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Ein Ostseepirat Band 2 – Kapitel 12

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman, Zweiter Band

XII. Swietens Glück und Unglück

Ein herrlicher Morgen war angebrochen und prachtvoll stieg die Sonne aus dem Meer empor, um die in einer Linie südostwärts stehende Flottille des Freischiffers erkennen zu lassen.

Alle flaggten zum Morgengruß und der Scho­ner, welchen Jacobson als Admiralschiff beibehalten hatte, dankte.

Bereits vor dieser Szene hatte Jacobson Clara von Grieben ersucht, das zu erwartende Schauspiel des Sonnenaufgangs auf dem Verdeck zu genießen und Clara hatte dieser Aufforderung Folge geleistet.

Beide befanden sich auf der Schanze und betrach­teten jenes großartige Schauspiel längere Zeit stumm, um später eine Unterhaltung über Erscheinungen im Gebiet der Natur zu beginnen, die allgemach leb­hafter wurde.

Auch Swieten befand sich auf der Schanze und in seiner Nähe der Lotse Nehls, welcher ganz plötz­lich mit einem Lächeln zu dem Letzteren trat und ihm seine Hand auf die Schulter legte.

Swieten fuhr auf; er hatte nämlich, wie es schien, tief in seine eigene Gedanken versunken dage­standen hatte, während sich sein finsterer Blick auf Jacob­son und Clara richtete.

»Was wollt Ihr!«, fuhr er den Lotsen an.

»Seid nicht böse!«, meinte der alte Nehls. »Ich glaube Eure Gedanken zu erraten, Herr, und will ihnen eine andere Richtung geben; ich weiß, dass ge­wisse Leute nicht gerne ein Frauenzimmer an Bord sehen!«

»Ihr irrt, Lotse!«, erwiderte der Holländer, »ich habe nichts gegen die Anwesenheit der Dame; viel­mehr erinnerte mich ihre Gegenwart und ihr Zusam­mensein mit dem Kapitän an eine längst verschwun­dene frühere Zeit, wo auch mir – doch das ist am Ende gleich!«

»Was gibt es?«, fragte Jacobson, der durch dies Gespräch von seiner Unterhaltung mit Clara abge­zogen wurde.

»Ja, Herr!«, antwortete Nehls, »ich glaube bei Gott etwas, woran ich wenigstens nie zu denken ge­wagt haben würde: Herr van Swieten trauert in diesem Moment über ein verlorenes Glück, vielleicht gar um eine Braut …!«

Swieten warf den Lotsen einen wütenden Blick zu. Clara errötete und Jacobson sah nachdenklich vor sich nieder.

»Kommt näher, Swieten!«, sagte er dann milder, »es ist wahr, Ihr habt ja dergleichen zu betrauern. Es ist schon eine geraume Zeit her, seit Ihr mir versprochen habt, das Nähere darüber mitzuteilen. Es könnte dies heute an dem schönen Morgen, den uns sicher kein Zusammentreffen mit den Schweden stören wird, geschehen. Was meint Ihr?«

Swieten schwieg einige Zeit und sah nachdenk­lich vor sich nieder. »Da ihr es wünscht, Kapitän!«, antwortete er, »so kann es mir gleich sein, ob ich mein Versprechen jetzt oder ein anderes Mal erfülle, doch glaube niemand, dass mein Los etwas anderes als das der meisten Menschen bietet. Täuschung heißt mein Leben von Anfang an, und wenn Ihr Kapitän mich nicht täuschtet bisher, so denke ich, wir werden eines guten Tages beide in unseren Hoffnungen bitter genug zusammen getäuscht werden und all unsere Absichten zu Schanden gehen!«

»Recht so, Alter!«, sagte Jacobson mit leichtem Lachen. »Fräulein Clara, kehren Sie sich nicht an diese Rede des alten Sünders. Wenn er sentimental wird, ist er noch stets interessant gewesen. Heda, Koch, das Frühstück auf das Hinterdeck! Die Abenteuer Swietens sollen uns dasselbe würzen!«

Dem Befehl des Kapitäns wurde Folge gelei­stet. Als der Tisch gedeckt worden war, nahmen Clara, der Kapitän und Swieten an demselben Platz.

»Kommt auch Ihr heran, Nehls«, sagte Jacobson, »denn Euch verdanken wir ja, was uns Swie­ten zum Besten geben wird.«

Nehls kratzfußelte, wischte sich mehrmals mit der Hand über das Gesicht und machte wiederholte Verbeugungen vor Clara, die ihm einen Sessel hin­schob und später mit dem versorgte, was der Mensch bedarf, wenn er am Frühstückstisch tätig sein soll.

Swieten nahm mit großer Gemütsruhe einige Tassen Tee zu sich, dem er eine reichliche Menge Rum beimischte und nahm mehrmals einen An­lauf, seinen Vortrag zu beginnen, ohne erst recht damit in den Gang kommen zu können.

Dann jedoch erzählte er Folgendes:

»Ich war noch sehr jung, als mir ein Buch in Hände fiel, welches meine Fantasie auf eine gewaltige Weise entzündete und meine Seele mit Wünschen erfüllte, die ich nie wieder loswerden konnte, um die sich mein ganzes Wesen und Sein drehte und die endlich den Ausschlag gaben, als ich einen Beruf für das Leben zu wählen genötigt war. Es war dies ein eigentümliches Buch und sein Inhalt erzählte sowohl von Abenteuern als auch von Reich­tümern, die alles Glaubliche überstiegen, deren Vortrag aber dennoch so wahrscheinlich klang, als sei er eigens darauf berechnet, ein jugendliches Gemüt zu verführen und mit sich fortzureißen. Und ich wurde verführt und fortgerissen. Ich wünschte, dieselben Abenteuer zu erleben, wollte den­selben Phantomen nachjagen, wie es die Helden der Erzählung getan, und das Ziel, welches sie verfolgt hatten, auch für mich zur Rebensaufgabe machen.

Der Inhalt der Erzählung war kurz gefasst Folgender: Ein holländischer Seemann kommt unter ziem­lich misslichen Umständen nach Trinkomale auf Cey­lon. Verdrießlich dort seine Hoffnungen fehlschlagen zu sehen, schlendert er, in sich gekehrt, die Straße entlang, als ihn ein plötzliches Geschrei seinem Grü­beln entreißt.

Zugleich sieht er, wie die belebte Straße sich leerte, wie man die Türen, sogar Fensterläden schließt und wie man ihn durch Winke und Rufe zu verstehen gibt, auch sich in Sicherheit zu bringen.

›Ein Malaie, ein Malaie‹, versteht er aus dem Stimmgewirr, ›er wird Euch töten, rettet Euch!‹

Dies bewegt ihn endlich, hinter sich zu sehen und er sieht, wie ein junger Mensch, aus mehreren Wunden blutend, auf ihn zustürzt. Auf den Fersen desselben folgt ein Malaie im Opiumrausch, einem Zustand, in welchem einen solchen zu töten, nicht nur jedermann erlaubt, sondern geboten ist und auf dessen Tötung sogar eine Belohnung steht, ein Malaie im Opiumrausch also, mit funkelnden Au­gen, den geschwungenen Dolch mit geschweifter Klinge in der Rechten, wiederholt nach dem Fliehen­den stoßend.

›Rettet mich, rettet Euch!‹, ruft der Verfolgte in verzweifelter Todesangst und stürzt erschöpft zu den Füßen des Seemanns hin, der wirklich einen Augenblick durch diesen Vorfall konsterniert ist.

Doch schnell ermannt er sich, jede Sekunde Zögerung muss augenblickliches Verderben auch ihm bringen. Ein Tritt vor den Unterleib des Wütenden hält ihn von seinem Opfer ab und macht ihn wanken. Ein schnell folgender Faustschlag des kräftigen Hollän­ders wirft den Blutgierigen zu Boden, wobei ihm die gefährliche Waffe aus der Hand fliegt.

Jetzt stürzen aus allen Türen Männer heran, fallen über den zu Boden Geworfenen her, der un­ter ihren Misshandlungen seinen Geist aufgibt und doch vielleicht vermöge des Opiums selig stirbt, während er von der wütenden Menge in Stücke zerrissen wird.

Der staunende Seemann wendet sich schaudernd ab, bückt sich nach dem Ohnmächtigen, hebt ihn auf und will ihn in ein Haus tragen, als der junge Mann wieder zu sich kommt.

›Ich danke Ihnen, mein Herr!‹, ruft der Jüng­ling lebhaft, ›sind Sie fremd in diesem Land, so folgen Sie mir. Im Haus meines Vaters werden Sie kein Fremder sein. Ich bin tief in Ihrer Schuld, aber ich werde versuchen, diese Schuld abzutragen. Kommen Sie, es wird Ihnen nie leidtun, meine Bitte erfüllt zu haben.‹

Geretteter und Retter mustern sich noch einige Zeit, der Holländer scheint zu zögern; denn offenbar ist der Jüngling das Kind eines guten, wenigstens eines reichen Hauses, in das er, der einfache See­mann, eingeführt zu werden, keinen Anspruch zu haben meint.

›Kommen Sie!‹, drängt jedoch der andere von Neuem, ›ich sehe jetzt, dass Sie fremd sind. Freilich bin ich nur ein Portugiese und deshalb ein Mensch, den der Holländer hier verachtet, aber ich denke, wenn Sie edelmütig genug waren, mich zu retten, werden Sie auch so großmütig sein, mich Ihrer wertzuhalten!‹

Eine lebhafte Röte färbt bei dieser Rede des Jünglings die Wangen des Holländers und er schüttelt heftig den Kopf.

›Ich verachte niemand!‹, antwortet er, ›und wenn ja, so sind es die schurkischen Schacherer mei­ner eigenen Nation, die mich durch Versprechungen hierher gelockt haben, welche sie nie zu erfüllen beabsich­tigten!‹

›Sie haben recht, mein Herr!‹, erwidert der Portugiese, ›die Klasse ist nicht achtungswert, aber kommen Sie, bevor man uns mehr beachtet, als bis­her geschehen ist, es wäre mir nicht lieb!‹

Der Seemann folgt dem jungen Mann, obwohl sichtlich immer noch zögernd, während die Menge den Malaien völlig abfertigt. Beide schreiten durch die Stadt und die Vorstadt dem Bie­nenland zu.

›Wie heißen Sie?‹, fragt der Portugiese im Freien, ›Ihren Namen darf ich doch wissen?‹

›Er lautet van Straaten!‹, antwortet der Seemann.

›Der meine ist Preilho di Zabana‹, sagt der Jüngling, ›aber nennen Sie mich Jouan! Das ist dort das Haus meines Vaters!‹

Der Seemann stutzt abermals, denn was der junge Portugiese ihm zeigt, ist kein Haus, sondern ein Palast, doch nein, es ist ein Komplex von Palais, von denen das eine sich nur durch besondere Größe und Schönheit vor den anderen auszeichnet, die selbst mit jedem Prachtgebäude dieser Art wetteifern können. ­Er weigert sich endlich, weiterzugehen und will umkehren, doch Jouan hängt sich an ihn, lässt sich nicht abschütteln und zwingt ihn wenigstens wie­der stehen zu bleiben.

Dieser freundliche Streit hat natürlich, von Weitem gesehen, ganz den Anschein einer Balgerei und dieser Schein lockt ein junges Mädchen herbei, ein Mädchen, das einem Engel gleicht und welches Jouan als seine Schwester Euphora vorstellt. Was Jouan nicht gelingt, das gelingt Euphora, und beide, den Seemann an den Armen weiterzerrend, führen ihn jubelnd in das Schloss und in ein Zimmer, wo, wie man van Straaten sagt, der Vater beider ihn empfangen wird.

Natürlich hat der Bruder der Schwester bereits eröffnet, was geschehen ist, und der Seemann macht sich gefasst, einem Mann gegenüberzutreten, gegen den er ein Nichts, ein reines gar Nichts sein muss, was vor dessen Stolz, Macht und Herrlichkeit in keiner Weise Geltung haben kann.

Doch stattdessen sind es Teilnahme und Mit­leid, die sein Herz bewegen, als er den Señor Preilho usw. erblickt, denn dieser reiche Portu­giese ist nichts als der Schatten eines Menschen, ein Mann, der im eigentlichen Sinne des Wortes verdorrend auf einem langjährigen Krankenlager schmachtet und mein Landsmann philosophiert, dass doch aller Reichtum auf der Welt nicht glücklich machen kann, wenn die Gesundheit fehlt.

Inzwischen teilen die Kinder mit, was mitzuteilen ist, der Kranke dankt dem Seemann mit den herzlichsten Worten, bittet ihn, es sich solange in seinem Haus gefallen zu lassen, wie es ihm beliebt und wenn er des Aufenthalts überdrüssig, seinen Lohn selbst zu bestimmen. Den Kindern befiehlt er für Pflege und Unterhaltung des Gastes zu sorgen, als sei er fürstlichen Ranges.

Der Seemann kommt sich in den nächsten Ta­gen wie bezaubert vor, aber es gefällt ihm immer besser in dem gastlichen Schloss. Namentlich ist es der Engel Euphora, welcher ihm dasselbe als ein Paradies erscheinen lässt, er denkt nur noch mit Schrecken an Abreise und Trennung.

Doch endlich gewinnt sein nüchterner Verstand wieder die Oberhand, er sieht ein, dass er sich los­reißen muss und bestimmt den Tag seiner Abreise zum Schmerz Jouans und zum Schrecken Euphoras, die fast ohnmächtig bei der Ankündigung seines Entschlusses wird. Da lässt ihn der Vater zu sich rufen, um zu erfahren, wodurch er aus seiner Schuld kom­men kann.

Van Straaten weigert sich noch etwas anzu­nehmen, aber der Portugiese erklärt stolz, dass er niemand etwas schuldig bleiben möge. Es sei wahr, es gäbe kaum etwas, die Tat des Seemanns zu belohnen, aber er sei auch gewillt, den höchsten Preis für die Rettung des Sohnes zu zahlen.

›Ich bin sehr reich!‹, sagt er, »aber meine besten Schätze sind diese beiden; nimm für die Ret­tung meines einen Kindes das andere. Genügt dir das?‹

Jouan jubelt laut, Euphora schreit auf und be­deckt ihr Gesicht mit den Händen! Van Straaten greift sich an den Kopf. Es ist, als müsse ihm derselbe zerspringen. Er weiß nichts zu antworten. Der Kranke schickt alle drei hinaus und ersucht den Seemann, die Nacht bei ihm zu wachen, da er ihm Mitteilungen zu machen habe, die ihn zum Entschluss bringen dürften.

Unser Holländer besinnt sich allgemach wieder, die Abreise wird aufgegeben. Die Nacht sieht ihn neben dem Bett des Kranken sitzen und mit weit geöffneten Augen und aufgesperrtem Mund den Worten desselben lauschen.

Und was erzählt ihm denn der Señor so Wichtiges?

Señor Preilho teilt dem Seemann mit, wie er vor Jahren arm, wie er in das Land gekommen war, wie er aber gewusst habe, dass die Singalesen, als die Europäer die Insel erobert hatten, ihre Schätze zusammen­gehäuft und in neun großen eisernen Kisten auf dem Adamspik verborgen hätten. Wie er ferner mit ei­nem gewonnenen Freunde das Versteck aufgesucht, es ihnen aber nur gelungen sei, eine Kiste zu öffnen. Dessen ungeachtet hätten er und der Freund ihre Mil­lionen davon; der Freund sei später in Europa ge­storben, ihn selbst habe die Gliederdarre an einem zweiten Unternehmen wie das Erste gehindert, sein Sohn sei bisher noch zu jung gewesen, auch habe es an einem zweiten Teilnehmer gemangelt, um den Inhalt der anderen acht Kisten zu holen. Doch er hoffe nun seinen Mann gefunden zu haben. Niemand«, so schloss der Portugiese, »habe ich bisher dies Geheimnis anvertraut und mit ihm bist du reicher als ich. Jetzt darfst du dich nicht mehr zu arm halten, mein Schwiegersohn zu werden!«

Der Seemann schwieg, er horchte noch immer, als der Portugiese bereits geendet hatte, aber der Hollän­der war in ihm rege geworden. Er weigerte sich nicht mehr, den Engel Euphora zur Frau zu nehmen. Er versprach alles, was deren Vater verlangte; und nach zwei Monaten, die zur Rüstung und der Jah­reszeit wegen noch verstreichen mussten, machten sich van Straaten und Jouan auf den Weg zu dem Adamspik.

Und nun folgte die Schilderung einer so aben­teuerlichen Reise, gegen die alle Reisen in der Welt nichts sind. Alle Gefahren, welche die Natur nur zu schaffen imstande ist, mussten von den beiden Abenteurern überwunden werden. Jouan erlag denselben. Van Straaten kam an und sah die Kisten, aber nicht fähig, sie zu öffnen, musste er ver­zweifelnd umkehren. Er kam wieder in Trinkomale an, aber der Señor war gestorben, Euphora ver­schwunden, das Vermögen des Ersteren eingezogen. Van Straaten hatte gleichsam nur einen gut begin­nenden, aber böse endenden Traum gehabt. Er starb elend im Hospital und die acht Kisten mit ihren Schätzen blieben auf dem Adamspik. Das Geheim­nis ihres Versteckes war mit ihm in die Gruft gelegt worden.

Das war der Inhalt der abenteuerlichen Ge­schichte, welche einen solchen unabweisbaren Eindruck auf mich machte, und mit der glühenden Fantasie eines lebhaften Knaben wusste ich mir Situation um Situation auszumalen, als habe ich selbst alles bis auf die kleinsten Details durchlebt, mitgewünscht, mit­gehofft, mitgelitten und natürlich auch Euphora den Engel mitgeliebt.

Auch als ich älter wurde, verließen mich diese Fantasien nicht, sie trieben mich wie gesagt auf die See. Sie begleiteten mich auf allen meinen Reisen, den Knaben, den Jüngling, den Mann, und sie durchschauerten mich mit wonnigem Gefühl, als ich die Stelle eines Zweiten Steuermanns auf einem nach Madras bestimmten Schiff erhielt. Nach Madras, der Gedanke schon daran, ließ mich nicht schlafen. Ich musste Ceylon passieren, es sehen, ja vielleicht – welche Möglichkeiten gibt es nicht zur See, – vielleicht meinen Fuß auf die Insel legen und dann – dann freilich sollte mich nichts zurückhalten, van Straaten nachzuahmen. Hatte ich nur erst die Kisten, so konnte mir auch die Euphora nicht fehlen. Ich war bis auf meine, zur fixen Idee gewordene Einbildung ein wohlgezogener Knabe, ein an­ständiger Jüngling gewesen und trotz derselben ein verständiger Mann geworden. Das sagte mir alle Welt nach und ich selbst leugnete es nicht, denn ich hielt auch jene Idee für eine verständige. Hätten andere dieselbe gekannt, so dürften sie jedoch anderes geurteilt haben, aber ich hütete mich wohl vor dem, was in mir wühlte, etwas auf die Oberfläche treten zu lassen. Ich wollte meine Schätze mit niemand als mit einem Auserwählten teilen und dieser war noch immer nicht gefunden.

Dagegen füllte ich meine Kiste mit Gegenstän­den, die ich zu der möglichen Extratour brauchen konnte. Und als die heimatliche Küste meinen Blicken schwand, da dachte ich – Vaterland du siehst mich als Millionär oder nie wieder. Ja, so lautete mein Abschied von der Heimat. Unsere Reise ging glücklich vonstatten ; ich erzähle nichts von der Hinreise, weil es kaum etwas anderes als Alltägliches gab und alltäglich war auch schon mein Herzklopfen, wenn ich dachte, dass ich mit jedem Tage meinem ersehnten Ziel umso und so viel näher gekommen sei.

Aber Niemand ahnte, was in mir vorging, und wenn ich auf der Karte mit Vorliebe Ceylon studierte, so glaubten der Kapitän wie mein Maat, es geschehe, um desto besser seiner Zeit für die Sicherheit des Schiffes sorgen zu können.

Da kam noch obendrein der Zufall meinem Vorhaben zustatten ; eine leichte Havarie veranlasste den Kapitän, Ceylon anzulaufen, um dieselbe dort reparieren zu lassen. Wir landeten zu Point de Gallo und mein Entschluss war schnell gefasst. Ich machte mich krank, erhielt meine Entlassung und blieb zurück, als das Schiff die Insel verließ. Natürlich war ich gesund, als das Schiff außer Sicht gekommen war.