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Starke Frauen VII

Katharina-von-Hohenzollern-SigmaringenKatharina von Hohenzollern, die Gründerin des Männerkonvent Beuron

Katharina Wilhelmine Maria Josepha zu Hohenlohe-Waldenburg Schillingsfürst wurde am 19. Januar 1817 in Stuttgart geboren.

Sie war die Tochter des Fürsten Karl Albrecht III. zu Hohenlohe-Waldenburg Schillingsfürst und dessen Ehefrau Leopoldine, geborene Fürstenberg. Nach der Trennung ihrer Eltern lebte sie bei der Familie ihrer Mutter in Donaueschingen. Mit 17 reiste sie mit ihrer Mutter nach Rom. Unter dem Einfluss von Karl August Graf von Reisach, der auch ihr Beichtvater wurde, verwandelte sie sich in eine strenggläubige Katholikin, die nur noch einen Wunsch verspürte: unbedingt in ein Kloster einzutreten. Mutter und Beichtvater versuchten es ihr vergeblich auszureden. Aber dann trat Graf Erwin von Ingelheim in ihr Leben.

1838 erfolgte die Liebesheirat.

Aber ihr Glück hielt nur wenige Jahre, der Graf verstarb bereits 1845.

Drei Jahre später heiratete sie den Fürsten Karl von Hohenzollern Sigmaringen, der zu diesem Zeitpunkt doppelt so alt war wie sie. Er starb 1853 auf dem Weg nach Rom.

Beide Ehen blieben kinderlos, machten sie aber zu einer vermögenden Frau. Sie besaß jetzt ein Gut in Bistritz in Böhmen und bekam durch den Nachlass ihrer Ehemänner eine jährliche Pension, durch die sie mehr als nur wohlhabend wurde. Außerdem hatte ihr die Familie ihres letzten Mannes sozusagen als Trostpflaster für dessen Ableben 100 000 Gulden überwiesen.

Dieses Geld plante sie für die Gründung eines Klosters zu benutzen.

Zu diesem Zweck und als Vorbereitung sozusagen trat sie 1858 in das Kloster Sant’Ambrogio della Massima ein.

Es war der Beginn eines Albtraums.

Das, was sie dort erlebte, lässt Umberto Ecos Roman Der Name der Rose wie eine Gutenacht-Geschichte für kleine Kinder erscheinen.

Hinter den Mauern des Franziskanerklosters tat sich ihr ein Abgrund aus sexuellen Ausschweifungen, hemmungslosen Orgien, Mord, Folter und Sklaverei auf, der seinesgleichen suchte.

In der spartanischen Abgeschiedenheit des Klosters war es der jungen, charismatischen Novizenmeisterin Maria Luisa im Laufe der Jahre gelungen, die einfältigen Nonnen, die zum Teil nicht einmal Zahnbürste oder Baumwolle kannten, zu Obbedienza zu erziehen. Das heißt absoluter Gehorsam, ein Wort, das selbst im Italienischen einfach nur hässlich klingt. Maria Luisa brachte die Menschen in ihrer Umgebung dazu, dass sie ihr sogar hörig wurden. Wer nicht gehorchte, wer nach seinem Willen oder Gewissen handelte, beging eine Sünde. Nur ihr Befehl, der aus dem Himmel kam, war maßgebend.

Heutzutage würde man sagen, dass Maria Luisas Treiben das Ergebnis einer schweren Kindheit war. Ich weiß, das klingt abgedroschen, aber ihr Fall ist geradezu ein Paradebeispiel für diese Thematik.

Das Mädchen war 13, als sie sich nackt in das Bett der Äbtissin des Klosters legen musste. Die Stellvertreterin der Klosterherrin flüsterte ihr zu, wie sie deren Scham berühren musste, dann kam die Äbtissin, die ihre Großmutter hätte sein können, zu ihr ins Bett.

Was dann geschah, verdarb die junge Nonne auf ewig. Cunnilingus wurde ihr als göttlicher Befehl eingetrichtert und das, was die Äbtissin in ihrer Ekstase von sich gab, als heiliger Liquor. Maria Luisa fügte sich, aber je älter sie wurde, umso mehr erkannte sie die Zusammenhänge von Entrückung, Erregung und Trance.

Die junge Frau lernte schnell.

Sie spielte ihren Mitbewohnern Visionen vor, Eingebungen Gottes, die dank ihrer Ausstrahlung und ihrer Intelligenz dazu führten, dass sie damit alles erreichte, was sie wollte.

Wenn sie an Fastentagen Fleisch haben wollte, Sex mit den Novizinnen oder einen Mann in ihrem Bett, bekam sie alles.

Bis zu dem Tag, als Katharina ins Kloster kam.

Im Gegensatz zu den weltfremden Nonnen, die aus einfachsten bäuerlichen Verhältnissen stammten, merkte die gebildete Adlige aus Deutschland schon bald, dass in dem Kloster vieles nicht mit rechten Dingen zuging.

Es dauerte kein halbes Jahr, bis sie das das ganze Ausmaß des ungeheuerlichen Treibens begriffen hatte.

Maria Luisa war für die anderen eine Heilige, ein von Gott ausgewähltes Medium, das ihnen Stimmen und Anweisungen aus dem Jenseits oder direkt aus dem Mund der Gottesmutter vermittelte. Ihr fehlten zwar die Male Jesus’, aber durch den Umstand, dass sie sich glaubwürdig in Trance zu versetzen vermochte, glaubten die Nonnen daran, dass nur sie ihre Seelen retten konnte. Katharinas scharfer Verstand und ihre solide Bildung konnten sich mit soviel heiliger Einfalt nicht abfinden. Sie stellte die Blenderin zur Rede und wurde schon bald, wie man heute in Neudeutsch zu sagen pflegt, gemobbt.

Das ging soweit, bis man sogar versuchte, sie zu vergiften.

Katharina überlebte nur durch den Umstand, dass die Dosis für ihre immense Körperfülle einfach zu gering war und durch ihre Verbindungen zur Römischen Kurie.

Sie war die erste Frau, die eine Anzeige vor dem Tribunal der Glaubenskongregation auf den Weg brachte, die Papst Pius IX. zum Umdenken zwang.

Katharina erholte sich dank des Beistands der Benediktinerpfarrer Maurus und Placidus Wolter von ihrem Klostertrauma und begab sich nach Beuron, um in dem ehemaligen Augustiner Chorherrenstift die Gründung eines Priorats voranzutreiben.

Sie war es, die den Benediktinerorden in Deutschland erneuerte.

Bis 1887 stand sie dem Kloster vor, bis sie sich aus gesundheitlichen Gründen nach Freiburg im Breisgau zurückzog, wo sie am 15. Februar 1893 verstarb.

Quellennachweis:

  • Hubert Wolf, Die Nonnen von Sant’Ambrogio
  • Rezension der Süddeutschen Zeitung vom 17. Februar 2013
  • www.landesarchiv-bw.de

(gs)