Mountain Men Teil 4 – Pathfinder Ladys
Die Mountain Men waren ein sehr kleiner und einzigartiger kultureller Teil Amerikas zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Sie unterschieden sich vom Rest der Bevölkerung, indem sie die unberührte Wildnis zwischen St. Louis im Osten und dem spanischen Kalifornien im Westen erforschten und durchstreiften. Sie überwanden dabei reißende Flüsse und steile Berge, nahmen mit der meist indianischen Bevölkerung Kontakt auf, sahen Fantastisches unvorstellbaren Ausmaßes, überstanden zahlreiche Strapazen und erfuhren einige der unglaublichsten Abenteuer. Die Mountain Men waren aber auch Meister der »Lügen«, denn ihre Geschichten beinhalteten nicht nur wirklich Erlebtes.
Sie unterschieden sich nicht von Generationen von Pelzjägern, die es bereits in den frühen Jahren des 17. Jahrhunderts gab. Sie alle drangen tief in die Wildnis ein, um dem soft gold, dem Biberpelz, auf die Spur zu kommen. Sie ließen ihre Familien zurück, verzichteten auf den Komfort der Zivilisation und richteten ihr Augenmerk auf Anerkennung und Reichtum im Pelzhandel. In all den Jahren wurde das Leben der Mountain Men verklärt und falsch interpretiert. Doch der Mythos dieser Männer soll nicht in Vergessenheit geraten und in einigen ausgewählten Beiträgen unseren Lesern etwas näher gebracht werden.
Pathfinder Ladys
Der Westen war die Verheißung für die Männer und der Schrecken ihrer Frauen und Töchter, die sie begleiteten. Sie wurden gezwungen, ihr Heim, ihre Familien und Freunde aufzugeben, um sich fern der Heimat in ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang zu stürzen. Als Partnerinnen ihrer Ehemänner und im Alleingang verbrachten sie Leistungen, die mit Gold nicht aufzuwiegen waren. Im Gegensatz zum Osten konnten sie Forderungen stellen und manche suchten Erfüllung ihrer heimlichen Träume und Sehnsüchte. Starben ihre Männer und Väter, waren die Frauen gezwungen, ihr Leben alleine zu meistern. Das harte Leben im Westen verlangte ihnen alles ab und manche von ihnen setzten sich über Sitte und Moral hinweg, einige aus Abenteuerlust, viele aus einer Notwendigkeit heraus. Einigen Mutigen war es nicht genug als Heimstätterinnen und Mütter vieler Kinder ein ärmliches Dasein zu fristen, sondern sie suchten den Weg ins Neue, Unbekannte. Sie überschritten Tabus und Grenzen, nahmen Anfeindungen, Zurechtweisungen, Missbilligungen und Wagnisse auf sich, um ihren Geschlechtsgenossinnen den Weg zu ebnen. Die meisten taten die Anfeindungen mit einem Achselzucken ab, andere genossen das Ärgernis, das sie erregten. Sie wollten den Männern gleichberechtigt sein, kämpften für die Wahlberechtigung und drängten sich in Berufszweige, die bisher den Männern vorbehalten waren. Mit großem Mut und neuen Ideen machten sie sich selbstständig. Die Frauen des wachsenden Grenzlandes erkämpften sich Freiheiten, die ihren Geschlechtsgenossinnen im Osten fremd waren. Wo immer sie sich niederließen, entstanden bald Schulen, Kirchen und wohltätige Vereinigungen. Jede Heimstätterin leistete täglich Unmenschliches, doch nur die Namen jener, die aus ihrem alltäglichen Dasein ausgebrochen sind, sich über Konventionen hinweg stellten, sind bis heute unvergessen.
Evelyn Jephson Flower (1868-1928) wuchs gut behütet in gehobenen Kreisen in London auf. Sie wollte aus ihrem eintönigen Leben ausbrechen, heiratete den älteren schottischen Aristokraten Ewen Somerled Cameron und begab sich mit ihm auf eine Expedition nach Montana. 1893 gründeten die beiden eine Ranch. Evelyn war eine ausgezeichnete Fotografin und verbrachte viel Zeit damit, die Schönheiten der wilden Landschaft einzufangen. Als sie 1928 dreizehn Jahre nach ihrem Ehemann starb, erbte ihre Freundin Janet Williams die Ranch mit samt den Fotografien und Aufzeichnungen. Die Original-Werke sind im Evelyn Cameron Gallery in Terry, Montana ausgestellt.
Clara Brown (ca. 1800–1885) eine ehemalige Sklavin aus Kentucky, verlangte für das Waschen der Hemden der Goldgräber 50 Cent pro Stück. In wenigen Jahren sparte sie eine ansehnliche Summe und verwendete sie dafür, ehemaligen Sklaven zu helfen.
Luzena Wilson (ca.1821 – 1902) traf 1849 mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in –Nevada City, Kalifornien ein. Um die Familienfinanzen aufzubessern, verkaufte sie Speisen an die Goldgräber. Mit dem erwirtschafteten Geld erweiterte das Ehepaar ihre Hütte Zimmer für Zimmer zu einem Hotel. Luzena stellte Personal ein. Zusätzlich nähte sie für die Goldgräber und verlieh das verdiente Geld für hohe Zinsen. Bald eröffneten sie einen Laden und das Geschäft florierte. Durch einen Brand, der fast ganz Nevada City zerstörte, unter anderem auch das Hab und Gut der Wilsons, musste die Familie wieder von vorne beginnen.
Martha Maxwell, die »Jägerin von Colorado« (1831 – 1881) war eine meisterhafte Schützin, ging gerne zur Jagd und präparierte die erlegten Tiere, um sie auszustellen. 1877 wurde sie als offizielle Entdeckerin einer Eulenart anerkannt, die den Namen »Scops Maxwelae« erhielt. Erwähnenswert ist, dass Maxwell Vegetarierin war.
Esther Hobart McQuigg Morris (1814-1902) kam 1869 in die Goldgräberstadt South Pass City. Die stämmige Frau setzte sich für Frauenrechte ein. Sie wurde zum Friedensrichter der wilden Stadt South Pass City ernannt und ist eine der Betreiberinnen des Wahlrechts für Frauen. Nicht grundlos nennt man sie die »Mutter des Frauenwahlrechts.« 1869 wurde in Wyoming das Frauenwahlrecht eingeführt. Unter anderem sollten Frauen dazu bewogen werden, sich im menschenarmen Land niederzulassen.
Sängerinnen, Tänzerinnen und Schauspielerinnen verdienten nicht nur Geld, weil sie gute Darbietungen boten. Alleine die Tatsache, dass sie Frauen waren, bewog die einsamen Goldgräber dazu, weite Wege auf sich zu nehmen, um teils miserablen Vorstellungen beizuwohnen. Die ältere Antoinette Adams war nicht hübsch und ihr Gesang, den sie in Virginia City, Nevada darbot, von schlechter Qualität. Nach dem ersten Lied meinte ein Mann aus dem Publikum, man sollte die Dame großzügig bezahlen, damit sie in den Ruhestand gehen könnte. Die Dame verstand den Wink, sammelte die Dollars ein und ging.
Mary Anna Hallok (1847 – 1938) genoss das feine New Yorker Leben. Sie war eine begabte Zeichnerin, deren Werke im Harper‘s Weekly veröffentlicht wurden. 1876 heiratete sie den Bauingenieur Arthur Foote, der sein Glück im Westen versuchen wollte. Die unwirtliche Gegend um New Almaden, Kalifornien verursachte Heimweh und sie stand in Briefwechsel mit dem Herausgeber von Harper’s Weekly, Richard Gilder und seiner Frau. Sie verfasste Artikel und Kurzgeschichten, die sie mit Illustrationen versah, und verkaufte sie an Gilder. Als sie in die Silbergräberstadt Leadville, Colorado zog, begann ihre Schriftstellerkarriere. Der verrufene Ort war Ausgangspunkt ihrer ersten Romane.
Nellie Cashman (1845 –1925) wanderte Ende der 60iger mit ihrer Schwester von Irland nach Amerika aus. Die beiden ließen sich in Bosten nieder, reisten später nach San Francisco weiter. Während ihre Schwester heiratete, reiste die wanderfreudige Nellie herum und betrieb 1872 ein Hotel in Virginia City, Nevada. Ihr Ruhm als Prospektorin begann zwei Jahre später in British Columbia, wo sie sich der Massebewegung zu den neuen Goldfeldern am Dease Lake anschloss. Die junge Frau hatte ein gutes Näschen für goldreiche Claims. Sie kehrte nach Victoria in die Zivilisation zurück. Als sie hörte, dass viele Goldsucher am Dease Lake an Skorbut erkrankten, kaufte sie eine Unmenge Proviant, stellte sie eine Hilfstruppe zusammen, mit der sie sich auf den Weg durch die winterliche Berglandschaft machte. Der örtliche Armeekommandant schickte ihr eine Truppe Soldaten nach, um sie zu »retten«, doch sie mussten ohne sie zu ihrem Stützpunkt zurückkehren. Am Ende der beschwerlichen Reise pflegte sie die Goldsucher gesund. 1880 gelangte sie durch Silberfunde in die wilde Siedlung Tombstone, Arizona und leitete das Hotel Russ House. Sie sammelte Spenden für in Not geratene Goldsucher, von denen ein Großteil aus dem Vergnügungsviertel stammte. Nellies Hotel lief gut, doch nach drei Jahren nahm sie ihr unstetes Leben wieder auf, verkaufte das Hotel und machte sich mit einigen anderen auf den Weg nach Mulege, im Landesinneren der mexikanischen Halbinsel Baja California. Ein sterbender Mexikaner habe ihr gesagt, sie soll dort hingehen, um nach Gold zu suchen. Doch die Gruppe hatte die Wüste unterschätzt und zu wenig Wasser mitgenommen. Nellie, in besserer körperlicher Verfassung als ihre männlichen Begleiter, entschloss sich, Hilfe zu holen. Gerade noch rechtzeitig traf sie bei den Prospektoren ein, um sie mit Wasser zu versorgen. Die Gruppe kehrte ohne Gold um.
E. G. Atwood besaß geologische und mineralogische Kenntnisse und war der weibliche Vize-Präsident und Geschäftsführer der Bonacord Gold Mining und Milling Company von Colorado.
Victoria Claflin (1838 – 1927) heiratete als 15-Jährige den Arzt C. Woodhull. 1967 ließ sie sich von dem Frauenhelden scheiden, heiratet einige Jahre später Colonel James Blood und zog mit ihm nach New York. Mit ihrer jüngeren Schwester Tennie Claflin machte sie in der Wall-Street gute Geschäfte. Sie gründeten die Zeitung »Woodhull and Claflin’s Weekly« und befürworteten die Wahlberechtigung der Frauen. Victoria war die erste Frau, die für die US-Präsidentschaft kandidiert, obwohl das Wahlrecht für Frauen zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeführt war. 1876 ließ sie sich von Blood scheiden. Die beiden Schwestern gingen nach England, wo Victoria ihren dritten Ehemann, den Banker John Biddulph Martin kennenlernte. Mit ihrer Schwester gründete sie die Zeitschrift »Humanitarian.« Sie starb am 9. Juni 1927.
Fay Fuller (1869 – 1958) bestieg 1890 als erste Frau den Gipfel des Mount Rainer. In Zeitungen veröffentlichte sie Artikel und förderte das Interesse des Bergsteigens. Fay Peak, nordwestlich von Mount Rainier nahe Mowich Lake, wurde ihr zu Ehren benannt.
Carry Amelia Nation (1846 –1911) ist vielen ein Begriff. Nachdem ihr erster Mann an Trunksucht gestorben war, widmete sie sich dem Kampf gegen den Alkoholkonsum. Ihr zweiter Mann, der Pfarrer David Nation, wetterte von der Kanzel herunter, Carry stürmte mit schwarzem Kleid und Haube in Saloons und zertrümmerte, was in ihre Reichweite kam. Von manchen als Verrückte verlacht, von anderen als Heldin verehrt, erlangte sie Berühmtheit.
Auf ihrem Grabstein in Belton, Missouri steht: »Sie tat, was sie konnte.«
So long Fellows
Eure Montana
Quellen:
- Time Life Serie, Der Wilde Westen – Die Frauen, Joan Swallow Reiter
- Westwärts mit gerafften Röcken, Linda Peavy u. Ursula Smith, Verlag Gerstenberg
- www.montanacowboyfame.com
- www.womenshistory.about.com
- www.findagrave.com
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