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Starke Frauen VIII

The-prophets-of-Oak-RidgesMegan Gillespie Rice, die Wutbürgerin

»Ich bereue nichts!«, sagte Megan, als sie im Februar 2014 wieder einmal vor Gericht stand.

Sie habe lediglich nach ihren von Gott gegebenen Verpflichtungen gehandelt.

Die Justiz verurteilte die über achtzigjährige Ordensfrau trotzdem zu drei Jahren Haft.

Ihre Straftat: Sie war mit zwei Gleichgesinnten in eine Atomanlage in Oak Ridge, Tennessee, eingedrungen und hatte ein Gebäude, in dem waffenfähiges Uran lagerte, mit Bibelsprüchen und menschlichem Blut besprüht.

Megan Gillespie Rice ist nicht nur Ordensfrau, sondern auch Antikriegsaktivistin.

Die am 31. Januar 1930 in New York geborene Tochter irischer Katholiken trat im zarten Alter von 18 Jahren in die Kongregation der Society of the Holy Child Jesus ein.

Sie studierte unter anderem Biologie und lehrte mit Unterbrechungen fast 40 Jahre lang als Missionarin in Nigeria und Ghana.

2004, nach ihrer Rückkehr, betätigte sie sich als Friedensaktivistin.

Danach wurde sie insgesamt 40 Mal wegen zivilem Ungehorsam festgenommen.

Rice ist heute noch Mitglied der christlichen Friedensinitiative Plowshares Movement.

Nachdem die Aktivitäten der Gruppe weitgehend von der Presse unbeachtet blieben, nahm sich Rice mit ihren beiden Gesinnungsgenossen, den Vietnamveteranen Michael Walli, 63, und Greg Boertje-Obed, 57, das Y-12 vor.

Hinter diesem Kürzel verbarg sich nicht weniger als eine der am besten bewachten Hochsicherheitsanlagen der USA. Auf dem Komplex in Oak Ridge wird heute noch genug waffenfähiges Uran gelagert, um daraus 10.000 Atombomben herstellen zu können.

Was dann am 28. Juli 2012 folgte, gleicht heute noch einer wahren Eulenspiegelei.

Als das Rentnertrio im Morgengrauen auf das Atomlager zumarschierte, bestand ihre ganze Ausrüstung aus nicht mehr als Taschenlampen, Bolzenschneider, Spraydosen, kleinen Fläschchen mit menschlichem Blut, einer Bibel und frisch gebackenem Brot.

Ohne dass sie jemand stoppte, durchschnitten die drei Rentner mehrere Sicherheitszäune und drangen so unbehelligt bis zu den Gebäuden der Anlage vor. Dort besprühten sie die Wände mit Bibelsprüchen und Blut.

Eine symbolische Aktion.

Das Blut wird von den Mitgliedern des Plowshares Movement unter anderem als Erinnerung an die in Kriegen getöteten Menschen benutzt.

Es dauerte über eine Stunde, ehe ein erster Wachmann die Eindringlinge bemerkte. Die drei boten ihm daraufhin an, das mitgebrachte Brot mit ihm zu teilen.

Die Aktion war die schlimmste Sicherheitsverletzung in der Geschichte der 1943 erbauten Anlage, aus der auch das spaltbare Material für die Hiroshima-Bombe stammte, und löste einen handfesten Skandal aus.

Amerika fragte sich fassungslos, wie es drei älteren Menschen gelingen konnte, auf ein so sensibles Gelände wie Y-12 zu gelangen.

Später stellte sich heraus, dass die Sicherheitsvorkehrungen mehr als nur lax waren.

Das Gericht wertete die Aktion als Sabotage und Schädigung von Staatseigentum. Megan Rice und ihre Begleiter wanderten ins Gefängnis. Die Männer wurden sogar zu fünf Jahren verurteilt. Rice wurde vor Kurzem in ein Frauengefängnis in ihrer Geburtsstadt New York verlegt. In Brooklyn kümmert sie sich jetzt um ehemalige Gefangene, wie sie unlängst in einem Interview berichtete.

Das Einzige, was sie bedauere, sagte die Ordensfrau damals, sei der Umstand, dass sie diese Aktion nicht schon vor 70 Jahren in Angriff genommen hatte. Die wahren Verbrechen wurden in den Atomanlagen gemacht.

Megan Gillespie Rice, wahrlich eine starke Frau.

Quellenhinweise:

(gs)