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Die drei Musketiere 07

Alexander Dumas d. Ä.
Die drei Musketiere
1. bis 3. Bändchen
Historischer Roman, aus dem Französischen von August Zoller, Stuttgart 1844, überarbeitet nach der neuen deutschen Rechtschreibung

VII.

Das Hauswesen der Musketiere

Als sich d’Artagnan außerhalb des Louvre befand und mit seinen Freunden über die Verwendung seines Anteils an den vierzig Pistolen beratschlagte, riet ihm Athos, ein gutes Gastmahl zu bestellen, Porthos einen Lakaien zu nehmen, und Aramis, sich eine anständige Geliebte zu verschaffen.

Das Mahl wurde an demselben Tag ausgeführt und der Lakai servierte dabei. Athos hatte das Mahl bestellt, Porthos den Lakaien geliefert. Dieser war ein Picarde, den der glorreiche Musketier an demselben Tag und aus dieser Veranlassung auf dem Pont de la Tournelle anwarb, während er in das Wasser spuckend Kreise machte. Porthos behauptete, diese Beschäftigung sei der Beweis eines überlegenden und kontemplativen Geistes und nahm ihn ohne weitere Empfehlung mit. Das vornehme Aussehen dieses Edelmannes, für dessen Rechnung er sich angeworben glaubte, hatte Planchet – dies war der Name des Picarden – verführt. Es trat eine kleine Enttäuschung bei ihm ein, als er sah, dass der Platz bereits durch einen Zunftgenossen Namens Mousqueton besetzt war, und Porthos ihm eröffnete, dass sein Hausstand, so groß er auch sei, zwei Bedienstete nicht zulasse, und dass er in d’Artagnans Dienst treten müsse. Als er aber dem Mahl beiwohnte, das sein Monsieur gab, und diesen bei der Bezahlung eine Handvoll Gold aus der Tasche ziehen sah, hielt er sein Glück für gegründet und dankte dem Himmel, dass er ihn in die Hände eines solchen Krösus fallen lassen hatte. In dieser Meinung beharrte er bis nach dem Festmahl, von dessen Abhub er ein langes Fasten wieder gut machte. Aber Planchets Chimären verschwanden, als er abends das Bett seines Monsieur machte. Dieses Bett war das einzige in der Wohnung, welche aus einem Vorzimmer und einem Schlafzimmer bestand. Planchet schlief im Vorzimmer auf einer Decke, welche dem Bett d’Artagnans entzogen wurde, und worauf dieser von nun an Verzicht leistete.

Athos besaß einen Diener, namens Grimaud, den er auf eine ganz eigentümliche Weise für seinen Dienst dressiert hatte. Er war sehr schweigsam, dieser würdige Monsieur; wohlverstanden, wir sprechen von Athos. In den fünf oder sechs Jahren, die er im vertrautesten Umgang mit seinen zwei Gefährten Porthos und Aramis lebte, erinnerten sich diese, wohl ihn lächeln, aber nie lachen gesehen zu haben. Seine Worte waren kurz, ausdrucksvoll, sie sagten immer das, was sie sagen wollten, und nicht mehr; keine Ausschmückungen, keine Stickereien, keine Arabesken. Obwohl Athos erst dreißig Jahre zählte und ein Mann von großer körperlicher und geistiger Schönheit war, kannte doch niemand eine Geliebte von ihm. Er sprach nie von Frauen. Er hielt jedoch auch niemand davon ab, in seiner Gegenwart von ihnen zu sprechen, obwohl man leicht wahrnehmen konnte, dass diese Art von Unterhaltung, in die er sich nur mit bitteren Worten und menschenfeindlichen Bemerkungen mischte, ihm ganz besonders unangenehm war. Seine Zurückhaltung, sein herbes Wesen, seine Stummheit gaben ihm beinahe das Aussehen eines Greises. Um von seinen Gewohnheiten nicht abgehen zu müssen, hatte er Grimaud daran gewöhnt, ihm auf eine einfache Gebärde, auf eine einzige Bewegung seines Mundes zu gehorchen. Nur in höchst wichtigen Fällen sprach er mit ihm. Grimaud, der seinen Monsieur wie das Feuer fürchtete, obwohl er für seine Person eine große Anhänglichkeit und für seinen Geist eine große Verehrung hegte, glaubte zuweilen vollkommen verstanden zu haben, was er verlangte, eilte, den erhaltenen Befehl auszuführen, und tat gerade das Gegenteil davon. Dann zuckte Athos die Achseln und prügelte Grimaud, ohne in Zorn zu geraten. An solchen Tagen sprach er ein wenig.

Porthos hatte einen Charakter, der, wie man bereits bemerken konnte, dem von Athos gerade entgegengesetzt war. Er sprach nicht nur viel, sondern er sprach auch laut. Es war ihm indessen, um ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, wenig daran gelegen, ob man ihm zuhörte oder nicht. Er sprach, weil es ihm Vergnügen machte, zu sprechen und sich zu hören. Er sprach von allen Dingen mit Ausnahme der Wissenschaften. In dieser Hinsicht nahm er einen eingefleischten Hass zum Vorwand, den er seit seiner Kindheit gegen die Gelehrten zu hegen vorgab. Er hatte kein so vornehmes Aussehen wie Athos, das Gefühl seiner niedrigeren Stellung in Beziehung auf das Äußere machte ihn am Anfang ihrer Verbindung oft ungerecht gegen diesen Edelmann, den er sodann durch seine glänzende Toilette zu überbieten sich bemühte. Aber mit seiner einfachen Musketierkasake und einzig und allein durch die Art und Weise, wie er den Kopf zurückwarf und den Fuß vorsetzte, nahm Athos sogleich wieder den ihm gebührenden Platz ein und verwies den pomphaften Porthos auf den zweiten Rang. Porthos tröstete sich damit, dass er das Vorzimmer des Monsieur de Tréville und die Wachtstube des Louvre mit dem Lärm von seinem Liebesglück erfüllte, wovon Athos nie sprach. Nachdem er vom Bürgeradel zum Kriegsadel, von der Robine zur Baronin übergegangen war, handelte es sich im gegenwärtigen Augenblick bei Porthos um nichts Geringeres, als um eine ausländische Prinzessin, die ihm ein ungemeines Wohlwollen kundgegeben hatte.

Ein altes Sprichwort sagt: Wie der Monsieur, so der Diener. Gehen wir also vom Diener des Athos zum Diener des Porthos, von Grimaud zu Mousqueton über.

Mousqueton war ein Normanne, dessen friedlichen Namen Boniface sein Monsieur in den unendlich klangreicheren und kriegerischen Mousqueton verwandelt hatte. Er war in den Dienst von Porthos unter der Bedingung getreten, nur mit Kleidern und Wohnung, aber dies auf eine prachtvolle Weise, versehen zu werden. Er verlangte nur zwei Stunden täglich, um sich einer Industrie zu widmen, mit deren Ertrag er seine übrigen Bedürfnisse bestreiten wollte. Porthos hatte den Handel angenommen. Die Sache stand ihm auf diese Art ganz gut an. Er ließ Mousqueton Wämser aus seinen alten Kleidern und abgetragenen Mänteln zuschneiden, und mithilfe eines geschickten Schneiders, der den alten Röcken durch Wenden ein neues Ansehen verlieh, und dessen Frau man im Verdacht hatte, sie veranlasse Porthos, etwas von seinen aristokratischen Gewohnheiten herabzusteigen, spielte Mousqueton im Gefolge seines Monsieur eine ziemlich gute Figur.

Was Aramis betrifft, dessen Charakter wir hinreichend geschildert zu haben glauben, einen Charakter, den wir überdies, wie den seiner Gefährten, in seiner Entwicklung verfolgen können, so hieß sein Lakai Bazin. Da sein Monsieur Hoffnung hatte, eines Tages in den geistlichen Stand einzutreten, so war er immer schwarz gekleidet, wie dies der Diener eines Geistlichen sein soll. Es war ein Berrichon aus Berry, von ungefähr fünfunddreißig bis vierzig Jahren sanft, friedlich, fett, pflegte in den Mußestunden, die ihm sein Monsieur ließ, fromme Bücher zu lesen, und speiste, streng genommen für zwei zu Mittag, wobei er sich übrigens mit wenigen Schüsseln begnügte. Diese aber mussten vortrefflich zubereitet sein. Im Übrigen war er stumm, blind, taub, aber von feuerfester Treue. Da wir jetzt die Messieurs und die Diener wenigstens oberflächlich kennen, wollen wir zu den Wohnungen der Einzelnen übergehen.

Athos wohnte in der Rue Ferou, zwei Schritte vom Luxemburg. Seine Wohnung bestand aus zwei kleinen, sehr reinlich ausgestatteten Zimmern in einem möblierten Haus, dessen noch sehr junge und in der Tat sehr hübsche Wirtin vergeblich mit ihm liebäugelte. Einige Überreste großer ehemaliger Herrlichkeit glänzten da und dort an den Wänden dieser bescheidenen Wohnung. Ein reich damaszierter Degen zum Beispiel, der seiner Form nach aus der Zeit Franz I. herrühren mochte, und dessen mit kostbaren Steinen inkrustierter Griff wohl an zweihundert Pistolen wert war. Dennoch hatte sich Athos selbst in seinen größten Verlegenheiten nie herbeigelassen, ihn zu verkaufen oder zu verpfänden. Dieser Degen war lange Zeit ein Gegenstand sehnsüchtigen Trachtens von Porthos gewesen. Porthos hätte zehn Jahre seines Lebens für den Besitz dieses Degens gegeben.

Als er eines Tages ein Rendezvous mit einer Herzogin hatte, versuchte er es, ihn von Athos zu entlehnen. Ohne ein Wort zu sprechen, leerte Athos seine Taschen, suchte alle seine Juwelen zusammen, Börsen, goldene Nadeln und Ketten, und bot ihm alles an, aber von dem Degen sagte er, er sei an seine Stelle befestigt und solle diese nur verlassen, wenn sein Monsieur selbst seine Wohnung verlasse. Außer diesem Degen besaß er noch ein Porträt, einen vornehmen Mann aus der Zeit Heinrichs III. in äußerst eleganter Tracht und mit dem Heiligengeistorden darstellend. Dieses Porträt glich Athos in Beziehung auf gewisse Linien. Es lag eine Familienähnlichkeit darin, aus der sich erkennen ließ, dass dieser vornehme Mann, ein Ritter der Orden des Königs, sein Vorfahre war. Eine Lade endlich von prachtvoller Goldschmiedearbeit, mit demselben Wappen verziert wie der Degen und das Porträt, bildete einen Kaminaufsatz, der gewaltig von der übrigen Ausstattung abstach. Athos trug den Schlüssel dieser Lade stets bei sich, aber eines Tages öffnete er sie vor Porthos, und dieser hatte Gelegenheit, sich zu überzeugen, dass die Lade nur Briefe und Papiere enthielt – Liebesbriefe und Familienpapiere ohne Zweifel.

Porthos hatte eine geräumige Wohnung von äußerst prunkvollem Aussehen in der Rue du Vieux-Colombier. So oft er mit einem Freund an seinen Fenstern vorüberkam, an deren einem Mousqueton stets in großer Livree stand, hob Porthos Kopf und Hand in die Höhe und sagte: Hier ist meine Wohnung.« Aber nie fand man ihn zu Hause, nie lud er jemand ein, mit ihm hinaufzusteigen, und niemand konnte sich einen Begriff davon machen, welche wirkliche Reichtümer diese prunkvolle Außenseite in sich schließen dürfte.

Aramis hatte eine kleine Wohnung, bestehend aus einem Ankleidezimmer, einem Speisezimmer und einem Schlafzimmer. Das Letztere lag, wie die ganze Wohnung im Erdgeschoss und ging auf einen frischen, grünen, schattigen und für die Augen der Nachbarschaft undurchdringlichen kleinen Garten.

Von d’Artagnan wissen wir, wie er wohnte, und wir haben bereits mit seinem Lakaien, Meister Planchet, Bekanntschaft gemacht.

D’Artagnan war von Natur sehr neugierig, wie alle Leute von intrigantem Geist, und gab sich alle Mühe, um zu erfahren, wer Athos, Porthos und Aramis, genau genommen, seien, denn unter diesen Kriegsnamen verbarg jeder der jungen Leute seinen wahren adeligen Namen. Athos besonders, in dem man auf eine Meile den hochgeborenen Mann erkannte. Er wandte sich also an Porthos, um Auskunft über Athos und Aramis zu erhalten, und an Aramis, um Porthos kennenzulernen.

Leider wusste Porthos vom Leben seines schweigsamen Kameraden selbst nicht mehr, als was zufällig und von ferne her davon bekannt geworden war. Man sagte, er habe furchtbares Unglück in seinen Liebesangelegenheiten gehabt. Ein schändlicher Verrat habe das Leben dieses trefflichen jungen Mannes auf immer vergiftet. Worin bestand dieser Verrat? Niemand wusste es.

Was Porthos betraf, so konnte man sein Leben, abgesehen von seinem wahren Namen, den, wie die seiner beiden Kameraden, nur Monsieur de Tréville wusste, leicht kennenlernen. Ihn, den eitlen, indiskreten Menschen, durchschaute man wie einen Kristall. Die Nachforschung nach seinen Verhältnissen würde nur dadurch irregeleitet worden sein, wenn man alles Gute, was er von sich selbst sagte, geglaubt hätte.

Aramis sah aus, als ob er kein Geheimnis besäße, während er von Mysterien vollgepfropft war. Er antwortete wenig auf die Fragen, die man über andere an ihn richtete, und wusste geschickt denjenigen auszuweichen, welche seine Person betrafen. Als ihn d’Artagnan eines Tages lange über Porthos ausgeforscht und von ihm das Gerücht vom Glück des Musketiers bei einer Prinzessin erfahren hatte, wollte er auch wissen, wie es mit den Liebeshändeln desjenigen stehe, mit dem er sich unterhielt.

»Und Ihr, mein lieber Gefährte«, sagte er, »Ihr, der Ihr von Baroninnen, Gräfinnen, Prinzessinnen anderer sprecht?«

»Um Vergebung«, unterbrach ihn Aramis, »ich habe gesprochen, weil Porthos selbst davon spricht, weil er alle diese schönen Dinge vor mir ausgeschrien hat. Aber glaubt mir, mein lieber Monsieur d’Artagnan, wenn ich es aus einer anderen Quelle wüsste oder wenn er es mir anvertraut hätte, so gäbe es für ihn keinen verschwiegenen Beichtvater, als ich bin.«

»Ich zweifle nicht daran«, erwiderte d’Artagnan, »aber es scheint mir, Ihr habt Euch selbst mit den Wappen sehr vertraut gemacht, was ein gewisses Taschentuch beweist, dem ich die Ehre Eurer Bekanntschaft zu danken habe.«

Aramis ärgerte sich dieses Mal nicht, sondern nahm seine bescheidenste Miene an und antwortete mit rührendem Ton: »Vergesst nicht, mein Lieber, dass ich der Kirche angehören will und alle weltlichen Veranlassungen fliehe. Das Taschentuch, welches Ihr gesehen habt, ist mir nicht anvertraut worden, sondern einer von meinen Freunden vergaß es bei mir. Ich musste es zu mir nehmen, um ihn und die Dame, die er liebt, nicht zu kompromittieren. Ich für meine Person habe keine Geliebte und will keine haben. Ich folge hierin dem sehr vernünftigen Beispiel von Athos, welcher ebenfalls keine hat.«

»Aber, den Teufel! Ihr seid nicht Abbé, solange Ihr die Musketierkasake tragt.«

»Musketier ad interim, mein Lieber, wie der Kardinal sagt, Musketier wider meinen Willen, aber glaubt mir, im Herzen Geistlicher. Athos und Porthos haben mich, um mich zu beschäftigen, da hineingeschoben. Im Augenblick, wo ich ordiniert werden sollte, hatte ich eine kleine Streitigkeit mit … Aber das interessiert Euch nicht und ich raube Euch eine kostbare Zeit.«

»Im Gegenteil, das interessiert mich sehr«, rief d’Artagnan, »und ich habe in diesem Augenblick durchaus nichts zu tun.«

»Wohl, aber ich muss mein Brevier beten«, antwortete Aramis, »sodann einige Verse machen, welche Madame d’Aiguillon von mir verlangt hat. Ferner muss ich mich zur Rue Saint-Honoré begeben, um Schminke für Frau von Chevreuse zu kaufen. Ihr seht, mein lieber Freund, dass, wenn Ihr auch keine Eile habt, ich doch sehr bedrängt bin.«

Nach diesen Worten reichte Aramis seinem jungen Gefährten freundlich die Hand.

D’Artagnan war nicht imstande, mehr über seine drei neuen Freunde zu erfahren, so sehr er sich auch Mühe gab. Er entschloss sich also, für die Gegenwart alles zu glauben, was man von ihrer Vergangenheit sagte, mit der Hoffnung, in der Zukunft sichere und umfassendere Nachrichten zu erhalten. Einstweilen betrachtete er Athos als einen Achilles, Porthos als einen Ajax und Aramis als einen Joseph.

Übrigens führten die vier jungen Leute ein lustiges Leben. Athos spielte, aber stets unglücklich. Er entlehnte indessen nie einen Sou von seinen Freunden, obwohl ihnen seine Börse stets zu Diensten stand. Und wenn er auf Ehrenwort gespielt hatte, ließ er seinen Gläubiger um sechs Uhr am anderen Morgen wecken, um ihm seine Schuld vom vorhergehenden Abend zu bezahlen. Porthos gab starke Leidenschaften kund: An Tagen, wo er gewann, war er übermütig und freigebig, und wenn er verlor, verschwand er völlig auf mehrere Tage, bis er mit bleicher Miene und langen Zügen, aber mit Geld in den Taschen, wieder zum Vorschein kam. Aramis spielte nie. Er war der schlimmste Musketier und der abscheulichste Tischgesellschafter, den man sich denken konnte. Er hatte stets etwas zu arbeiten. Mitten in einem Mahl, wenn jeder in der Aufregung des Weines und der Wärme des Gesprächs glaubte, man habe wenigstens noch zwei bis drei Stunden bei Tisch zu bleiben, schaute Aramis zuweilen auf seine Uhr, erhob sich mit einem verbindlichen Lächeln und beurlaubte sich von der Gesellschaft, um, wie er sagte, zu einem Kasuisten zu gehen, mit dem er eine Zusammenkunft verabredet hatte. Ein anderes Mal kehrte er in seine Wohnung zurück, um eine These zu schreiben, und bat seine Freunde, ihn nicht zu stören. Athos aber lächelte in der schwermütigen Weise, die so gut zu seinem schönen Gesicht stand, und Porthos trank und schwur, aus Aramis würde nie etwas anderes als ein Dorfpfarrer werden.

Planchet, der Diener d’Artagnans, ertrug das Glück auf eine vortreffliche Weise. Er erhielt dreißig Sou täglich und kam einen Monat lang heiter wie ein Dompfaffe und sehr freundlich gegen seinen Monsieur nach Hause. Als ein entgegengesetzter Wind auf das Hauswesen der Rue des Fossoyeurs zu blasen anfing, das heißt, als die vierzig Pistolen vom König Ludwig XIII. verzehrt oder wenigstens beinahe verzehrt waren, stimmte er Klagen an, welche Athos ekelhaft, Porthos unschicklich und Aramis lächerlich fand. Athos riet d’Artagnan, den Burschen zu entlassen. Porthos wollte, man sollte ihn zuvor durchprügeln, und Aramis behauptete, ein Monsieur dürfe nur die Komplimente anhören, die man ihm sage.

»Das könnt Ihr leicht behaupten«, erwiderte d’Artagnan. »Ihr, Athos, der Ihr stumm mit Grimaud lebt, ihm zu sprechen verbietet und folglich nie schlimme Worte mit ihm wechselt: Ihr, Porthos, der Ihr einen prachtvollen Haushalt führt und für Euren Diener Mousqueton ein Gott seid; und endlich Ihr Aramis, der Ihr, stets mit Euren theologischen Studien beschäftigt. Eurem Diener Bazin, einem frommen, religiösen Menschen, die tiefste Ehrfurcht einflößt. Aber ich, der ich ohne Mittel und ohne einen bestimmten Stand bin, ich, der ich nicht Musketier und nicht einmal Gardist bin, was soll ich tun, um Planchet Zuneigung, Schrecken oder Achtung einzuflößen?«

»Die Sache ist schwierig«, antworteten die drei Freunde. »Es ist eine häusliche Angelegenheit. Es ist mit den Bedienten wie mit den Frauen, man muss sie sogleich auf den Fuß setzen, auf dem sie bleiben sollen.«

D’Artagnan überlegte und beschloss, Planchet provisorisch braun und blau zu prügeln, was mit der Gewissenhaftigkeit ausgeführt wurde, welche d’Artagnan in allen Dingen beobachtete. Nachdem er ihn gehörig durchgewammst hatte, verbot er ihm, seinen Dienst ohne seine Erlaubnis zu verlassen. »Denn«, fügte er bei, »denn die Zukunft kann mir nicht entgehen, ich erwarte mit Bestimmtheit bessere Zeiten. Dein Glück ist also gemacht, wenn du bei mir bleibst, und ich bin ein zu guter Monsieur, um deinem Glück durch Genehmigung des Abschieds, den du von mir verlangst, im Weg zu stehen.«

Diese Handlungsweise flößte den Musketieren große Achtung vor der Politik d’Artagnans ein. Planchet wurde ebenfalls von Bewunderung ergriffen und sprach nicht mehr vom Gehen.

Das Leben der vier jungen Leute war ein gemeinschaftliches geworden. D’Artagnan, der keine Gewohnheit hatte, da er von seiner Provinz herkam, und mitten in eine ihm ganz neue Welt geriet, nahm alsbald die Gewohnheiten seiner Freunde an.

Man stand im Winter gegen acht Uhr und im Sommer gegen sechs Uhr auf, holte bei Monsieur de Tréville das Losungswort und erkundigte sich zugleich nach dem Stand der Angelegenheiten. D’Artagnan tat, obwohl er kein Musketier war, den Dienst mit einer rührenden Pünktlichkeit. Er war stets auf der Wache, weil er stets demjenigen von seinen drei Freunden, welcher seine Wache bezog, Gesellschaft leistete. Man kannte ihn iin der Villa der Musketiere und jeder behandelte ihn als einen guten Kameraden. Monsieur de Tréville, der ihn mit dem ersten Blick gewürdigt hatte und eine wahre Zuneigung für ihn fasste, empfahl ihn beständig dem König.

Die drei Musketiere liebten den jungen Kameraden ungemein. Die Freundschaft, welche diese vier Menschen verband, und ihr Bedürfnis, sich drei- bis viermal täglich zu sehen, sei es wegen eines Duells, sei es in Geschäften oder wegen einer Lustpartie, machten, dass sie sich unablässig nachliefen, wie Schatten, und man begegnete den Unzertrennlichen immer, wie sie sich vom Luxemburg zum Place Saint-Sulpice oder von der Rue du Vieux-Colombier zum Luxemburg begleiteten.

Mittlerweile gingen die Versprechungen des Monsieur de Tréville ihren Gang. An einem schönen Morgen befahl der König dem Monsieur Chevalier des Essarts, d’Artagnan als Kadett in seine Gardekompanie aufzunehmen. Seufzend zog d’Artagnan dieses Gewand an, das er um den Preis von zwei Jahren seines Lebens gegen die Musketiersuniform getauscht hätte. Aber Monsieur de Tréville versprach diese Gunst nach einem Noviziat von zwei Jahren, das sich indessen abkürzen ließ, wenn sich für d’Artagnan eine Gelegenheit darbot, dem König einen Dienst zu leisten oder eine glänzende Waffentat auszuführen. D’Artagnan beruhigte sich bei diesem Versprechen und trat schon den anderen Tag seinen Dienst an.

Nun war es an Athos, Porthos und Aramis, mit d’Artagnan die Wache zu beziehen. Die Kompanie des Monsieur Chevalier des Essarts bekam also an den Tagen, wo d’Artagnan Dienst hatte, vier Mann, statt eines Einzigen.