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Der bayerische Hiesel – Teil 32

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

Zum zweiten Mal

An diesem Morgen, bei Schnee mit mäßiger Kälte, zog die Bande tiefer in die dichten Wälder, wo sie bei einem Bauern, der ganz allein mit Frau und Kindern eine einzelne Hütte, Einöde genannt, bewohnte, einen geräumigen Aufenthalt in der Erde, unter dem Fußboden der Scheune hatten, wo sie Wärme, Speise und Trank sowie ein erträgliches Lager fanden.

Hiesel befahl der Bande, so lange hier zu bleiben, bis er sie wieder abholen würde, indem er ganz allein einen Gang zu machen habe. Wohl bewaffnet, den treuen Tiras zur Seite, wanderte er eilig der bekannten Mühle zu, wohin die hübsche Therese ihn zog.

Es war Mittag, als er dort ankam.

Die ganze Mühle schien tot zu sein. Er sah und hörte keinen Menschen. Selbst das große Mühlrad stand still.

Hiesel umging das ganze Haus, klopfte und rief. Kein Mensch antwortete.

Endlich öffnete sich oben auf der Galerie ein kleines Fenster, und Thereses süß klingende Stimme fragte: »Wer ist da?«

»Ich bin’s, holdes Mädchen, der herrschaftliche Förster, mit dem du erst vor einigen Monaten bei den Nussstauden gesprochen hast. Mach mir doch auf. Ich bin weit gegangen, habe Hunger und Durst, und meine Füße sind geschwollen.«

»O lieber Herr Förster, ich darf niemand aufmachen. Mein Vater ist zum Landgericht gegangen und hat mir aufgetragen, niemand aufzumachen, wer auch kommen möchte. Er kommt erst morgen zurück. Die Müllerknechte arbeiten eine Stunde von hier auf unserer Sägemühle, die erst neu angelegt wurde. Ich käme schön an, wenn ich gegen des Vaters ausdrücklichen Befehl jemanden aufmachen würde. Wenn aber der Herr Förster einen Augenblick vor der Mühle verweilen will, so bereite ich schnell ein Essen und lasse es ihm nebst einem Krug Bier in einem Korb hinab.«

»Liebes Kind, wenn dir dein Leben lieb ist, so lass mich hinein. Erschrick nicht! Ich weiß, dass die Mühle heute noch von Räubern überfallen wird.«

»Heilige Schutzpatronin! Dann werde ich wohl umgebracht?«

»Wahrscheinlich verschonen dich die Räuber nicht, um nicht verraten zu werden. Ich aber könnte dich retten, denn ich sage dir, dass ich ein Mann bin, der es mit 10 und 12 solchen Kerlen aufnimmt.«

»Da bleibt mir freilich nichts anders übrig, als dem Herrn aufzumachen. Das muss sich der Vater schon gefallen lassen.«

In geschäftiger Eile lief Therese die Treppe ab und schloss die Tür gleich hinter Hiesel wieder sorgfältig zu, der ihr nun mit Rat und Tat an die Hand ging, alle Zugänge so zu verrammeln, dass es nicht wohl möglich schien, einzudringen.

Tische, Bänke, große alte Schränke, Holzklötze usw. schleppte Hiesel von allen Seiten herbei und türmte sie wie eine Wagenburg aufeinander. Dann riet er Therese, die größten Töpfe im Haus mit Wasser auf den Küchenherd zu setzen, Feuer zu machen, und das Wasser fortwährend siedend zu erhalten.

Drei alte Gewehre hingen in des Mülles Schlafstube, Hiesel untersuchte sie, zog die alten Ladungen heraus, schraubte neue Steine auf, lud mit gehacktem Blei und brachte die Gewehre in schussfertigen Stand.

Therese wusste nicht, was sie von all diesen Vorbereitungen halten sollte, und bestürmte den Hiesel mit Fragen ohne Ende. Am wenigsten begriff sie, wie es dem Hiesel einfallen konnte, eigens einen so weiten Weg bis zur Mühle zu machen, um sie gegen einen Räuberüberfall zu schützen.

»Ich liebe dich, Therese, und deswegen ist es meine Pflicht, dich zu beschützen. Ein glücklicher Zufall hat mir den geheimen Plan der Räuber entdeckt. Es wäre mir leicht gewesen, mit allen meinen Jägern dir zu Hilfe zu kommen. Ich will ganz allein deinen Dank verdienen.«

Hiesel postierte seinen Hund auf einen im dunklen Hintergrund des Wohnzimmers zu ebener Erde stehenden Schrank, von wo aus er die nächsten Zugänge zur Mühle überschauen konnte. Hierauf setzte er sich an den Tisch und aß und trank mit dem größten Appetit an Thereses Seite, was sie mit zärtlicher Teilnahe gekocht hatte.

So manches Wort des Vertrauens wurde gewechselt. Therese äußerte, dass es ihr nun doch bald angenehm wäre, unter die Haube zu kommen, und dass sie immer ein wenig traurig werde, wenn sie sonntags in der Kirche die jungen Frauen knien sehe und daran denke, dass sie noch immer nur ein Mädchen sei, das nach dem Willen des oft recht unwilligen Vaters sich richten müsse, der schon so viele hübsche Freier abgewiesen habe, weil ihm keiner reich genug sei. Dem Förster, meinte sie, könnte sie wohl recht gut sein, und er sollte nur sein Glück beim Vater versuchen. Gelänge es ihm, die Tochter und das Geld vor den Räubern zu schützen, so zweifle sie gar nicht an des Vaters Einwilligung.

Hiesel versicherte, dass er gesonnen sei, mit ihrem Vater ein ernstes Wort darüber zu sprechen. Späterhin führte sie ihn am Arm in ihre Schlafkammer, zeigte ihm ihr blankes reines Bettchen, den Schrank mit der vollständigen Ausfertigung in Weißzeug, ganze Kisten mit Garn und Flachs, ihr Schatzgeld, und zeigte auch auf eine kleine Wandtür, worin die Geldsäcke des Vaters aufgeschichtet seien. In ihrer kindlichen Einfalt ruhte sie nicht eher, bis Hiesel seinen Kopf auf das Kisten legte und gestand, wie weich sich’s darauf ruhen lasse.

Auf dem Rückweg sprang sie voraus, um einen vollen Krug Bier zu holen. Hiesel ging durch die Küche, um nach dem Feuer zu sehen. Da sah er in dem größten Topf ganz gemütlich den Trüffelhund sitzen. Die Schweißtropfen rannen ihm über die gefurchten Wangen. Seine Kleider lagen am Rande des Herdes.

»Du hier?«

»Wie du siehst! Ich habe schon lange kein warmes Bad mehr genommen und wüsste mir auch kein wohlfeileres. Wirst mir’s nicht übelnehmen, Hiesel?«

»Wie steht’s?«

»Wirst’s bald sehen. Schon vor einer Stunde ist der schwarze Martin mit 16 ausgesuchten Spitzbuben zur Mühle aufgebrochen und kann wohl vor 9 Uhr ankommen, wenn er nicht aus besonderer Absicht zögert. Nimm dich zusammen, Hiesel, du gehst gar zu verwegen der Gefahr zu Leibe.«

»Dafür lass mich sorgen! Auf Wiedersehen, Kumpan!«

Hiesel stellte das Licht unter einen zersprungenen Topf, damit nur ein leichter Schimmer die Gegenstände in der Stube kennbar machen konnte. Ganz ruhig, als ob er hier friedlich übernachten wolle, schmauchte er sein Pfeifchen, trank ein Glas Bier nach dem anderen, und hörte mit Vergnügen seiner Therese zu, wie sie Luftschlösser als künftige Frau Försterin baute.

Plötzlich schlug Tiras unten an. Therese fuhr erschreckt zusammen. Hiesel aber griff besonnen nach seinem Stutzen. Er vernahm Tritte auf der Treppe, ein unsicheres Herumtappen am Geländer und an den Holzwänden, den Druck an der Klinke der äußeren Tür und das Näherkommen eines Menschen, das er bei den getroffenen Maßregeln gegen jeden Zugang für eine Hexerei hielt.

Rasch riss er die Tür auf und donnerte sein kräftiges »Wer da?« entgegen, den Stutzen zum Schuss anschlagend.

»Heiliger Andreas, du bist’s, Hiesel?«

»Du hier, mein Bub? Komm in meine Arme, Herzensbruder! Wie führt dich denn der Teufel da herein?«

Bei dem Namen Hiesel brachen Therese die Knie. In größter Angst versteckte sie sich unter dem umgekehrten, mit der Rückseite gegen Hiesel gewendeten Backtrog und betete einige Vaterunser, in der sicheren Erwartung, dass er jetzt alles ausplündern und dann ihr den Hals abschneiden werde.

Hiesel war außer sich vor Freude, seinen treuesten Freund, seinen Buben, wie er ihn immer nannte, wieder gefunden zu haben, der nach seiner dreijährigen Zuchthausstrafe in München geraden Weges wieder seinen Herrn und Meister und Bruder aufsuchte.

Therese fehlte.

»Wo ist denn das Mädchen hin?«, fragte Hiesel. »Potz tausend! Jetzt fällt mir’s ein! Du hast mich beim Namen genannt. Nun bin ich verraten, und die kleine Hexe hat sich gewiss aus Furcht versteckt. Warum zitterst du so, Andreas?«

»Siehst du denn nicht, dass mir das Wasser an allen Ecken aus den Kleidern rinnt?«

»Warum denn?«

»Sehr natürlich. Ich marschiere teufelswild, dich nirgends zu finden, durch den Wald, als mir auf einmal ein ganz kleiner alter Kerl in den Weg tritt.«

»Der Trüffelhund!«

»Richtig, so nannte sich der fidele Kerl, und zu mir sagt: ›Nicht wahr, Andresel, du suchst den Hiesel auf?‹ Ich antworte ganz erstaunt: Ja. Wo ist er? ›In jener Mühle‹, erwidert der Alte, ›eile, er kann dich brauchen.‹ Ich laufe, so gut es im Schnee ging, finde die Türen überall verschlossen, niemand hört mein Klopfen, und schreien wollte ich nicht, um kein Aufsehen zu machen. Was tu ich? Ich bringe das Mühlrad durch ein langes eingeklemmtes Stück Holz zum Stehen und schwimme im eiskalten Wasser unter dem Rad durch.«

»Da hätte dich auf der Stelle der Schlag treffen können!«

»Ei, ich dachte, wer an den Galgen gehört, ersäuft nicht. Da bin ich nun. Sprich, was ich für dich tun kann, nur mach, dass ich bald andere Kleider bekomme!«

Hiesel rief: »Therese, wo bist du? Bring meinem Buben trockene Kleider und etwas zu essen!«

Beide horchten und hörten Therese unter dem Backtrog in größter Angst laut und immer lauter beten. Lachend zog sie Hiesel hervor. »Närrisches Mädchen, ich bin zwar der bayerische Hiesel, aber dein Freund und Beschützer. Deswegen bin ich ja zu dir gekommen. Fasse Mut, wir tun dir nichts, und die Spitzbuben, die alle Augenblicke kommen können, werden bald ausgeschnauft haben.«

Therese ließ sich von den freundlichen Worten Hiesels beruhigen, brachte Kleider für Andreas von ihrem Vater, und bald auch eine Schüssel warme Suppe und Fleisch nebst Schnaps.

Der Bub fraß wie ein junger Wolf und sagte, als er fertig war: »Nun mag von mir aus der Teufel selbst kommen, ich nehm’s mit ihm auf!«

Hiesel setzte ihn nun von seiner Gefangenschaft bei dem schwarzen Martin und von dem Besuch in Kenntnis, den er erwarte. Der Bub sprang hoch auf vor Freude. Ihm hätte nichts erwünschter sein können, als ein solches Fuchsklopfen, wie er es nannte. Er visitierte gleich die Gewehre.

»Lade mir nur immer fleißig«, ermahnte ihn Hiesel, »wenn die Gewehre abgeschossen sind.

Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als Tiras ein entsetzliches Gebell erhob.

»Aha! Kommen die Vögel schon!«, rief Hiesel. »Therese, trag jetzt die Töpfe mit dem siedenden Wasser zur Gangtür, und wenn ich den ersten Schuss getan habe, schütte das Wasser auf die Köpfe der Lumpenhunde hinab. Wir wollen sie brühen, dass ihnen die Haare auf zeitlebens ausgehen!«

Draußen war es nur so hell, dass man die Gestalten sich bewegen sah.

Der schwarze Martin, den Hiesel an der Stimme erkannte, klopfte wiederholt an und befahl mit furchtbaren Flüchen aufzumachen.

Hiesel schoss. Wahrscheinlich war das Pulver etwas feucht, das Gewehr schlug nach. Der schwarze Martin sprang aus dem Feuer, und die Kugel fuhr seitwärts in den Boden. In demselben Augenblick goss Therese das Wasser hinab, und laut schreiend stoben die Kerle auseinander.

»Warte, Müllerhund«, fluchte der schwarze Martin hinauf, »ich lasse dich lebendig schinden!«

Da krachte es wieder, und ein Räuber wälzte sich in seinem Blut. Ein Zweiter und Dritter folgte, und noch zweimal. So oft sie gegen die Tür anstürmten, regnete es siedendes Wasser auf ihre Köpfe, »Wir sind verraten! Auf und verteilt euch nach allen Seiten. Es wird sich wohl noch ein Loch in dieses Nest finden!« So rief der Anführer.

»Teufel, der schwarze Martin könnte über das gesperrte Rad steigen. Bleib und schieß, Bub, ich eile mit Therese hinab!«

Therese riss ein Fleischbeil von der Wand und führte den Hiesel auf dem nächsten Weg zum Mühlrad hinunter.

Hiesel hatte es richtig erraten. Schon kletterte der verwegene Martin an den Schaufeln des Rades empor. Fünf seiner Kameraden schickten sich an, ihm zu folgen. Hiesel wollte schießen, es war nicht mehr geladen. Pulver und Blei lagen oben auf dem Tisch. Der Bub schoss Schuss auf Schuss.

Hiesel wollte nicht zurück. Er zog den Hirschfänger, entschlossen, sich hier bis auf den letzten Augenblick zu wehren. Tiras umsprang ihn mit wütendem Gebell, der Beute harrend, um sie zu zerfleischen. Da schrie der ergrimmte Hiesel seinem Gegner zu: » Steig nur, schwarze Kanaille. Der bayerische Hiesel bin ich und will dich in Stücke zerhauen!«

Überrascht von dieser Begegnung und unschlüssig, ob er voran oder zurück sollte, hing der schwarze Martin an einer Schaufel regungslos.

Da ersah sich Therese den rechten Augenblick, zog die Schleuse auf, hieb mit dem Fleischbeil den Rand der Schaufel ab, auf welcher das Sperrscheit ruhte. In Strömen brach aus der Reserve das Wasser herein, das Rad wälzte sich und zermalmte den schwarzen Martin, der nur einen einzigen Todesschrei ausstoßen konnte.

Gefahr ahnend, sprang der Bub mit den geladenen Gewehren zu Hiesel über die Treppe herab, und beide schossen, schon bis über die Knie im Wasser watend, auf die fliehenden Räuber, wovon zwei tot auf dem Platz blieben. Den Übrigen gelang es, von der dunklen Nacht geschützt, zu entkommen. Therese öffnete nun die Abzugsschleuse und vollkommen sicher kehrten alle drei in die obere Stube zurück, um den Anbruch des Tages zu erwarten. Mit sehr verschiedenen Empfindungen saßen alle drei am Tisch.

Hiesel war selig im stolzen Bewusstsein des Sieges und der erfüllten Rache, die durch den Tod des gefährlichen Gegners zugleich vor den Nachstellungen jenes Räubers ihn für immer sicherte.

Der Bub war höchst fröhlich und guter Dinge über das Abenteuer, nur ärgerte er sich, zum zweiten Mal nass geworden zu sein, und hing auch die Kleider sogleich an das Ofengestell. Übrigens aß und trank er mit einem Appetit, als hätte er seit acht Tagen keinen Bissen bekommen.

Therese konnte sich über die beiden Wildschützen nicht genug wundern. Während sie selbst vor Angst und Frost am ganzen Leib zitterte und mit Schauder des Todes der Räuber gedachte, waren jene so heiter, als hätte keine Maus das Leben verloren.

»Therese, du zitterst ja? Du musst dich sogleich ins Bett legen, sonst bekommst du ein tüchtiges Fieber. Komm mit mir, ich will dich ausziehen, der Bub soll indes Feuer in deiner Kammer machen.« Therese fühlte sich so unwohl und ihr Gemüt so angegriffen, dass sie dem Rat des Hiesel folgte. Er zog ihr die schwere Kleidung aus und trat dann ans Fenster, bis sie in ihrem Röckchen in das Bett stieg, um ihr eine Schamröte zu ersparen. Kaum verbreitete das Bett in ihrem Körper Wärme, als Therese von einem heftigen Fieberfrost gerüttelt wurde. Hiesel brachte ihr den Rest der warmen Suppe und wachte an ihrem Bett, bis sie eingeschlafen war. Dann ging er mit dem Buben in die Stube zurück, legte den Kopf auf seine Jagdtasche, um auf einer Bank zu schlafen, und gab dem Buben noch die Warnung, nicht in die Kammer des Mädchens, das unter seinem Schutz stehe, zu treten, wenn ihm sein Leben lieb sei.

Gegen 6 Uhr morgens kehrte der Müller zurück, durch den Anblick der erschossenen Räuber nicht wenig erschreckt.

Tiras schlug sogleich an, als jener an der Haustür heftig pochte. Der Bub öffnete ihm mit großer Mühe die Tür, welche noch immer fest genug war, eine zweite Belagerung auszuhalten.

»Wer seid ihr, und was ist hier vorgefallen?«, fragte der Müller, mit seiner Laterne dem Buben ins Gesicht leuchtend.

»Mein Herr wird es Euch schon sagen, geht nur hinauf.«

Der Müller, ein mutiger, kräftiger Mann, verließ sich auf Gott und seine Axt, die er in der Hand trug, und folgte ihm. Aber ganz erschrocken bei dem Anblick des ihm wohlbekannten Hiesel wollte er umkehren, als er diesen erblickte.

»Nur herein, Freund Müller, es geht bei uns ganz ordentlich zu. Nehmt es nicht übel, dass wir heute Nacht so arg gehaust haben, aber es konnte nicht anders sein.«

Nun erzählte er ihm die ganze Geschichte in Gegenwart von Therese, die aus dem Bett sprang, als sie des Vaters Stimme vernahm, und vor Freude weinend an seinem Hals hing.

Der Müller konnte nicht Worte genug finden, seinen herzlichen Dank auszudrücken, und bat den Hiesel, für die Rettung seiner Tochter und seiner Habe zu verlangen, was er wünsche und was nur in seinen Kräften stehe.

Hiesel lehnte alles ab, selbst ein Säckchen mit 200 Gulden, die der Müller ihm als Geschenk aufdringen wollte.

Therese konnte das sittsame Benehmen Hiesels nicht genug loben.

Dieser nahm nun Abschied.

Zu Therese sagte er, während ihr Vater mit dem Buben sprach:

»Leb wohl, Therese! Du kennst mich jetzt. Von meiner Liebe zu dir kann jetzt nicht mehr die Rede sein. Gedenke meiner, wenn du vielleicht bald an der Hand eines braven Mannes zum Altar gehst. Und hörst du, dass ich tot bin, so oder so, wie Gott will, so bete für mich ein andächtiges Vaterunser.«

Das Mädchen konnte vor Schluchzen nicht reden. Hiesel und der Bube verließen die Mühle und schlugen wieder den Weg zur Bande ein.

Zum zweiten Mal hatte er dem schwarzen Martin, seinem Todfeind, gegenüber gestanden, aber auch zum letzten Mal. Von dieser Seite drohte ihm keine Gefahr mehr.

 

***

 

Wenn die lieben Leser bei dem eben erzählten Vorfall wieder die Tollkühnheit Hiesels anstaunten, welchem ohne die zufällige Ankunft des Buben vielleicht doch ein schlimmes Ende genommen hätte, so werden sie auch die dabei bewiesene Uneigennützigkeit und das edelmütige Benehmen Hiesels gegen das unschuldige Mädchen loben müssen, der sogar einen Angriff auf die Ehre Thereses mit dem Tod seines innigsten Freundes und treuesten Gefährten bestraft hätte.

Solche Züge eines achtenswerten Charakters im Leben des Hiesel werden leider durch grausame Handlungen eines rachsüchtigen Gemütes verdunkelt, von denen ich noch eine lange Reihe zu berichten habe.