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Der Konstanzer Hans Teil 17

W. Fr. Wüst
Der Konstanzer Hans
Merkwürdige Geschichte eines schwäbischen Gauners
Reutlingen, 1852

Siebzehntes Kapitel

Hans begibt sich in die Schwarzwaldgegenden und kommt oft in große Not.

Die 24 Höfe im Schwarzwald waren das Ziel, welches Hans mit Viktor und der Schleiferbärbel nun erreichen wollte. Hier trafen sie auch Peter mit seiner Gesellschaft. Sogleich wurde der Vorschlag zum Einbruch bei einem Müller in der Nähe von Alpirsbach gemacht, von Hans verworfen, weil er den Müller gut kannte, aber dennoch ausgeführt. Die Beute entsprach jedoch den Erwartungen durchaus nicht, denn sie bestand nur in etlichen Gulden und etwas Speck. Als sie auf der Höhe von Röthenbach den Raub verteilten, kam ein Hirte zu ihnen und bat sie um ein Almosen. Jeder gab ihm ein Stück von dem eben gestohlenen Speck. Zu gleicher Zeit schoss Hans seine Pistole ab, um zu sehen, ob sie durch die Nässe nicht gelitten habe. Der Hirte hielt die Leute für verdächtig und machte Anzeige im Dorf. Viktor und sein Kamerad waren auch wirklich von den Streifern ergriffen worden. Als Hans dies erfuhr, machte er sich mit seiner Gesellschaft eiligst davon. Aber sie liefen den Streifern geradezu in die Hände und Hans und Peter entkamen nur durch die Schnelligkeit ihrer Füße, während die Schleiferbärbel mit einer anderen Gaunerin eingefangen wurde. Hans war froh, jener Person auf diese Weise für immer los zu sein. Er und Peter nahmen sich bei einem Bauern in Sterneck gewalttätiger Weise ein Nachtquartier, indem sie diesen zwangen, seinen Hund in ihrer Schlafkammer zu lassen und das Haus verschlossen zu halten, bis sie es selbst aufschließen würden.

In Wittendorf, wohin sie sich am andern Morgen begaben, um ihr Gepäck abzuholen, retteten sie sich aus neuer Gefahr durch ihren Mut und ihre Geistesgegenwart. Solche Verlegenheiten und solch listiges Entrinnen aus denselben folgten nun schnell aufeinander.

In die größte Gefahr kam Hans in Weilerstadt, wohin er sich mit Peter und dem achtjährigen Knaben der Schleiferbärbel begeben hatte. Es war dort Jahrmarkt und Hans wollte da seine Tätigkeit zeigen, machte sich aber unfähig dazu, indem er sich schon am frühen Morgen mit Wein und Branntwein berauschte. Der kleine Knabe, der von seiner Mutter das Diebeshandwerk schon sehr gut erlernt hatte, warnte Hans vor Unternehmungen und sagte, er selbst wolle schon dafür sorgen, dass sie nicht leer abziehen. Aber Hans ließ sich nicht abhalten, nahm einem Schuster ein Paar Schuhe von seinem Stand weg und machte sich in das Volksgedränge hinein. Der Schuster eilte ihm aber nach, fasste ihn und wollte ihn der Obrigkeit überliefern.

Hans riss sich los, schlug mit beiden Armen um sich, zog sein zweischneidiges Messer hervor, machte sich Bahn durch die Menge und entkam glücklich über eine 5 bis 6 Fuß hohe Mauer in einen Garten. Nun glaubte er sich sicher, ging in ein Wirtshaus, trank und rauchte da. Ein Hatschier tritt ein und erklärt ihm, er sei verhaftet. Das wäre einfältig, sprach Hans, und machten Miene, auf den Haschier loszugehen. Dieser eilte zur Haustür hinunter, um ihn da aufzuhalten und die Torwache zu Hilfe zu rufen. Hans aber flüchtete sich durch einen Holzstall zum Laden hinaus, stieß die Torwache auf die Seite, machte sich durch die vielen Marktleute Platz vermittelst seiner Pistole, die er gegen jeden loszuschießen drohte, der ihm nahekomme, und entschlüpfte glücklich. Das ist eine unsichere Gegend, dachte Hans, und zog wieder dem Oberland zu.

Dort traf er Peter an, und beide nahmen von einem mit Tuch beladenen Karren ein feines Stück herunter, ungeachtet ein Hund die Waren bewachte. Sie verbargen das gestohlene Tuch in einem Wald an der Fürstenbergischen Grenze und steckten eine Pistole dazu in die Erde, um beides in der nächsten Nacht abzuholen. Sie verspäteten sich aber und fanden das Tuch ganz durchnässt, da es die ganze Nacht hindurch stark geregnet hatte. Hans schoss die Pistole los, um sich zu überzeugen, ob ihr die Nässe nicht geschadet habe.

Kaum waren sie einige hundert Schritte weit gegangen, als ein Blumenfeldischer Jäger sie anhielt und verschiedene Fragen an sie richtete. Hierauf ließ der Jäger sie gehen, und Peter schritt, um die Pistole zu verbergen, dicht neben Hans. Doch kamen die Männer dem Jäger verdächtig vor und er rief ihnen daher ein »Halt!« zu, indem er seine Büchse auf sie anlegte. Erschrocken wendeten sie sich um.

Hans sagte: »Sie werden doch nicht schießen. Sie können ja meinen Pack untersuchen, wenn Sie mich für verdächtig halten.«

Er näherte sich dem Jäger, als ob er ihm den Pack überreichen wollte, machte aber dann schnell einen Sprung gegen ihn, packte ihn an der Brust, schüttete das Pulver von der Zündpfanne und versuchte ihm das Gewehr zu entreißen. Der Jäger versuchte sich durch die Drohung, drei andere Jäger seien in der Nähe, von ihnen loszumachen.

Peter hielt ihm aber die geladene Pistole vor das Gesicht mit den Worten: »Hund, du musst sterben.« Als der Jäger um Schonung bat, erwiderte Peter: »Du hast ja dein Gewehr auch auf uns angelegt.«

Trotz Hans’ Abwehren drückte Peter los, aber wie durch ein Wunder traf kein Schrot des Jägers Gesicht, sondern dasselbe wurde bloß durch das Pulver ein wenig verbrannt. Hans entriss Peter die Pistole und schlug sie dem Jäger auf den Kopf, worauf derselbe betäubt niedersank.

In größter Eile nahmen Hans und Peter Reißaus und glaubten ihre Flucht schon gesichert, als ein Hirte ihnen nacheilte und gleich darauf ein anderer Jäger sie verfolgte. Hans wäre für seine Person schon gerettet gewesen, aber er kam Peter zu Hilfe, der gewiss eingefangen worden wäre, wenn jener ihn nicht schnell an der Hand mit sich fortgerissen hätte. Zwei Stunden lang dauerte die Hetzjagd, denn es waren noch viele Bauern zur Verfolgung hinzugekommen. Aber nun waren sie der Gefahr entronnen.

Dennoch durften sie sich nicht für ganz sicher halten, denn es wurden nach allen Orten hin Steckbriefe ausgeschickt.

Je schneller die Gefahren jetzt auf einander folgten, desto sorgloser und vertrauter wurde Hans mit denselben, da er ihnen stets glücklich entgangen war.

Sein Mut, die gewagtesten Streiche auszuführen, wuchs mit jedem Tag.

Gleich nach der letzten überstandenen Gefahr machte er dem Pfarrer in Bergfelden einen nächtlichen Besuch.

Als er die Leiter an das Haus anlegte, fuhr ein Fenster auf. Hams ließ sich dadurch nicht abschrecken, sondern stieg in das Zimmer hinein, machte Licht und leuchtete herum, ob er nicht die Uhr und den Geldbeutel des Pfarrers irgendwo entdecken könnte. An der Seite des Bettes, in welchem dieser schlief, sah er dessen Beinkleider hängen. Er löschte das Licht, stieg auf die Bettstelle hinauf, sodass der Schlafende zwischen seinen Füßen lag, nahm die Uhr und den Geldbeutel, packte auch noch einiges andere ein und brachte die Beute sicher fort.