Heftroman der Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Curumilla – Zweites Buch, Kapitel 6

Gustave Aimard
Curumilla
Zweites Buch
Eine Abenteuergeschichte aus dem Jahr 1861
Kapitel 6 – Der Hinterhalt

Wir bedienen uns des Vorrechtes eines Romanschreibers, um einige Schritte zurückzugehen und uns zu Don Cornelio zu wenden, welchem Valentin so überrascht nachblickte, als er ihn so umvermutet das Lager verlassen sah.

Wir schicken einige Worte über Don Cornelio den fröhlichen sorglosen Edelmann voraus, der wie wir im ersten Teil unserer Erzählung gesehen haben, eine so große Leidenschaft für die Musik im Allgemeinen und die Romanze del Rey Rodrigo im Besonderen empfand.

Don Cornelio war gegenwärtig sehr verändert. Er sang nicht mehr, ließ nicht mehr die Saiten der Jarabé unter seinen kunstfertigen Fingern ertönen. Eine tiefe Falte hatte sich in seine Stirn gegraben, seine Wangen waren blass und seine Stirn war fortwährend von düsteren Gedanken umwölkt.

Was war denn geschehen? Was war die Ursache der Verwandlung der Gemütsart des Spaniers?

Der Grund ist nicht schwer zu erraten. Don Cornelio liebte Dona Angela, liebte sie glühend, wenn auch nicht mit dem Feuer einer wahren aufrichtigen Liebe, denn es mischte sich noch ein anderes Gefühl in seine Leidenschaft, das zwar weniger edel, aber vielleicht nur um desto heftiger war und sich verstohlen zugleich mit der Liebe in das Herz des Spaniers eingeschlichen hatte.

Jenes Gefühl war die Habsucht.

Wir haben bereits früher erwähnt, dass Don Cornelio eine fixe Idee hatte. Diese hatte ihn aus Spanien nach Amerika gelockt. Der Edelmann wollte durch eine Heirat mit einer jungen, schönen, besonders aber reichen Frau sein Glück begründen.

Eine fixe Idee ist heftiger als eine Leidenschaft oder Monomanie, denn es ist der erste Grad des Wahnsinns.

Don Cornelio hatte sich bei seinen Bewerbungen um reiche Amerikanerinnen häufig getäuscht gesehen. Er konnte sie zwar nicht durch Glanz und Pracht blenden, denn er war arm wie Hiob, kläglichen Andenkens, dafür hoffte er durch seine persönlichen Vorzüge, nämlich seinen Geist und seine Schönheit zu siegen. Sein Zusammentreffen mit Dona Angela hatte sein Schicksal entschieden. In der Überzeugung, dass ihn das junge Mädchen liebe, hatte er sich zu einer unbegrenzten Leidenschaft hinreißen lassen, wie sie ein Verzweifelter empfindet, für welchen es kein anderes Mittel zum Heil mehr gibt.

Als er seinen Irrtum erkannte, war es zu spät.

Wir müssen ihm die Gerechtigkeit widerfahren lassen, zu bekennen, dass der wackere Edelmann eifrig bemüht war, eine so hoffnungslose Leidenschaft aus seinem Herzen zu verbannen. Unglücklicherweise blieben seine Bestrebungen erfolglos, und wie es stets in solchen Fällen zu gehen pflegt, vergaß er alles, was er Don Louis schuldig war, der ihn aus der Armut gezogen, ja sein Leben gerettet hatte. Er hegte einen stillen Hass gegen den Grafen, der um so hartnäckiger war, als er ihn nicht äußern durfte, sondern in sich verschließen musste. Einen Teil jenes Hasses trug er auch auf Dona Angela über, obwohl das junge Mädchen und der Graf bei der Sache nur die unschuldigen Werkzeuge waren, deren sich das Schicksal bediente, um ihn zu verfolgen.

Don Cornelio entwarf mit beispielloser Geduld und Verstellung einen Racheplan gegen die beiden Wesen, die ihm nur Gutes erwiesen hatten, und lauerte mit der Hinterlist eines Raubtieres auf eine Gelegenheit, sie zu verderben.

Jene Gelegenheit war in einem Land, wo die Falschheit an der Tagesordnung ist, den Grund aller Berechnungen bildet und ihren Einfluss auf jede Handlung, welche es auch sein mochte, übertrug, nicht schwer zu finden.

Don Cornelio hatte sich mit den Feinden des Grafen in Verbindung gesetzt und ihnen die Geheimnisse verraten, die Ersterer in seiner Gegenwart aussprach. Er hatte seine Anweisungen so getroffen, dass seine beiden Feinde in eine Falle geraten mussten, aus der sie nicht entkommen konnten und sich in einem Netz verfangen sollten, aus dem es keine Rettung gab.

Nachdem wir den Leser mit der Gesinnung Don Cornelios vertraut gemacht, wollen wir unsere Erzählung wieder aufnehmen.

Es war dem Spanier gelungen, die Zofe Dona Angelas für sich zu gewinnen. Violanta verriet ihre Herrin zugunsten Don Cornelios, von welchem sie sich geliebt glaubte, und der ihr Hoffnung gegeben hatte, sie künftig zu heiraten.

Durch die Geschwätzigkeit der Zofe, welche nicht versäumt hatte, zu horchen, erfuhr der Spanier, was im Jacal zwischen dem Grafen, dem Pater Seraphin und dem jungen Mädchen verhandelt worden war. Als er später den Befehl erhielt, nach La Magdalena zu gehen, um Mönchskleider zu kaufen, war seine Unschlüssigkeit plötzlich verschwunden und er beschloss, ohne Zeitverlust zu handeln.

Die Mexikaner wollten auf seinen Rat noch am selben Abend versuchen, das Lager zu überfallen. Folglich wusste er, wo sie zu finden waren. Er benutzte daher einen Augenblick, wo jedermann zu sehr mit sich selbst beschäftigt war, um zu beobachten, was andere trieben, um sich unbemerkt fortzustehlen. Unter dem Anschein, einen Spaziergang zu machen, erreichte er das Dickicht, wo ein Pferd bereitstand, schwang sich in den Sattel und sprengte mit verhängtem Zügel in die Ebene hinaus, nachdem er sich durch einen spähenden Blick überzeugt hatte, dass ihn niemand beobachtete.

Er ritt mehrere Stunden auf diese Weise weiter und schien keine bestimmte Richtung einzuschlagen, sondern nahm seinen Weg querfeldein, ohne sich um die Hindernisse zu kümmern oder seinen Schritt zu mäßigen.

Nach und nach nahmen seine anfangs düsteren Gedanken eine andere Richtung. Er befestigte die Zügel an seinem Sattelknopf und ließ zum ersten Mal nach langer Zeit seine Finger über die klingenden Saiten seiner Jarabé gleiten, welche er stets über der Schulter trug. Er folgte unwillkürlich dem Eindruck, den die Umgebung auf ihn machte, und fing erst leise an zu trällern, worauf er, ohne es selbst zu bemerken, folgende Strophe sang, die mit seiner eigenen Lage einigermaßen übereinstimmte:

»Angebetete Feindin, Spaniens zweite Helena, ach, wäre ich blind geboren, oder besäßest du keine Schönheit! Wehe dem Tage und dem Sterne, unter welchem ich geboren wurde! Hätte mich die Mutter, die mich säugte, lieber getötet, so würde ich …«

»Zum Teufel mit der Eule, die zu dieser Zeit krächzt!«, rief eine raue Stimme, den Sänger unterbrechend. »Hat man je eine schrecklichere Katzenmusik gehört?«

Don Cornelio blickte sich um, es war finstere Nacht. Trotzdem erkannte er einen langen dürren Mann mit herausfordernder Miene und gespitztem Schnurrbart, der ihn spöttisch betrachtete und sich auf seinen gewaltigen Degen stützte.

»Oho!«, sagte Don Cornelio, ohne aus der Fassung zu kommen, »seid Ihr es, Capitain? Was tut Ihr denn da?«

»Ich warte auf Euch, Christo!«

»Nun, hier bin ich.«

»Das trifft sich gut. Wann brechen wir auf?«

»Es hat sich etwas geändert.«

»Wie?«

»Bringt mich erst in Eurem Lager, dann will ich Euch alles erklären.«

»Kommt.«

Don Cornelio folgte ihm.

Jener Capitain, welchen der Leser wahrscheinlich bereits erkannt hat, war der alte Soldat aus dem Befreiungskrieg, welchen wir bereits das Vergnügen hatten, unter dem Namen des Don Isidro de Vargas vorzuführen. Es war der Ratgeber und böse Dämon des Generals Guerrero, welchem er anhing wie die Klinge dem Griff.

Der Spanier zog sein Pferd beim Zügel nach, betrat eine geräumige Lichtung, in welcher ein Dutzend Feuer brannten, die von ungefähr hundert düster blickenden Männern in bunt zusammengewürfelter Kleidung umgeben waren, welche aber alle gute Waffen führten.

Jene Räuber, deren verwilderter Anblick einen Maler entzückt haben würde, waren beim flackernden Schein des Feuers damit beschäftigt, zu spielen, zu trinken, zu streiten und schienen sich um die Ankunft Don Cornelios wenig zu kümmern.

Letzterer konnte sich bei ihrem Anblick einer Gebärde des Abscheus nicht enthalten. Er pflockte sein Pferd neben denen der Räuber an und kehrte zum Capitain zurück, der sich bereits am Feuer niedergelassen hatte, was eigens für ihn bestimmt zu sein schien, denn keiner der Kameraden, die anzuführen er die Ehre hatte, leistete ihm Gesellschaft.

»Nun lassen Sie mal hören«, sagte der Capitain, sobald er sah, dass sein Gast behaglich neben ihm saß.

»Was ich zu sagen habe, wird bald geschehen sein.«

»Lasst endlich hören!«

»Die Sache ist in der Kürze folgende: Das Unternehmen, was wir heute Abend beabsichtigten, muss unterbleiben, denn der Vogel ist ausgeflogen.«

Der Capitain stieß seiner Gewohnheit gemäß, wenn ihn irgendetwas aufregte, einen gewaltigen Fluch aus.

»Nur Geduld«, fuhr der Spanier fort, »hört erst, was geschehen ist.« Hierauf erzählte er, auf welche Weise Pater Seraphin das Lager in Begleitung des jungen Mädchens verlassen hatte.

Bei diesen Worten heiterte sich die Miene des ehrenwerten Capitains wieder auf.

»Nun«, sagte er, »das ist ja schön. Was gedenkt Ihr zu tun?«

»Gebt mir El Buitre und zehn entschlossene Mann, der Priester muss durchaus la Quebrada del Coyote passieren. Dort angelangt, denke ich bald mit ihm fertig zu werden.«

»Was werde ich unterdessen tun?«

»Ihr? Was Ihr wollt!«

»Mil Rayos! Da ich einmal hier bin, so bleibe ich hier. Morgen will ich mit Anbruch des Tages das Lager abbrechen, und nachdem ich einige Kundschafter vorausgeschickt habe, wieder zu dem General nach Urès gehen.«

»Ist der gegenwärtig in Urès?«

»Ja, vorläufig.«

»Gut! Ich werde Euch dorthin mit meinen Gefangenen nachkommen.«

»Abgemacht.«

»Jetzt wollen wir uns beeilen, denn ich muss gleich aufbrechen.«

Der Capitain stand auf. Während Don Cornelio seinen Sattelgurt fester schnallte, gab er den Befehl, dass sich zehn Mann, unter welchen natürlich El Buitre nicht fehlen durfte, zu einem Streifzug vorbereiten sollten.

Zehn Minuten später verließ die kleine Truppe die Lichtung unter der Führung des Spaniers und folgte die Spur des Missionars.

Der Leser hat bereits erfahren, wie es in der Schlucht zugegangen ist. Diese war kaum zwei Stunden von dem Ort entfernt, wo die Räuber auf der Lauer lagen. Wir verlassen also Don Cornelio, um uns weiter mit dem Capitain de Vargas zu beschäftigen.

»Meiner Treu«, sagte der Capitain zu sich selbst, sobald ihn der Spanier verlassen hatte. »Es ist mir lieber, dass es so gekommen ist, denn mit jenen verteufelten Franzosen ist nichts als Schläge zu holen. Jetzt sind wir ruhig für den Rest der Nacht und wollen uns schlafen legen.«

Der Capitain war keineswegs so sicher, wie er meinte, und sollte keine sehr ruhige Nacht verbringen.

Valentin hatte, als sie das Lager verließen, seinen Gefährten mitgeteilt, was er zu unternehmen gedachte, und ihnen nahegelegt, auf indianische Weise, nämlich mit Hinterlist zu handeln. Als sie in den Schatten des Waldes traten, in welchem sich der Capitain de Vargas mit seinen Leuten versteckt hielt, hörten die Franzosen den Hufschlag von Pferden. Die unter dem Befehl des Spaniers stehenden Räuber stahlen sich geräuschlos wie Schatten an ihnen vorüber. Da der Jäger nicht wünschte, die Ausführung seines Planes verzögert zu sehen und sich nicht der Gefahr aussetzen wollte, statt der erhofften Beute einen Schatten einzufangen, begnügte er sich, der geheimnisvollen Erscheinung einen intelligenten Mann nachzusenden, der sich überzeugen sollte, was sie zu bedeuten habe. Die Franzosen stiegen unterdessen von den Pferden und schlichen sich, auf Händen und Füßen kriechend, in den Wald.

Nichts war leichter, als die Mexikaner zu überfallen.

Diese hielten sich für so sicher, dass sie sogar versäumt hatten, rings um ihr Lager Wachen aufzustellen, um sich für den möglichen Fall der Gefahr durch sie warnen zu lassen.

Sie lagen bunt durcheinander beim Feuer. Die meisten von ihnen schliefen oder befanden sich in jenem halb bewusstlosen Zustand, der dem Schlaf voranzugehen pflegt.

Der Capitain hingegen hatte sich sorgfältig in seinen Mantel gehüllt und war, mit dem Kopf auf dem Sattel ruhend, fest eingeschlafen.

Die Abenteurer gelangten bis in die Mitte der Waldlichtung, ohne ihre Nähe durch das geringste Geräusch verraten zu haben.

Jetzt bemächtigten sie sich, dem erhaltenen Befehl gemäß, der Flinten und Säbel, die neben den Schlafenden lagen, und trugen sie auf einen Haufen zusammen. Dann durchschnitten sie die Seile, mit welchen die Pferde festgebunden waren und jagten sie mit kräftigen Chicotehieben davon.

Bei dem furchtbaren Getöse, das durch die tollen Sprünge der Pferde verursacht wurde, die wiehernd und sich aufbäumend nach allen Richtungen davonsprengten, erwachten die Mexikaner.

Sie blieben eine Weile betroffen, als sie die Abenteurer erblickten, welche sie mit angelegtem Gewehr auf allen Seiten umstanden.

Unwillkürlich suchten sie ihre Waffen und erkannten erst jetzt, dass man sie ihnen genommen hatte.

»Con mil rayos y mil demonios!«, rief der Capitain heftig mit dem Fuß aufstampfend, »wir sind wie Ratten in einer Falle gefangen.«

»Schau!«, sagte Valentin spöttisch lachend, »Señor Don Isidro Vargas ist wohl nicht mehr Majordomo?«

»Und Ihr«, antwortete jener vor Wut lachend, »scheint also nicht mehr Novillos Händler zu sein, Señor Don Valentin?«

»Ja, sehen Sie«, antwortete Letzterer in neckendem Ton, »die Geschäfte gehen eben gar zu schlecht!«

»Nun für Euch scheinen sie nicht so schlecht gegangen zu sein, wie mir scheint.«

»Sie wissen wohl, dass man sich helfen muss, so gut man kann.« Hierauf wandte er sich zu de Laville. »Mein lieber Capitain«, sagte er zu ihm, »alle jene Caballeros haben Reatas. Bedienen Sie sich derselben gefälligst, um sie zu fesseln.«

»Wie, Señor Don Valentin«, sagte der Exmajordomo, »Sie verfahren keineswegs sanft mit uns.«

»Ich! Sie irren, Don Isidro! Es sind nur, wie Sie wissen, im Krieg gewisse Bedingungen zu erfüllen, das ist alles.«

»Was denken Sie mit uns anzufangen?«

»Das werden Sie sehen, ich will Ihnen die Freude der Überraschung nicht rauben. Dabei fällt mir ein, dass ich Sie fragen wollte, wie Ihnen die gegenwärtige gefällt? Ist sie nicht eben so viel wert wie die Überraschung, die Sie uns zugedacht hatten?«

Der Capitain Vargas wusste nicht, was er antworten sollte und begnügte sich, nachdem er sich umgesehen und sich überzeugt hatte, dass es eben so unmöglich war zu fliehen, wie Widerstand zu leisten, mit stillem Groll die Fäuste zu ballen.

In diesem Augenblick kehrte der Mann, welchen Valentin als Kundschafter ausgeschickt hatte, zurück und sagte ihm einige Worte ins Ohr.

Der Jäger erblasste und warf dem mexikanischen Capitain einen Blick zu, vor welchem dieser plötzlich erzitterte.

Dann wandte er sich zu seinen Leuten und sagte rasch und kurz: »Zehn Mann zu Pferde, schnell! Capitain de Laville, Sie haften mir mit Ihrem Kopf für die Räuber, welche ich in Ihren Händen lasse. Kehren Sie langsam zum Lager zurück, ich werde wahrscheinlich schon unterwegs wieder zu Ihnen stoßen. Der Erste, der es wagt, flüchten zu wollen, wird ohne Gnade niedergeschossen. Haben Sie mich verstanden?«

»Seien Sie unbesorgt, es soll geschehen. Was ist aber denn vorgefallen?«

»Die Räuber, welche wir bei unserer Ankunft bemerkt haben, wollen den Pater Seraphin überfallen.«

»Tod und Teufel! Da müssen wir uns beeilen.«

»Das will ich auch tun. Leben Sie wohl! Wehe Euch Elenden! Wenn dem Missionar nur ein Haar gekrümmt wird, lasse ich Euch alle erschießen«, rief er den bestürzten Räubern zu.

Nach dieser furchtbaren Drohung entfernte er sich, gefolgt von der kleinen Truppe, die ihn begleiten sollte.

Am Eingang der Schlucht traf der Jäger auf die Flüchtlinge und fiel über diese her. Unglücklicherweise bemerkten ihn Letztere zuerst und es gelang Ihnen, sich mit Hinterlassung ihrer Pferde zu retten, indem sie wie Katzen an den fast senkrechten Felswänden emporkletterten.

Statt seine Zeit mit einer fruchtlosen Verfolgung zu verlieren, beeilte sich Valentin, den Missionar aufzusuchen.

»Ach!«, rief dieser aus, als er ihn erblickte, »lieber Freund, teurer Valentin, ohne Curumillas Beistand wären wir verloren!«

»Und Dona Angela?«

»Sie ist Gott Lob gerettet.«

»Ja«, sagte sie, »mithilfe Gottes und jener Caballeros, welche eben zur rechten Zeit kamen, um uns zu beschützen.«

Einer der Fremden trat heran.»Verzeihung, mein Herr«, sagte er in vortrefflichem Französisch, »Sie sind jener französische Jäger Namens Valentin Guillois, von welchem man so häufig hört, nicht wahr?«

»Ja«, antwortete Valentin verwundert.

»Ich heiße Belhumeur, mein Herr.«

»Ich kenne Sie, denn mein Milchbruder hat häufig von Ihnen wie von seinem besten Freund gesprochen.«

»Es freut mich zu hören, dass er sich meiner so freundlich erinnert. Erlauben Sie mir, Ihnen Don Rafaël Garillas de Saavedra vorzustellen.«

Die Männer begrüßten sich und gaben sich die Hand.

»Wir haben uns gegenseitig als beherzte Leute kennengelernt«, bemerkte Valentin.

»Ist es nicht die beste Art und Weise, sich kennenzulernen?«

»Wir dürfen uns nicht länger hier aufhalten«, bemerkte Pater Seraphin.

»Ich kehre mit Ihnen um, Señor Padre«, sagte Don Rafaël. »Es war meine Absicht, mich zum Lager des Grafen zu begeben, doch habe ich ein besseres Mittel entdeckt, ihn zu sehen und zu meinem Freund zu machen.«

»Welches Mittel ist das?«

»Indem ich Dona Angela einen Zufluchtsort in der Hacienda del Milagro anbiete, welche mir gehört.«

»Ja«, sagte der Missionar, »verzeihen Sie mir, Don Rafaël, dass ich nicht daran gedacht habe. Das ist in der Tat der geeignetste Zufluchtsort für die Dame.«

»Ich nehme Ihr Anerbieten dankbar an«, murmelte das junge Mädchen.

Hierauf neigte sie sich zu dem Jäger und flüsterte ihm lächelnd und errötend ins Ohr: »Don Valentin, wollen Sie es übernehmen, einen Auftrag von mir an Don Louis zu überbringen? Es ist nur ein Wort.«

»Nur eines?«, fragte er, «welches?«

»Ewig.«

»Nun«, antwortete er in rauem aber gutmütigem Ton, »ich nehme nicht zurück, was ich gesagt habe: Sie sind ein Engel!«

»Fort! Fort!«, rief sie aus.

»Kommen Sie nicht mit uns, Belhumeur?«, fragte Valentin.

»Gewiss, und zwar um so mehr, als ich mit Don Louis zu sprechen habe.«

»Recht so«, antwortete Don Rafaël, »ich werde mit Adlerkopf und dem schwarzen Hirsch den Missionar begleiten. Señor Don Valentin, wenn Sie zu der Hacienda del Milagro kommen, so können Sie Belhumeur hinführen.«

»Nun, ich will es wahrlich nicht in Abrede stellen«, versetzte Valentin lachend, »und Sie werden mich vielleicht früher dort sehen als Sie meinen.«

»Wenn Sie auch kommen, werden Sie doch stets willkommen sein.«

Nachdem man gegenseitig herzlich Abschied genommen hatte, trennte man sich, und beide Truppen verließen die Schlucht in entgegengesetzten Richtungen.

Eine Antwort auf Curumilla – Zweites Buch, Kapitel 6