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Sagen- und Märchengestalten – Die Astrologie

Sagen- und Märchengestalten sowie Geister-, Wunder- und Aberglauben des deutschen Volkes
Mit Erzählungen von Begebenheiten der Vorzeit, die den Glauben an eine Geisterwelt förderten, Berlin, Verlag von Burmester & Stempell,1874

Die Astrologie

Einer tiefblauen, schimmernden Halle gleich, ruht scheinbar der Himmel über der Erde, in seinem unergründlichen, unmessbaren Raum, nach der alten Vorstellung, der Götter Heimat bergend. Droben lenkte der Sonnengott seinen Strahlenwagen durch die reine Ätherluft, schiffte die Mondgöttin in keuschem Silberglanz, schleuderte der Donnerer Blitz und Schlag, von der entfesselten Stürme wildem Flügelschlag getragen, bis die aufgetürmte Wolke barst und die belebende Flut aus der Regengöttin gesenktem Krug zur dürstenden Erde niederrieselte. Unerreichbar menschlichem Wollen und Vollbringen thronte der Vornehmste der Götter in der leuchtenden Höhe, und von diesem Hochsitz aus überschaute er die unter seinen Füßen ruhende Erde, Segen oder Missgeschick spendend allem, was da lebt. Darum wendet der Betende Hände und Angesicht zu des Himmels blauer Ferne hinauf, wie Blatt und Blüte in bewusstlosem Sehnen sich zum Licht kehren, und die Seelen der Dahingeschiedenen steigen empor, Opferdüften gleich. Helden und Jungfrauen, gottgeweihte Tiere, ja selbst Lebloses erhob der himmlischen Machtgebot zu gleicher Höhe und versetzte ihre Gestalten in jene Räume, da die Sterne kreisen, leuchtende Goldblüten in den finsteren Locken der Nacht.

In entsprechender Wechselwirkung sollten die Himmelsgebilde ihren mächtigen Einfluss auf alles ausüben, was über der Erde, auf ihr, ja selbst in ihrem dunklen Schoß lebte, sich regte und gedieh. Sonne, Mond und Sterne schauten nicht bloß mit strahlendem Auge in das bunte Gedränge hinab, sondern begannen sich einzumischen in das mannigfaltige Getriebe, sobald, – und dies geschah in einer sehr frühen Zeit, – der menschliche Geist sich Wahrnehmungen nach außen zu bilden vermochte, indem er sich über die erste Stufe kindlicher Anschauung erhob. Doch während noch hier und dort ein Volk in naturgemäßer Ehrfurcht seine Knie vor den Gestirnen beugte, begannen schon Chaldäer und Ägypter den strahlenden Lichtkörpern tiefer nachzuforschen, ihre Bahnen zu berechnen und die Erde mit dem, was darauf ist, in vielfache, innige Beziehungen zu ihnen zu bringen. Diese Kunde von den wirklichen oder eingebildeten Bewegungen und Kräften der Sterne umfasst den weitesten Begriff der Astrologie, der sich im Verlauf der Zeit in mancherlei zersplitterte, als dessen gewichtigster Teil die Kunst zu betrachten war, nach Jahr, Monat, Tag und Stunde das Horoskop oder die Nativität zu stellen, das heißt, eines neugeborenen Menschen künftiges Geschick vorherzusagen, so wie seine Geisteskräfte und körperlichen Anlagen zu enthüllen.

Mächtig vor allem und lebensweckend ist das Sonnenlicht. Darum galt und gilt die Sonne als das alldurchdringende Auge des Höchsten der Götter. Wie einst die Parsen sie das Auge des Ormuzd nannten, die Griechen das des Zeus und unsere deutschen und nordischen Urväter das Auge Wotans oder Odins darin erblickten, bildeten christliche Vorstellungen den Gott des Himmels und der Erde als ein von Strahlen umleuchtetes Sonnenauge, dessen Licht in alle Finsternisse, selbst bis in die Tiefe des menschlichen Herzens dringt. »Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch endlich an die Sonnen«, sagt ein schlichtes Wort, des Volkes uraltes Glaubensbekenntnis in den einfachen Spruch zusammenfassend. Die Sonne gibt Leben, Licht, Wärme und Freudigkeit, darum heißt sie die liebe Sonne, froh begrüßt von jedermann.

Die Sommersonnenwende wurde besonders festlich begangen als der Tag, an welchem das Tagesgestirn sich der Erde mit reicheren Segnungen wieder zuwendet und seine Strahlen Wachstum und Gedeihen schaffen. Die Sonne verkündet dem Landmann den Wechsel der Witterung. Heller, klarer Sonnenauf- oder -untergang deutet einen heiteren Tag, häuft sich aber dabei dickes Gewölk in Ost oder West, so steht ein Unwetter bevor. Ein starker, roter Schimmer bei Auf- und Untergang geht heftigen Winden vorher, ein schwärzlicher Dunst zeigt im Sommer Hitze und Trockenheit, im Winter strenge Kälte an.

Kranke Kinder, besonders solche, welche ohne sichtbare Ursache nicht gedeihen wollten, musste man nackt auf einen Sandhaufen legen, welchen die Mittagssonne mit ihren schärfsten Strahlen trifft, damit diese das unbekannte Übel aus den Knochen brennen. Von wunderbarer Wirkung sollte Sonnenwärme bei geheimnisvoll bereiteten Mitteln sein. Daher setzten kluge Frauen ihre Kräutertränke, Ameisen-, Maikäfer- und anderen Spiritus zu gewissen Zeiten und während einer bestimmten Anzahl von Tagen dem Sonnenlicht aus. Bewölkter Himmel deutete gleichsam ein Zürnen der Sonne an, und um die Verhüllung von ihrem leuchtenden Antlitz zu entfernen, sang das Volk allerlei Reime, die sich noch bis heute im Munde der Kinder erhalten haben. Eines dieser Liedchen heißt: Leiwe Sonn’, kumm wedder mit dine goldne Fedder, mit dine goldnen Stroahlen, wi wull’n uns beed’ vermoahlen.

Neben dem vollen, runden, freundlich strahlenden Sonnenantlitz erhob sich das bleiche Angesicht des Mondes zu nicht minderer Bedeutung. Doch schon der Umstand, dass der Volkswitz den spitzbübischen Mann mit seinem Dornenbündel oder die tanzlustige Jungfrau mit ihrem Spinnrocken in den Mond verwünschen lässt, deutet auf eine weniger segensvolle Beimischung des Nachtgestirns. Alle wunderbaren Künste, die zu ihrer Vollendung des Sternenhimmels bedurften, wurden im bloßen Mondenschein geübt. Der Mondstrahl weckte den Erschlagenen zu einem Scheinleben auf, und schauerliche Märchen erdichtete der Aberglaube von den geheimnisvollen Kräften, die im Mondenlicht zwischen Erde und Geisterwelt die schwanke Brücke erbauen sollten. Alle Krankheiten stiegen mit dem zunehmenden Mond, sanken mit dem abnehmenden, wie Flut und Ebbe des Meeres durch das anziehende oder abstoßende Mondlicht hervorgerufen werden. Eigentlich günstig war nur der Neumond. Bei seinem jungen Licht zog das Heer der Krieger mutiger in die wilde Schlacht. In den Tagen, welche darauf folgten, berieten die Völker vorzugsweise, was zum Nutzen und Frommen der Gesamtheit ihnen zu tun oblag. Alles, was wachsen und gedeihen, was glücklich vonstattengehen sollte, musste im Neumond begonnen werden, Geld zählen, Häuser bauen, heiraten, säugende Kinder und Tiere entwöhnen, Kräuter und Tau sammeln, ja sogar Haar und Nägel schneiden. Der Vollmond schloss diese Seite des Aberglaubens völlig ab, und das Volk rechnete von der ersten Nacht, in welcher das Himmelslicht seine Scheibe gefüllt hatte, die Zeit des abnehmenden Mondes. Während der vierzehn Tage, die darauf folgten, mussten alle sympathischen Kuren vollbracht, Holz gefällt, Häuser abgetragen, Ehen getrennt werden. Wehe der törichten Hausfrau, die nicht den abnehmenden Mond erharren wollte, um Federn in die Betten zu füllen! Sie stachen an allen Ecken und Enden hervor und zerstreuten sich, man wusste nicht wie. Wäsche gelingt nur bei abnehmendem Licht. Eine serbische Sage droht dem Linnen, wenn es zur unrechten Zeit gesäubert wird, mit Vermondung. Es bauscht sich wild empor, als scheue es das Wasser, und zerreißt in zehnfach kürzerer Zeit. Gräben, die im Neumond gezogen werden, füllen sich bald wieder mit Gras und Erde. Die nach dem Vollmond gegrabenen klüften sich von selbst aus und werden allmählich breiter und tiefer. Getreide und Kohl müssen im Neumond gesät werden, Rüben und Kartoffeln im abnehmenden Licht. Wenn die Estin zum ersten Mal wieder die schmale, silberne Mondsichel wie ein leichtes Wölkchen am Himmel stehen sieht, begrüßt sie den Neumond: »Sei gegrüßt, Mond, dass du alt werdest und ich jung bleibe.« Der Leidende wendet sein Antlitz dem Nachtgestirn zu und fleht: »Du magst zunehmen, mein Übel möge abnehmen.« Oder: »Wie du abnimmst, mindere sich mein Schmerz.« Wer im Spiel seinen Rücken dem Mond zukehrt, verletzt die Ehrfurcht gegen das bleiche Licht und zieht sich Verlust zu. Tief eingewurzelt ist der Glaube, dass der Vollmondschein, wenn er das Haupt, besonders aber das Antlitz der Schläfer trifft, ihnen Unglück bringt. Der Mondstrahl vergiftet das Blut und treibt den Schlummernden zu bewusstlosem Wandern auf das Dach des Hauses, wenn er nicht gar, wie die Seemannssage kündet, ihn blind macht für immer. Eine Leiche im Haus zur Zeit des abnehmenden Mondes deutet auf großes Unglück. Ist es die des Familienhauptes, so vergeht bald der ganze Stamm.

Auch der Mond ist ein Wetterprophet. Die schmale Sichel muss hell und klar am Abendhimmel stehen, um gutes Wetter zu bedeuten. Vermag sie in den drei ersten Tagen nicht durch Dunst oder Gewölk zu dringen, so verkündet das trübe Luft für den ganzen Monat. Roter Mondaufgang zeigt Wind an, ein bleiches Licht bringt Regentage. Schwebt der Mond am Abendhimmel in einem Dunstkreis, der einen Hof um das Gestirn bildet, so erhält sich die Witterung klar und trocken. Dagegen ist ein Hof im Morgengrauen ein sicheres Zeichen stürmischer, unfreundlicher Tage. Nebensonnen wie Nebenmonde gehen einer lang anhaltenden Regenzeit voran.

Nicht unwichtiger deuchten der Sage die Verfinsterungen der Sonne und des Mondes, die Wolken des Himmels, der Regenbogen, Nebel und Tau und der Wind. An alle knüpfte sie die lichten Fäden, aus denen sich das tägliche Wunder unserer Erdbewegung zusammenfügt, alles zog sie hinein in den magischen Kreis, altgewohnte Ereignisse mit dichterischem Schmuck umkleidend.

Auf die gesamte Naturbevölkerung übt die Verdunkelung des Sonnenlichtes, wie die erbleichende Scheibe des Mondes einen Eindruck des Schreckens und der Furcht. Selbst das muntere Lied der Vögel schweigt, die Blumen falten ihre duftigen Kelche und ängstlich drängen die Tiere der Herde sich aneinander, als bedrohe eine Gefahr ihre unbeschützten Scharen. In alten Kalendern pflegte man die Sonnen- und Mondfinsternisse so abzubilden, dass fabelhafte Ungetüme, Wölfe oder Drachen, die Gestirne in ihren Rachen halten, bereit, dieselben zu verschlingen.

Schon die ältesten Vorstellungen knüpften den Weltuntergang an ein so schreckenvolles Ereignis. Mond und Sonne dachte man sich in rastloser Bewegung um die Erde, fliehend vor dem Sonnenwolf und dem riesenhaften Mondhund, die ihnen nachjagen. Wenn sie die Gestirne erreichten und diese zu verschlingen begannen, trat die Verfinsterung ein. Dann versammelte sich in Eile alles, was sich zu regen vermochte, um mit lautem Geschrei, mit dem hallenden Klang der Streithörner, dem Geklirr metallener Becken, dem dumpfen Rasseln der Kriegstrommeln die Ungeheuer von ihrem frevelhaften Beginnen abzuschrecken und den verfolgten Himmelslichtern Frist zum Entweichen zu verschaffen. An der Nordküste Afrikas sah ein europäischer Reisender während der totalen Verfinsterung der Sonnenscheibe die Mauren wie unsinnig hin und her laufen und mit den Flinten nach derselben schießen, um den Sonnenräuber in die Flucht zu jagen, während eisgraue Moslems auf den Boden niedersaßen und ihren Todesgesang anstimmten. Wer kennt nicht die unschuldige List, welche der große Kolumbus auf der Insel Jamaika anwandte, um die rebellischen Einwohner seinem Willen zu unterwerfen! Ein furchtbarer Sturm hatte das Schiff des greisen Entdeckers durch den mexikanischen Meerbusen an die Küste Jamaikas geführt und dort zerschellt. Mit trüben Blicken sahen die Verschlagenen auf das weite Meer hinaus, das sie von dem Vaterland trennte. Wenn nicht, was kaum zu erwarten stand, ein spanisches Schiff seinen Weg durch die Wasserwüste an jener Insel vorüberkam, mussten sie dort sterben und verderben, oder gar den wilden Eingeborenen zum Opfer fallen. Da erboten sich zwei der Begleiter des kühnen Mannes, der Spanier Mendez und der Italiener Fiesko, auf zusammengebundenen, ausgehöhlten Baumstämmen nach Haiti hinüber zu schiffen, um von dem spanischen Statthalter Hilfe zu fordern. Doch dem Raben gleich, der aus der Arche als Kundschafter entsendet wurde und nicht wiederkehrte, zogen jene Wackeren aus und schienen verschollen, denn Woche auf Woche verrann und kein Mast tauchte aus den Fluten empor, den am Ufer Harrenden Hilfe zu bringen. Sechsmal hatte der Mond seine lichte Scheibe gefüllt, mit jedem Wechsel seines hellen Glanzes erblich die Hoffnung auf Erlösung mehr und mehr, und die Mannschaft des gestrandeten Helden zog plündernd und raubend durch das Land, ohne Achtung noch Gehorsam für die Befehle ihres Herrn, dessen Herz seinem finsteren Geschick zu unterliegen begann.

Indessen hatten die Freibeuter die nächste Umgebung völlig ausgesogen und die Indianer flohen tiefer in das Land hinein, mit sich nehmend, was sie fassen konnten, um es vor den weißen Räubern sicherzustellen. Wie tief der edle Kolumbus auch durch den Ungehorsam der Spanier gekränkt sein mochte, wollte er doch ihr elendes Leben so lange wie möglich fristen und setzte endlich der hartnäckigen Weigerung der Farbigen, ihnen Früchte, Milch und Fleisch zu liefern, die böse Kunde entgegen, dass der Mond in der nächsten Nacht sein Angesicht verdunkeln werde; denn der mächtige Gott der Weißen zürne ob der Not seiner Kinder. Die Eingeborenen lachten hierzu, als aber in der nächsten Nacht eine der vollständigsten Mondfinsternis in Szene ging und das freundliche Antlitz des Mondgottes sich nach und nach mit einem düsteren Schleier zu decken begann, stürzten sie heulend herbei zu den Füßen des großen Mannes und flehten ihn um Gnade an. Kolumbus kündete ihnen die Verzeihung seines Gottes, wenn sie nach wie vor die Fremdlinge mit Lebensmitteln versehen würden, und die abergläubischen Insulaner, nur zu froh, das Nachtgestirn wieder in seinem leuchtenden, ursprünglichen Glanz zu erblicken, waren zu allem bereit. So vermochte die Kenntnis der Gestirne den großen Mann vom drohenden Untergang zu erretten, denn wenige Wochen später tauchte das lang und schmerzlich ersehnte Schiff am Horizont auf und führte Kolumbus aus dem neu entdeckten Erdteil nach Spanien zurück.

Sonnenfinsternisse sollen Erkältung des Erdballs bewirken, Mondfinsternisse ungewöhnliche Trockenheit desselben, beide verkünden ein unfruchtbares Jahr. Doch beschränken sich diese Einflüsse angeblich nach dem Planeten, unter dessen Herrschaft die Verfinsterung sich ereignet. Der Saturn, als ein kaltes Gestirn, erzeugt Schnupfen, Rheumatismen, Fieber und Schwindsucht als Folge der Finsternis, Jupiter hingegen Überfluss an Früchten und gesunde Luft. Während Mars heiße Luft und Gewitter, böse und ansteckende Krankheiten und ein dürres Jahr schafft, erweist sich Venus mild und gütig, sanfte Regen, gesunde Luft, reiche Ernten hervorbringend. Merkur bezeichnet seine Herrschaft durch heftige Wetter, auszehrende Krankheiten, tägliche Fieber und Beängstigungen.

Auch die Wolken des Himmels entgingen der astrologischen Deutung nicht. Aus ihnen sah die einmal angeregte Fantasie wunderbare Gestalten sich entwickeln. Geharnischte Reiter auf flüchtigen Wolkenrossen durchstürmten die Luft, mächtige Gebäude türmten sich in grauen Massen auf, selbst Zahlen, Schwerter und Kreuze erschienen in der Dunsthülle, Krieg, Hungersnot, Pestilenz und manches andere den zitternden Bewohnern der Erdoberfläche verkündend. Aus dem Gewölk sollte es Blut, Steine und Ungeziefer regnen, und solche astrologische Wunder mussten den Wahn erzeugen, als ereigneten sie sich nur, um Unheil zu bringen, der ewigen Liebe und Güte Gottes zum Trotz. Mehr auf die Wirklichkeit gegründet ist alles, was mit den Bauernregeln zusammenhängt, nämlich der Einfluss der Himmelserscheinungen auf die Luftbeschaffenheit und den Ertrag des Bodens. Ballen sich die Wolken gleich weißen Gebirgen oder Schneehaufen und zerfahren sie bald wieder, so steht klares, helles Wetter zu erwarten. Rötlich überhauchte, graue Wolken zur Zeit des Sonnenaufganges bringen Regen, bei Sonnenuntergang Wind. Schwärzliches Gewölk, wenn es auch scheinbar zerteilt wird oder hinwegzieht, kehrt in zwei, auch drei Tagen zurück und entlädt seine Regengüsse. Geht der Zug der Wolken von Süd nach Nord, so treten Regen und Wind ein. Ist das Verhältnis umgekehrt, folgt bewegte Luft, das Gewölk verschwindet von Ost nach West, der Horizont klärt sich und verspricht dauernd schönes Wetter. Das sogenannte Wetterleuchten, Blitze ohne Donner bei heiterer Luft, zeigt Hitze und Trockenheit an.

Fantastischer noch gestaltete der Wahn die Nebel, jenen weichen, erkältenden, schmiegsamen Dunst, der sich wie ein zarter, bläulicher Schleier um Wald und Berge zieht, oder wie ein weißes, wallendes Meer Fluss und Wiese bedeckt, bis des Morgenrots starker Atemzug ihn in tausend Teile zerpflückt und weit hinwegführt. Im grauen, übel riechenden Dampf, der in seinem Schoß den Keim böser Krankheiten trägt, hauste das Nebelmännlein, verlockte schadenfroh den Wanderer vom gebahnten Weg in Sumpf, Morast oder zu einer jäh abstürzenden Schlucht und wich dann zornig und beschämt dem heiligen Klang der Nebelglocke. Morgennebel ist ein sicherer Wetterprophet: Fällt er, so klärt sich der Himmel. Steigt er aber und verdichtet er sich zu Wolken, so bringt das unfehlbar Regen. Über Gewässern und Moorgegenden erhebt sich oft mitten am Tag trüber Dunst, durch den die Lichtstrahlen zur Erde niedergehen. Man sagt alsdann: Die Sonne zieht Wasser. Diese Erscheinung bedeutet Regen. Senken sich die Nebel aber wieder herab und verflüchtigen sich, so erhält sich das Wetter schön und beständig.

Regen und Tau dienten nicht nur zu allerlei Zauber, man schrieb ihnen auch eine gewisse Einwirkung auf Menschen und Pflanzen zu. Wie die grünenden Knospen der Bäume und Sträucher nach einem linden Frühlingsregen sichtbar schwellen, sich öffnen und die zarten Blättchen hervordringen lassen, wächst auch der Menschensprössling, dessen jugendlichen Scheitel der Mairegen trifft. Wo es der Braut auf ihrem Weg zur Kirche in den Kranz regnet, fließt dem neu begründeten Hausstand so viel Silber zu, wie vom Himmel Tropfen fallen. Bedeutsamer noch erscheint der Tau. Vor Sonnenaufgang von den Roggenähren gestreift oder aus den Fugen der Grabsteine geschlürft, heilt er zehrende Fieber. Maitau diente den Alchemisten zu ihren Mischungen. Tautropfen aus Rosen, Lilien oder Veilchen sollten die Sommersprossen vertreiben. Heilend und verschönernd dachte man sich auch den Tau am Tag der heiligen Walburga und am Johannistag. In Elsene bei Brüssel steht ein heiliger Baum. Wenn das Wasser nach einem Regen von seinen Zweigen niedertropft, so bringt es denen, welche sich darunter stellen, nicht nur Glück, sondern heilt auch alle ihre etwaigen Gebrechen. Regen in ein offenes Grab bezeugt, dass des Verstorbenen Seele in die himmlische Heimat eingehen durfte. Mannigfache Sagen erzählen von einem plötzlichen Regen aus heiterer Luft, der als ein göttliches Wunder die Unschuld zum Tode Verdammter erwies. Regen am Johannistag schadet den Nüssen, in manchen Gegenden sagte man dies auch vom St. Margarethentag. Man soll Kindern Regenwasser zu trinken geben, dann bekommen sie eine schöne Stimme. Ein Sonnenregen fällt wie Gift auf Korn und Blätter.

Tau verkündet einen schönen Tag, wenn er reichlich und lange an Gras und Zweigen perlt, verzehrt er sich hingegen schnell, so zeigt dies für den Nachmittag ein Gewitter an. Als ein besonderes Zeichen der göttlichen Gnade gilt der Regenbogen, und die Sage knüpfte manch liebliche Verheißung an die farbige Brücke, welche vom Himmel zur Erde führt. Wo sie den Boden berührt, blühen Schätze daraus hervor, oder ein goldenes Schüsselchen fällt herab. Solche Regenbogenschüsseln sind in der Sonne aufgehäuft, aus der sie nach heftigen Regengüssen herniedergleiten, ein Gabe Gottes für fromme Kinder, besonders für die Sonntagskinder. Auf der aus drei Farben stark gebauten Brücke geleiten Engel die Seelen der Gerechten gen Himmel, eine Vorstellung, welche an den mytischen Traum Jakobs (1. Mose 28, V. 12) erinnert, wonach die Engel auf einer Himmelsleiter auf- und niederstiegen.

Die Esten nennen den Regenbogen des Donnergottes Sichel, andere Bezeichnungen sind die Wetterrute, der Himmelsgürtel. Ihm wohnt nach einer serbischen Sage die Kraft bei, männliches, was darunter hinweggeht, in weibliches, und weibliches in männliches zu verwandeln. Die drei Hauptfarben unterliegen nun mannigfaltiger Abwechselung und bieten dann sieben ineinander verschmelzende Schattierungen dar. Überwiegt das leuchtende Grün, so folgt noch mehr Regen, flammendes Rot bedeutet Wind.

Wenn aus Tau und Regen weiße Dünste in den Luftraum emporstiegen und die Nebel sich dann zu dichten Wolkenmassen zusammenballten, war dieser Vorgang eines der greifbaren Wunder, unnachahmlich zwar, doch deutlich erkennbar dem Auge unserer Voreltern. Wenn aber plötzlich der Wind seine brausenden Fittiche zu regen begann, ohne dass man ihn sah, ohne dass man wusste, von woher er kam und wohin er zog, wandelte die unbegreifliche Erscheinung sich in einen Gott, der aus dunkler Felsenkluft hervorbrach und im Zorn die Oberfläche der Erde arg verwüstete.

Einer nahe verwandten, aber großartigen Anschauung begegnen wir schon im tiefen Altertum. Der homerische Aiolos, »ein Freund der unsterblichen Götter«, welchem Zeus die unbeschränkte Macht über die Winde verliehen hatte, wurde dadurch zu einem Gott zweiten Ranges erhoben. Auf alten Holzschnitten finden wir die Winde als blasende Gesichter oder Häupter abgebildet, in den Sagen treten die vier Hauptwinde als Zwerge auf, häufiger noch als vier riesige Söhne einer alten Frau in der Felsenhöhle. Unter den Russen hießen die Winde Stribogs, eines Gottes Enkel, und das Volkslied legt ihnen den Namen eines Herrn bei. Auf den nördlichen Eilanden Europas vergleichen Überlieferungen und Gesänge den Wind mit einem Adler, der seine Klaue in die Wolken schlägt, mit dem Habicht, der einen ganzen, sommerlangen Tag fliegt, ohne zu ermüden, manchmal auch mit dem Sperber oder dem Geier. Alle diese mythischen Vorstellungen beruhen auf der gewaltigen unsichtbaren Macht des Elementes und stehen daher in einem inneren Zusammenhange.

Das Tosen des Windes erschien den Menschen als etwas dämonisches. Das Mittelalter dachte sich den Teufel und die Hexen im Sturm vorüberbrausend. Wo ein Gehängter zwischen Erde und Himmel schwebt, stimmt der Wind die schaurige Totenklage an und heult in bangen Stößen. Säuselnder Hauch des Windes, der das Ährenfeld leichte grüne Wellen schlagen lässt, bringt ein fruchtbares Jahr. Sturm in der Neujahrsnacht führt Todesgeruch mit sich und deutet auf ansteckende Seuchen.

Von allem wunderbaren Spuk, der dem Wind anhaftete, ist wenig bis auf unsere Tage gekommen, und das liegt in seiner Natur begründet, die allgegenwärtig immer dieselbe, keine eigentümlichen Züge von dauerndem Interesse für die Mythe bietet.

Wir freuen uns des Ostwindes, weil er heiteren Himmel und klare Luft schafft, des Südwindes, der uns Wärme und Sonnenschein für die Sommerfrüchte bringt, des Westwindes mit seinen erquicklichen Regengüssen nach langer Trockenheit und des Nordwindes, wenn wir, im warmen Stübchen geborgen, auf die winterliche Flur hinausschauen.

Das unzählbare Heer der Sterne kreist seit Jahrtausenden in ungestörter Harmonie durch den weiten Raum des Äthers, unbekümmert um den forschenden Blick, der seine Bahn verfolgt, die Gesetze seiner Bewegung zu ergründen strebt und mit dem kunstreichen Mechanismus der Sonnen-, Mond- und Sternenuhren die Zeit zu messen weiß.

Diejenigen, welche mit wahrem Eifer und blindem Glauben die Geschicke der Sterblichen aus der Zusammenwirkung aller himmlischen Erscheinungen zu folgern unternahmen, mussten notwendig sehr erfahren in der Sternkunde sein. Andere, denen es mehr um die bloße Sterndeutung ging, erwiesen sich geradezu als absichtliche Betrüger, und es trat zwischen Astronomen (Sternkundigen) und Astrologen (Sterndeutern) dasselbe Verhältnis ein, wie es zwischen den Chemikern und Alchemisten vorhanden war. Von den Chaldäern und Ägyptern übertrug sich die Kunst der Sterndeutung auf die Römer, sobald die einst so strengen und reinen Sitten der Republik unter der Herrschaft der Kaiser erschlafften und zugrunde gingen. Je grausamer und despotischer die Fürsten sich zeigen, desto abergläubischer sind sie auch, und die Kaiserzeit der alten Römer umfasst die Blüte der Astrologie in Italien. Von hier aus wanderte die Sterndeutung durch fast alle Länder Europas und setzte sich besonders in Spanien, Frankreich und Deutschland fest, wo die Astrologen von einem Fürstenhof zum anderen zogen, und überall mit wahrhaft königlicher Freigebigkeit belohnt wurden.

Die Sumer teilten den Kreis in 360 Grad. Die gebräuchliche Einteilung des Himmelssaals war diejenige in zwölf Häuser, deren jedes von einem Zeichen des Zodiakus oder Tierkreises beherrscht wurde. Vier dieser Zeichen sind den Menschen, vier den Säugetieren entnommen, nämlich jenen Zwillinge, Jungfrau, Schütze und Wassermann, diesen Widder, Stier, Löwe und Steinbock. Die letzten vier gehören verschiedenen Abteilungen an, Fische, Krebs, Skorpion und Waage.

Die Astrologie wusste nur von fünf Planeten, zu denen sie als sechsten und siebenten Sonne und Mond zählte: Saturn, Jupiter, Mars, Venus und Merkur. In den astrologischen Berechnungen fanden sich außerdem noch das Drachenhaupt und der Drachenschwanz und die fünf Aspekte, welche von großer Wichtigkeit waren. Die Zusammenfügung die den ganzen Zirkel von 360 Graden, in den der Tierkreis eingeteilt wird, umfasste: der Gegenschein, der nur 180 Grad, der Geviertaspekt, der 90 Grad, der Trigonus, der 120 Grad, und der Gesechstaspekt, der 60 Grade maß. Keppler fügte noch einige Unterabteilungen hinzu, welche die angeblichen Wirkungen der Himmelszeichen bis zu ihren leisesten Kraftäußerungen herab genau bestimmten.

Die Idee der Sterndeutung wurde von den Astrologen aus dem allgemein angenommenen Satz hergeleitet, dass jedes Erschaffene seinen Zweck habe, dass nach dem allweisen Plan Gottes jedem Wesen, möge es groß oder klein, herrlich oder dürftig ausgestattet sein, ein bestimmter Platz in der Schöpfung angewiesen worden, auf dem es nach Kräften zu wirken habe, um keine Lücke in der allgemeinen Harmonie zu verursachen. Dieser Satz, – an und für sich unbestreitbar, solange er nicht mit dem großen Irrtum verbunden wird, dass alles um der Menschen willen da sei, denn Gott erschuf die Dinge nach seiner unerforschten Weisheit um ihrer selbst willen und zu Zwecken, die dem menschlichen Verstand nicht immer einzuleuchten vermögen, – dieser Satz führte zu der weiteren Annahme von den Kräften und mächtigen Einflüssen der unserer Erde an Größe überlegenen Himmelskörper, indem man sich ganz naiv die Frage vorlegte: Wozu sollten diese mächtigen Gestirne vorhanden sein, wenn nicht zum Nutzen und unmittelbaren Einfluss auf den Erdball, den wir gerade bewohnen?

Jede Himmelsfigur, jeder einzelne Stern empfing seine Deutung, aus deren Vereinigung alsdann das Gesamturteil hervorging. Viele stimmen in ihren Eigenschaften überein, z. B. der Schwan mit der Leier, die Andromeda mit dem großen Hundsstern, der kleine Hundsstern mit dem Haupt des Herkules. Von den zwölf Zeichen des Tierkreises sollten Widder, Löwe und Schütze feurig, heiß und trocken sein. Stier, Jungfrau und Steinbock irdisch, kalt und trocken. Zwillinge, Waage und Wassermann luftig, heiß und feucht. Krebs, Skorpion und Fische wässrig, kalt und feucht. Diese Annahme erlitt durch die vier Jahreszeiten einige Veränderungen. Wenn die Sonne im Frühling die Zeichen des Widders, Stieres und der Zwillinge durchläuft, ist die Luft warm und feucht, im Sommer geben Krebs, Löwe und Jungfrau trockene Hitze, im Herbst Waage, Skorpion und Schütze kühle Trockenheit, im Winter Steinbock, Wassermann und Fische nasskalte Tage.

Diese Bedeutungen erhielten sich unangefochten bis zu der Zeit, als Amerika entdeckt wurde. Kaum begannen nun die Sternkundigen jene Himmelshälfte zu durchforschen, welche ihre strahlenden Lichtkörper über die Tropenwelt dahinziehen lässt, als sie mit Erstaunen und Schrecken bemerkten, dass die Einflüsse der Gestirne jenseits des Ozeans denen der heimischen Sternbilder oft gerade entgegengesetzt waren. Was hier Kälte brachte, gab dort Hitze, was in Europa Trockenheit bedeutete, wies in Amerika auf großen Regen.

Auch die Planeten wurden einer Sonderung, nach diesen Eigenschaften, unterworfen, besonders der Mond in seinen vier Phasen. Die Sonne, der Jupiter und die Venus erzeugen gutes Wetter, klare Luft und sanften Wind. Gewitter, Regen, trübe Luft rühren von dem Saturn, dem Merkur und dem Mond her. Der Merkur schafft besonders stürmisches Wetter, der Saturn an sich große Kälte, auch Nebel. Der Mars bringt Hitze, zusammen mit Saturn und Merkur Sturm und Ungewitter, heftigen Regen oder Schnee.

Ganz besonders ergötzlich schildern astrologische Schriften den Einfluss der Gestirne auf die Pflanzenwelt. Die Zeichen des Tierkreises sind gewissermaßen die Schutzgötter derselben, und die Sympathie oder vielmehr deren Gründe sind unseren profanen Augen ganz verloren gegangen. So gehörte dem Wassermann das Drachenkraut, dem Stier das Eisenkraut, dem Widder die Salbei, dem Löwen die Kartoffel, dem Skorpion der Beifuß, der Waage das süß duftende Heliotrop. Wenn sich auch begreifen lässt, weshalb man den Sonnenwirbel der Sonne, Eisenkraut dem Mars und das Mondkraut dem Mond zulegte, ist doch die Verbindung zwischen dem Apfelbaum und dem Mond, zwischen Ölbaum und Venus, Baldrian und Jupiter schwer zu entziffern.

Von Körnern und Samen wurden beispielsweise die Linsen dem Mond, der Fichtensame der Venus, der Kümmel dem Saturn zugeeignet. Die Tiere unterlagen gleichem Gesetz. Von allen diesen wunderlichen Kombinationen hat sich nun im Volksglauben nur das erhalten, was zu den sogenannten Bauernpraktiken gehört. Säen und pflanzen soll man im zunehmenden Mond, unter dem Zeichen des Widders, der Waage, des Krebses und Steinbocks oder auch im Stier, der Jungfrau, dem Schützen und den Fischen, wenn nämlich die Aspekte günstig sind. Bäume werden am besten zur Zeit des Stiers, der Jungfrau, des Steinbocks oder am Tag Allerheiligen versetzt, Weinberge mit frischen Senkern bepflanzt. Frühlingsanfang, abnehmender Mond, Zeichen des Wassermanns sind die gewähltesten Zeiten zum Pfropfen und Beschneiden derselben. Gärten müssen gepflegt und beschickt werden, wenn die Waage oder der Wassermann regieren, Äcker werden umgepflügt vom neuen Licht bis zur Vollmondnacht, wer von seinen Feldern Gras schneiden will, bereite und dünge sie bei zunehmendem Mond, denn im abnehmenden werden sie tüchtig gemacht zur Hervorbringung reicher Frucht. Jupiter und Venus sind dem Baumobst günstig, wenn es bei klarem Wetter zur Zeit des abnehmenden Monds gebrochen wird. Weder Würmer noch Fäulnis rühren das Bauholz an, welches vom 12. November bis zum 12. Januar gefällt ist, weil der Saft dann noch nicht in die Bäume getreten ist. Am besten eignen sich dazu die Tage des abnehmenden Lichts und die Himmelszeichen der Jungfrau, des Stiers und des Steinbocks. Brennholz dagegen muss im ersten Viertel, unter dem Schutz Jupiters und der Venus, geschlagen werden. Das für den Haushalt bestimmte Vieh muss man bei abnehmendem Mond schlachten, damit das Fleisch schmackhaft sei und sich gut aufbewahren lasse. Schafschur im zunehmenden Licht gibt reicheren Ertrag der Wolle. Viele dieser Lehren einer natürlichen Astrologie hat der Gebrauch zu besserer Einprägung in Reime gebracht, andere erhielten sich in Form von Sprichwörtern.

Eine wunderbare Sympathie bestand nach der Meinung der Astrologen zwischen den Metallen und Steinen im Innern der Erde, den Mineralien, und den Gestirnen. Edles und unedles Gestein, ja selbst die Perlen in ihrer Muschelhülle auf dem Grund des Ozeans sollten den Einfluss der Sterne empfinden und dadurch gebildet werden. Und weil dem einfachen Verstand solche Dinge gar zu unwahrscheinlich dünken mussten, boten Luft und Wasser sich zu Vermittlern zwischen dem Äther und allem demjenigen dar, was im tiefsten Erdenschacht verborgen lag. Es erzeugte die Sonne das klare Gold, der Mond das Silber, Jupiter das Zinn, der kriegerische Mars Stahl und Eisen, Venus das Kupfer, Saturn stumpfes Blei und der veränderliche Merkur das unruhige Quecksilber. Eben so eigneten die Edelsteine sich den Planeten zu: Diamanten und Perlen der Venus, Saphir und Smaragd dem Jupiter, dem Mond Bergkristall und Korallen.

In den ältesten Kalendern fanden sich Tafeln mit eigentümlichem Vermerk. Mit dem Eintritt der Sonne in das Zeichen des Steinbocks, später vom Christfest bis auf den Dreikönigstag, feierte man die heiligen zwölf Nächte. Wie das Wetter in dieser abgeschlossenen Zeit sich gestaltete, sollte Tag um Tag einen Monat des neuen Jahres bezeichnen, und die Aufgabe der Kalendermacher war es, diese Witterungsverhältnisse genau zu beobachten und zu Nutz und Frommen ihrer Leser aufzuschreiben. Außerdem lieferten sie eine stetige Übersicht über die Tage, welche besonders günstig für allerlei Unternehmungen sein sollten, und beschäftigten sich dabei selbst mit den geringsten Ereignissen eines wohlgeordneten Hauswesens in entsprechender Breite und Gründlichkeit. Man sollte um Martini Gänse schlachten, vom Tag des heiligen Bartholomäus bis zum St. Hedwigstag Vögel fangen, von Mariä Himmelfahrt bis zu St. Aegidi Hirsche schießen, anderes Wildbret aber vom Tag Simon Judä bis zum 25. November.

Von der Wahrheit mancher Prophezeiungen mochten sie nun aus den Linien der Hand oder aus den Sternen geschöpft sein, sollen viele einzelne, sogar historische Züge den Nachkommen Zeugnis geben. Julius Cäsar empfing einst die Warnung eines sterndeutenden Wahrsagers, sich vor dem fünfzehnten Tag des März zu hüten, weil in der Stunde seiner Geburt der Mars in dem Zeichen des Skorpions, Saturn und der Mond im Wassermann, Venus, Jupiter und Merkur in den Zwillingen und im Löwen gestanden haben sollen. Als Cäsar sich an diesem Tag zum Senat begab, traf er auf seinem Weg den Wahrsager und rief ihm spottend zu: »Heut ist ja der 15. März.«

»Gewiss«, sagte der Mann, »und er ist auch noch nicht vorüber.«

Cäsar, der auch von anderer Seite gewarnt worden war, betrat dennoch den Saal, in welchem der Senat seiner harrte. Die Verschworenen umdrängten seinen Stuhl, und von dreiundzwanzig Dolchstichen durchbohrt, sank der mächtigste der Römer tot zu Boden.

Nicht minder bekannt ist die Sage von dem Ende des griechischen Dichters Aischylos, dem ein Sterndeuter verkündete, dass ihm von oben her etwas Schweres auf den Kopf fallen und ihn töten werde. Der Bedrohte mied seitdem die Häuser und Straßen und hielt sich auf freiem Feld auf, um der Gefahr zu entgehen. So lag er einst, in tiefe Betrachtungen verloren, in der Nähe von Gila in Sizilien, als ein Adler mit einer gefangenen Schildkröte in den Klauen über ihm schwebte und das Tier, dessen harte Schale er zu zerbrechen begehrte, auf das Haupt des ruhenden Aischylos herabfallen ließ, weil er den kahlen Schädel des großen Mannes für einen Stein ansah.

Einer Geliebten König Ludwig XI. von Frankreich, um 1480, wurde ein naher Tod von seinen Astrologen vorausverkündet. Als sie bald darauf wirklich starb, empfand der König einen so lebhaften Kummer, in den sich, vielleicht nicht ungegründet, ein gewisser Argwohn mischte, dass er die Unglückspropheten zu töten befahl. Einer von ihnen trat in das Gemach des Königs und wurde spöttisch ersucht, sein eigenes Horoskop zu stellen. Schnell gefasst entgegnete der Schlaukopf: »Ich habe in den Sternen gelesen, dass mir ein hohes Alter beschieden ist, denn ich werde genau drei Tage vor Euer Majestät sterben.« Diese List rettete ihm das Leben, denn abergläubisch bis zum Übermaß, wie alle Tyrannen, wagte der König nicht, den gegebenen, blutdürstigen Befehl ausführen zu lassen.

Nach der Meinung der Astrologen war jeder Teil der Erde mit allem, was auf ihm lebt, einem Planeten unterworfen. Zuweilen erstreckte sich diese Begrenzung nur auf die Länder Europas, welche in sieben Erdstriche zerfielen. Schon die Ägypter erachteten die von den Gestirnen selbst gebildete Figur des Kreuzes bei allen astrologischen Berechnungen als namentlich viel bedeutend, weil ihrer Vorstellung nach die Sterne die meiste Gewalt haben sollten, wenn sie in den vier Ecken des Himmelskreises stehen und ihre Strahlen in der Form des Kreuzes sich begegnen. Den Tierkreis dachte man sich in vier Trigone (Drittteile) eingeteilt.

Das erste Trigon ist dem Feuer, der Wärme ergeben. Es wird regiert durch die Zeichen des Widders, des Löwen und des Schützen, stellt das allein Männliche dar unter den Planeten Jupiter und Sonne und ist ein Trigon des Tages. Das zweite gehört der Erde, ist trocken, weiblich, Trigon der Nacht, wird beeinflusst von dem Mond und der Venus, in ihm bewegen sich der Stier, die Jungfrau und der Steinbock. Das dritte Trigon ist wieder männlich, dem Tag eigen, der Luft und der Feuchtigkeit, deshalb gehört es dem Saturn und Merkur unter den Zeichen der Zwillinge, der Waage und des Wassermanns. Das vierte endlich ist zwar dem feindseligen Mars gewidmet, dennoch aber als das Trigon des Wassers weiblich und kalt, der Nacht zugeeignet. In ihm regieren der Krebs, der Skorpion und die Fische.

Die Gestalten des Tierkreises haben im Lauf vieler Jahrhunderte die ihnen eigentümlichen Formen eingebüßt und es erklärt sich von selbst, dass eine Zeit, welche für sie nur die kalten, nichtssagenden, abgeschliffenen Zeichen kennt, wie sie in jedem Kalender zu finden sind, nicht mehr berührt werden kann von der Poesie einer frühen, fantasiereichen, schöpferischen Vergangenheit, wo die Edelsteine noch als erstarrte Tränen des höchsten Gottes auf die Erde herabsanken. Anders bildeten einst Perser und Inder ihre Himmelszeichen. Da war der Orion mit Schwert und Spieß, über seiner Hand zwei Leuchter, die ihn mit seinem Namen anreden. Ein Jüngling stand in einem Schiff, ein anderer saß auf dem Thron, mehrere lenkten einen Wagen. Hier schwankte ein Alter, trunken von Wein, dort ruhte eine entseelte, weibliche Gestalt. Ein Kind leitete Stier und Kuh. Aus dem Leib eines Elefanten und eines Löwen war eine männliche Figur mit roten Füßen gebildet. Ein zweiter Mann trug einen erzenen Schild, das Tympanum schlagend. Unmöglich ist es, alle die bunten Gestalten zu schildern, deren Beschreibung uns der berühmte Astrologe Albumasar aufbehalten hat. Leider entschwand die Deutung dieser Figuren dem Bewusstsein der Sammler und schon die Griechen bedienten sich zu ihren astronomischen Berechnungen der Zeichen, welche jetzt noch üblich sind.

Die Gestirne rauschen, der Sage nach, mit harmonischem Klang durch den Äther. Der weise Grieche Pythagoras organisierte die Musik der Sphären folgendermaßen: Zwischen Erde und Mond ist ein voller Ton, vom Mond zum Merkur ein halber, von diesem zur Venus abermals ein halber, von der Venus zur Sonne ein voller Ton und ein halber. Zwischen Sonne und Mars ist ein ganzer Ton, zwischen Mars und Jupiter ein halber, vom Jupiter zum Saturn ein halber, vom Saturn bis zum Tierkreis ein voller Ton und ein halber, im ganzen also sieben Töne.

Allen Berechnungen des Sternenlaufes legten Astronomen wie Astrologen die große Konjunktion zugrunde, nämlich das Zusammentreffen des Jupiter mit dem Saturn, welches alle zwanzig Jahre stattfindet, wegen der veränderten Stellung der Gestirne zum Tierkreis aber auf demselben Punkt erst nach achthundert Jahren wiederkehrt, und zwar in dem Trigon des Zodiakus, welches dem Feuer, als dem edelsten Element, geweiht ist. Die erste große Konjunktion im feurigen Trigon fand im Jahr 4000 vor Christus statt und fiel also mit der Annahme von der Erschaffung der Welt und dem Leben Adams zusammen. Die zweite ereignete sich 3200. Es lebte Enoch, Städte waren gegründet, Künste blähten und mit der zunehmenden Zivilisation nahm die Gleichheit der Menschen unter sich ab, denn es gab bereits Herrscher und Beherrschte. Die dritte fällt auf das Jahr 2400, als die Sintflut das verkommene Geschlecht von der Erde zu tilgen berufen war und Noah sich in der Arche barg. Die vierte Konjunktion trifft das Jahr 1600 und deutet auf das nächste große Ereignis der Befreiung des jüdischen Volkes aus ägyptischer Knechtschaft durch Moses und die Wiederherstellung des Monotheismus in erhöhteren Formen. Die fünfte ereignete sich 800 v. Chr., da Babylon mächtig wurde über alle Länder und der Prophet Jesaja die Sünde seines Volkes mit harten Worten geißelte. Dies war auch die Hochzeit der keltischen Stämme in Europa. Zur Zeit der Geburt Christi endlich begegneten die strahlenden Gestirne einander zum sechsten Mal. Die stolze Roma stand auf dem Gipfel ihrer Macht, der sich die ganze bekannte Welt in zitternder Ehrfurcht beugen musste. Von hier an begann sie herabzusteigen zu allmählichem Verfall, der sich indessen ungleich schneller vollzog, als das langsame Emporklimmen einer Nation von Hirten zu der höchsten Ehre und Gewalt eines geordneten Staatslebens. Die siebte Konjunktion fand neue Gebieter der Erde, der Schwerpunkt des Staates hatte sich geteilt. In Rom herrschte die christliche Kirche und über sie der Statthalter Christi, während die Politik und das Schwert ihren Kaisersitz in Byzanz aufschlagen.

Mitten in Europa hatte das Volk der Franken den gewaltigen Aufschwung genommen, zu dem Karl der Große sie mit starker Hand emporleitete, und das Riesenkind Deutschland begann seine kräftigen Glieder zu regen. Das war im Jahr 800 nach Christus. Der Islam war mal gerade 166 Jahre alt.

Die achte Konjunktion, 1600, eröffnete das ewig denkwürdige Jahrhundert des blutigen Glaubenskampfes, in welchem Deutsche gegen Deutsche die Freiheit ihrer Überzeugung mit Leib und Leben, Hab und Gut versuchten. Die Oberfläche der Erde hatte eine neue Gestalt gewonnen, aus dem Ozean waren Länder von ungeheurer Ausdehnung aufgetaucht, der Kompass und die Buchdruckerkunst wurden die gewaltigsten Stützen eines hohen, geistigen Lebens und die Erfindung des Schießpulvers verdrängte von den Schlachtfeldern die rohe Kraft und schloss damit zugleich die romantischen Tage der Ritterlichkeit ab. Die Chinesen bewahrten die geheimen Mischungen des Schießpulvers bereits Hunderte von Jahren.

Der italienische Mathematiker Cardano, im 16. Jahrhundert, fand durch Berechnungen, dass die Herrschaft Mohammeds im Trigon des Wassers entstanden sei, die Macht der Perser im irdischen, das Reich Alexanders des Großen im luftigen, die Glanzperiode der heidnischen Römer im feurigen Trigon, und er zieht daraus seine Schlüsse. Aus den Berechnungen der großen und anderer Konjunktionen, dem Erscheinen der Kometen, aus Mond- und Sonnenfinsternissen leiteten überspannte Köpfe den Zeitpunkt des so oft vergeblich angekündigten Weltunterganges ab. Da viele Köche den Brei verderben, stimmten keine der Berechnungen. Es waren zu viele Faktoren in der Gleichung.

Nach der Astrologie ist es jene, der Sonne, dem Mond, den Planeten sowie anderen Sternen innewohnende Kraft, welche die Erde und was sie bewohnt, erhält und zur Tätigkeit bewegt.

Licht, Größe, Gestalt, Kreislauf und Lage erweitern und beschränken dabei die Äußerungen und Beziehungen auf die Elemente, auf Tag und Nacht, auf die Zustände des menschlichen Körpers, auf die fünf Sinne. Die Planeten sollten einen entschiedenen Einfluss auf die Lebensalter ausüben.

Saturn ist seinem Wesen nach kalt und trocken, ein unfreundliches Gestirn. Er regiert den Tag, am Menschen das Ohr, die Blase, die Nieren, die Knochen, bezieht sich auf Greise, Väter, Vorfahren, auch auf Waisen. Er beherrscht das 69. bis 98. Lebensjahr. Das von ihm herrührende Übel entsteht langsam und dauert lange. Er verursacht melancholisches Temperament, Hass, Armut, Finsternis und Einsamkeit, aber auch tiefe Nachforschungsgabe, ein treffliches Gedächtnis, große Vorsicht. Sein Zeichen bedeutet Erbschaft, Wanderungen, Kerker und Trauer. Maß, Gewicht und der Ackerbau gehören ihm.

Jupiter ist heiß und feucht, ernährend und beglückend. Ihm gehört das 57. bis 68. Lebensjahr. Er ist ein Planet des Tages, regiert des Menschen Lunge und Arterien. Was der Saturn Übles stiftet, mildert der Jupiter. Die unter seinem Licht Geborenen können Verborgenes deuten, sind empfänglich für Freundschaft, Religion und Recht, für die reinste Weisheit. Er regiert die Geschicke der Herrscher sowie aller bedeutenden Menschen. Ihm und Mars gehört die Fortpflanzung der Geschlechter.

Mars dagegen ist heiß, trocken, scharf und grausam, ein Planet der Nacht. Ihm weihte man die Jahre von 41 bis 56, am Menschen die Nieren und Venen. Alle hitzigen, krankhaften Zustände des Körpers rühren von ihm her. Den Gebärenden ist er, als Gegensatz der Venus, gefährlich. Er beeinflusst tyrannische Gemüter, erregt Krieg, plötzliche Unglücksfälle, schnellen Untergang, Verwegenheit, Übermut, Streit. Gesetzlose Zustände, Unterdrückung und Gewalt leitet er und schlägt tiefe und schreckliche Wunden.

Der weibliche Planet der Nacht, Venus, ist kalt, feucht, mild. Ihrem Einfluss unterliegt die Jugend von 15, der Mann bis zu 40 Jahren. Steht sie unter glücklichem Aspekt, so mildert sie die böse Vorbedeutung des Mars. Ihr gehören der Geruch, die Leber und das Fleisch. Frauen und Frauenliebe, Schwestern, Zutrauen und Mitgefühl werden von ihr beherrscht und hervorgerufen. Sie gibt Sinn für glänzende Wissenschaften, für die Musik, für Beredsamkeit und allen Schmuck des Lebens. Doch erweckt dieser Planet auch sinnliche Genusssucht, Anlagen zur Verstellung und zu leichtfertigem Witz.

Merkur endlich zeigt eine gemischte Natur, zwar männlich, doch halb der Nacht, halb dem Tage gehörend, unsicher und zweideutig. Er wirkt auf die Knabenjahre vom 5. bis zum 14. auf den Verstand, die Galle und Zunge. Von ihm rührt die Geschicklichkeit in äußerlichen Dingen, doch gibt er auch Wohlredenheit, Trieb zu den Wissenschaften, zur Dichtkunst, leitet Entdeckungen und facht den Ehrgeiz an. Seine Kraft erstreckt sich bis auf Quellen und Gewässer.

Sonne und Mond sind Hauptquellen des Lebens. Die Sonne ist das männliche Gestirn des Tages, heiß und kraftvoll, alles regierend, was rechts am Menschen ist. Außerdem beherrscht sie das Antlitz, das Gehirn, Herz und Nerven. Ihr Wirken empfinden die Könige, doch bezeichnet es auch die Väter und Brüder. Gesetze und Verfassungen, Würden, Ruhm und Sieg lenkt die Sonne, sie erweckt Verlangen nach Gold und Freude an Schätzen.

Der Mond ist das weibliche Gestirn der Nacht, feucht und kalt, beherrscht die Kehle, den Magen, den Leib, alles was links ist. Seine Wirkungen sind vorübergehend, von Einfluss auf Matronen und Mütter. Er gibt gelegene Zeit zu Unternehmungen, regiert das Studium, schadet aber manchmal durch schwache Sinne und ein schlechtes Gedächtnis.

Das Drachenhaupt hat die Natur der Venus und Jupiters und verstärkt glückliche Aspekte. Der Drachenschwanz hingegen entspricht dem Mars und Saturn, deren üble Wirkung er schwächt.

Die neun Monate, welche der Geburt eines Menschen vorhergehen, werden von den Planeten in auf- und absteigender Linie beherrscht: von Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus, Merkur, Mond, Saturn, Jupiter. Tage und Stunden sind den Planeten zugeteilt, doch so, dass um ein Uhr nachmittags der astrologische Tag beginnt und der nächstfolgende Mittag die vierundzwanzigste Stunde desselben bildet. Ist z. B. ein Mensch um zehn Uhr morgens geboren, so rechnen die Astrologen dies als die zweiundzwanzigste Stunde des vorigen Tages. Diesem Ablauf folgt in China und Südostasien die Mondberechnung. Das Jahr ist kein Sonnen-, sondern ein Mondjahr. Die im Verhältnis der Planeten zueinander oder zu Sonne, Mond und Erde stattfindenden Veränderungen galten für sehr wesentlich und wurden als Störung, Verunglimpfung, günstige oder unfreundliche Beobachtung derselben untereinander bezeichnet. Ein Planet, der Sonne nah, ist günstiger als in anderen Punkten seiner Bahn. Eben so glücklich wirkten höherer Glanz und größere Nähe. Sein rascherer Gang bringt Glück und Macht, langsam ist er unheilvoll und feindselig. Im Norden aufsteigend, ist er für Deutschland günstiger, als wenn er sich zum Südpol der Sternenbahn wendet. Sterne, welche der Sonne allzu nahe kommen, verbrennt sie, d. h., sie schwächt ihre Strahlen durch höheren Glanz; dies Geschick trifft besonders Mond und Venus.

Die oberen Planeten sind östlich von der Sonne wirksamer, die unteren westlich, darum wirken sie auch nach Osten schnell, nach Westen langsam. Unglückliche Konstellationen sind die Quadratur und der Gegenschein, glückliche mit besonderer Macht die Konjunktion und Opposition. Auch Gedrittschein (Trigone) und Gesechstschein sind günstig. Die Zukunft deutete man aus den Konjunktionen, Gegenwart und Vergangenheit aus den getrennten Sternen. Immer wechselnd, in ewiger Bewegung zeigt sich uns das Bild des gestirnten Himmels. Scheinbar ungleichen Laufs, in unentwirrbarer Richtung kreisen die leuchtenden Gebilde, nie wiederkehrend in die Stellung, welche sie vordem eingenommen, Zeugen und Gleichnis der unaufhaltsam und unwiederbringlich verrinnenden Zeit. Leeren Laufs eilt der Mond, losgerissen von einer Konjunktion und noch an kein neues Gestirn unter demselben Zeichen gebunden. Bedenklich für die Deutung der Konstellation ist es, wenn ein Gestirn rückläufig wird. Zwei nahe Sterne wirken aufeinander, bis ein dritter zwischen sie tritt.

Um nun Gunst oder Ungunst, Schmerz oder Freude, mit einem Wort: Alle Ereignisse zu überschatten und zusammenzustellen, welche aus den Gestirnen für einen bestimmten Menschen zu ersehen sind, also sein Horoskop zu errichten, muss man von dem Punkt gerade über seinem Scheitel nach allen zwölf Weltgegenden, in gleicher Entfernung den Horizont gleichmäßig abteilend, zwölf Kreise ziehen und dadurch die zwölf himmlischen Häuser bilden. Das erste Haus rechnet man von dem östlichen Punkt an, wonach der Ordnung des Tierkreises die Bahn sich aufwärts wendet. Es ist das aufsteigende Haus oder das Horoskop. Es bezieht sich auf das Leben und die Natur des Menschen, seine Neigungen, seine Stärke und sein Ich. Das zweite Haus oder die untere Pforte deutet das Vermögen, auch Unterstützung von Gleichgestellten oder Niederen. Das dritte Haus umfasst Brüder, Schwestern, Verwandte, anhängliche Freunde. Es deutet Treue und gewissenhaften Sinn, manchmal auch kleine Reisen. Das vierte Haus bezieht sich auf die Eltern, auf ihr Vermögen und daraus fließendes Erbe. Im Schoß dieses Hauses ruhen die unterirdischen Schätze, nicht bloß gemünztes Gold und Silber, sondern auch unbehauene Stufen edlen Metalles, reiche Erzadern und kostbare Steine. Das fünfte Haus umfängt das gute Glück. Es verheißt Trost und Stütze durch Söhne und Töchter, reiche Geschenke, Frieden und Freude im traulichen Familienkreis, die Gegenwart! Im sechsten Hause wohnt das böse Glück, welches Krankheit schafft, Schwäche und Verfall. Von den Zeichen, die es regieren, hängen die Diener des Hauses ab. Im siebten, der Angelpunkt des Abends genannt, ruht die Ehe, verfolgt von dem Gegensatz, der offenbare Feinde, Hader und Streit bezeichnet. Die Todespforte öffnet sich im achten Haus. Es ist die Stätte des Geheimnisvollen, von der die Geisterwelt in das blühende Leben ragt. Furcht, Angst und Schrecken, Gift, Krankheit und Tod sind die wankenden Schatten, welche den Sterblichen von hier aus bedrohen, die Bindung an Begegnungen. Das neunte Haus, die gute Göttin, deutet Religion und Weisheit, auch Reisen in entfernte Länder, Ahnungen und Prophezeiungen. Im Herzen des Himmels erhebt sich das zehnte Haus, das königliche, aus ihm gehen Ruhm, Ehre und Würden hervor. Das elfte Haus ist der gute Geist, das zwölfte der böse. Wie das Erstere Hoffnung, Liebe und Treue schmücken, bietet das Letztere ein unerquickliches Bild, in welchem sich Mühsal und Trauer, Kerker und schnöde Widersacher verwischen.

Das erste, vierte, siebente und zehnte Haus bilden die Angeln des Himmelsgebäudes, die ihnen vorangehen, sind die fallenden, von geringer Bedeutung, unwichtiger als die, welche ihnen nachfolgen.

Manche Astrologen begannen nicht mit dem Scheitelpunkt, sondern legten ihrer Berechnung den Pol des Äquators oder den des Tierkreises zugrunde. Wie sehr hier die Meinungen aber auch voneinander abwichen, musste doch der Punkt des aufsteigenden Hauses als ein Gleichnis vom Beginn des Lebens den Anfang jedes Themas, wie man das Horoskop (Radix) nannte, bilden. Man setzte die Entfernungen der Planeten voneinander und bezeichnete die Sterne am Himmel, welche von dem Anfangspunkt des ersten Hauses gerade so weit entlegen waren. Diese teilte man nach ihrer Bedeutung den Häusern zu, mochten sie sich der Stellung nach in denselben befinden oder nicht. Ihre Stellung zueinander, zu den Zeichen des Tierkreises, ihre Stärke oder Schwäche, Glück oder Unglück bedeutend, wurde nun auf das Sorgfältigste geprüft und die gegenseitigen Beziehungen reiflich erwogen, um danach das Gesamturteil zu bilden. Zum (Aber-) Glauben in der Astrologie kommt es, ausgehend von der Einflussnahme der Gestirne auf den Radix. Nach dem Satz der Hermes Trismegistos: Wie oben so unten – ist die Astrologie ein Abbild zur Erkenntnis; keine Einflussnahme auf Geschehen oder Objekte. Es ist eine subjektive Sichtweise – Astrologie hat keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit!

Um zu wissen, ob eine beabsichtigte Unternehmung glücklich ausfallen werde, ob den verbündeten Genossen Vertrauen zu schenken, welche Stunde einem Plan am günstigsten sei, befragte man die Sterne. Möge hier ein Beispiel folgen, wie solche Fragen beantwortet wurden. Ein Freund forschte nach dem Jugendgenossen, der weit hinaus in die Fremde gezogen war, und begehrte dessen Schicksal zu erfahren. Das aufsteigende Haus des mit Sorgfalt errichteten Themas war im zwanzigsten Grad des Löwen, der Herr desselben, die Sonne, in der Mitte des Himmels. Wie glücklich auch diese Konstellation sich zeigte, stand doch der schadenbringende Saturn nur zwei Grad von dem Glückspunkt entfernt. Im Haus des Todes leuchtete Venus im Geviertschein (Quadrat) mit dem aufsteigenden Punkt wie mit Saturn, Hass, Feindschaft, Krankheit oder Tod verheißend. Der Mond war verbrannt unter den Sonnenstrahlen und wendete sich von dem Haus des Todes zu dem Herrn des aufsteigenden. Alle diese Zeichen deuteten dem Eingeweihten an, dass der Gesuchte nicht mehr unter den Lebenden wandle, und die Prophezeiung soll sich erfüllt haben.

Es war unmöglich, dass eine so fruchtbare Esoterik, wie die Astrologie, nicht den nächstliegenden geheimen Künsten hätte dienen sollen: der Magie, der Alchemie und der Wahrsagekunst, besonders der Chiromantie. Ein unter dem Einfluss der Gestirne verfertigtes Schutzmittel gegen allerlei Gefahren des Leibes ist der Talisman, dessen roheste Spuren sich unter den krausköpfigen Negern Afrikas in der Form von Zetteln mit arabischer Inschrift finden, welche von den Priestern gefertigt und zur Abwehr des Bösen sowohl um den Hals der Menschen als auch den der Pferde gelegt werden. Der König der Franken, Childerich, befahl einst, zu Paris einen neuen Graben zu ziehen. Da fanden die Arbeiter, als sie die Erde bis zu einer gewissen Tiefe aufgewühlt hatten, eine erzene Platte, auf welcher Feuer, eine Schlange und eine Wasserratte abgebildet waren.

Dieser Talisman sollte die Übel zurückhalten, von denen die Stadt bedroht werden mochte, und kaum war das Sinnbild derselben seiner unterirdischen Ruhe entrissen, so brachen schwere Heimsuchungen über sie herein. Bischof Gregor von Tours, der zu jener Zeit lebte, berichtet von einer gewaltigen Feuersbrunst, die halb Paris in einen Trümmerhaufen verwandelte, von zahllosen Ungeziefer, Ratten und Schlangen, die sich in den Kloaken sammelten und die Einwohner aus ihren Häusern vertrieben. Solcher Talismane gab es in allen Ländern, gegen die Pest, gegen widrige Winde, gegen Heuschrecken und Mäuse, gegen wilde Tiere.

Ein Talisman, sagen die Sternkundigen, ist das Siegel, der Charakter, die Gestalt eines Zeichens des Tierkreises, eines Planeten oder einer Konstellation, auf den entsprechenden Stein geschnitten oder in das betreffende Metall gegraben, welche beide Sympathien mit den Gestirnen haben. Zu der Anfertigung des Wunderwerkes muss eine Stunde des Tages gewählt werden, in welcher das Gestirn, dessen Zeichen man braucht, an einem klaren und heiteren Himmel steht. Dann grabe man es in Stein oder Metall, an einem glücklichen Ort und unter Erfolg verheißenden Aspekten. Wie nun die Sonnenstrahlen, in einem Brennspiegel gesammelt, Verbrennliches vernichten, entwickeln die Sternbilder in ihren Gleichnissen auf dem Talisman ähnliche Kräfte, Böses verzehrend – denn nur abwehren konnten solche Zaubermittel, nicht selbstständig Gutes wirken. Ein Talisman, welcher Saturns finsterem Einfluss widerstehen, gleichwohl durch die Kraft desselben Schutz empfangen sollte, wurde aus Blei gefertigt, dem grauen, feuchten, melancholischen Metall. Jupiters Zeichen erforderte dagegen das weiße, ätherische Zinn. Dem Bild des Mars entsprach am besten das Eisen, weil es hart, trocken und hitzig ist wie er. Der leuchtenden Sonne, welche den Mittelpunkt aller Planeten bildet und das Weltall mit ihren Strahlen überglänzt, das schimmernde, weiche, königliche Gold. Dem Kupfer wohnt eine mächtig hervorbringende Kraft bei, darum gesellt es sich der Venus, während das ihm in seinem Urstoff Verwandte flüssige und flüchtige Quecksilber dem Merkur verbunden war. Der Mond endlich, der treue Genosse nächtlicher Wanderer, drückt das Bild seines schlanken Hornes oder der hellen, weich gerundeten Scheibe in den matten Glanz des Silbers ein, welches die Mutter der Metalle heißt.

In gegossenen Talismanen wurde durch die Kraft des Feuers eine raschere Bewegung der Metallgeister hervorgebracht. Nun durfte der Verfertiger nicht verabsäumen, das Bild des himmlischen Zeichens deutlich auszuprägen, damit die Sympathie der Metalle, Steine und Gestirne auf die Menschen übergehe. Da jeder Planet einen Teil des menschlichen Körpers beherrschen sollte, schrieb man ihm auch die Fähigkeit zu, in der entsprechenden Stunde die Krankheit desselben zu heilen. War das Leiden durch dämonische Gewalt hervorgerufen, so kam es darauf an, die Stunde desjenigen Planeten, welcher dem Urheber des Übels entgegen stand, genau zu treffen und alsdann die Heilkräuter zu suchen. Die Steine, in deren Oberfläche Sternbilder gegraben wurden, mussten natürlich unter denen gewählt sein, welche den Planeten zu eigen waren und man ritzte daher das Zeichen der Sonne in einen Hyazinth oder Rubin, den Mond auf Smaragd, Mars auf Amethyst, Merkur auf Topas, Jupiter auf Saphir oder Beryll, Venus auf Diamant oder Carneol, Saturn auf Chaloedon. Die Talismane wurden von den gläubigen Seelen in kostbarer Verhüllung auf der bloßen Brust getragen.

Die Astrologie war ein Glied mehr an jener wundersamen Kette, die sich von den ersten Zeiten der Menschheit bis zu der Höhe der Kultur hinaufgewunden hat, gebildet unter dem Naturdienst und dennoch fortentwickelt unter der aufgehenden Sonne des Christentums und noch bis gegen Anfang des 18. Jahrhunderts mit gelehrtem Apparat ausgestattet. Es liegt dem empfänglichen Gemüt nur allzu nahe, im Aufblick zu dem nächtlich gestirnten Himmel, an dem die fernen Welten lautlos in ihrer reinigen Glanz vorüber ziehen, sich in ein unbestimmtes, ahnungsreiches Sehnen zu verlieren. In solcher Stunde knüpft das Überirdische die längst zerrissenen Fäden an unsere Seele. Eine Empfindung überfällt uns, als solle sich die unergründliche Weite vor uns auftun und wir die Ewigkeit schauen von Angesicht zu Angesicht. Und das ist die ausgesprochenste Ahnung einer Fortdauer nach dem Tod, dass die Gewölbe des Himmels mit ihren unzählbaren Sternen niemals sich zu uns herabzusenken scheinen, sondern dass der im Erdenleib gefangenen Seele gleichsam die Schwingen wachsen, mit aller Kraft des Hoffens und Verlangens hinauszubringen.