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Westernkurier 09/2012

Auf ein Wort, Stranger, heute plaudere ich ein wenig über Western made in Germany

Selbst in unserer heutigen schnelllebigen Zeit verbindet man mit ihm immer noch Begriffe wie Abenteuer, Freiheit und den Geruch von Lagerfeuerrauch. Es gibt ihn nun schon seit mehr als zweihundert Jahren und bis heute hat er nichts von seiner Faszination eingebüßt.

Die Rede ist hier von Amerikas Wildem Westen.

In Buchform, als Romanheft, Comic, Film oder Fernsehserie fasziniert er immer noch Menschen jeglichen Couleurs.

Seinen Siegeszug nach Europa trat er Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts an, als gerade im zerbombten Nachkriegsdeutschland die Begeisterung für alles Amerikanische keine Grenzen kannte.

Westernserien wie Bonanza und Rauchende Colts, Filme mit John Wayne, James Stewart und Gary Cooper und Romane von Autoren wie Owen Wister, Zane Grey, Clay Fisher, Gordon D. Shirreffs und Louis L ´Amour überschwemmten bis in die 80er Jahre hinein den Kontinent. Je größer dabei der kommerzielle Erfolg wurde, umso mehr versuchte man in den einzelnen Ländern, den Menschen den Western aus Sicht eigener Autoren und Filmemacher nahezubringen.

Ein Paradebeispiel hierfür ist das Genre des Italo-Westerns.

Es gibt zwar noch andere wie das franko-belgische Comicuniversum um Lieutenant Blueberry und Comanche, aber unser Augenmerk gilt, wie der Titel der Kolumne schon sagt, heute ausschließlich dem Western made in Germany.

Was viele wahrscheinlich nicht wissen, ist die Tatsache, dass es hierzulande bereits in den 1920er Jahren die ersten deutschen Westernfilme gab.

Der Ursprung des deutschsprachigen Westerngenres geht sogar bis in die Zeit des frühen 19. Jahrhunderts zurück, als Herzog Paul Wilhelm von Württemberg 1822 bis 1824 und Prinz Maximilian zu Wied 1832 bis 1834 in die Plains und Prärien Nordamerikas reisten und von dort umfangreiche Sammlungen der Zeitgeschichte Amerikas zurück nach Deutschland brachten.

Vieles davon wurde bis in die heutige Zeit in Bildheften des staatlichen Museums für Völkerkunde in Stuttgart, dem Lindenmuseum, veröffentlicht. Es sind Exemplare, die das Herz eines jeden Westernfans höher schlagen lassen. Ich weiß, wovon ich rede, schließlich befinden sich mehrere davon in meinem Besitz.

1905 erschien der erste Band der Heftreihe Buffalo Bill, und Reihen wie Sitting Bull oder Jesse James – Amerikas gefürchtetster Bandit – sollten folgen.

Die Geschichten eines Karl May oder eines Friedrich Gerstäcker, der im Gegensatz zu seinem berühmten Schriftstellerkollegen die Schauplätze seiner Romanhandlungen tatsächlich bereist hatte, waren die weiteren Ergebnisse des Westernhypes.

In ihrem Fahrwasser veröffentlichte Erhard Wittek, alias Fritz Steuben seine Tecumseh-Romane und in der DDR erschien kurz nach der Gründung des Staates Lieselotte Welskopf Heinrichs Saga Die Söhne der großen Bärin, ein Zyklus über die Sioux-Indianer, der mit Goijko Mitic in der Hauptrolle erfolgreich verfilmt wurde.

Wie man sieht, gab es Western in Deutschland schon lange, bevor uns Amerika damit beglückte.

So richtig an Fahrt nahm das Genre aber erst auf, als ab den 1950er Jahren immer mehr deutsche Autoren auf den Markt drängten.

Namen wie H. C. Nagel, Axel Berger, U. H. Wilken und G. F. Unger, um nur einige der bekanntesten zu nennen, sind auch heute noch jedem Westernfan ein Begriff.

Ihre Romane prägten für Jahrzehnte den deutschen Western und vermittelten dem Leser ein verklärtes Bild um aufrechte Helden, keusche Frauen und bösen Schurken. Andere wie H. J. Stammel, Dietmar Kügler und Thomas Jeier sorgten dann später dafür, dass man den Western auch so sehen konnte, wie er wirklich war, realistisch, hart, ohne jegliche Spuren von Lagerfeuerromantik.

Ein großer Anteil am Erfolg von Western made in Germany auf der Leinwand ist ohne Zweifel den Karl-May-Verfilmungen, den eigentlichen Klassikern des deutschen Westerns, zuzurechnen.

Diesen zwischen 1962 bis 1969 im ehemaligen Jugoslawien abgedrehten Filmen ist auch heute noch ein gewisser Charme nicht abzusprechen.

Ein weiterer Meilenstein des deutschen Westerns war der 1969 im Auftrag des ZDF in deutsch-französischer Koproduktion gedrehte Vierteiler Lederstrumpf mit Helmut Lange und Pierre Massimi in den Hauptrollen.

Im Nachhinein kann man sagen, dass die Zeit zwischen 1965 bis 1973 die glorreichen Jahre des deutschen Westerns waren.

Das Kino wurde beherrscht von Winnetou und Old Shatterhand und den sogenannten Eurowestern, die man in Zusammenarbeit mit Frankreich, Italien und Spanien produzierte. Im Fernsehen fieberte man mit Lederstrumpf und Chingachgook, wenn es gegen die Mingos ging, und an den Kiosken und in den Schreibwarengeschäften beherrschten die Western aus dem Indra- und Zauberkreisverlag zusammen mit Produkten von Bastei, Marken, Kelter und Pabel das Bild.

Reihen wie Western-Hit, Silber-, Wildwest-, Texas-, Marshal- oder Colt Western sind Legenden. Serien mit Helden wie Socorro, Tombstone – Die Brüder Kane, Dan Oakland, Santana oder später Ronco, Lobo und Lassiter vervollständigten das Angebot bei den Romanheften. Im Comicsektor waren es deutsche Produktionen wie Buffalo Bill von H. Wäscher, Silberpfeil, Lasso, Bessy oder Fernsehadaptionen wie Bonanza.

Ende 1973 gab das ZDF grünes Licht für die umfangreichste Westernserie, die jemals in Deutschland produziert wurde. Unter der Regie von Rolf von Sydow spielten in der von H. D. Schreeb und H. Thiemt geschriebenen Serie Stadt ohne Sheriff u. a. Uwe Friedrichsen, Erik Schumann, Heidi Fischer und Heinz Baumann mit, in jenen Jahren beachtliche Fernsehgrößen.

Die Verantwortlichen dort hatten inzwischen erkannt, dass es nicht nur fürs Prestige, sondern auch für den Geldbeutel gut war, wenn man statt teuren Lizenzen für amerikanische Serien etwas Eigenes auf die Beine stellen würde, um weiter auf der Westernerfolgswelle mitzuschwimmen.

Doch auch schon damals bewahrheitete sich der inzwischen berühmte Satz eines nicht minder berühmten Politikers, der da lautet: »Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!«

Man kann auch heute noch die Öffentlich-Rechtlichen mit einem Beamtenapparat vergleichen, aufgebläht, schwerfällig, beratungsresistent.

Als sich die ZDF-Oberen endlich dazu durchgerungen hatten, eine eigene Serie zu produzieren, befand sich das Westerngenre längst auf dem absteigenden Ast. Krimi, Action, Horror und SF waren angesagt.

So wundert es wahrscheinlich niemand, dass die Serie um einen New Yorker Angestellten, der in einer kleinen Westernstadt die Leitung der Bank übernehmen sollte, nach 26 Folgen kommentarlos eingestellt wurde.

Hand aufs Herz, wer kennt Stadt ohne Sheriff noch?

Deutsche Western waren einfach nicht mehr gefragt.

Der nächste Versuch, ihn im deutschen Film bzw. Fernsehen zu etablieren, scheiterte 1975 mit dem Film Potato-Fritz ebenso kläglich wie die oben erwähnte Serie.

Trotz öffentlicher Schwergewichte wie dem Hollywood erfahrenen Schauspieler Hardy Krüger, der Musik von Udo Jürgens, Charakterdarstellern wie Stephen Boyd oder den in einer Nebenrolle agierenden Fußballweltmeister Paul Breitner wurde der Film ein absoluter Flop.

Etwas erfolgreicher war man damit im anderen Teil Deutschlands. Dort wurden noch bis 1985 in Rumänien, Kuba, dem damaligen Jugoslawien und in der Mongolei Indianerfilme gedreht, die zwar alle eine deutliche sozialistisch-kommunistisch eingefärbte Botschaft in sich trugen, die sich aber dennoch teils eng an historische Vorgaben hielten und auch heute noch durchaus sehenswert sind. Als Beispiele gelten Filme wie Ulzana oder Osceola, die auch in der damaligen BRD gezeigt wurden.

Aber danach war endgültig Schicht im Schacht.

Western made in Germany funktionierte nur noch auf Roman- und/oder Comicebene, wobei beide Linien inzwischen bis auf zwei, drei Ausnahmen ebenfalls in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sind.

Erst in den letzten Jahren versucht man den deutschen Western wieder aus seinem Nischendasein hervorzuholen. Engagierte Verlage wie Mohlberg, Blitz, Traumfänger und Persimplex bieten inzwischen nicht nur für den eingefleischten Westernfan wieder ein staatliches Bücherangebot aus diesem Genre. Männer wie Dietmar Kügler mit seinem Verlag für Amerikanistik, Dr. Karl Jürgen Roth mit seiner Website www.wildwester.wi.ohost.de Thomas Jeier mit seinen bei Ueberreuter erschienenen Sachbüchern und Romanen zu diesem Thema, Alfred Wallon mit seiner beim Mohlberg Verlag verlegten Rio Concho-Reihe, Werner Egli vom Blitz-Verlag und Kendall Kane mit der Bürgerkriegstrilogie Flammender Süden sorgen dort zusammen mit vielen anderen für neuen Lesestoff.

Mögen Wyatt Earp, Buffalo Bill und Geronimo und alle anderen Helden des Westerns weiterhin über die Prärie reiten und die oben genannten Autoren das Banner des deutschen Westerns in die Höhe halten.

Der Dank der Leser ist ihnen gewiss.

In diesem Sinne bis zum nächsten Monat wenn es wieder heißt: Auf ein Wort, Stranger

Quellen:

  • www.wildwester.wi.ohost.de
  • Thomas Jeier: Das große Buch vom Wilden Westen , 2011, Verlag Carl Ueberreuther Wien
  • Archiv des Autors

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