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Der Welt-Detektiv Band 6

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Phantome der Unterwelt

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Als Gangster bezeichnet man Mitglieder von Banden oder professionellen kriminellen Organisationen, die bei der Durchführung von Handlungen, welche durch Gesetz verboten sind, insbesondere Mord, mitwirken. Seit Jahrzehnten engagieren sich diese Menschen in verschiedenen Bereichen der Welt, insbesondere in Europa, Asien, den Vereinigten Staaten und Lateinamerika. Die meisten dieser Gangster sind aufgrund der Schwere der Straftaten, die sie in der Vergangenheit begangen, über die Art und Weise, wie sie ihre Opfer ermordet oder aufgrund der Popularität der Menschen, die sie getötet haben, berüchtigt geworden. In der Regel werden Gangster zu einem Teil der Gangs, welchen sie sich anschließen, da dies ihnen ein gewisses Maß an Organisation und Unterstützung bietet. Bekommen sie es nicht hin, agieren sie auch allein.

In Phantome der Unterwelt. Das Haus der Qualen und andere amerikanische Mord- und Kriminalfälle berichten amerikanische Sheriffs, Detectives und Agents über einige spektakuläre Kriminalfälle in der Zeit zwischen 1897 und 1927. Auch wenn Namen wie Eddie Jacks oder Benjamin Franklin Levins auf der Liste der extrem berüchtigten Gangster in der Geschichte Amerikas nicht unter den Topp 25 zu finden sind, jagen einem die im Buch veröffentlichen Erzählungen so manchen kalten Schauer über den Rücken. Eine durchaus beeindruckende und interessante Sammlung historischer Kriminalfälle, welche Michael Kirchschlager im gleichnamigen Verlag herausgebracht hat. Ein Muss für jeden Kriminalia-Fan.

Das Buch

Phantome der Unterwelt
Das Haus der Qualen und andere amerikanische Mord- und Kriminalfälle
(1897 – 1827)
Von Sheriffs, Detectivs und Agents erzählt
Nach Originaltexten herausgegeben und mit einem Vorwort versehen von Michael Kirchschlager
Erstausgabe im Jubiläumsjahr 2015
Alle Kriminalfälle stammen aus den Bänden Wahre Detektiv Geschichten, Sammlung Kirchschlager, Arnstadt.
Pitaval, Taschenbuch, Verlag Kirchschlager, Arnstadt, September 2015, 304 Seiten, 13,95 Euro, ISBN 9783934277533
Kurzinhalt:
Egal ob wir mit Sheriff Mathews die Wälder von Wynoochee nach einem wahnsinnigen Serienkiller durchkämmen oder mit Frank A. Ingraham einen nächtlichen Menschenschlächter in Tampa jagen – Phantome der Unterwelt bietet höchst spannende Mord- und Kriminalfälle. Zahlreiche Fotos illustrieren diesen Band in einzigartiger Weise und erzeugen ein eindrucksvolles Zeitkolorit. Die teils schaurigen Erzählungen wurden einem alten deutschen Kriminalmagazin entnommen und versprechen packende Lesestunden.

Leseprobe

Im Rachen des Todes
1897
Von Tom O’Donnell

Drei Eigenschaften zeichnen einen tüchtigen Detektiv aus: Zielbewußte Zähigkeit, Klugheit und Mut. O’Donnell verfügte über diese Vorzüge. Wie wäre es ihm sonst gelungen, einen so berüchtigten Verbrecher, wie Eddie Jacks, zu überlisten?

Lieber wäre es mir ja,wenn an meiner Stelle ein anderer die Gefangennahme des berüchtigten Geldschrank­knackers und Mörders Eddie Jacks beschreiben würde, hauptsächlich deshalb, weil ich nicht gerne vor meinen Le­sern als ein Mann dastehen möchte, der sich mit seinen ei­genen Verdiensten prahlend auf den Markt stellt. Da man mich aber nun einmal vor die etwas peinliche Aufgabe ge­stellt hat, ergebe ich mich in mein Schicksal.

Von Eddie Jacks habe ich gehört, lange ehe er mir selbst über den Weg lief. Im übrigen hatte wohl jeder Polizist in den Vereinigten Staaten seinen Namen schon gelesen und von seinen Taten gehört. Seine Personalbeschreibung und sein Strafregister fanden sich ja immer wieder in den poli­zeilichen Fahndungsblättern. Wenn bei uns von irgendwo­her die amtliche Benachrichtigung einlief, daß eine Bank ausgeraubt oder ein Tresor erbrochen worden sei, und daß man die Urheber des Verbrechens nicht ermitteln könne, so wurde gewöhnlich ganz allgemein angenommen, daß Eddie Jacks und seine Bande die Hände im Spiel gehabt haben dürften.

Und nun zu dem Fall, bei dem ich selbst mit ihm zu tun bekam.

Am 9. Juni 1897 kam Jacks mit seinen beiden Spieß­gesellen Claire und Jenkins in das kleine Städtchen Bed­ford Station, wo er einen Einbruch plante. Sie hatten sich zur Durchführung ihrer Pläne eine recht schlechte Nacht ausgesucht, denn es herrschte heller Mondschein. Gewöhn­lich arbeiten Einbrecher nicht in Mondscheinnächten. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Aber außerdem herrscht unter den Einbrechern auch der Aberglaube, der Mond brin­ge Unglück und daß derjenige, der in einer solchen Nacht »arbeitet«, dem Tode in den Rachen rennt. Eddie Jacks und seine Freunde waren jedoch derart abgebrannt, daß sie dringend etwas Bargeld in die Hand bekommen mußten. Ein regulärer Tresoreinbruch in einer Bank läßt sich während der Sommermonate nicht bewerkstelligen. Die Nächte sind zu kurz. Es wird zu früh schon wieder hell. Die Leute schla­fen bei weitoffenen Fenstern und die fünfzehn oder zwanzig »Schüsse«, die nötig sind, um einen modernen Banktresor oder Geldschrank zu öffnen, hätten die Anwohner rasch genug aus den Federn gejagt. Ehe noch das »Geschäft« er­folgreich durchgeführt werden konnte, saßen den Verbre­chern dann schon bewaffnete Verfolger auf den Fersen. Der landläufige, nur durch eine Tür gesicherte, feuerfeste eiserne Geldschrank war deshalb das einzige Objekt, an das sich Eddie Jacks und seine Leute während des Sommers wagen konnten. Läßt sich doch ein solcher Geldschrank mit einer einzigen und sehr geringfügigen Sprengladung öffnen.

Der Besuch, den Eddie Jacks und seine Bande in Bed­ford Station planten, galt der Gemischtwarenhandlung und Postagentur von Walter Adams. Die örtlichen Verhältnisse waren für einen Einbruch geradezu ideal. Das Gebäude, in dem sich das Geschäft befand, enthielt keinerlei Wohnräumeund lag völlig isoliert. In der ganzen Nachbarschaft war kein Haus zu finden. Für Eddie Jacks und seine Leute schien das Unternehmen ein reines Kinderspiel.

Aber bei all ihrer Gerissenheit hatten die Gauner verschie­dene Umstände doch übersehen. Vor allen Dingen hatten sie nicht das Vorhandensein einer Alarmeinrichtung ver­mutet. Sicherheitseinrichtungen dieser Art waren und sind auch heute noch in einem einfachen ländlichen Geschäft eine Seltenheit. Für große Geschäftsunternehmungen und Banken waren sie eine Selbstverständlichkeit. Nie aber hätte Jacks es sich träumen lassen, daß er in einem verschollenen Winkel, wie Bedford Station, mit dem Vorhandensein einer solchen Einrichtung zu rechnen habe.

Die Werkzeuge zu dem Einbruch lieferte den Verbrechern die Werkstatt eines Grobschmieds, die in einiger Entfer­nung von dem Laden gelegen war. Sie rüsteten sich mit verschiedenen Kaltmeißeln, einem Zuschlaghammer und einer Brechstange aus, und machten sich dann auf den Weg nach der Gemischtwarenhandlung in der bestimmten Erwar­tung, den kleinen eisernen Geldschrank im Handumdrehen bewältigen und mit der Beute unbehelligt das Weite suchen zu können.

Sie wußten nicht, daß die Ladentür eine Alarmvorrichtung in der ziemlich weit entfernten Wohnung des Geschäftsinha­bers in Bewegung gesetzt hatte. Walter Adams und sein Sohn waren abends noch über Land gewesen und zufällig erst fünf­zehn Minuten vorher heimgekehrt. Als die Klingel ertönte, griffen sie hastig nach ihren Revolvern und stürzten nach dem Geschäft. Noch waren sie etwa fünfundzwanzig Schritt vom Eingang entfernt, als sie aus dem Innern den dumpfen Knall einer Explosion hörten. Die Einbrecher hatten den Geldschrank aufgesprengt. Fast im selben Augenblick schlug ein Verbrecher, der vor dem Laden Schmiere stand, Alarm und eröffnete sofort das Feuer auf Walter Adams und sei­nen Sohn. Es entspann sich ein regelrechtes Feuergefecht. Zufällig befanden sich in der Nähe weder Bäume noch sonst etwas, was die beiden Adams als Deckung hätten benutzen können. Sie warfen sich deshalb einfach auf die Straße und feuerten drauflos. Fünf Minuten lang tobte die Revolver­schlacht, als plötzlich der alte Adams tief aufstöhnte und sich ächzend auf dem Boden wälzte.

»Mich hat’s erwischt!«, stammelte er.

Sein Sohn vergaß für den Augenblick die eigene Gefahr und beugte sich über seinen Vater. Das Blut strömte unauf­haltsam aus einer schweren Wunde in der Brust. Wenige Sekunden nur, dann lief ein Zittern über den Körper des röchelnden Mannes. Er streckte sich, fiel auf das Gesicht und verschied. Sein Sohn setzte den Kampf fort. Trotz des schrecklichen Erlebnisses hatte er seine Fassung behalten und zielte sorgfältig. Gleich darauf hörte er einen der Bandi­ten laut aufschreien. Durch diesen Erfolgt ermutigt, nahm er seine Gegner nur noch sorgfältiger aufs Korn. Schuß folgte auf Schuß. Schließlich ergriffen die drei Gauner die Flucht. Nach kurzer Zeit waren sie in dem Gebüsch, das sich auf der anderen Seite am Wegrand hinzog, verschwunden.

Adams junior verfolgte sie. Als er an der erbrochenen Ladentür vorbeikam, bemerkte er auf dem Boden vor der Schwelle mehrere Blutlachen. Er wußte jetzt, daß er zu­mindest einen, wenn nicht zwei der Schurken, die seinen Vater getötet hatten, getroffen und schwer verwundet haben mußte.

In der auf den Mord folgenden Nacht erschienen zwei Unbekannte im Krankenhaus der nicht allzuweit liegen­den Gemeinde White Plains und ersuchten darum, in das Hospital aufgenommen zu werden. Beide waren schwer verwundet.

In der Nähe von White Plains befinden sich große Stein­brüche, die vorwiegend italienische Arbeiter beschäftigen. Die beiden Verwundeten behaupteten nun, in eine Rauferei mit den Italienern verwickelt gewesen zu sein. Man nahm sie ins Krankenhaus auf. Die Verwaltung setzte sich jedoch sofort mit der Polizei in Verbindung. Die beiden Männer wurden ins Verhör genommen und wiederholten ohne Sto­cken und ohne Widersprüche ihre früheren Angaben. Da Schießereien in den Barackenlagern der Steinbrucharbei­ter nicht zu den Seltenheiten gehörten, gab sich die Polizei zunächst mit ihrer Aussage zufrieden. Wenige Tage später erlagen die beiden Fremden den erlittenen Verletzungen. Jetzt erst stellten Kriminalbeamte aus New York fest, daß man es mit zwei wohlbekannten Geldschrankknackern zu tun gehabt hatte.

Am Morgen nach dem Tode der beiden erschien bei einem Arzt, der am Rande der Stadt wohnte, ein Mann mit schwe­ren Schußwunden. Auch er behauptete, mit italienischen Steinbrucharbeitern in einen Konflikt geraten und dabei verletzt worden zu sein. Der Doktor untersuchte ihn. Sein Verdacht, daß er es mit einem der an der Bluttat von Bed­ford Station Beteiligten zu tun habe, verstärkte sich jedoch immer mehr.

»Na, alter Freund«, sagte er, »Sie sind ja übel zugerichtet. Ohne Narkose werde ich die Kugel, die Sie da mit sich her­umschleppen, wohl nicht ans Tageslicht befördern können.«

»Glauben Sie, daß ich mit dem Leben davonkomme, Herr Doktor?«, fragte der Unbekannte.

»Aber natürlich, so schlimm ist die Sache nicht.«

Der Arzt narkotisierte ihn und lief dann schleunigst ans Telefon, um die Polizei anzurufen, der er von seinem Ver­dacht Mitteilung machte. Wenige Minuten später trafen mehrere schwerbewaffnete Polizisten ein.

Veröffentlichung der Leseprobe mit freundlicher Genehmigung des Verlages

Der Verlag Kirchschlager verwendet in seinen Publikationen die alte deutsche Rechtschreibung.