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TREKminds – Nur der Himmel ist die Grenze

Als ich am 18. März 2011 gegen 16:15 Uhr am Lese-Treff in der Halle 2 eintraf, bereiteten sich zwei mir seit Langem bekannte Phantasten auf ihre Lesung vor – Mike Hillenbrand und Christian Humberg.
Gespannt und voller Erwartung auf das Kommende genoss ich die Lesung in vollen Zügen, welche es in sich hatte. Nicht, dass Mike und Christian ihre ausgewählten Textpassagen aus ihrem jüngsten Baby einfach nur vorlasen – nein, die Lesung gestaltete sich immer mehr zu einem Dialog zwischen beiden. Besonders während der vorgetragenen Textpassage »Das Abrams-Abenteuer Teil 4: Bestandsaufnahme einer Vision« sah ich mich als Zuhörer inmitten des Gesprächs zwischen Mike, Christian und J.J. Abrams im Kölner NH Hotel.
Entertainment pur, eine Klasse für sich, rhetorisch perfekt abgestimmt. Ein Paradebeispiel, wie man eine Lesung interessant gestalten kann, um die Zuhörer nicht zu langweilen.

Das Buch

Mike Hillenbrand, Christian Humberg
TREKminds
Nur der Himmel ist die Grenze
Cartoons »Alien Kindergarten«: Stefanie Kurt, www.draco-stellaris.de

SciFi-Sachbuch, Paperback
In Farbe und Bunt Verlag, Mühlheim an der Ruhr, Februar 2011
136 Seiten / 9,95 €
ISBN: 9783941864009

Kurzinhalt:
Star Trek ist mehr als Action und Abenteuer, mehr als nur gute Unterhaltung. Es ist eine Philosophie, ein Vorbild … ein Gefühl.
Das neue Buch TREKminds – Nur der Himmel ist die Grenze nimmt Sie mit auf eine Reise hinter die Kulissen und Schauplätze. Hin zu den Ideen, aus denen ein die Generationen überdauerndes Franchise entstand. Ideen des gemeinsamen Miteinanders und der Verständigung, des menschlichen Geistes. Ideen, die weltweit von Millionen von Trekminds gelebt – und geliebt – werden, im Großen wie im Kleinen. Star Trek lebt heute vielleicht mehr denn je – und mit ihm seine Ideale.
Begleiten Sie die Autoren Mike Hillenbrand (u. a. Dies sind die Abenteuer – 40 Jahre Star Trek, HEEL) und Christian Humberg (u. a. Deutschland-Korrespondent von StarTrek.com) auf eine amüsante, inspirierte und lebensbejahende Reise jenseits der letzten Grenze.

Die Autoren

  • Mike Hillenbrand, 1972 in Essen geboren, ist ein versierter Kenner und Sympathisant der deutschen Phantastikszene und gilt insbesondere als Experte für Star Trek. Für sein gemeinsam mit Thomas Höhl verfasstes und sogar von der amerikanischen Fachpresse gelobtes Sachbuch Dies sind die Abenteuer – 40 Jahre Star Trek wurde er 2007 mit dem Deutschen Phantastik-Preis geehrt, 2008 folgte der Band Star Trek in Deutschland.
    Darüber hinaus produzierte der Journalist mehrere Jahre lang die offiziellen Video-Dokumentationen der größten europäischen SF-Veranstaltung, der FedCon, ist als Redakteur und Kolumnist an diversen Genrepublikationen im Print- und Onlinebereich beteiligt und arbeitete 2009 für den TV-Sender Kabel1 an der Infotainment-Show Beam me up mit, die sich ebenfalls mit dem Phänomen Star Trek befasste.
    Hillenbrand ist Herausgeber des 14täglich erscheinenden Corona Magazines, Geschäftsführer des iFuB-Verlages und gehört zum Übersetzerteam der bei Cross Cult erscheinenden Romanserien zu Gene Roddenberrys Franchise. Mike Hillenbrand lebt mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen in Mülheim an der Ruhr.
  • Christian Humberg, geboren 1976, ist bekennender Phantast, Deutschland-Korrespondent von StarTrek.com und der vielleicht einzige Mann, dem Counselor-Troi-Darstellerin Marina Sirtis vor Tausenden von Zuschauern einen Heiratsantrag machte.
    Ob sie ihn aus dem Film Trekkies 2 kannte, einer Kinoproduktion der Paramount Pictures über das globale Phänomen Star Trek, an der er 1997 mitwirkte, ist nicht überliefert.
    Seit seinem Studium der Buchwissenschaft, Anglistik und Germanistik arbeitet der gelernte Journalist Humberg als Redakteur und Kolumnist für Fachpublikationen wie die SpaceView und das Corona Magazine sowie als Übersetzer, u. a. für den Star Trek Communicator und die Romanreihen zu Gene Roddenberrys Franchise. Seine darüber hinaus erschienenen Sachbücher über Themen wie die Kinderspielshow 1, 2 oder 3, den TV-Hit Doktor House, das Phänomen LEGO oder diverse Musikgruppen bescherten ihm bei der Verleihung des deutschen Phantastik-Preises 2007 den Spitznamen Sachbuch-Guru. Durch seine Arbeiten als Lektor und Autor verschiedener Phantastikroman-Reihen ergänzt er diese Weihen aber nachhaltig. Christian Humberg lebt vor einem PC-Monitor, der ihm die Sicht auf den Mainzer Dom versperrt.

Leseprobe

»Tschuldigung, wir würden gern den Trekkie sehen …«
Begegnungen mit dem Vorurteil

»Tschuldigung, wir würden gern den Trekkie sehen …«
Im Gesicht des vielleicht vierzehnjährigen Mädchens im Türrahmen spiegeln sich Neugierde und Belustigung, doch als sie mich sieht, wird aus beidem Überraschung. Der da? Im Ernst?! Der trägt ja nicht einmal ’ne Uniform …
Donnerstag, 25. November 2010. Vom Rhein weht ein kalter Wind eisigen Nieselregen an die Fenster, doch hier im Klassenraum der Mainzer Steinhöfelschule herrscht eine ganz eigene Atmosphäre vor. Die der Ablehnung. Ich bin hier, weil man mich gewissermaßen auf einen Testträger schnallen und unters Mikroskop legen will. Als Versuchsobjekt »Trekkie«, als Nerd, als … darf ich’s sagen? … absoluten Vollfreak.
Nur: Ich bin gar keiner.
Etwa zwanzig Wirtschaftsschüler der neunten bis elften Klasse sitzen vor mir und wirken enttäuscht. Ihr Lehrer, ein Bekannter von mir und im Zweitberuf Mit-Macher der in der deutschen Phantastikszene nicht unbekannten WerkZeugs Kreativ KG, hatte den Schülern für die aktuelle Projektwoche vorgeschlagen, ein Event im phantastischen Genre zu organisieren, doch die Gruppe lehnte dankend ab: Phantastikfans, das seien doch Spinner. Lebensunfähige Sozialversager, die in ihren Scheinwelten schwebten und von nichts eine Ahnung hätten. Für die auch noch was auf die Beine zu stellen, fiel den Jugendlichen nicht einmal im Traum ein.
Also drehte der Lehrer den Spieß um und machte das Vorurteil zum Thema, schön kaschiert unter dem Oberbegriff »Subkulturen«, und konfrontierte seine Schutzbefohlenen mit Klischees und öffentlicher Meinung, mit den Negativseiten der Verallgemeinerung. Kluger Lehrer! Einziger Haken: Ich soll nun der Trekkie sein, der stellvertretend für eine ganze Fan-Subkultur das Musterbeispiel gibt.
Vielleicht vierzig Augenpaare starren mich an, als müssten mir jeden Moment klingonische Stirnwülste oder Andorianerantennen wachsen. Die Menge wartet. Also gut, arbeiten wir uns mal durch.
Wie sieht er denn aus, der typische Trekkie? Meine Frage führt zu einer interessanten Diskussion, da sich die Gruppe halbwegs sicher ist, Fans der Roddenberryschen Schöpfung seien zwischen vierzig und fünfzig Jahren alt. Mein Einwurf, die Hochzeit des Franchises liege gerade mal zehn bis fünfzehn Jahre zurück, wird da sogar als Beleg gewertet: »Na, eben. Die sind mitgealtert.«
Meine Gegenfrage, wie viele der Anwesenden denn schon mal eine der Trek-TV-Serien gesehen haben, führt zu entsetzt aufgerissenen Augen. »Raumschiff Entenscheiß? Nee, bloß nicht.«
Ich nicke brav, da nichts anderes erwartend, und ziehe meinen Trumpf. »Und der neue Kinofilm? Der von J.J. Abrams? Wer hat den gesehen?«
Gut drei Viertel der Schüler hebt die Hand. Der sei cool gewesen, wird mir bestätigt. Warum? »Na, weil er aktuell war, ohne die Philosophie von früher zu vergessen.«
Oha. Ich sperre die Ohren auf. Philosophie von Star Trek? Wie könnte die denn aussehen?
»Ja, das mit den Knöpfen und Monitoren. Dass das noch immer so aussah und funktionierte wie früher.«
Diese Schüler glauben also tatsächlich, der Kern von Star Trek seien Gadgets und Technobabble? Kein Wunder, dass es mit der Coolness der Serien nicht (mehr?) weit her ist. In Gedanken schicke ich zehn Flüche an den Writers’ Room von Star Trek: Voyager und bitte um die nächste Frage.
»Verkleiden Sie sich auch manchmal?«, will eine Schülerin aus der hintersten Reihe zaghaft wissen, und ich kann ihr ehrlich versichern, in meinem ganzen Leben noch keine Sternenflottenuniform getragen zu haben. Überhaupt seien die Kostümierten bei Veranstaltungen wie Conventions die absolute – wenngleich gern gesehene – Minderheit, das Salz in der Suppe. »Wir sind in Mainz, oder? Na also: Geht jeder der 20.000 Stadionbesucher im Vereinstrikot zu den 05ern? Nein.«
Die Klasse nickt. Versteht.
Stichwort Conventions: Auf meine Frage, ob schon mal jemand der Anwesenden eine solche besucht habe, ernte ich überraschend vielstimmige Bestätigung. »Games Con, Leipzig«, »Tuning Conventions« und und und. Nur eine/n Phantastikcon kennen sie nicht einmal vom Hörensagen. FedCon – was ist das?
Ich bezweifle, dass sich diese Gruppe dorthin trauen würde. Irgendwie erstaunlich, wenn man bedenkt, wie bunt gemischt das Publikum bei MediaCons ist. Hier zumindest will’s keiner gewesen sein. Und auch ihr Lehrer weiß Haarsträubendes zu berichten, empfahl man ihm doch während seines schulischen Austauschjahres in den USA, bloß niemandem an seiner High School zu stecken, dass er Star Trek schaue. »Geguckt haben’s alle, nur zugeben wollte es niemand.« Aus Angst vor dem Label Nerd.
»Und Sie?«, will ein Schüler von mir, dem Versuchskaninchen des Tages, wissen. »Sie hätten doch sicher auch ein Problem damit, als Nerd bezeichnet zu werden.«
Ich grinse. »Sagen wir mal so: Ich zitiere wörtlich aus Filmen. Auch ungefragt. Manche kann ich nahezu komplett mitsprechen. Ich könnte dir eher sagen, welche Zimmernummer Mister Spock auf Kirks Enterprise hat, was Howie Munson alles studierte oder warum Star Trek in Frankreich nie erfolgreich war, als dass ich noch wüsste, wie man mit einem schwierigen Logarithmus umgeht. Wie würdest du das nennen?« Pause. »Allerdings bevorzuge ich die Schublade ‚Geek’. Ich glaube, Nerds sind gut in Mathe …«
Gelächter. Die Ablehnung von vorhin ist längst verflogen, treibt vermutlich irgendwo draußen mit den Regenwolken weiter. Es wird Zeit für den Gnadenstoß, den ich wohlweißlich vorbereitet habe. Ich lehne mich also zurück und erzähle. Von Gene Roddenberry und dem »advanced human«, von der Beobachterperspektive und dem Metaphernhaften am guten Star Trek. Von Technik, die die Kunst zu imitieren lernte. Von TREKminds und der Tatsache, dass in meinem Fandom auch diejenigen ihre Nischen finden dürfen, die tatsächlich glauben, die Ehefrau vom Cardassianerbösewicht Gul Dukat – »Nein, den Namen müsst ihr nicht kennen.« – zu sein. Oder es zumindest öffentlich behaupten. Und ich erzähle von dem Beruf, den ich heute ausübe. Den, den ich ohne Star Trek vermutlich so nicht hätte.
Es wird ein interessanter Vormittag. Einer, an dem ich lerne, dass mein liebstes Genre-Franchise bei der Jugend wirklich ein Imageproblem hat. Oder hatte? Und an dem eine Projektklasse einer rheinland-pfälzischen Wirtschaftsschule sieht, dass ein Klischee nur ein Klischee und ohnehin jeder Jeck anders ist. Letzteres bildet in Form des UMUK-Prinzips (so viel zu den philosophischen Gadgets, klar?) sogar einen Grundpfeiler dessen, was Star Trek meines Erachtens auszeichnet.
Auch das nimmt die Schülerschar mit sichtlicher Überraschung auf, wenngleich jetzt natürlich alle sagen, Trekkies seien ja ohnehin so etwas wie die löbliche Ausnahme unter den Freaks. Würde ich Züge fotografieren, vermutlich sähen sie mir auch das nach – zumindest, solange ich vor ihnen säße. Ich bin hier zu Besuch, und meine Gastgeber sind höflich. Als ich aufbreche, fragt mich sogar ein Mädchen nach den von mir verfassten Fantasyromanen.
Star Trek. Sie kennen es alle. Mögen sie es auch? Maximal heimlich. Es sei denn, es kommt so cool daher, wie in der Abrams-Version. Das lässt hoffen. Nur eins macht mich stutzig: Während wir über Schwellenangst bei komplexen Universen und die Notwendigkeit diskutieren, gelegentlich narrative alte Zöpfe abschneiden zu müssen, erwähne ich den Namen Perry Rhodans als Beispiel für ein anderes altehrwürdiges SF-Franchise. Jedoch hat niemand der Schüler je vom Herrn Großadministrator und seinen Abenteuern gehört. Während ich mich durch den Regen zurück zum heimischen Schreibtisch kämpfe, kann ich mir des Verdachts nicht erwehren, der gute J.J. dürfe ruhig auch mal in Rastatt vorstellig werden …

Veröffentlichung der Leseprobe mit freundlicher Genehmigung von iFuB – in Farbe und Bunt

Textquellen: www.trekminds.info

Copyright © 2011 by Wolfgang Brandt


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