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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die Heilige der Mohawk

Am 21. Oktober 2012 sprach Papst Benedikt XVI. vor Zigtausend Menschen am Petersplatz in Rom die erste Native American heilig. Viele Mohawk waren aus Kanada angereist, um die Heiligsprechung der Lilie der Mohawk aus nächster Nähe mitzuverfolgen.

Die Mohawk, Eigenbezeichnung Kanien’kehá:ka – Menschen vom Land des Feuersteins, gehören zur Allianz aus sechs Stämmen: Mohawk, Oneida, Onondaga, Seneca, Cayuga und Tuscarora. Vor dem Kontakt zu Europäern waren die Mohawk sesshafte Ackerbauern und schützten ihre Dörfer durch Palisaden. Große Dörfer bestanden aus zwanzig bis dreißig Langhäusern, deren Bewohner der Klan-Mutter unterstanden. Ein Mann zog nach seiner Heirat zu seiner Frau, Kinder gehörten immer zum Klan der Mutter. Weibliche und männliche Klanoberhäupter bildeten den Stammesrat.
Als im 17. Jahrhundert zahlreiche europäische Siedler und Missionare in indianische Gebiete vordrangen, nahmen Scharmützel mit den Weißen zu und Uneinigkeiten mehrten sich zwischen den Indianerstämmen. Kriege und eingeschleppte Krankheiten dezimierten die Natives, Missionare wollten die Heiden bekehren.

Allgemein besteht die Annahme, dass Mohawk kein Schwindelgefühl kennen. Deswegen beschäftigt man sie gerne bei Arbeiten an Hochhäusern und beim Brückenbau. Der Anthropologe Morris Freilich kam in einer Feldstudie zu dem Ergebnis, dass es lediglich eine Frage der Übung und des Mutes ist, denn auch Indianer kennen die Angst vorm Fallen.
Die Frau, die am Sonntag von der katholischen Kirche heiliggesprochen wurde, ist als Káteri Tekahkwí:tha bekannt. Sie wurde im April 1656 als Tochter einer Algonkin und Tsonotiwa, einem Führer der Mohawk, in der heutigen Grenzregion zwischen Kanada und USA geboren.
Im Alter von vier Jahren erkrankten Káteri und ihre Familie an Pocken. Während alle Familienmitglieder verstarben, überlebte Káteri, doch ihr Gesicht war von Narben gezeichnet. Ihre Augen waren sehr empfindlich geworden, so dass sie zum Schutz ein Tuch tragen musste. Káteris Augenlicht verschlechterte sich mit den Jahren. Da sie sich halb blind herumtastete, gab man ihr den Kosenamen Tekahkwí:tha – Sie schiebt vor sich her. Nach den Traditionen der Mohawk suchten Tekahkwí:thas neue Eltern den Ehemann für ihre Tochter. Sie verweigerte grundlos die Heirat und zog sich den Unmut ihres Volkes zu. Zu dieser Zeit war die Missionierung der Ureinwohner in vollem Gange und ein Missionar besuchte die Siedlung, in der Tekahkwí:tha lebte. Sie nahm am Religionsunterricht teil und wurde auf den Namen Katherina getauft. Durch den Akt der Taufe, verriet sie die Traditionen ihres Volkes und musste vor Anfeindungen fliehen. Zuflucht fand sie in der Missionsstation der Jesuiten in Montreal. Sie legte ein Keuschheitsgelübte ab, um künftig nur noch Gott zu dienen. Körperliche schwere Arbeiten, strenge Fastengelübte und Selbstgeißelungen schwächten sie so sehr, dass sie mit nur 24 Jahren starb. Angeblich verschwanden kurz nach ihrem Tod die Pockennarben.

Erst viele Jahre später, um 1715, schrieb ein Missionar Tekahkwí:thas Geschichte nieder. Mit der Zeit wurde sie für die katholische Kirche ein fester Begriff. Papst Pius XII. leitet das Verfahren der Seligsprechung ein, welches von Papst Johannes Paul II. 1980 verkündet wurde.
Nicht nur in Rom haben viele die Heiligsprechung Káteri Tekahkwí:thas mit verfolgt. Die Kirche in Kahnwake, südlich von Montreal ist Anziehungsmagnet für viele Menschen, die vor dem Schrein der Heiligen beten. Katholische Indianer kämpften viele Jahre für ihre Heiligsprechung.

Bei meinen Recherchen fand ich viele Websites, die über Káteri Tekahkwí:tha alle dasselbe berichten, bis ich auf die Homepage von Darren Bonaparte stieß. Er hat seine eigene Version der Geschichte. Anhand von archäologischen Funden aus den Mohawk Dörfern und Dokumenten von französischen, holländischen und englischen Kolonisten, die er studierte, ist er der Ansicht, dass die Darstellung der Jesuiten nicht korrekt ist.
Als Franzosen das Dorf niederbrannten, in dem Tekahkwí:tha lebte, war sie zehn Jahre alt. Die Überlebenden Mohawk flohen vor der Übermacht der Feinde. Aus Aufzeichnungen geht hervor, dass die Franzosen so viele Lebensmittel fanden, um ganz Kanada zwei Jahre lang zu versorgen. Die Jesuiten gründeten in dem wieder errichteten Dorf eine Missionsstation, wo sie ein Mädchen der Mohawk aufnahmen, das heute unter dem Namen Káteri Tekahkwí:tha bekannt ist. Die Bekehrten übernahmen die Praktiken der Jesuiten. Fastenkuren und Selbstgeißelungen waren für ein schwaches Mädchen zu viel, das den Anstrengungen und Verletzungen bald erlag.
Bonaparte stellt Tekahkwí:thas Spiritualität nicht infrage, aber er ist der Ansicht, dass die Aufzeichnungen der Jesuiten kritischer betrachtet werden sollen.

Quellen:

Copyright © 2012 by Andrea Hoch