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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg 32

Kohlhasenbrück

In der Nähe von Potsdam, an der Eisenbahn nach Berlin, liegt Kohlhasenbrück, welches von Hans Kohlhase, einem Berliner Rosskamm, der zur Zeit Kurfürst Joachim I. und II. einst viel von sich reden gemacht, den Namen bekommen hat. Die Sache ist recht charakteristisch für jene Zeiten und war Folgende:

Hans Kohlhase war ein angesehener Bürger zu Cölln an der Spree, der einen nicht unbedeutenden Pferdehandel betrieb. Was seine Bildung anbetrifft, ist bezeichnend, dass er sogar Lateinisch verstand. Einmal kam er nun mit einigen Pferden von Leipzig zurück, da wurde er in der Nähe von Düben durch die Leute des Junker von Zaschwitz angehalten; er sollte sich ausweisen über die Pferde, es wären sicherlich gestohlene. Vergeblich, dass er seine Unschuld beteuerte, die Pferde wurden zurückbehalten.

Da klagte er seinen Unfall seinem Kurfürsten Joachim I., und der erwirkte den Befehl vom Kurfürsten von Sachsen, dass ihm die Pferde vom Junker von Zaschwitz zurückgegeben werden sollten. Inzwischen waren dieselben aber hinter dem Ackerpflug abgetrieben und schlecht im Futter gehalten worden, sodass Kohlhase sich weigerte, sie zurückzunehmen und Schadenersatz forderte.

Als alle seine Bemühungen vergeblich waren, und er nicht zu seinem Recht kommen konnte, da sandte er nach damaliger Sitte als freier Mann, dem sein Recht verweigert wurde, einen Absagebrief an den Landvogt von Sachsen, dass er des Junker von Zaschwitz und des ganzen Landes Sachsen abgesagter Feind fortan sein wolle, bis er zu seinem vollen Recht und zu vollem Schadenersatz für alles, was er erlitten hatte, gelange. Mit einer Schar verwegener Gesellen begann er auch nun das sächsische Land auf jede nur mögliche Weise zu schädigen und trieb bald die Sache so weit, dass die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg diese beizulegen beschlossen und beiderseitig einige ihrer Räte nach Jüterbock schickten, wohin auch Kohlhase kommen sollte, um seine Forderungen geltend zu machen.

Der kam auch mit einem Gefolge von 40 Pferden, aber man ging unverrichteter Sache auseinander, da der Junker von Zaschwitz inzwischen gestorben war, und seine Erben sich zu keiner Entschädigung bereit erklären wollten. Von Neuem begann Kohlhase das sächsische Land heimzusuchen, ja er brannte sogar die Vorstadt von Wittenberg nieder.

Da schrieb Dr. Martin Luther an den gefährlichen Mann, wie unchristlich es sei, sich selbst zu rächen. Das machte auf Kohlhase Eindruck, und heimlich kam er, als Pilger verkleidet, nach Wittenberg, um mit Luther über die Sache zu verhandeln. Luther versprach sich der Sache anzunehmen, aber es war vergeblich und die Geschichte spielte in der früheren Weise weiter, nur dass der Kurfürst von Sachsen es bei dem Kurfürsten von Brandenburg schließlich durchsetzte, dass er Kohlhase auch auf märkischem Grund und Boden verfolgen und fangen lassen könne. Aber die sächsischen Späher und Landsknechte bekamen ihn doch nicht. So kam das Jahr 1540 heran. Da kam Kohlhase, auf den Rat eines seiner Spießgesellen, Georg Nagelschmidt mit Namen, auf den Gedanken, sich an seinen Kurfürsten selbst zu machen und ihn zu veranlassen, um dem Wesen ein Ende zu machen, sich wirksamer seiner anzunehmen.

Er überfiel den Kurfürstlichen Faktor Drezscher, der mit Silberkuchen aus dem Mansfeldischen unterwegs war, in der Gegend, wo nun Kohlhasenbrück liegt, nahm ihm die Silberkuchen fort und versenkte sie unter der Brücke in der Telte, einem kleinen Nebenflüsschen der Nuthe. Das bekam ihm aber übel. Denn nun wurde überall auf ihn und Nagelschmidt gefahndet und bei Leibesstrafe allen verboten, sie zu beherbergen, als sich das Gerücht verbreitete, sie seien in Berlin. Wirklich fing man auch Kohlhase, als man Haussuchung hielt. Er hatte sich beim Küster zu St. Nicolai in einer Kiste versteckt.

Ebenso wurde Nagelschmidt im Haus eines armen Bürgers am Georgentor aufgefunden. Beiden wurde der Prozess gemacht. Kohlhase wollte man insofern begnadigen, als er nicht mit dem Rad, sondern mit dem Schwert hingerichtet werden sollte, was für minder schmachvoll galt. Schon war Kohlhase bereit, dies anzunehmen. Da rief ihm Georg Nagelschmidt zu: »Gleiche Brüder, gleiche Kappen!«

»Ich will die Begnadigung nicht, ich will mein Recht«, sagte Kohlhase, und so wurden er wie Nagelschmidt am Sonntag nach Palmarum im Jahre 1540 mit dem Rad gerichtet, obwohl es dem Kurfürsten leidgetan haben soll, dass eine so tüchtige Natur solches Ende genommen habe. Ob man die Silberkuchen gefunden hatte, berichtet keine Chronik, die Brücke aber und der Ort, der später da entstand, bekam den Namen Kohlhasenbrück.