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Der Welt-Detektiv Band 6

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Der Alte vom Berge – Kapitel 18

C. F. Fröhlich
Der Alte vom Berge
Oder: Taten und Schicksale des tapferen Templers Hogo von Maltitz und seiner geliebten Mirza
Ein Gemälde aus den Zeiten der Kreuzzüge
Nordhausen, bei Ernst Friedrich Fürst, 1828

XVIII.

Unmutig über das ungewisse Schicksal seiner geliebten Mirza saß nach einigen Monaten Hugo in seiner Zelle. Er wäre jetzt so gern in das Gewühl der Schlacht geeilt, um sein heißes Blut abzukühlen, aber der Feind wagte seit der Hauptschlacht nicht den geringsten Angriff. Doch tröstete er sich damit, dass nach der jetzigen Ruhe eine furchtbare Schlacht nicht mehr fern sei, wozu er in Kahira Zubereitungen glaubte bemerkt zu haben.

Indem stürmte Brömser zu ihm mit lautem Gelächter in die Zelle: »Träumer«, schrie er ihm zu, »ich habe Euch eine herrliche Neuigkeit mitzuteilen. Denkt nur, einige Abgesandte der Assassinen sind bei uns und wollen wirklich für die Freiheit des Alten vom Berge eine zwanzig Mal höhere Summe für ihn bezahlen, als der Sohn des Sultans!«

Diese Worte verscheuchten schnell seinen Trübsinn.

»Man wird ihm doch die Freiheit geben!«, polterte er.

»Das Kapitel soll entscheiden«, entgegnete der Befragte.

Der Ton einer dumpfen Glocke ertönte bereits als Ruf zur Versammlung. Hugo war fest entschlossen, zur Befreiung des Alten so viel wie möglich beizutragen.

»Brüder!«, begann der Großmeister, »ohne Eure Zustimmung gab ich im letztvergangenen Jahr den Abgesandten der Assassinen wegen des Lösegeldes für den Alten die Antwort: Wenn ihr zwanzig Mal mehr zahlt, als der Sohn des Sultans, so soll der Gefangene die Freiheit haben. Traurig zogen sie mit diesem Bescheid ab, aber nicht eher haben sie geruht, bis sie diese schrecklich hohe Summe im Lande zusammengebracht haben. Nun sind sie hier und wollen das Verlangte für die Freiheit des Alten zahlen. Brüder! Wir haben seit zwei kriegerischen Jahren bedeutende, ja gewiss sehr bedeutende Ausgaben gehabt. Unser Schatz ist ziemlich leer und Güter des Ordens zu verkaufen, würde nicht ratsam sein. Meine Meinung ist daher: Wir nehmen das Lösegeld und geben dem Alten die Freiheit, der vielleicht nach einigen Monaten nicht mehr am Leben ist und uns wenig oder gar keinen Schaden mehr antun kann.«

»Der Meinung bin ich nicht«, schrie der fantastische Drapier hitzig, »lieber diesen alten Blutsauger hier festgehalten und Güter des Ordens verkauft, als ihn die Freiheit gegeben. Er würde uns mit seinen Assassinen, die sich jetzt ganz ruhig verhalten, nicht wenig zu schaffen machen und den Sultan zu einer neuen Schlacht anreizen. Ehe ich diesen Blutsauger die Freiheit gönne, eher durchbohre ich ihn mit diesem Dolch!«

»Nicht zu hitzig, alter Freund«, warnte der Großmeister.

»Ich war es«, begann der Marschall Hugo, »der diesen Alten gefangen nahm, und so glaube ich auch das meiste Recht an ihn zu haben. Da die Assassinen ein so hohes Lösegeld zahlen, unser würdige Großmeister vom Sultan die Freiheit unentgeltlich erhalten und außerdem sich auch noch sehr gnädig gegen uns bewiesen hat, so ist mein Wunsch und meine Bitte: Gebt dem Alten die Freiheit.«

»Ja, gebt ihn die Freiheit«, schrie fast die ganze Versammlung. Nur der Drapier und noch einige widersprachen heftig, doch entschied die Mehrzahl der Stimmen.

Höchst aufgeregt und uneinig ging die Versammlung auseinander. Die Assassinen zahlten die Summe und eilten dann vergnügt zu dem Käfig. Die Schlösser fielen. Der Alte wurde jubelnd herausgehoben. Ohne die Miene zur Freude zu verändern, blickte er auf die Assassinen, ließ die Blicke noch im Tempelhof umherschweifen und sah ruhig zu der Zelle des Drapiers, der zornig nach ihm einen Dolch schleuderte. Unwillig hierüber umgaben den Alten zum Schutz sogleich mehre Templer. Hugo stand nahe bei ihm und hatte verschiedene Fragen auf dem Herzen.

»Die Stunde deiner Gefangenschaft schlägt eher, als die Sonne ihren Lauf sechsmal beginnt«, sagte er in prophetischem Ton und folgte mit abgemessenen Schritten den Assassinen.

Vor dem Tempelhofe hob man ihn auf ein Pferd, seine Begleiter taten dasselbe, und von einigen Rittern geleitet ritten sie fort.