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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sagen- und Märchengestalten – Der Teufel

Sagen- und Märchengestalten sowie Geister-, Wunder- und Aberglauben des deutschen Volkes
Mit Erzählungen von Begebenheiten der Vorzeit, die den Glauben an eine Geisterwelt förderten, Berlin, Verlag von Burmester & Stempell,1874
Der Teufel

Unter all den wunderbaren Gebilden, welche die Fantasie erschuf, um den unermesslich weiten Raum, der Himmel und Erde voneinander scheidet, zu bevölkern, nimmt der Teufel unstreitig den ersten Rang ein.

Eine Geschichte des Teufels wird notwendigerweise auch ein Abriss von der Kulturgeschichte der Menschheit sein. Von allen märchenhaften Gestalten, wie sie im Glauben des Volkes Wurzel fassten, ist keine so mannigfach ausgeschmückt worden, keine so eigentümlichen Wandlungen unterworfen gewesen, als diejenige des bösen Geistes, welche uns wie in einem Zauberspiegel die geistige Entwicklung der Völker mit allen ihren Licht- und Schattenseiten betrachten lässt.

Das Heidentum kannte den Teufel nicht. Die bösen Mächte jener grauen Vorzeit verhalten sich zu dem Höllenfürsten, den das Mittelalter uns schildert, wie der dunkellockige Genius des Todes, welcher schweigend seine Fackel neigt und löscht, zu dem schrecklichen Knochenmann mit Stundenglas und Hippe.

Der Name Teufel ist griechischen Ursprungs. Die heiligen Urkunden nennen ihn Satan, den Versucher, Lästerer, an einer anderen Stelle Beelzebub, der Teufel Obersten, – eigentlich Fliegengott, denn in Gestalt einer Fliege, sagen die Perser, schlich das Böse sich in die Welt ein. Bei Weitem zahlreicher sind die Namen, mit denen der Volkswitz den Teufel belegte: der böse Feind, der Gottseibeiuns, der leidige Teufel. Seine Wildheit und Grausamkeit kennzeichnen: der Widersacher, der Erbfeind, der grimmige Hasser und Verfolger. In dem Maße, wie das Volk vertrauter mit ihm wurde, begann es auch, sich selbst unbewusst, der furchtbaren Erscheinung von dem freundlicheren Element der Hausgeister mitzuteilen. Es nannte ihn schlechtweg den Alten oder auch scherzhaft den alten Nick, den alten David, wie das in England geschah.

Während der finsteren Zeiten des Hexenprozesses streifen die Namen, welche man dem Teufel gab, bis an die äußerste Grenze des Furchtbaren und des Lächerlichen, denn wenn einerseits Austreiber und Beschwörer des argen Geistes ihn mit den ausgefuchsten Droh- und Schimpfworten belegten, wie Höllenhund, Drache, Schlange, Geist des Abgrunds, so hatten die Hexen, deren Liebhaber er sein sollte, gemütliche, fast anmutige Bezeichnungen für ihn erfunden, als Flederwisch, Hintenhervor, Hänschen, Kasperle, Hemmerlein oder auch Junker Schönhans, Federbusch, Grünwedel. In Niedersachsen nannte man den Bösen vertraulich Stöpke in der Hölle; in Westfalen sagt man im Zorn: »Dat die de Dros fla!« Und wie tief hat sich nicht der Teufel unter uns eingebürgert, sodass es unmöglich erscheint, ihn zu verdrängen. »Er ist ein Teufelskerl – es ist, als ob ihn der Teufel davonführt, – der Teufel ist los«, sagen die Leute und nennen tolles Wesen eine Teufelswirtschaft, möchten des Teufels werden! Hat man etwas verlegt, »so mag der Teufel wissen, wo es hingeraten ist.« Als Besitzer der rußigen, finsteren Hölle heißt er Höllenwirt, Höllenjäger, oft nur der Schwarze. Nicht selten zeigte er sich als graues Männlein oder als schmucker Waidmann im grünen Rock, und nichts an ihm macht den Verderber kenntlich, wenn er die gespaltenen Füße schlau zu verbergen weiß. Durch den Sturz aus dem Himmel wurde er gelähmt und das zog ihm den Spottnamen des hinkenden Teufels zu.

Es beruht auf einem alten Erfahrungssatz, dass dem einfachen Sinn alles Neue wunderbar erscheint und dass ihm oft genug dasjenige für das Produkt eines übermenschlichen Verstandes gelten musste, was doch nur die regelrechte Wirkung einer natürlichen Ursache war. Man gewöhnte sich, neue Erfindungen dem Teufel zuzuschreiben, mit um so größerer Bestimmtheit, je mehr die Folgen eine solche Annahme zu rechtfertigen schienen. Die neu ersonnenen Glücksspiele, von Brett, Würfel oder Karte regiert, teilten dieses Schicksal mit welterschütternden Ereignissen, wie die Erfindung des Schießpulvers und der Buchdruckerkunst es waren.

Vorzugsweise gern gesellte sich der Dämon zu den Spielern, deren böse Lust er zu reizen verstand, bis sie einander betrogen und bestahlen oder ihr eingebildetes Recht mit Schlag und Stoß verteidigten, zur Freude des argen Partners, der in Zech- und Spielgelagen seine beste Ernte fand.

Wie die Sagen von dem Erscheinen des schlimmen Gastes sich häuften, der bald hier, bald da auftauchte, um dann ungestraft wieder zu verschwinden, entstand nach und nach eine mit reichlichen Beispielen belegte Naturgeschichte dieses seltsamen Wesens, in welcher die große Frage von der Ein- oder Vielheit der bösen Geister erörtert wurde. Denn wenn einesteils angenommen wurde, dass der Teufel imstande sei, sich auf das Mannigfachste zu verändern und in allerlei Gestalten zu bergen, wurde auf der anderen Seite wiederum bestritten, dass ihm das Vermögen gegeben worden war, sich im gleichen Augenblick an verschiedenen Orten sehen zu lassen.

Schon die mit dem abgefallenen Engel verstoßenen Anhänger seiner tückischen Auflehnung gegen das göttliche Gebot unterstützten die Idee der Vielheit jener Höllengeister. Ihre Zahl sollte in stetem Wachsen begriffen sein, teils durch eine Vermehrung unter sich, teils durch den Umgang mit einzelnen Sterblichen, endlich durch diejenigen, welche wegen eines zügellosen Lebens oder durch einen formell geschlossenen Pakt dem Teufel anheimfielen. Nicht minder gebührten ihm der Sage nach die Seelen der im Zweikampf Erschlagenen und der ungetauft verstorbenen Kinder.

Streng systematische Denker bemühten sich, in dickleibigen Folianten die Zahl der Teufel in eine gewisse Ordnung zu bringen, entweder nach den Elementen, in denen sie leben sollten, oder auch nach den Lastern, deren Vertreter sie waren. Sie versuchten es, die eigentliche Anzahl jener schwarzen Engel festzustellen, wie sie im Weltenraum Verderben brütend schwebten, und es ergaben sich dabei so ungeheure Summen als Resultat ihrer Berechnungen, dass die Menschenkinder Gefahr liefen, von der Masse des Teufelsheeres erdrückt zu werden.

Wunderbar genug waren die Gestalten, in denen man den Teufel zu erblicken glaubte. Wenn er auf dem Sabbat als Bock die Huldigungen seiner Getreuen entgegennehmen sollte, so suchte er die Frauen, denen er nachstellte, unter der verführerischen Hülle eines Reiters, Jägers oder eines anderen angenehmen jungen Mannes zu gewinnen. Die Tiergestalten, mit denen der Teufel sich umkleidet, haben häufig nur drei Beine. Dreibeinige Tiere galten für gespenstige und zeigten sich gern dem Soldaten, welcher auf einsamem Posten Wache stand.

Tief im Schoß der Erde verborgen oder versteckt in altem Gemäuer hütete der Teufel als ein Höllenhund unermessliche Schätze oder er flog als krächzender Unglücksrabe durch die Luft. Wer in finsteren Nächten auf einsamen Feldwegen dahinwandelte, konnte hoch oben in den Lüften den feurigen Drachen ziehen sehen, wie er Korn, Milch, Gold oder Silber in schweren Lasten heranschleppte, um es seinen Begünstigten durch den Schornstein hinabzuwerfen. Rief man ihn an und gelang es, ihn zu erschrecken, so barst er mitten auseinander und der kühne Angreifer wurde Herr des Schatzes. Doch wehe ihm, wenn sein Kopf nicht unter irgendwelchem schützenden Dach sich befand! Über ihn entlud sich eine Flut höllischen Parfüms, dessen Spuren nie wieder auszutilgen waren.

Wer den fliegenden Drachen hoch oben in den Lüften erblickte, schnell und schweigend ein Vorderrad seines Wagens abnahm und verkehrt wieder aufsteckte, der zwang dadurch den feurigen Geist, sich in das nächstliegende Gehöft herniederzulassen und es in Brand zu setzen. Bekannt genug ist das rastlose Umhertreiben Satans im Wirbelwind, dessen eisige Kälte mehr als einem unberufen sich Nahenden das Leben geraubt hat.

Einst ging ein wackerer Klosterbruder am frühen Morgen über Land. Da stand der Teufel am Weg in Gestalt eines bereiften Baumes. Der Mönch schlug ein Kreuz und der Böse musste weichen. Bald darauf galoppierte ein herrenloses Ross in wilden Sprüngen heran. Dann erschien ein unheimlich blickender, langer, hagerer Mann in schwarzem Gewand, auf den in bunter Reihe allerlei Tiergestalten folgten. Weil der Mönch sich ohne Unterlass aber mit dem heiligen Zeichen segnete, so durfte der Böse ihm ernstlich nichts anhaben. Plötzlich rollte er als Fass den Weg entlang, hüpfte leicht über das runde Bäuchlein des Klosterbruders hinweg und verschwand mit schallendem Gelächter.

Fand irgendein harmloser Bursche oder auch eine sorgende Hausfrau auf ihrem Weg ein kleines Geldstück und hob es, des unverhofften Gewinnes sich freuend, auf, so lag am nächsten Morgen genau an derselben Stelle eine Münze vom doppelten Wert des am Tage zuvor gefundenen Geldstücks. Nahm der Finder, verwundert ob des seltsamen Zufalls, auch dieses Geschenk der launischen Göttin mit Dank an und barg es im Beutel, so zeigte sich am dritten Tage wiederum ein Goldstück und abermals verdoppelt. Jetzt musste die Sache auffallen und der Glückliche blieb stutzig vor dem Fundort stehen. Nahm er wiederum an, so wiederholte sich das Spiel bis zum Taler, dem sogenannten Hecketaler, dem Handgeld des bösen Geistes. Nun erschien der Drache in eigener Person und der Vertrag wurde geschlossen.

Dem neuen Hausgeist musste Beschäftigung zugewiesen werden, sonst geriet er auf böse Gedanken und stiftete Unheil. Anfangs ging gewöhnlich alles gut. Der Drache führte Korn, Samen, Milch, Wein, auch Geld herbei, mehr als zur Not erforderlich war. Dann galt es, die Erfindungsgabe anzustrengen, weil sich der Böse nicht mehr abweisen ließ. Für seine Mühe erhielt er Milch mit eingebrocktem Weißbrot. Vergaß man dies einmal, so folgte die Strafe auf dem Fuße: Das Haus ging in Flammen auf.

In Pantschdorf bei Wittenberg lebte eine alte Frau, welche man beschuldigte, im Besitz eines Hecketalers zu sein. Einst war sie genötigt, früh auszugehen und gebot ihrer Magd, diesmal statt ihrer die Kühe zu melken. Dabei schärfte sie ihr ein, die Milch der ersten Kuh, ehe sie Weiteres beginne, sofort aufzusieden, in eine Schüssel mit fein geschnittenem Weißbrot zu gießen und in einen Kasten zu stellen, den die Alte ihr genau bezeichnete.

Aber die leichtsinnige Magd vergaß des Gebotes. Erst als alle Kühe gemolken waren, gedachte sie des Befehls ihrer Herrin, nahm nun flugs das Gefäß mit der siedenden Milch und öffnete sorglos den Kasten, aus welchem ihr ein pechschwarzes Kalb mit gespenstisch weit geöffnetem Maul entgegenblökte. Entsetzt darüber goss das Mädchen die kochende Milch statt in die Schüssel in des Tieres Hals, und mit höllischem Tosen fuhr der böse Geist durch das Dach davon, während das Haus in Flammen aufloderte.

So wurde der Hecketaler zu Zeiten unbequem und die Glücklichen suchten ihn wieder loszuwerden, indem sie ihn ausgaben. Doch mit seltener Anhänglichkeit kehrte der einmal gewonnene Taler stets zurück, ehe man sich seiner versah, und wer im Besitz desselben starb, verfiel dem Schätze bringenden Dämon mit Leib und Seele. Nur ein Mittel gab es, sich seiner auf immer zu entledigen. Wenn es nämlich gelang, den Hecketaler unter seinem Wert an einen anderen zu veräußern. Merkte der Käufer, wie es um den Taler stand und nahm ihn dennoch, so ging der Vertrag ohne Weiteres auf diesen über.

Vorzugsweise sind es die Geschichten der Heiligen, welche uns reichen Stoff zu einer Charakteristik des bösen Geistes liefern, denn niemals bemühte er sich eifriger, als wenn es galt, die Geliebten des Himmels zu verführen. Jede Gestalt nahm er an und jede war ihm recht, sobald sie nur dazu diente, seiner bösen Lust genug zu tun. Er begnügte sich auch mit geringeren Erfolgen, und der Fürst der Hölle entblödete sich nicht, eine Art von Schalksnarren abzugeben, wenn er dadurch nur vermochte, die Geduld eines frommen Mannes auf das Äußerste zu treiben oder die Lippen einer betenden Jungfrau zu leisem Lächeln zu bewegen.

So geriet der Böse einst an den heiligen Dominikus, der in seiner Zelle saß und eifrig schrieb. Plötzlich vernahm der fromme Mann ein Geräusch in seiner Zelle und wurde eines kleinen schwarzen Teufels gewahr, der vorsichtig aus der Öffnung des Kamins hervorlugte. Als der Störenfried sich von dem Heiligen bemerkt sah, verwandelte er sich flugs in einen Affen und kam radschlagend in das Zimmer gehüpft. Der Teufel wollte sich anscheinend einen kleinen Scherz erlauben, schnitt die possierlichsten Gesichter von der Welt und nahm allerlei lächerliche Stellungen an. Allein St. Dominikus schrieb ruhig weiter und tat, als bemerke er den Unhold nicht. Das verdross das Äfflein und es rückte näher heran, vielleicht in der boshaften Absicht, den so emsig beschäftigten Heiligen am Gewand zu zupfen oder ihm gar heimlich den Stuhl wegzuziehen oder die Papiere, die er vor sich hatte, in Unordnung zu bringen, – und das alles nur, um dem Heiligen eine Äußerung der Ungeduld zu entlocken. Doch St. Dominikus war ein frommer Mann, über den ihm keine Gewalt verliehen war. Endlich begann der Affe in der Zelle herumzutanzen, trommelte sich dabei auf den Bauch und blies durch seine Nase wie auf einer Flöte. Als auch dieser Scherz ohne Wirkung blieb, sprang er mit einem Satz auf den Arbeitstisch des Heiligen.

»Bleibe!«, sprach da St. Dominikus mit feierlicher Ruhe und blickte ernst auf den Vorwitzigen, »halte mir die Kerze und leuchte, bis ich fertig bin, – ich gebiete es dir im Namen Gottes!«

Der arme Teufel war gezwungen zu gehorchen. Mit einer Hand nahm er demütig sein Mützchen ab, mit der anderen das Licht aus dem Leuchter. So saß der kleine Teufel geraume Zeit, ohne sich zu rühren. Weil aber Geduld eine Tugend und als solche dem Teufel unmöglich ist, wurde er bald wieder unruhig und ungebärdig. Um sich zu zerstreuen, begann er mit dem Kopf zu schütteln, mit den Zähnen zu knirschen, ahmte die Töne des Alphorns nach und streckte endlich dem Heiligen die Zunge heraus, so lang er konnte.

Während dessen brannte die Kerze tiefer und tiefer und St. Dominikus schrieb weiter, unbekümmert um das Stümpfchen Licht, welches, durch seinen Befehl gebannt, an des Teufels Fingern festsaß. Umsonst versuchte der Böse es los zu werden und seine eigentliche Gestalt anzunehmen. Es gelang ihm nicht und die Flamme berührte fast schon seine Hand. Da brach er in ein jämmerliches Geheul aus und rief alle Geister des Abgrunds zu seiner Hilfe herbei. Doch keiner der Genossen wagte in der Zelle zu erscheinen, und der unvorsichtige Teufel geriet in ohnmächtige Wut, als er den Heiligen, ungerührt von seinen Qualen, nun auch noch heimlich lächeln sah. Endlich wurde er erlöst. Mit einem kräftigen Streich auf den stets unschuldig leidenden Teil, den der Teufel als Mensch entbehrt, als Affe sich aber höchst unnützerweise zugelegt hatte, entließ St. Dominikus den Bösen, der einen letzten Schrei ausstieß und mit der Schnelligkeit des Blitzes verschwand.

Eng verknüpft mit dem häuslichen Leben zeigt sich der Name des Teufels in den mannigfachsten Bezeichnungen. Noch heute bestehen Geschlechter, deren Urahn eine seltsame Wahlverwandtschaft mit dem Satan haben musste. Da gibt es Namen wie Düwelsdorff, Deibel, Teufel, Pförtner von der Hölle, der Landschaften, Seen, Berge, Mauern und Klippen nicht zu gedenken, bei denen der böse Geist Patenstelle vertrat. Da nannte man eine flatternde Libelle Teufelspferd oder Teufelsbraut; ein kleines schwarzes Würmchen, vielleicht im Gegensatz zum Marienkäfer, wurde als des Teufels Großmutter bezeichnet, eine Raupenart als Teufelskatze. Wer kennt nicht unter den Pflanzen die Teufelsmilch, Teufelsklaue, das Teufelsauge? Als besonders kräftig gegen Zaubereien und böser Geistermacht wird der Teufelsabbiss genannt, den St. Johannes beschützt. Ist das Fest dieses Heiligen jedoch vorüber, so gewinnt der Teufel Macht über das Kraut, dem er dann die Wurzel abbeißt, an welcher man heutigen Tages noch die Spuren seiner Zähne erblicken kann.

Die Erscheinung des Teufels war an keine Zeit gebunden. Gewöhnlich zog er die Nacht oder doch die Dämmerung dem Tage vor. An einigen Orten behauptete man, dass der Böse während der hohen Kirchenfeste keine Gewalt über die Menschen habe. Andere dagegen berichten von der ganz besonders unheilvollen Einwirkung des Satans in der Weihnachtszeit. In manchen Landschaften zeigte sich der Böse gern in der Donnerstag- in anderen wieder in der Freitagnacht. Wer sich beikommen ließ, an Festtagen während des Gottesdienstes zu spielen, brachte dadurch sein Leben in größte Gefahr, denn der Teufel gesellte sich alsbald zu der Partie, indem er die Gestalt eines der Partner annahm. Eine märkische Sage berichtet sogar, dass es den finsteren Geist verdross, in der Donnerstagnacht das Rädchen fleißiger Spinnerinnen schnurren zu hören. Eine Geisterhand sollte dann die Tür auftun und eine leere Spule mit dem Zuruf in das Gemach geschleudert werden: »Spinne auch diese voll!« Sicherlich aber wäre dem, der dies unternommen, mit dem eigenen Garn die Kehle zugeschnürt worden.

Die Person des Teufels wurde in solchen Sagen unlösbar mit den Göttern und Göttinnen der germanischen Heidenwelt verschmolzen, deren uralte Majestät, sobald sie einmal durch das Christentum von ihrem Herrschersitz verdrängt worden, hinabsank in den Staub, mit den Überresten einstiger Herrlichkeit den fratzenhaften Leib des christlichen Teufels deckend.

Wie die Heiden einst den Göttern des Lichtes weiße Tiere zum Opfer darbrachten, um die Himmlischen mild und günstig zu stimmen, so schlachteten sie den Göttern der Unterwelt, die Erzürnten zu versöhnen, schwarzes Vieh, dessen Blut in eine Grube gelassen wurde, damit es schneller hinab gelange in das Schattenreich. Auch dieser Brauch ging auf den Teufelsdienst über. Man suchte den bösen Geist durch reiche Spenden zu gewinnen und den Schaden, den des grimmen Feindes Zorn in den Elementen heraufbeschwor, von Haus und Hof, von Land und Leuten abzuwenden. So kam es, dass dem Herrn der Finsternis schon in den ältesten Zeiten ein feierlicher Dienst gewidmet wurde.

3 Antworten auf Sagen- und Märchengestalten – Der Teufel