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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sammlung bergmännischer Sagen Teil 44

Das arme Bergmannsleben ist wunderbar reich an Poesie. Seine Sagen und Lieder, seine Sprache, seine Weistümer reichen in die älteste Zeit zurück. Die Lieder, die wohlbekannten Bergreihen, die Sprachüberreste, die Weistümer sind teilweise gesammelt. Die Sagen erscheinen hier zum ersten Mal von kundiger Hand ausgewählt und im ganzen Zauber der bergmännischen Sprache wiedergegeben. Das vermag nur zu bieten, wer ein warmes Herz für Land und Leute mitbringt, wo diese uralten Schätze zu heben sind; wer Verständnis für unser altdeutsches religiöses Leben hat, wer – es sei gerade herausgesagt – selbst poetisch angehaucht ist. Was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen, ist eine alte und ewig neue Wahrheit. Hat der Verfasser auch nur aus der Literatur der Bergmannssagen uns bekannte Gebiete begangen, verdient er schon vollauf unseren Dank. Seine Liebe zur Sache lässt uns hoffen, er werde mit Unterstützung Gleichstrebender noch jene Schaetze heben, die nicht an der großen Straße liegen, sondern an weniger befahrenen Wegen und Stegen zu heiligen Zeiten schimmern und zutage gefördert sein wollen.


IV. Vermischte Sagen

44. Erdleute

Die große Tropfsteinhöhle bei Hasel wurde vor Zeiten von Erdmännlein und Erdweiblein bewohnt und heißt davon Erdmannsloch oder Erdmannshöhle. Diese Leute waren sehr klein und hübsch und standen mit den Haselern in freundschaftlichem Verkehr. Den Bösen gaben sie heilsame Ermahnungen, den Guten halfen sie bei den Haus- und Feldgeschäften, die dadurch gut gediehen. Manchmal nahmen sie aber auch den Arbeitern auf dem Feld Brot und Kuchen weg und legten dafür Steine aus ihrer Höhle hin, welche ganz das Aussehen dieses Gebäcks hatten.

Als einst in dem Tälchen gegen Wehr ein Erdmännlein von einigen Leuten erhascht wurde, rief ihm ein anderes angelegentlich zu: »Sage nur nicht, wozu das Haberbrot und der kleine Kosteks gut ist!«

Später, da in Hasel große Sittenlosigkeit eingerissen war, ließen die Erdleute sich nicht mehr im Dorf sehen, außer im ersten Haus von der Höhle her, dessen Bewohner allein der Tugend treu geblieben waren. In dasselbe kamen eines Winterabends zwei Erdmännlein und baten den Bauer um Esten, wofür sie ihm ihre Bergwerk zu zeigen versprachen. Nachdem sie Suppe bekommen hatten, nahmen sie den Mann mit in die Höhle. Darin gelangten sie an ein fließendes Wasser, worüber sie in einem Kahn setzten. Danach öffneten sie den Eingang der Bergwerke. In diesen waren viele tausend Erdleute mit der Gewinnung und Bearbeitung von Gold und Silber beschäftigt. Als der Bauer alles betrachtet hatte, wurde er mit einem Goldstänglein beschenkt und bis vor die Höhle zurückgeführt. Von nun an kamen die Männlein jeden Abend ins Haus, um Suppe zu essen, worauf sie den Mann stets mit in die Höhle nahmen und ihm eine kleine Goldstange schenkten. Hierdurch wurde er allmählich sehr reich, ohne dass jemand im Ort erriet, auf welche Weise. Weil die Erdleute alle so lange Kleider trugen, dass ihre Füße ganz davon bedeckt wurden, sie auch überhaupt diese aufs Sorgfältigste verbargen, ließ sich der Bauer endlich durch die Neugierde verleiten, abends in seinen Hausgang gesiebte Asche zu streuen. In dieser zeigten sich dann, nachdem die Männlein darüber gegangen waren, deren Fußstapfen, die denen der Gänse ganz ähnlich waren. Als die Erdleute das Geschehene bemerkten, ließen sie sich nie wieder sehen und wahrscheinlich haben sie die Gegend gänzlich verlassen. Gleich danach fiel der Bauer in eine langwierige Krankheit, welche fortwährend zunahm. Dabei büßte er auch nach und nach sein Vermögen ein und starb zuletzt im tiefsten Elend.