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Interessante Abenteuer unter den Indianern 13

Interessante-Abenteuer-unter-den-IndianernJohn Frost
Interessante Abenteuer unter den Indianern
Erzählungen der merkwürdigsten Begebenheiten in den ersten indianischen Kriegen sowie auch Ereignisse während der neueren indianischen Feindseligkeiten in Mexiko und Texas

Indianische Dankbarkeit

Nicht lange nach der Niederlassung der Engländer in Connecticut kam eines Tages ein fremder Indianer in eine Schenke. Es war in der Abenddämmerung und er bat die Wirtin um etwas Essen und Trinken. Zu gleicher Zeit sagte er ihr, dass er nichts dafür bezahlen könne, weil seit einigen Tagen seine Jagd unglücklich ausgefallen sei, wolle aber, sobald er glücklicher wäre, bezahlen. Die Wirtin, welche ein böses Weib war, wies ihn nicht nur mit seinem Gesuch zurück, sondern fügte zu ihrer Unfreundlichkeit noch Schimpfworte, indem sie ihn einen faulen Trunkenbold nannte und ihm sagte, dass sie nicht deswegen so hart arbeite, um die Früchte davon an einen solchen Vagabunden zu werfen, wie er wäre.

In demselben Zimmer aber saß ein Mann, der, die Unterredung hörend, aufsah und aus den Gesichtszügen des Indianers erkannte, dass er ermüdet sei und Mangel litt. Dieser Menschenfreund befahl der Frau dem armen Wanderer ein Abendessen zu geben, für welches er bezahlen wolle.

Sie tat es. Nachdem der Indianer sein Mahl vollendet hatte, wendete er sich an seinen Wohltäter und sagte ihm dankend, dass er nimmer seine Güte vergessen werde.

»Was die Frauen betrifft«, fügte er hinzu, »so kann ich ihr bloß eine Geschichte erzählen, wenn sie dieselbe zu hören wünscht.«

Diese, nun etwas besser gelaunt und von Neugierde getrieben, was er wohl zu sagen habe, stimmte bei und der Indianer sprach sie in folgender Weise an: »Ich denke, Ihr lest die Bibel?«

Die Frau bejahte es.

»Gut«, fuhr der Indianer fort, »die Bibel sagt, Gott machte die Welt und dann nahm er sie, sah sie an und sagte: ›Es ist alles sehr gut.‹ Dann machte er das Licht, nahm es und schaute es an und sagte: ›Es ist alles sehr gut.‹ Dann machte er die Tiere, Vögel, Fische, nahm sie, sah sie an und sagte: ›Es ist alles sehr gut.‹ Dann machte er den Mann, nahm ihn, sah ihn an und sagte: ›Es ist alles sehr gut.‹ Und zuletzt machte er das Weib, nahm sie und schaute sie an und sagte aber nicht ein solches Wort.«

Nachdem der Indianer dies gesagt hatte, ging er fort. Einige Jahre später hatte der Mann, der sich dem Indianer befreundete, Gelegenheit, weit in die Wildnis zwischen Litchfield und Albany, welches jetzt eine volkreiche Stadt ist, dazumal aber nur wenige Häuser zählte, zu gehen. Hier wurde er von einer indianischen Streifpartie gefangen und nach Kanada geführt. Als er an der Hauptniederlassung ihres Stammes ankam, die an den Bänken des großen Lorenzo-Stromes war, schlugen einige Indianer seinen Tod vor zur Rache für die Unbilden, die sie von den Weißen zu dulden hätten. Dies würde sicher sein Los gewesen sein, wenn nicht ein altes Indianerweib verlangt hätte, ihn an die Stelle ihres Sohnes zu adoptieren, den sie neulich im Krieg verloren hatte. Demnach wurde er ihr übergeben, und wie es unter solchen Umständen Sitte ist, in derselben Weise als ihr Sohn behandelt. In dem folgenden Sommer, als er eines Tages im Wald Bäume fällte, kam ein unbekannter Indianer zu ihm und bat ihn, mit ihm den folgenden Tag an einem Ort zusammenzukommen, den er ihn beschrieb. Der Weiße versprach es zu tun, obgleich er Unheil zu ahnen glaubte. Während der Nacht wuchsen seine Befürchtungen bis zu dem Grad, dass er von seinem Vorhaben Abstand nahm.

Wenige Tage nachher fand ihn derselbe Indianer wieder an der Arbeit und machte ihm scharfe Vorwürfe, dass er sein Wort nicht gehalten hätte. Der Mann entschuldigte sich so gut er nur immer konnte, aber der Indianer gab sich nicht zufrieden, bis er wiederum versprach, an dem bezeichneten Platz mit ihm zusammenzukommen.

Als er auf dem Platz ankam, fand er den Indianer bereits dort, und zwar mit zwei Musketen, Pulver und Schnappsäcken versehen. Der Indianer hieß ihn von beiden eines nehmen und ihm folgen. Die Richtung ihres Marsches ging südlich. Der Mann folgte ihm ohne alle Kenntnis, was er zu tun habe oder wohin er gehen werde, schloss aber, dass, wenn der Indianer ihm etwa Leid antun wollte, er ihn bei der ersten Zusammenkunft hätte ermorden können und ihn gewiss nicht mit Büchse und Pulver zu seiner Verteidigung versehen haben würde. Seine Befürchtungen nahmen allmählich ab, obgleich der Indianer auf seine Fragen hinsichtlich des Zieles ihrer Wanderung ein hartnäckiges Schweigen beobachtete. Zur Tageszeit schossen und kochten sie so viel Wild, wie sie brauchten, und nachts zündeten sie ein Feuer an, an dem sie schliefen. Nach einer ermüdenden Reise durch die Wälder kamen sie eines Tages auf den Gipfel eines Hügels, von welchem sie die Aussicht auf ein bebautes Lano hatten, das mit Ansiedlungen bedeckt war.

»Weißt du nun«, sagte der Indianer zu seinem erfreuten Gefährten, »wo du bist?«

»Ja«, antwortete er, »wir sind keine zehn Meilen von meinem Dorf entfernt.«

»Und erinnerst du dich nicht mehr des armen Indianers in der Schenke? Du speistest und pflegtest ihn – ich bin der arme Indianer. Nun gehe nach Hause.«

Nachdem er dieses gesagt hatte, bot er ihm Lebewohl und der Mann ging erfreut seiner Heimat zu.