Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Slatermans Westernkurier 11/2022

Auf ein Wort, Stranger, wusstest du eigentlich, dass im Wilden Westen einmal ein blutiger Indianerkrieg tobte, nur weil jemand ein Wort falsch geschrieben hatte?

Eigentlich unfassbar, aber das ist 1878 wirklich in Idaho passiert. Im Sommer jenes Jahres kämpften zehn US-Regimenter gegen die Bannock, einen Indianerstamm, der eigentlich einmal als einer der wichtigsten Verbündeten der US-Army im Krieg gegen die feindlichen Sioux und Nez Percé galt. Der Grund war tatsächlich der Schreibfehler eines Regierungsbeamten, der zwischen Juni und September 1878 in einen mehr als vier Monate andauernden Indianerkrieg mündete, an dessen Ende Hunderte von Opfern zu beklagen waren. Ein Krieg, der zu vermeiden gewesen wäre, hätte man in Washington diesen Irrtum eingestanden. Aber dank Inkompetenz und dem Starrsinn bis in die höchsten Ebenen der Regierung hinein nahm man lieber über vierhundert Tote und Verletzte in Kauf, anstatt den Fehler zuzugeben.

 

*

 

Um diesen bizarren Krieg besser zu verstehen, muss man den Standpunkt der Bannock kennen. Die Bannock sind ein Indianerstamm aus der uto-atztekischen Sprachfamilie. Sie selbst bezeichnen sich als Nimi Pan a´kwati, Bana´kwut oder Panaiti. Das ganze Volk zählte damals etwa 2000 Seelen, die im Gebiet der Snake River Plains im heutigen südlichen Idaho, dem angrenzenden Teil von West- Wyoming, Ost-Montana und im südlichen Oregon lebten. Unterteilt waren sie in fünf Unterstämme, deren indianische Namen Rückschlüsse auf ihre Lebensweise und Essgewohnheiten gaben. So bedeutete der Stammesname Shohopanaiti Baumwoll- oder auch Pappel-Bannock, der Yampadika Stamm lässt sich mit Yap-Wurzel-Esser übersetzen, die Waradika waren die Roggen- Grassamen-Esser, die Penointikara die Honig-Esser und die Kutshundika die Büffel-Esser. Die Lebensweise der Bannock ähnelte jener der Plainsindianer stark. Sie fühlten sich den ihnen benachbarten Stämmen und auch den ersten Weißen, die in ihr Land kamen, in kultureller und kriegerischer Hinsicht weit überlegen.

Nicht umsonst waren sie deshalb auch als Räuber-Indianer bekannt.

Der allererste Kontakt mit den Weißen kam 1805 durch Lewis und Clark und deren Expedition zustande. Danach drangen Johann Jacob Astors Trapper unerlaubt in ihr Stammesgebiet ein, um Pelze zu erbeuten, mit dem Resultat, dass sie die Bannock 1814 am Boise River bis auf den letzten Mann töteten und skalpierten.

Es dauerte danach lange Jahre, bis sich wieder weiße Trapper in ihr Gebiet wagten. 1824 dann schloss die Hudson’s Bay Company mit ihnen einen Tauschhandelsvertrag, der von beiden Seiten auch eingehalten wurde. Dennoch wurden sie noch um 1827 von einem der Trapper als Räuber und Plünderer beschrieben, die jedermann angriffen und auch von jedermann angegriffen wurden. Zur offenen Feindschaft gegen die Weißen kam es dann ab den 1850er Jahren.

 

*

 

Nachdem um 1840 der Niedergang des Pelzhandels begann, endete auch die Ära des Handels und der friedlichen Zusammenarbeit mit den Pelzhandelsgesellschaften und deren Trappern. Stattdessen strömten immer mehr Siedler ins Land mitsamt den eingeschleppten Zivilisationskrankheiten, gegen die das Immunsystem der Ureinwohner keine Chance hatte.

Die Pockenepedemie von 1853 kostete unzähligen Bannocks das Leben. Dies und der Umstand, dass die hauptsächlich euro-amerikanischen Auswanderer sich einfach in den Jagdgründen der Bannock niederließen und mit ihren Praktiken der Landwirtschaft einen drastischen Rückgang der Wild- und Wasserressourcen einleiteten, der die Lebensweise der Indianer, die sich fast ausschließlich von Jagd, Fischfang und dem Sammeln von Beeren, Früchten und Samen ernährten, nahezu völlig zerstörte, führte zu ersten, blutigen Auseinandersetzungen. Als dann auch noch im Boise-Becken und dem Montana Beaverheadland Gold entdeckt wurde, war es endgültig mit dem friedlichen Zusammenleben von Weißen und Indianern vorbei. Fast täglich kam es zu Kämpfen.

Im Jahre 1867 wurden die Bannock dann am Bärenfluss vernichtend von General Canner geschlagen und 1869 in die Fort Hall Reservation in Idaho zwangsumgesiedelt.

Die Region um das Fort war ein 1,8 Millionen Morgen großes Landstück am Upper Snake River, das eigentlich die besten Voraussetzungen für Landwirtschaft bot. Die Regierung stellte sogar zusätzlich noch beträchtliche Mittel zur Verfügung, um die Versorgung der Indianer sicherzustellen. Es folgten Jahre des Friedens, in denen sich viele Bannockkrieger ihren Lebensunterhalt unter anderem als als Armeescout bei den Feldzügen des US-Militärs gegen die feindlichen Stämme der Nez Percé oder Sioux verdingten. Aber dann kam das Frühjahr 1878 und jenes verhängnisvolle Schreiben aus Washington, das letztendlich das ganze Land ins Chaos stürzte.

 

*

 

Um sich wie jedes Jahr ein Bild der Reservationen machen zu können, nach denen oft über die finanziellen Zuwendungen entschieden wurde, schrieb die Regierung auch die zuständigen Stellen in der Bannock-Reservation an. Diese war unter anderem auch als Camasprärie bekannt, weil in dem Boden eben diese Camaswurzel, die das Hauptnahrungsmittel der Reservationsindianer war, in großer Zahl vorkam. Da der zuständige Regierungsbeamte aber zu dieser Zeit nicht anwesend war, übernahm ein Buchhalter die Sache. Er verwechselte aber das Wort Camas-Prärie mit Kansas-Prärie, was man in Washington als eine der Grasprärien von Kansas ähnliche Weideregion auffasste, die man sowieso zur Besiedelung freigeben wollte.

Nach der erteilten Freigabe wurde die Camas-Prärie von Siedlern regelrecht überflutet. Ihre Schweine wühlten die nahrhaften Wurzeln aus dem Boden und schon bald bedeckten die Rinderherden der Weißen die Jagdgründe der Indianer.

Trotz aller Beschwerden der Indianer und auch unzähligen der weißen Bevölkerung und der Reservationsverwaltung weigerte sich die Regierung, ihren Irrtum einzugestehen.

Es kam, wie es kommen musste. Angesichts der Alternative, entweder zu verhungern oder im Kampf zu steben, rüsteten die Bannock unter Häuptling Buffalo Horn zum Kampf. Unterstützt wurden sie dabei durch nördliche Paiute, Shoshonen und Umatilla. Die Indianer töteten innerhalb kürzester Zeit jeden Weißen, dessen sie habhaft werden konnten, und brandschatzten Siedler, Rancher, Städter.

Brayman, der Gouverneur von Idaho, antwortete mit einer Mobilmachung unter dem Kommando von Briagdegeneral O. Howard, dem Kommandeur der Militärabteilung Columbia. Dieser setzte seine Truppen in Marsch und schickte gleichzeitig ein 350 Mann starkes Kavallerieregiment unter Colonel Bernard in die Camas-Prärie.

Am 8. Juni 1878 stieß eine Gruppe von 26 freiwilligen Milizsoldaten aus Silver City unter der Führung von Captain J. B. Harper auf eine Bannockgruppe, die von ihrem Häuptling Buffalo Horn angeführt wurde. In einem kleinen Bergdorf namens South Mountain kam es schließlich zum Kampf, in dessen Verlauf nicht nur mehrere Soldaten und Indianer, sondern auch Buffalo Horn ums Leben kamen.

Der Krieg ging jedoch mit unverminderter Wucht weiter. Die Bannock wählten Chief Egan, einen Nothern Paiute zu ihrem Anführer, der sich noch mehrere, blutige Kämpfe mit der US-Army lieferte. Sein Tod 1878 leitete dann das langsame Ende dieses skurillen Krieges ein, dessen endgültiges Aus am 5. September 1878 nach einem Massaker bei Clark’s Ford in Wyoming kam, bei dem 140 Bannockkrieger, Frauen, Kinder und Alte brutal abgeschlachtet wurden.

Um 1900 gab es noch etwa 500 Bannock, aber immer noch keine Entschuldigung der Regierung in Washington ob des falsch geschrieben Wortes Kansas-Prärie.

Quellenhinweis: