?«

Der Mexikaner warf dem Jäger einen scheelen Blick zu, antwortete aber nicht.

»Keine Ausflüchte, mein Herr«, fuhr Valentin fort, »ich verlange eine klare Antwort, sonst fangen wir den Kampf von Neuem an.«

Dieser Erklärung gegenüber galt kein Zaudern, der Señor Pavo entschied sich.

»Meine Herren«, sagte er in hellem verständlichem Ton, »ich schwöre bei meiner Ehre, dass das Leben des Grafen von Prèbois-Crancé geschont werden soll.«

»Wir nehmen Ihr Wort als Unterpfand«, sagte Valentin in strengem Ton.

Don Antonio ließ zum Zeichen des Friedens das weiße Banner wehen. Fast das ganze Bataillon der Freiwilligen hatte sich in das Haus geflüchtet.

Der Kampf war beendet, nachdem er drei Stunden gedauert hatte.

Die Franzosen zählten 38 Tote und 63 Verwundete auf eine Zahl von 300 Mann.

Die Mexikaner hatten 35 Mann verloren, und von ungefähr 2000 Soldaten waren 147 verwundet.

Der Sieg war ihnen hartnäckig streitig gemacht worden, und die Sieger mussten für den durch Verrat erkauften Vorteil schwer büßen.