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John Sinclair 1945 – Im Bann des Nachzehrers

John-Sinvlair-1945-Im-Bann-des-VerzehrersIan Rolf Hill
John Sinclair Band 1945
Im Bann des Nachzehrers

Grusel, Horror, Romanheft, Bastei Lübbe AG, Köln, 20. Oktober 2015, 68 Seiten, 1,70 Euro, Covermotiv: Timo Würz
www.bastei.de

Dann flüsterte er mir zu, dass es in seiner Heimat eine Sage gäbe, in der von Toten die Rede ist, die nicht tot sein wollen und einen so starken Lebenshunger entwickeln, dass sie ihre nächsten Angehörigen zu sich ins Grab ziehen. In der Zwischenzeit werden sie vom Hunger derart überwältigt, dass sie anfangen, ihr Leichenhemd zu verspeisen.

Zuerst hält Johnny Conolly es für einen Scherz, als ihm seine neue Freundin Laura sagt, dass sie bald sterben wird. Doch dann erzählt sie ihm von ihrer Schwester Clara, die einige Monate zuvor bei einem Unfall gestorben ist, von ihrem Vater, der danach rapide schwächer wurde, bis auch er vor zwei Monaten das Zeitliche segnete, und von der Legende der Nachzehrer, die ihr der schlesische Einwanderer Henning Steinmetz auf der Beerdigung ihres Vaters erzählt hat. Untote, die aus ihren Gräbern heraus ihren Angehörigen oder Personen, die sie lieben, die Lebensenergie rauben. Für Johnny, der bereits Erfahrungen im Umgang mit bösen Mächten gesammelt hat, ist es keine Frage, Laura zu ihrer Familie nach Eglosjkerry in Cornwall zu begleiten. Im Gepäck hat er das Vampirpendel und dem Holzpflock des Pfählers Frantisek Marek aus dem Waffenarsenal seines Onkels John Sinclair. Gemeinsam mit Henning Steinmetz geht er dort den Hinweisen nach, die auf einen Nachzehrer deuten … und erlebt eine Überraschung.

Und so begann die Leiche, nach ihren Lieben zu rufen, um sie zu sich ins Grab zu ziehen und sich an ihrer Stärke zu laben. Bis dahin würde jedoch Zeit vergehen. Zeit, die sie alleine in der Finsternis verbringen würde. Allein mit dem Hunger. So begann die Leiche mit beiden Händen an ihrem Leichengewand zu ziehen und zu zerren, zerriss es schließlich in schmale Streifen und kleine Fetzen und schlang diese gierig schmatzend in sich hinein.

Obwohl es sich bei Im Bann des Nachzehrers um einen »profanen« Dämon-der-Woche-Fall handelt, stellt Sinclair-Roman Nummer 4 von Ian Rolf Hill gleich in mehrerlei Hinsicht eine Besonderheit dar. Zunächst bekam es das Team Sinclair bisher äußerst selten mit den vampirartigen Nachzehrern zu tun, die sich eher passiv verhalten und damit vergleichbar leicht auszuschalten sind. Zum anderen ist Johnny Conolly hier allein unterwegs, lediglich mit etwas Starthilfe von Tante Jane Collins und dem ortsansässigen Faktotum Henning Steinmetz, der in seiner osteuropäischen Heimat schon Erfahrung mit Nachzehrern gesammelt hat. Der (Aber)Glaube an diese Untoten ist in seiner Heimat weit verbreitet. Außerdem bleibt Hill seinem Erfolgsrezept treu, dem Leser einige unvorhersehbare Überraschungen zu servieren, die den vermeintlich glatten und einfachen Fall plötzlich weit größer und gefahrvoller erscheinen lassen. Es darf wohl verraten werden, dass die Vernichtung des Nachzehrers, die etwa in der Mitte des Romans passiert, noch lange nicht das Ende der Geschichte ist.

Insgesamt ist Hill mit Im Bann des Nachzehrers wieder ein in sich runder Roman gelungen, angenehm ballastfrei, süffig und kurzweilig geschrieben und mit dem schon erwähnten Überraschungsmoment. Dass Johnny Conolly noch dazu persönlich motiviert ist, dem Fall nachzugehen, verleiht der Geschichte noch eine angenehme und emotional nachvollziehbare Intensität.

Das Covermotiv zeigt eine Friedhofsszene mit einem gefährlich wirkenden Nachzehrer vor dem vergrößert dargestellten Vampirpendel, wurde also von Timo Würz offensichtlich speziell für diesen Roman geschaffen.

Fazit:
Stimmiger Dämon-der-Woche-Fall mit Überraschungsfaktor, in dem John Sinclair selbst durch Abwesenheit glänzt und Johnny Conolly die Hauptrolle überlässt.

(eh)