Heftroman der Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Slatermans Westernkurier 01/2016

Thomas-Black-Jack-KetchumAuf ein Wort Stranger, wenn dieses Mal Black Jack Ketchum unter dem Galgen steht.

Mit derselben Geschwindigkeit, mit der sich Amerika dem neuen Jahrhundert näherte, gingen auch das Ende des alten Westens und der Niedergang der freien Weide einher.

Verzweifelt bäumten sich die letzten verbliebenen freien Rancher und Cowboys gegen das Ende der Cattle Ära auf, weil sie nicht wahrhaben wollten, dass mit der abgeschlossenen Besiedlung des Landes der Fortschritt einzog. Ein Fortschritt, der für die meisten von ihnen nicht nur Glück, sondern alle Nachteile einer geordneten und bürokratischen Gesellschaft mit sich brachte, in der vielleicht die Yankees aus dem Norden, die nur auf Profit aus waren, überleben konnten, aber niemals die Cowboys, für die Besitz und Geld nichts, Freiheit und Leben alles war.

Als nach 1890 die Ära des Cowboys endgültig zu Ende ging, wurden die Letzten von ihnen, die lieber ein kurzes aber hemmungsloses Leben dem eines langen und reglementierten Daseins vorzogen, als Outlaws gejagt und nach und nach von der Landkarte gefegt.

Harold B. Pale, ein Rechtsanwalt aus der 81. Straße in New York, sagte hierzu einmal:

»Ich sehne mich nach dem Westen, aber ich werde niemals mehr dorthin zurückkehren. Auch dort besteht die Welt nur noch aus Mauern, Lärm und Beamten und Polizisten, die einem ununterbrochen sagen, was man tun darf und was nicht. Ich bin entsetzt darüber, wie man es innerhalb weniger Jahre fertiggebracht hat, aus an sich ganz normalen Menschen Individuen zu machen, denen man bis auf das Essen mit Messer und Gabel alles vorschreiben muss.

In meiner Jugend hätte das noch nicht einmal ein Hund mitgemacht.«

Bemerkenswert an der ganzen Geschichte ist die Tatsache, dass diese Cowboys oder Outlaws nie Privatleute beraubten, sondern stets Institutionen wie Eisenbahnen, Banken oder Behörden.

Billy the Kid war einer von ihnen, die Daltons ebenso wie Sam Bass und die Doolin Bande.

Tom Black Jack Ketchum gehörte auch dazu und dies ist seine Geschichte.

 

***

 

Thomas Edward ›Black Jack‹ Ketchum wurde am 31. Oktober 1863 im San Saba County in Texas geboren. Sein Vater, Green Berry Ketchum Senior, starb im Alter von 48 Jahren, als Tom gerade einmal fünf war. Seine Mutter, Temperance Katherine Wydick Ketchum, die seither mit Blindheit geschlagen war, verstarb, kaum dass er das zehnte Lebensjahr erreicht hatte.

Tom war der Jüngste der acht Ketchum-Kinder, sechs Jungs und zwei Mädchen.

Er wuchs bei seinen älteren Brüdern auf. Green Berry Junior war Cowboy und Zureiter und Sam ein Cowboy, der bald darauf heiratete und zwei Kinder zeugte. Allerdings verließ er seine Frau, als sein Sohn drei Jahre alt war, und zog mit Tom danach quer durch Texas und dem östlichen New Mexiko.

Die Brüder arbeiteten auf verschiedenen Ranches, brachten unzählige Rindertreiben hinter sich und lernten im Lauf der Jahre so fast jede Ecke des Landes samt ihren Bewohnern kennen. 1892 jedoch ereilte die beiden das gleiche Schicksal, das inzwischen fast jeden texanischen Cowboy, der sein Leben lang mit harter und gefahrvoller Arbeit im Sattel verbrachte, erfasst hatte.

Eisenbahn, Stacheldraht, Landmaschinen und Siedlerströme beendeten ihr Dasein als freie Cowboys abrupt, und wie so viele vor ihnen konnten sich auch Tom und Sam nicht mit der neuen Lebenssituation abfinden.

Zusammen mit ein paar anderen Leidensgenossen bildeten sie eine Bande und überfielen noch im gleichen Jahr einen Zug der Atchison, Topeka und Santa Fe Railroad in der Nähe von Nutt, einer Wasserstation, die ungefähr 20 Meilen nördlich der Stadt Deming, New Mexiko, lag. Die Beute betrug 20.000 Dollar.

Angespornt von der riesigen Summe ging es von nun an Schlag auf Schlag.

Tom, der inzwischen von allen wegen seiner Größe und seines dunklen Bartwuchses Black Jack genannt wurde, überfiel gemeinsam mit George Franks und Elza Lay innerhalb von drei Monaten allein viermal den Zug Number 1 der Colorado und Southern Railway.

William Reno, ein Detektiv der Eisenbahngesellschaft, stellte ihn schließlich mit einem Aufgebot im Turkey Canyon, wobei Tom einen Sheriff aus Colorado, Edward Farr, erschoss.

Er wurde verhaftet, konnte aber wieder entkommen und wurde schließlich nach langem Kampf am 23.04.1901 von Texas Rangern verhaftet.

Die Tatsache, dass er dem Vorsitzenden Richter bei der Verhandlung ein Notizbuch auf den Tisch legte, worin all seine Einnahmen aus seiner 10-jährigen Banditentätigkeit aufgeführt waren, war ein Unikum in der Geschichte der Rechtssprechung.

Tom und sein Bruder Sam, der an zwei Schussverletzungen gestorben war, hatten nach Abzug aller Unkosten wie Anteile für die Mitglieder ihrer Bande, Munition und Pferde umgerechnet keine 700 Dollar in all den Jahren verdient.

Dafür wanderte Tom schließlich an den Galgen.

Das Urteil wurde am 26. April 1901 um 8 Uhr morgens vollstreckt.

Aber auch das wurde zur One Man Show von Tom Ketchum.

Während andere Delinquenten weinend und bar jeglicher Beherrschung zum Galgen geschleift werden mussten, stand Tom am Vorabend seiner Hinrichtung am Zellenfenster und beschwerte sich, dass man um seinen Galgen herum einen Zaun gezogen hatte, der die Menschen davon abhielt zu sehen, wie ein richtiger Mann stirbt.

Als der Priester kam, sagte Tom lachend: »Ich werde sterben, wie ich gelebt habe, Padre. Sorgen Sie dafür, dass jemand mit einer Fiedel da ist, wenn es soweit ist.«

Als er die Stufen zum Galgen hochging, half er seinem Henker, die Schlinge anzulegen.

»Ich bin in der Hölle, bevor ihr das Frühstück vor euch stehen habt. Also lasst die Klappe endlich fallen«, waren seine letzten Worte.

Tom Ketchum wusste wie ein Mann zu sterben.

Sein unrühmliches Ende hatten andere zu verantworten.

Als er an diesem Morgen in Clayton, im Union County in New Mexiko die Stufen zum Galgen erklomm, gab es dort niemanden, der sich mit Hinrichtungen auskannte. Das Ergebnis war, dass die Henkersschlinge Tom den Kopf abriss.

Die Bilder gingen damals um die Welt und sind auch heute noch in diversen Wildwestforen zu sehen.

In diesem Sinne, euer Slaterman.

Ich hoffe, man liest sich nächsten Monat wieder.

Quellenangabe:

  • www.legendsofamerica.com
  • Kügler, Dietmar: Der Sheriff. Recht und Gesetz im Wilden Westen. Motorbuch-Verlag.1977.
  • Stammel, H. J.:Der Cowboy. Legende und Wirklichkeit von A-Z. Ein Lexikon der amerikanischen Pioniergeschichte. Bertelsmann-Lexikon-Verlag. Gütersloh, Berlin, München, Wien. 1972.
  • Archiv des Autors