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Der Mythos Tempelritter – Teil 3.7

Einst waren sie im Hochmittelalter die mächtigste Organisation auf Gottes Erden. Sie waren führend im Bankwesen, sie besaßen die größte Flotte des Abendlandes. Zeugen ihrer schier übermächtigen Größe und ihres Reichtums findet man noch heute: Der Newport Tower in Newport, Rhode Island, der als Leuchtturm der Templer gilt; Santa Mariá de Eunate in Spanien, welche die Templer nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem erbauten; Temple Church in London, die den Templern als englisches Hauptquartier diente; die Klagemauer sowie der Tempelberg in Jerusalem, wobei aufgrund der derzeitigen religiösen und politischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästina es dort unmöglich erscheint, umfangreiche Ausgrabungen durchführen zu können. Die Liste der noch existierenden zeitgenössischen Sachzeugen und Bauwerke ist groß und würde den hiesigen Rahmen sprengen.
Wer waren die Templer? Wie waren sie organisiert? Wer waren ihre Führer? Gingen die geheimnisvollen Templer am Freitag, den 13. Oktober 1307 tatsächlich unter? Oder gibt es heute noch Nachfahren der Templer? Fragen über Fragen.
In einer losen Folge möchte ich versuchen, den Mythos der Tempelritter ein wenig zu beleuchten.


Die Großmeister des Tempelordens


Eudes de Saint-Amand 1171 – 1179

Unter diesem Großmeister begann der Orden eine mächtige ritterliche Verbindung aufseiten des Papstes zu werden und seine ausgezeichnete Berühmtheit, nebst großen Reichtümern zu erlangen. Es beginnt die Blütezeit des Ordens, aber es finden nun auch in ihm und durch ihn Ereignisse statt, welche seinem Herrschsucht und Ausartung erkennen lassen.

Wie anbemerkt, hatten die Tempelritter in der letzten Zeit die Zuneigung König Amalrichs ganz verloren, durch Philipp von Naplus’ Resignation drohte der Riss noch größer zu werden, da lenkten die Ritter, welche den König noch nicht entbehren konnten, ein. Der Großkomtur Fulcherius an der Spitze des schlauen Konvents suchte dem Orden durch die Wahl des neuen Großmeisters Amalrichs Gunst wieder zu verschaffen, um so mehr, da ihnen Philipp bei beharrlicher Opposition gegen den König durch Enthüllung des inneren Getriebes des Ordens viel Schaden hätte zufügen können, und die dem König willfährigen Hospitaliter allen Nutzen von diesem Zwiespalt gezogen haben würden. Demgemäß wählte der Konvent Anfang des Jahres 1171 mit allem Vorbedacht den königlichen Mundschenk Eudes de Saint-Amand zum Großmeister. Dieser war früher Marschall Balduins III. gewesen und als solcher im Jahre 1157 an der Jakobsfurt in Nureddins Gefangenschaft geraten. Amalrich sandte ihn 1162 mit dem Erzbischof Hernesius von Cäsarea nach Konstantinopel, um vom Kaiser Manuel für sich um die Hand einer Prinzessin anzuhalten, dort verweilte er zwei Jahre. Er war bei König Amalrich sehr angesehen, dieser setzte ihn deshalb während seiner Abwesenheit zum Verweser des Reiches Jerusalem ein. Der König wurde zu Konstantinopel sehr ehrenvoll aufgenommen und ihm gegen Ägypten kräftige Hilfe zugesagt, welche aber nie erschien.

Im Jahre 1171 kam Herzog Heinrich der Löwe mit vielen sächsischen Völkern in Begleitung des Bischofs Konrad I. von Riddagshausen, des Abtes Heinrich von Braunschweig, des Fürsten Pribizlav von Mecklenburg und des Grafen Gunzelin von Schwerin in das Gelobte Land. Die Pilger hatten den beschwerlichen Weg durch Ungarn und den Bulgarenwald genommen, wo sie von den geübten serbischen Bogenschützen vieles auszustehen hatten. Kaiser Manuel nahm den Herzog zuvorkommend auf, überreichte ihm schöne Waffen, Scharlachkleider und feine Leinwand. Auch erntete Abt Heinrich großes Lob, als er an der kaiserlichen Tafel am ersten Ostertag den Ausgang des Heiligen Geistes aus Vater und Sohn mit gelehrter Gewandtheit bewies. Selbst die Kaiserin schenkte Samtkleider und köstliche Zobelpelze. Darauf fuhr Herzog Heinrich nach Akkon. Im heiligen Land empfing man ihn mit Freuden, die Templer taten ihm und seinen Rittern alle Ehre an. Eudes de Saint-Amand zeigte sich als wirtschaftlicher Reichsverweser. Denn in Norddeutschland war der Orden noch wenig zu Hause, er wünschte dort durch den Herzog Eingang zu finden, was ihm auch gelang. Heinrich stiftete nach seiner Rückkehr mehrere Komtureien in seinem Land. Er beschenkte die Kirche des heiligen Grabes reichlich, indem er für sein, seiner Gemahlin Mathilde, seiner Kinder und seines gesamten Geschlechts Seelenheil drei ewige Lampen stiftete, die Kapelle des heiligen Kreuzes mit ausgelegter Arbeit, deren Tore mit reinem Silber schmücken ließ. Den Tempelrittern schenkte er über 1000 Mark Silber, teils zur Ausschmückung ihres Tempels, teils zum Ankauf von Ländereien, von deren Ertrag sie ihre angehenden Waffenbrüder erhalten sollten. Gleichwohl wird behauptet, auch gegen Herzog Heinrich sei die alte syrische Eifersucht rege gewesen, und er habe, vom König und den Templern verhindert, keinen Waffengang unternehmen können. Deshalb begab er sich im Jahr 1172 in seine Heimat zurück und legte in Braunschweig viele köstliche Reliquien nieder, welche er in Konstantinopel und Jerusalem überkommen hatte.

Um diese Zeit wurden die syrischen Verhältnisse noch verwickelter. Als im Jahr 1171 der Fürst Toros von Cilicien gestorben war, bemächtigte sich sein Bruder Melior, ein nichtsnutziger und von Raub lebender Mensch, der seiner Nichtswürdigkeit wegen aus dem Tempelorden gestoßen war, der Regierung, da sein Schwestersohn Thomas, welchen die Cilicier zu ihrem Fürsten erwählt hatten, durch sein schlechtes Benehmen Missvergnügen erregt hatte. Mithilfe einer von Nureddin gesandten türkischen Schar vertrieb Melior seinen Neffen, befeindete das Fürstentum Antiochien und zog hauptsächlich aus Rache gegen die Tempelherren deren in seinem Land befindliche Güter ein. Zwar überzogen ihn 1172 die syrischen Fürsten mit Krieg, aber die bergige Beschaffenheit Ciliciens erschwerte alle kriegerischen Unternehmungen, sodass man, noch dazu, da Nureddin und Saladin das Reich Jerusalem östlich und südlich bedrohten, unverrichteter Dinge zurückkehrte.

Eine abscheuliche Begebenheit führt an dieser Stelle zu den Assassinen, einer Sekte der Bateniten oder Ismaeliten. Hassan Ben Sabbah, ein vornehmer Sarazene, stiftete einen Verein mutiger Männer, welche durch ein furchtbares Schreckenssystem, durch eine gewalttätige, allen Gesetzen des Rechts und der Menschlichkeit hohnsprechende Feme sich die Fürsten Mittel- und Kleinasiens zinsbar machen wollten. Zu diesem Behufe hatte sich Hassan im Jahre 1090 in Besitz des Schlosses Alamut, was so viel wie »Geiernest« bedeutet, in einer einsamen und wilden Gegend des Landstrichs Rudbar in Persien gesetzt. Dieses Schloss bestimmte er zum Mittelpunkt seiner Unternehmungen. Er sammelte eine Schar von Bösewichtern um sich, die mit Schlauheit kühnen Unternehmungsgeist und verwegenen Mut verbanden, sodass sie einige Burgen in ihre Gewalt brachten, ringsum durch ihr Mordsystem alles einschüchterten und ihrem Oberhaupt, dem sogenannten »Alten vom Berge« unbedingt gehorchten. Besonders Fürsten waren die Schlachtopfer dieser meuchelmörderischen Rotte, vor deren Mordstahl nicht Schlauheit, Tapferkeit, Macht, Geburt Reichtum und Schönheit, nicht Mauer und Riegel schützte, wenn der «Alte vom Berge« sein Opfer ausgewählt hatte. List, Gewandtheit, Kraft, Mut, Todesverachtung ließen den Mörder alle Hindernisse besiegen, um seines Opfers habhaft zu werden. Die Lehre dieser Sekte verhieß dem die Freuden des Paradieses, der in Ausführung der Befehle seines Oberen das Leben verlor. Deshalb entzog sich der Mörder nach vollbrachter Tat der Strafe, ohne dass er sie im Geringsten fürchtete. Wurde einer vor vollbrachter Tat ergriffen, so trat ein anderer Meuchelmörder an seine Stelle, man ruhte nicht, bis der Mord gelungen war. Die furchtbaren Glieder dieser Rotte beneideten einander wegen eines schwierigen Auftrages. Es finden sich Beispiele, dass der Schwierigkeit wegen ein Mord mehreren Assassinen aufgetragen war, der eine aber dem anderen dadurch zuvorzukommen suchte, dass er das Schlachtopfer vor seinen Mördern warnte, sich so das Vertrauen des Unglücklichen erwarb und ihn nun um so sicherer hinschlachtete. Nie ist ein solcher Verein je wieder auf Erden gefunden worden, und es bliebe unerklärlich, woher der Verein seine Mitglieder erhalten hatte, wenn wir nicht die Mittel kannten, wodurch diese Willfährigkeit und Todesverachtung in den Jüngern des »Alten vom Berge« erweckt worden wäre.

Der berühmte venezianische Reisende Marco Polo berichtete darüber Folgendes: […] Die Sekte der Assassinen zerfiel in Alte, Gehilfen und Jünger. Die Ersteren kauften oder raubten gesunde und starke Knaben, welche an einsamen, aber anmutigen Orten erzogen wurden, wo ihre Einbildungskraft die größtmögliche Nahrung erhielt. Nahte ein Jüngling dem Alter, in welchem man ihn als reif für die Pläne der Rotte erachtete, so wurde er an einen Ort der Entbehrung und aller möglichen Mühseligkeiten gebracht, sodass er Überdruss am Leben fühlte. Hierauf erhielt er einen betäubenden Trank, seiner Besinnung beraubt trug man ihn an einen Ort, welcher einem Paradies glich. Was unter dem üppigen syrischen Himmel nur Schönes und Sinnerregendes gedeihen konnte, sah man hier in großer Auswahl vereinigt. Zauberische Gärten mit den schönsten Gewächsen, rieselnden Bächen, plätschernden Kaskaden, schattigen Gängen und Gebüschen, kühlen Grotten, duftenden Lauben, Lusthäuser mit Wollust atmenden Gemächern, überall orientalischer Luxus. Hierher brachte man den Betäubten aus seinem früheren Aufenthaltsort der Freudelosigkeit, Dürftigkeit und jeglicher Entbehrung. Er erwachte aus seinem Rausch und wähnte sich im Land der Seligen, in welchem Glauben man ihn geflissentlich bestärkte. Mit prächtigen Kleidern angetan, wurden ihm die wohl schmeckendsten stärkenden Speisen, die lieblichsten und aufregendsten Getränke gereicht. Reizende Mädchen in verführerischer Kleidung und mit der zuvorkommendsten Hingebung bedienten den Sinnestrunkenen und stillten jedes Verlangen. Tanz, Saitenspiel, Gesang der Vögel, jede Lust ward gewährt. In diesem Wonnetaumel schwanden mehrere Tage, der Jüngling glaube sich im Paradies. Da versank er abermals in einen betäubenden Schlaf, er erwacht und befindet sich wieder an dem Ort seines dürftigen und freudeleeren Aufenthalts, nur Erinnerung und die heißeste Sehnsucht nach der genossenen Herrlichkeit erfüllt seinen Sinn. Da tritt der Alte vor ihn, verkündet ihm, dass er sich wirklich im Paradies befand, dass es nur bei ihm stehe, sich dasselbe auf ewig zu verschaffen, wenn er nämlich die Befehle seines Oberhauptes in der weitesten Ausdehnung und Hingebung, mit der größten Willigkeit und dem angestrengtesten Eifer vollziehe. Der junge, kräftige, feurige und sinnliche Orientale stand keinen Augenblick an, die ewigen Freuden eines ihm so zusagenden Paradieses auf jede Weise zu erstreben. So wurde der Neophyt ein bereitwilliger, beharrlicher und tollkühner Mörder im Dienste des Alten vom Berge. Auf dessen Wort stürzte sich der Assassine von hohen Zinnen und Felsen, durchbohrte sich mit dem Dolch, vermied keine Todesgefahr, denn er trachtete nach dem genossenen Paradies […]

Hassan sah seinen Zweck erreicht. Schrecken und Verzweiflung  ergriff die kleinasiatischen Fürsten, sie eilten, sich die Freundschaft des schrecklichen Oberhauptes der fürchterlichen Rotte zu erkaufen. Selbst bis ins Abendland reichten bisweilen deren blutgetränkte Dolche. Bald hatte der Alte drei Statthalter unter sich, in Dschebal, Kuhistan und in Masjad in Syrien sowie mehrere Schlösser. Die Anzahl der ihm ergebenen Satelliten wuchs bis auf 40 000. Die Mongolen machten dieser Rotte im Jahre 1256 ein Ende.

Um 1172 hieß der Statthalter von Masjad im Libanon, welcher in abendländischen Berichten fälschlicherweise der »Alte vom Berge« genannt wird, Raschideddin Sinan. Von ihm hatte das Gerücht schon längst berichtet, er sei der christlichen Lehre nicht abhold, lese fleißig im Neuen Testament und hielte sich nicht an die Gebote des Islam. Seit mehreren Jahren schon zahlten die Assassinen an den Tempelorden ein Jahrgeld von 2 000 Goldstücken für diejenigen ihrer Untertanen, welche in der Nähe templerischer Festen wohnten. Um sich von dieser lästigen Abgabe zu befreien, sandte der Meister Sinan 1173 einen klugen, beredten und gewandten Botschafter Namens Bohäddewlet zum König Amalrich mit dem Vorschlag, er wolle Christ werden, wenn ihn der König von jenem Tribut befreie. Dass es mit der Bekehrung des Sinan ein Ernst gewesen, muss bezweifelt werden. Den Assassinen war es darum zu tun, durch den äußeren Schein der Bekehrung des Tributs überhoben zu werden und zwischen Amalrich und den Templern neue Zwietracht auszusäen, um bei neuen Zerwürfnissen zu gewinnen. Mit dem König hofften sie eher als mit dem Orden fertig zu werden. Der König nahm diesen Vorschlag gern an, nicht bloß weil die Assassinen Christen werden wollten, sondern auch weil er hoffte, dass ihre mörderischen Nachstellungen ein Ende nehmen würden. Er erbot sich sogleich, dem Orden jenen Tribut von 2 000 Goldstücken jährlich zu zahlen. Nach vollendeter Verhandlung trat Bohäddewlet in Begleitung eines königlichen Geleitsmannes seinen Rückweg an. Schon hatte er die Grafschaft Tripolis im Rücken und die heimatlichen Gebirge vor Augen, als der einäugige Tempelritter Walther von Mesnil aus einem Hinterhalt hervorstürzte und den arglosen Assassinen niederhieb. Die Templer konnten es nicht ertragen, dass die Verhandlung ohne ihre Hinzuziehung erfolgt war, sie befürchteten Betrug vonseiten der Assassinen und waren besorgt, den Zins zu verlieren. Denn König Amalrich war geizig, der Großmeister einer seiner Hofbeamten gewesen, also der Orden mit dem König zu sehr verbunden, als dass er, noch dazu vom König von Jerusalem (und da es hier scheinbar die Ausbreitung des Christentums galt), jenen Zins mit gutem Gewissen hätte fordern, bekommen und nehmen können. Um also den Betrug der Assassinen scheinbarer zu machen und sich ihren Tribut zu sichern, verübte Walther, übrigens ein ungestümer und böser Mensch, die ruchlose Tat, welche nicht wider den Willen des Großmeisters geschah, denn dieser suchte den Mörder der Strafe zu entziehen.

Als der König von der Mordtat Kunde erhielt, geriet er außer sich vor Wut und Schrecken, weil man ihm hier im Widerspruch zu sein schien, er den versprochenen Übertritt der Assassinen für echt hielt und der Gesandte mit ihm in friedlicher Verhandlung mit Geleit auf friedlichen Rückweg befand. Er beriet sich in Sidon mit seinen Baronen, sandte daraufhin zwei seiner Ritter, Seyher von Mamedun und Gottschalk von Turholt, zum Großmeister, der sich auch in Sidon befand, und forderte den Mörder zur Bestrafung heraus. Stolz und heftig erwiderte Eudes: »… es sei dem Walther bereits eine Buße auferlegt und ihm befohlen, mit derselben sich zum Papst zu begeben, wo Weiteres über ihn verhängt werden werde. Jetzt verbiete er im Namen des Heiligen Vaters, dass jemand an diesen Bruder Hand anlege.« In seiner Heftigkeit fügte Eudes noch manches zornige Wort hinzu. Durch diese Antwort wurde der König noch mehr aufgebracht. Er setzte zur weiteren Untersuchung einen Tag in Sidon fest, und als der Großmeister den Mörder nicht herausgab, ließ er diesen auf Rat der versammelten Barone mit Gewalt aus dem Tempelhaus holen und gefesselt nach Tyrus ins Gefängnis abführen. Der Tod Amalrichs am 11. Juli 1173 hinderte diesen weiter gegen Walther zu verfahren, welcher darauf seine Freiheit wiedererlangt haben mag.

Dieses Ereignis schadete dem Orden in den Augen jener bekehrungssüchtigen Zeit. Die Templer mochten dagegen meinen, ein elender Assassine habe nichts zu bedeuten, seinetwegen könne kein Tempelritter bestraft werden, auch sei es des Ordens unwürdig, sich durch Heuchelei und Trug jener Mörderrotte den Tribut entzogen zu sehen. Und gerade Eudes de Saint-Amand war der Mann, welcher, gestützt auf die Bulle Omne datum optimum die Selbstständigkeit des Ordens überall handhaben wollte und dies auch auszuführen wusste.

Am 15. Juli wurde Amalrichs dreizehnjähriger Sohn, Balduin IV., vom Patriarchen Amalrich von Nesle in der Kirche des heiligen Grabes gekrönt. Über die Verwaltung des Reiches während Balduins Minderjährigkeit entstand unter den syrischen Fürsten unheilvoller Streit. Graf Raimund von Tripolis, welcher erst seit Kurzem aus sarazenischer Gefangenschaft zurückgekehrt war, machte Ansprüche darauf, weil er mit dem königlichen Haus verwandt und der mächtigste Lehnsmann der Krone war. Allein der Seneschall Milo von Plancy, des ehemaligen Tempelmeisters Schwiegersohn, intendierte gegen ihn, wurde aber, da er viele Feinde hatte, in Akkon ermordet. Nun wurde der Graf von Tripolis in dem Kapitel der heiligen Grabeskirche einstimmig zum Reichsverweser ernannt.

Unterdessen befestigte Saladin seine Macht, entging allen gegen ihn von den Assassinen ausgesandten Meuchelmördern und erweckte unter den syrischen Baronen große Besorgnis. Man pflegte deswegen gemeinsame Beratungen in Jerusalem, aber Furcht, Neid, Misstrauen ließen keine großen und geeigneten Mittel der Gegenwehr zu. Endlich beschloss man, dass der Graf von Tripolis die gesamte Miliz zusammenziehen sollte, um bei passender Gelegenheit etwas zu unternehmen. Raimund lagerte in seiner Grafschaft bei der Burg Arka, schloss jedoch, bewogen durch den Connetable Honfroy von Toron, welcher mit Saladin im geheimen Einverständnis stand, mit diesem einen Vertrag, in welchem er sich bereit erklärte, den Sultan in seinem Kampf gegen die Nachkommen Nureddins nicht zu hindern.

So geschah es, dass die Christen aus den mancherlei Kämpfen, welche Saladin mit dem Herrn von Mosul, Saifeddin, zu führen hatte, keinen Vorteil zogen, indem sie sich ruhig verhielten, sich auch nicht auf bevorstehende kriegerische Ereignisse vorbereiteten. Ihr ganzes Augenmerk richtete sich vorrangig auf die erbärmlichen Streitigkeiten, welche unter ihnen selbst bestanden. Erst im August 1176, nachdem Saladin bereits nach Ägypten zurückgegangen war, fiel die Ritterschaft von Jerusalem durch das Gebiet von Sidon in das fruchtbare Land Baka, früher Ituräa genannt, ein, drang verwüstend bis zur vormals so prächtigen Stadt Palmyra vor, vereinigte sich hieraus mit den Scharen des Grafen von Tripolis und besiegte den Statthalter von Damaskus, Schamseddaulah , den Bruder Saladins.

Aber solche vereinzelte Unternehmungen vermochten die allgemeine traurige Lage des heiligen Landes nicht zu verbessern. König Balduin, ein 16-jähriger Jüngling, litt an Lepra. Der Graf von Tripolis nahm sich der Herrschaft nur lässig an, weil seine Gegner ihm viele Hindernisse bereiteten. Die Ritterorden waren zu stolz und mächtig, um zu gehorchen, auch hatten sie ihre eigenen engherzigen Pläne. Denn sie genossen im Abendland zu viel Ansehen und geboten über zu große Reichtümer, als dass sie im Morgenland eine untergeordnete Stelle hätten einnehmen mögen, wo allen Baronen, selbst dem König, das abging, was sie hatten – Macht und Reichtum.

Wie angesehen die Templer im Abendland waren, erklärt sich unter anderem daraus, dass im Jahre 1173 Heinrich II. von England und seine Gemahlin Eleonore, Ludwigs VII. geschiedene Gemahlin, verordneten, dass sie in der Tempelkirche zu London begraben sein wollten. Heinrich hatte wegen der Ermordung des Erzbischofs von Canterbury, Thomas Becket, dem Papst unter anderem geloben müssen, er solle entweder drei Jahre in Palästina gegen die Ungläubigen oder gegen die Mauren in Spanien streiten und dann noch 200 Mann im Orient unterhalten. Heinrich stellte diese Mannschaft unter Aufsicht der Templer, denen er sehr zugetan war. Im Jahre 1175 fertigte er eine Urkunde aus, in welcher er sich mit seinen Nachfolgern verpflichtete, auf ewige Zeiten jährlich acht Pfund Sterling zu zahlen, wofür bei der Tempelkirche zu London drei Kaplane gehalten wurden, welche täglich für König Heinrich, für die gesamte Christenheit und für alle verstorbenen Gläubigen Messe lesen sollten. Da die Könige von Frankreich und England den Orden sehr begünstigten, so war auch der Adel in diesen Landen beflissen, ihn zu beschenken. In eben diesem Jahr übermachte ihm Aegidius, Graf von Duras, die Kirche St. Medardus zu Geldon mit mehreren anderen Gütern.

Die Bulle Omne datum optimum fand unter dem herrschsüchtigen und gewalttätigen Großmeister Eudes de Saint-Amand ihre volle Anwendung. Der Patriarch von Jerusalem hatte dem Orden nun nichts mehr zu sagen, auch dem König wollte er nicht mehr gehorchen, um so weniger, da Balduin IV. ein dem Grab verfallener Jüngling war und es dem Reichsverweser an Macht mangelte. Der Orden wurde um so übermütiger, da er nur in Rom verklagt werden konnte, wo ein langwieriger, kostspieliger, gefährlicher Rechtshandel den Beschwerdeführer erwartete. Darum verfiel wie überall durch die Exemtion, so auch bei den Templern, die Zucht immer mehr. Wilhelm, damaliger Erzbischof von Tyrus, ein ernster, besonnener, wahrheitsliebender Chronist, tadelte deshalb die Templer sehr. Sicherlich mochte er voll Unmut über den die Exemtion missbrauchenden Orden sein, und dieser Missmut führte ihm bisweilen die Feder. Dass aber die Templer in ihrem Übermut keine Grenzen kannten, ist nur zu wahr. Dass sie eigene Kleriker hatten, riss sie aus dem kirchlichen Verband, das Zehntrecht eröffnete ihnen die Quelle unerschöpflichen Reichtums. Das Recht, an interdizierten Orten Messen lesen zu lassen, verlieh ihnen kirchlichen Nimbus.

So kam es, dass der Orden schon nach 50 Jahren seines Bestehens in den meisten Ländern des Okzidents viele Besitzungen hatte. Die Zahl der gewöhnlich in Syrien anwesenden Ritter betrug 300, und die Zahl der Brüder überhaupt war schon bedeutend. In Syrien hatte der Orden eine Schar von Turkopolen, leicht bewaffnete Eingeborene unter einem besonderen Ordensbeamten, dem Turkopolier, im Dienst. Gefangene Turkomanen wurden als Wegweiser und Dolmetscher in Kriegszeiten am Strick mitgeführt. Mehrere Mitglieder des Konvents hatten sarazenische Schreiber. Der Großmeister war Oberhaupt des Ordens, ihm zur Seite standen zwei Assistenten und der Konvent, welcher stets um den Großmeister war und zudem alle Großwürdenträger des Ordens, hauptsächlich der Marschall, Seneschall, Drapierer und Komtur von Jerusalem gehörten. Jede Provinz hatte ihren Landmeister, jedes Haus seinen Komtur, das Ritterhaus einen Ritterkomtur, das Landhaus einen Hauskomtur. Der Orden hatte einen Überfluss an Handwerkern. Dem Konvent gehörte ein Huf- und Waffenschmied an, ein Mann von Bedeutung, gleichsam der Zeugdirektor des Ordens. Auch gab es Brüder Schmiede, Bäcker, Schneider usw., Triftmeister, Schafmeister, Hausmeier u.v.a.

Der templerische Gottesdienst wurde mit großer Pracht gefeiert. Alles zeugte im Orden von Macht, Reichtum, Hoheit, Selbstständigkeit, daher wurde er im Laufe der Zeiten dem Staat wie der Kirche lästig, was sich aber nicht so arg herausstellte, solange er im Orient seinen Hauptsitz hatte. Dahin flossen jährlich große Schätze aus allen templerischen Besitzungen, sie wurden aber leider nicht für das heilige Land verwendet, sondern zu einem hochadeligen genussreichen Leben und zum Ankauf von Burgen und Ländereien im Okzident. Die Macht, welche der Orden zu diesem Zeitpunkt besaß, hatte er bis an sein Ende bewahrt. Jetzt war seine Blütezeit, denn Papst Alexander III. begünstigte ihn besonders. Als man ihm in Frankreich von geistlicher Seite einige Besitzungen streitig machte, gebot Alexander dem Erzbischof Heinrich von Rheims des Ordens Vorrecht zu wahren. Heinrich stiftete daraufhin zu Rheims eine Komturei. Durch ihre hohe und sichere Stellung wurden die Templer auch zur Anmaßung gegen den Klerus verleitet, welcher die Exemtion als die Quelle allen Übels bezeichnete.

Man beschuldigte beide geistliche Ritterorden, dass sie Kirchen an sich gerissen hatten, Exkommunizierte in den Komtureien zum Genuss der Sakramente und zu christlichen Begräbnissen zuließen. Auch hatten sie an Orten, welche unter dem Interdikt lagen, vollständigen Gottesdienst gefeiert, oft den Zehnten ohne Berücksichtigung bischöflicher Rechte eingefordert und sonst noch bischöfliche Rechte beeinträchtigt.

Dass diese Beschwerden begründet waren, ergibt sich aus den scharfen Gesetzen, welche gegen das Verfahren beider Orden auf der dritten allgemeinen Lateransynode gegeben wurden. Beiden Orden wurde untersagt, Kirchen und den Zehnten von Laien ohne Einwilligung des belassenden Bischofs anzunehmen und in solchen Kirchen Priester zu bestellen, deren Besetzung ihnen nicht mit vollem Recht zustände. Eingeschärft wurde das Gebot der Exemtionsbulle, nur einmal des Jahres an interdiktierten Orten Gottesdienst zu halten, nie aber dort Verstorbene mit kirchlichen Zeremonien zu begraben.

Der Orden der Hospitaliter, noch früher der Exemtion teilhaftig, wuchs nicht nur an Reichtum, Macht und Ansehen, sondern auch an Übermut. Im Jahre 1179 besaß er bereits 14.130 Mitglieder. Zwischen beiden Orden herrschte daher große Eifersucht, denn beide bewegten sich in denselben Formen, nach derselben Weise, mit denselben Mitteln zu einem Zweck. So ist die gegenseitige Eifersucht erklärlich. Sie ging vor allem aus der beiderseitigen Stellung zueinander, hauptsächlich in Syrien, aus ihren Privilegien, gemeinsamem Kriegsruhm, aber auch aus der verschiedenen Nationalität hervor. Denn der Hauptstamm und Hauptcharakter des Tempelordens war französisch, der der Hospitaliter italienisch. In dieser Zeit eröffnete sich in Syrien bei den zerrütteten Verhältnissen des Reiches Jerusalem ein weiter und furchtbarer Tummelplatz des Ehrgeizes und der Intrige für beide Orden. Es galt der Frage nachzugehen, wem die Führung des Landes im Krieg und im Frieden zuteilwerden solle. Beide Orden strebten, diese Frage nach ihren Gunsten zu beantworten. Die Hospitaliter vermeinten wegen ihrer Macht, ihres Reichtums und ihrer Privilegien sowie um des Umstandes wegen, dass die Gründer des Tempelordens vorher dem der Hospitaliter angehört hatten, jener Ehre vorzugsweise würdig zu sein. Die Templer machten dagegen gleiche Macht, Reichtümer, Rechte und Verdienste geltend sowie die ihnen zu Teil gewordene reichliche Unterstützung der Könige und Patriarchen von Jerusalem, des heiligen Bernhard  und der mächtigsten abendländischen Fürsten, wie sie sich ja auch eher als die Hospitaliter zum Schutz des heiligen Landes bewaffnet hätten und ihre Stelle in der Schlacht stets an vorderster Stelle sei.

Solche Fragen, Ansichten und daraus hervorgehende Bestrebungen mussten unter einem Eudes de Saint-Amand zur offenbaren Feindschaft zwischen beiden Orden führen. Da aber dieser Zwiespalt die traurige Lage des Landes noch verschlimmern musste, kamen alle diese Zustände auf dem Laterankonzil von 1179 zur Sprache, und die Großmeister beider Orden mussten folgenden Einigungsvertrag miteinander abschließen, der so begann: »Ich Bruder Eudes de Saint-Amand, ein demütiger Meister der Bruderschaft des Tempels und ich Roger Dumoulin, Meister des Hospitals zu Jerusalem bekennen, dass wir nach dem Willen Gottes und des Papstes Alexander III., dem wir nächst Gott allein zu gehorchen gehalten sind, mit Rat und Willen unserer Kapitel einen festen Frieden und eine liebe Eintracht hiermit schließen.«

Im Folgenden wurde gesagt, dass alle Streitigkeiten zwischen beiden Orden fortan beigelegt sein und jeder in dem Besitzstand, in dem er sich zu dieser Zeit befand, von dem anderen anerkannt werden soll. Sollte ein neuer Zwiespalt ausbrechen, so wurden je drei Brüder von beiden Orden mit dessen Schlichtung von den Komturen beauftragt, in deren Bezirk der Streit entstanden war, und soll die Beilegung geschehen sonder Beeinträchtigung irgendeines Teils. Können die Brüder nicht übereinkommen, so soll man den Ausspruch beiderseitiger Freunde hören und der Ausschlag durch Mehrheit der schiedsrichterlichen Stimmen gegeben werden. Sollte auch auf diese Weise kein Eidvergleich erzielt werden, so muss die Sache vor beide Großmeister gebracht werden, und der Teil, welcher sich ihrem Ausspruch nicht fügt, sich persönlich vor den Meistern und Kapiteln zu Jerusalem stellen. Während ein solcher Streithandel schwebt, müssen beide Teile sich ruhig verhalten. Wer dagegen verstößt, muss sich vor dem betreffenden Konvent in Jerusalem stellen. Beide Orden sollen in steter Liebe und Achtung zueinander verharren, denn obgleich sie zwei Orden der Form nach waren, seien sie doch einer durch die Liebe zu Gott.

Die syrische Ritterschaft hatte schon früher bei der traurigen Lage des Landes und der Reichsverweser, Graf von Tripolis, so viele Gegner, beschlossen, einen kriegserfahrenen angesehenen, abendländischen Fürsten mit dem Schutz des Reiches zu beauftragen. Man hatte deshalb den Markgrafen Wilhelm Lungaspada, Sohn des Markgrafen Wilhelm des Älteren von Montferrat, einen mit den angesehensten fürstlichen Familien des Abendlandes verwandten, tapferen und kriegskundigen Mann berufen. Er war im Oktober 1176 ins heiligen Lande gekommen, missfiel aber seines Jähzornes und seiner Völlerei wegen, obgleich er des Königs ältere Schwester Sibylla zur Gemahlin und die Grafschaften Jaffa und Askalon als Mitgift bekam. Später wurde er seines geraden, offenen Charakters wegen beliebter, starb jedoch schon im Juni 1177. Nun wandte man sich an den Grafen Philipp von Flandern und Vermandois, den Sohn des alten Jerusalemfahrers, Graf Dietrich von Flandern, welcher im August 1177 mit ritterlicher Begleitung ankam, da er schon längst eine Überfahrt über das Mittelmeer hatte antreten wollen. Sogleich wurde in Jerusalem vom König, von den Prälaten, Baronen und den beiden Großmeistern beschlossen, dem Grafen Philipp die Regentschaft ohne alle Beschränkung zu übertragen.

Graf Philipp schlug dies Anerbieten mit verstellter Demut aus, »er sei nicht in das heilige Land gekommen, um zu herrschen, sondern um zu dienen«. Er aber hoffte, bei der traurigen Lage des Landes werde man ihn zum König annehmen müssen. Heuchlerischerweise riet er, einem anderen den Oberbefehl über das zu einem Einfall in Ägypten versammelte Heer zu übergeben, weil er irrigerweise annahm, niemand als er könne den Oberbefehl führen. Als nun König Balduin, welcher die ehrgeizigen Pläne des Grafen nicht erahnte, den Fürsten Rainald von Antiochien zur Heerleitung berief, wurde Philipp hierüber sehr missvergnügt und ließ sich Äußerungen entschlüpfen, die seine Selbstsucht enthüllten. Eigentlich wollte er für die beiden Söhne des Vogtes zu Bethune wirken, und diese sollten ihm dafür ihre schönen Besitzungen in Flandern überlassen. Da wandten sich König und Barone von ihm ab. Hauptsächlich widerstrebten ihm die Templer, welche ähnliche Absichten hegten. Er, aufgebracht durch den vorgefundenen Widerstand, widersetzte sich nun der Heerfahrt nach Ägypten und zog in Begleitung des Grafen von Tripolis, des Meisters der Hospitaliter und vieler Ritter beider Orden – aber Eudes de Saint-Amand hielt sich argwöhnisch zurück – sowie der königlichen Ritterschaft in die Grafschaft Tripolis, ohne etwas Nutzbringendes für das Land auszuführen. Im Oktober 1178 kehrte Graf Philipp nach Flandern zurück.

Während seines Zuges gen Harem war Saladin in das Reich Jerusalem eingebrochen und hatte alles mit Furcht und Schrecken erfüllt. Der König nebst dem Reichsverweser befand sich in Askalon. Hier vernahmen sie, das feindliche Heer habe sich zerstreut und plündere das platte Land. Am 25. November 1178 brachen sie mit ihrer kleinen Schar auf. Der Meister Eudes stieß mit 80 Tempelrittern aus Gaza zu ihnen, sodass sich die Anzahl der Ritter auf 379 belief. Der Bischof Albrecht von Bethlehem trug das heilige Kreuz. Die Spuren der Verwüstung ringsum entzündeten der Christen Kampfeslust. Unweit Ramla bekamen sie das Lager der Ägypter zu Gesicht. Der kranke Balduin stieg von seinem Wagen, fiel vor dem heiligen Kreuz nieder und rang mit Tränen und Flehen zu Gott um seinen Beistand. Ein solcher Anblick begeisterte die Ritter, sie schworen, bis zum Tod im Kampf auszuharren, zogen an der Meeresküste entlang zum Berg Gisard und stürmten unvermutet auf Saladins großes Heer mit solch unwiderstehlicher Tapferkeit, dass die Türken bald in zügelloser Verwirrung die Flucht ergriffen. Saladin hielt im männlichen Kampf bis zuletzt aus. Kaum vermochte ihn seine Leibwache, aus 1000 auserlesenen gelb gekleideten Mamelucken bestehend, zu retten, die meisten von ihnen blieben auf der Wahlstatt. Der Fakih Jsa, Saladins Vertrauter, wurde gefangen und darauf für 60.000 Goldstücke ausgelöst. Mit reicher Beute beladen, kehrte die tapfere Christenschar nach Jerusalem zurück, ihr Verlust war unbedeutend. Man stellte die verfallenen Mauern von Jerusalem wieder her und der König gestattete 1179 den Templern, ein festes Schloss am Jordan an der Jakobsfurt, zehn Meilen von Paneas, zu bauen. Kaum war diese Burg vollendet, so zog am 11. September Balduin in den Wald bei Paneas, um den Sarazenen die dortigen Viehherden zu rauben. Plötzlich sah er sich mit seiner Schar umringt, mit knapper Not konnte er sich retten. Der Connetable Honfroy starb zehn Tage danach an seinen Verletzungen. Bald darauf fiel Saladin mit einem großen Heer ins Reich, verwüstete die Gegend bei Sidon und brannte das neue Schloss an der Jakobsfurt nieder. Sogleich kam König Balduin mit einem Heer herbei und traf den Feind bei Mergium in der Gegend von Sidon, wo die Christen mehrere feindliche Haufen niedermachten, sodass sie schon wähnten, den Sieg errungen zu haben. Beutegierig zerstreute sich das Fußvolk. Der Graf von Tripolis und der Großmeister Eudes trennten sich von der übrigen Ritterschaft und lagerten auf einem Hügel. Saladin aber sammelte sein Heer, griff die Christen, ehe sie ihre Scharen ordnen konnten, an und schlug sie in die Flucht. Voller Bestürzung und Furcht verirrten sich die Flüchtigen in ungebahnten Gebirgsgegenden, wo sie den nachsetzenden Feinden nicht entrinnen konnten. Außer Balduin von Rames , Hugo von Tiberias und anderen angesehenen Rittern fiel auch Eudes de Saint-Amand mit 80 seiner Ritter in Gefangenschaft. Viele tapfere Streiter wurden getötet, die Überreste des Heeres flüchteten nach Sidon und in die nahegelegene Feste Belsort.

Der Meister Eudes fand das Ende seiner glorreichen und ehrgeizigen Laufbahn auf eine schmachvolle Art, und da er sehr verhasst war, gönnte ihm jeder sein Los. Es wird gesagt, Saladin habe ihn gegen einen seiner Neffen, welcher sich in christlicher Gefangenschaft befand, auslösen wollen, aber Eudes habe sich dessen geweigert, weil es Ordensbrauch sei, für Loskaufung eines Tempelritters aus der Gefangenschaft nur einen Gürtel, Messer oder sonst eine Kleinigkeit zu geben. Eudes wusste, dass er seines Stolzes wegen nicht bloß außerhalb, sondern auch in dem Orden wenig Freunde habe, sodass niemand an seiner Wiederkehr gelegen war, folglich für seine Befreiung nichts getan werden würde. Unbestreitbar war Eudes ein kluger und tapferer Mann, aber er benutzte seine Fähigkeiten oft mit Übermut, Hartnäckigkeit und Rücksichtslosigkeit. Unter seiner Herrschaft entwickelte der Orden zumeist seine intensive Größe und Macht. Niemand bedauerte den Gefangenen, als die Nachricht verkündet wurde, er sei noch 1179 im Gefängnis getötet worden. Man beschuldigte ihn, die letzte Niederlage dadurch veranlasst zu haben, dass er und der Graf von Tripolis sich vom Heer trennten. So viel steht fest, wenn er die Liebe des Konvents gehabt, so würde man ihn, wie später den Meister Gerhard von Ridefort, ausgelöst haben, allein man war seines stolzen, starrköpfigen und anmaßenden Wesens überdrüssig.

Saladin rückte nach dem siegreichen Treffen bei Mergium vor die neue Burg an der Jakobsfurt, denn diese lag ihm sehr ungelegen, da sie den Übergang über den Jordan beherrschte. Noch ehe das christliche Heer, welches durch die Ankunft einer starken, französischen Schar unter dem reichen Grafen Heinrich von Troyes, Peter von Courtenay und Grafen Heinrich von Grandpré verstärkt wurde, unter dem kranken König sich rüstete, kam schon die traurige Botschaft, Saladin habe die Burg erstürmt und die Besatzung, meist Tempelritter, jämmerlich erschlagen. Diese hatten sich, um dem wütend andringenden und übermütigen Feind zu entgehen, teils in das von den Sarazenen in die Burg geworfene Feuer, teils in die Fluten des Jordan gestürzt, teils waren sie von den Mauern herab auf den Felsen gesprungen und so zerschmettert. Die, welche in des Sultans Hände fielen, ließ er meistens enthaupten, einige aber nach Damaskus führen. Das waren harte Schläge für den Orden, neuer Ersatz musste aus den abendländischen Komtureien herbeigerufen werden. Der größte Teil des Konventes war umgekommen, weshalb der nachfolgende Großmeister aus der abendländischen Ritterschaft gewählt wurde.