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Die Sage von den Hexen des Brockens – Teil 4

Die Sage von den Hexen des Brockens – Teil 4
und deren Entstehen in vorchristlicher Zeit durch die Verehrung des Melybogs und der Frau Holle
Historische bearbeitet von Ludwig Wilhelm Schrader

Kapitel 17

Der Oberste der Unholden (Djahi) hieß bei den Slawen unter andern auch diable. Dieser Name ging auch in die deutsche Sprache über, findet sich insbesondere zur Zeit Karls des Großen in der Form von Diabol, ist aber gewiss in der Volkssprache schon früher in Deubel, D’üdel und Teufel verwandelt gewesen. Denn schon Tertullianus gibt uns in apologetico die Nachricht, dass im nordischen Germanien ein Idol unter dem Namen Tibileno verehrt wurde. Ein Deutscher würde statt Tibileno gewiss Dübel geschrieben haben. Der Name diable ist nun die Benennung des Obersten der Unholde nach seiner Wirkung. Nach dem Mythos war nämlich ein Apfel (Appel, Abel) die erste Veranlassung zur Sünde. Man benannte daher nicht nur diese Frucht, sondern auch das Böse selbst und den Urheber desselben mit dem bekannten Namen. Darum bezeichnet man auch in der lateinischen Sprache mit dem Wort malum nicht nur die Apfelfrucht, sondern auch das Übel. Genauso verhält es sich mit dem Wort diable. Um dies für richtig zu halten, bemerke man nun Folgendes.

Der Artikel findet sich genauer gesagt nicht in allen der indoeuropäischen Sprachen. Alle sind aber aus einer Quelle geflossen. Schon deshalb darf man die Vermutung aufstellen, dass ursprünglich in allen diesen Sprachen sich ein Artikel befunden hat. Er war gewiss zum Beispiel auch in der lateinischen Sprache. Sonst würde er auf keinen Fall in der italienischen Sprache existieren, die keineswegs, wie man wohl glaubt, erst im Mittelalter entstanden ist, sondern gewiss für eben so alt gehalten werden kann, wie die lateinische, die Schriftsprache der Römer. Dieser Artikel floss nun zu der Zeit, als die Sprachen noch nicht geschrieben und nicht wissenschaftlich behandelt wurden, häufig mit dem Hauptwort zusammen, und man dachte gar nicht daran, dass er ein, von diesem verschiedenes Wort war. Dies geschieht noch heute bei Sprachen, die nicht geschrieben werden. Wer vermag zum Beispiel in dem Wort ädu einen Artikel zu erkennen, der nicht weiß, dass dieses aus ein Tun (ä thu) entstanden ist. Auch die nicht gehörig Ausgebildeten der Franzosen, die zum Beispiel lean statt l’eau schreiben, beweisen es, dass sie den Artikel häufig gar nicht erkennen. Dies Verkennen des Artikels hatte nun zur Folge, dass er in manchen Sprachen, wo man ihn bei manchen Wörtern vermisste, für ganz entbehrlich gehalten hatte, und dass er daher ganz außer Gebrauch kam. In diesen Sprachen wurde er aber häufig als Teil des Hauptwortes da beibehalten, wo er in der Aussprache mit diesem bereits zusammengeflossen war. So befindet er sich zum Beispiel in dem lateinischen Wort. terra (t’erra), das kein anderes als das plattdeutsche geschärfte Wort Ere (Erde) ist. Auf ähnliche Weise hat daher auch das polnische Wort deable (de Abel) den Artikel behalten, obgleich diese Sprache artikellos ist. In dem Wort iable (der Apfel), iablon (der Apfelbaum) ist der Laut i ebenfalls ein Überbleibsel des Artikels di, und der Laut d nur deshalb fortgefallen, weil die, dem deutschen j ähnliche Aussprache des polnischen i dahin führte, und man von diesem Fingerzeig um so lieber Gebrauch machte, als es wünschenswert erschien, die Benennung des Bösen von der der Apfelfrucht zu unterscheiden.

Kapitel 18

Der Oberste der Unholde hatte aber auch noch andere Namen. In der Lehre des Zoroaster nannte man ihn zum Beispiel nach seiner Wohnung. Diese war in der Hohle (Hölle) der Erde. Er hieß daher Ahriman, d. h. Erdmann, oder Wesen, das in der Erde wohnt. Zu dem Bösen (Übeln) rechnete man auch die Finsternis, als deren Urheber der Böse angesehen wurde. Und deshalb dachte man sich ihn schwarz und nannte ihn »das schwarze Wesen« oder »den Schwarzen«. In der slawischen Götterlehre hatte das Wort bog die Urbedeutung »gut« verloren, und die eines höheren Wesens im Allgemeinen angenommen. Daher findet man auch für den Teufel die Bezeichnung »czarny bog«, d. h. der schwarze Gott. Ein noch älterer, infrage kommender Name für den Teufel ist mely bog. Unter diesem Namen wurde nun der Teufel schon um die Zeit der Geburt Christi, und daher vermutlich auch noch früher, auf dem Brocken verehrt. Dies darf man aus dem Namen schlussfolgern, den der Brocken im 2. Jahrhundert nach Christi Geburt führte. Ptolemäus nennt ihn nämlich um diese Zeit το Μηλφοκον ορος (mons meilibocus) d. h. das Horn oder der Berg des Melybogs (Melbogsberg). Da nun zu den Zeiten des Ptolemäus keine Slawen in Europa eingewandert sind, so darf man annehmen, dass der Brocken schon seit den Urzeiten Melbogsberg benannt wurde. Ja, diesen Urnamen führt der Brocken aller Wahrscheinlichkeit nach unter der Bezeichnung »Blocksberg« noch heute zutage. Die slawischen Sprachen sind nämlich weniger streng bei Beobachtung des Sprachgesetzes rücksichtlich der Häufung der Konsonanten, und die Slawen sind daher mehr als die Deutschen in deren Aussprache geübt. Das Wort szczupak, das dem Deutschen als ein wahres horridum in der Aussprache erscheint, spricht der Pole eben so leicht, wie der Niedersachse das Wort watt. Bei Zusammenziehungen von slawischen Wörtern können daher sehr leicht so viel Konsonanten zusammenkommen, dass sie eine deutsche Zunge nicht hervorzubringen vermag. Das Wort Melbogsberg leidet nun an rhythmischen Mängeln. Die Silbe Bog erfordert nämlich die Hauptbetonung. Dann aber erscheint die Silbe »Mel« als ein für sich bestehendes Wort. Es fehlt daher die Einheit, und um diese zu bewirken, entsteht die Neigung, das Wort Melbogsberg zweistellig zu machen. Dem Slawen mag es wohl möglich sein, »Mlbogs-berg« oder »Lbogsberg« mit Leichtigkeit zu sprechen. Wenigstens ist die Aussprache des Namens des Grafen von Wrbna mit eben so vielen Schwierigkeiten verbunden, die der Böhme mit Leichtigkeit beseitigt. Dem Niedersachsen aber, in dessen Sprache ein Dehnen der Laute vorherrschend ist, ist die Aussprache von drei Konsonanten dieser Art nicht möglich. Um also die gehörten Laute wiederzugeben, muss er Mblogsberg oder Blogsberg sprechen. So ist allem Anschein nach der Name Blocksberg entstanden, und da noch heute auch ein unweit von Wernigerode gelegener Berg den Namen Blockshorn (d. h. Blocksberg) führt, so dürfte es zu glauben sein, dass Mely bog auch hier einen Ort seiner Verehrung hatte.

Kapitel 19

Dieser Melbog musste nun notwendigerweise seine Priester haben, und dass diese Hexen hießen, beweist noch das polnische Wort czarownica (eine Hexe). Denn dies ist offenbar von czarny (schwarz) entstanden, sodass die polnischen Hexen ihren Namen von dem Schwarzen ableiten müssen. Dagegen ist aber nicht wohl zu glauben, dass der Schwarze, Weiber zu Priestern gehabt habe. Am Wenigsten ist gewiss, dass auch Männer für Hexen gehalten wurden. Dies sehen wir aus der Gesetzgebung Karls des Großen. »Wenn einer vom Teufel betrogen«, heißt es in dem Kapitular für die Sachsen, »nach heidnischer Sitte glauben wird, ein Mann ober ein Weib seien Hexen, und sie deswegen verbrennen, oder ihr Fleisch andern ebenfalls zum Genusse aufsetzen wird, der soll des Todes sterben.«

In der Sage von den Hexen des Brockens kommen nun aber nur Weiber vor. Diese allein reiten zum Brocken und lassen die Männer im Bett. Der Hexenball ist daher offenbar nicht zur Verehrung des Teufels veranstaltet, sondern dient zu Ehren eines anderen Unholdes. Dies wird auch schon deshalb wahrscheinlich, weil der Teufel selbst mittanzt. In älteren Zeiten war aber, wie noch heute bei manchen morgenländischen Völkern, nicht das Tanzen selbst, sondern nur das Tanzensehen ein Vergnügen. Wen man also ehren wollte, mit dem tanzte man nicht, sondern man tanzte ihm etwas vor. Es ist daher zu glauben, dass der Hexenball auf dem Brocken kein Akt der Verehrung des Teufels war, sondern … seiner Großmutter!

Kapitel 20

Nimmt man dieses an, so wird es erklärlich, warum sich nur Weiber zu der Feierlichkeit einfanden. Denn einem weiblichen Unholden war es angemessen, dass er nur von Weibern verehrt wurde. Es erklärt sich ferner die Teilnahme des Schwarzen an dieser Feierlichkeit, da er als Nachkomme seiner Großmutter derselben Respekt schuldig war. Ferner wird es einleuchtend, warum man nicht von männlichen Hexen, wohl aber von Hexenmeistern spricht. Denn die weiblichen Priester der Frau Großmutter des Teufels bildeten ein Kollegium, an deren Spitze ein Direktor (Meister) stehen musste. Eben so, wie der famen Dialis in Rom der Vorsteher der Vestalischen Jungfrauen war.

Sieht man sich nun nach dem Namen der Großmutter des Teufels um, so findet man unter allen Unholden keine andere als die Frau Holle (Holde), auf die die in der Sage von den Hexen enthaltenen Umstände besser passten. Sie hatte einen Trupp von Nymphen, die ihr Gefolge ausmachten, und den Namen Striegholden führten. Mit diesen strich sie des Nachts, auf gewissen Tieren reitend, und mit einer Wenge von Weibern umgeben, in der Luft umher, und diese Weiber wurden in bestimmten Nächten zu ihrem Dienst abgeholt. Daher hat die im Westerwald angesiedelte Redensart »mött de Holle fahren« – die Bedeutung von Nachtwandeln, und im Hennebergischen ist Frau Holle noch als ein nächtliches Phantom bekannt. Den Hexen wird ferner das Vermögen zugeschrieben, dass sie nach Verlangen Hass und Liebe in bestimmten Personen erregen können. Dies konnten sie nur von ihrer Frau erlernt haben. Denn ihr Name sagt uns, dass sie die Göttin der Liebe war. Das Wort »hold« wird in der alemannischen Mundart ausschließlich von der gegenseitigen Liebe zwischen Jüngling und Mädchen gebraucht, und Holderstock ist die Bezeichnung der oder des Geliebten. Sie darf aber keineswegs mit der Freya der nordischen Mythologie verwechselt werden. Diese war das Kostbarste, was die Asen hatten, und sie waren in nicht geringer Verlegenheit, als sie diese einem Riesen versprochen hatten, der die durch die Wanen zerstörte Mauer der Asenburg wieder hergestellt hatte. Nur Loki rettete sie aus dieser Verlegenheit dadurch, dass er durch List die zeitige Vollendung der Mauer behindere. Frau Holle dagegen gehörte zu den Unholden, wie schon ihre Verwandtschaft mit dem Teufel erkennen ließ. Sie förderte daher nur die unerlaubte Liebe und steigerte sie bis zu dem Grad, in welchem der Verstand seine Herrschaft über diese verliert. Dann hatte sie ihr Ziel erreicht. Der von blinder Liebe ergriffene Mensch ist dann zu allem Bösen fähig, und kein Gebot der Vernunft vermag ihn von dem Abgrund zu retten, den Frau Holle für ihn bereitet hat. Sie waltet noch gegenwärtig mit eben der Macht, wie vor mehr als 1000 Jahren unter den unkultivierten Völkern Deutschland. Wer erinnert sich nicht des Opfers, das ihr in diesen Zeiten am Brocken gebracht wurde?

Wenn zu ihren bösen Zwecken eine unerlaubte Liebe auf dem gewöhnlichen natürlichen Wege nicht gefördert werben kann, dann lehrt sie durch ihre Priester dem Verlangenden übernatürliche Mittel. Hexen bereiten durch Anwendung von zauberischen Gebräuchen Liebestränke, welche die feurigste Liebe erregen, wo früher die Abneigung nicht zu überwinden war. Gleiche geheimnisvoll bereitete Tränke werden von den Hexen verabreicht, um die Liebe zu einer bestimmten Person in den höchsten Grad von Hass zu verwandeln, und diese Liebe auf einen anderen Gegenstand zu lenken. Eben so mächtig wirkte Frau Holle durch die, unter Beobachtung gewisser Gebräuche angefertigten künstlichen  Geflechte, die unter dem Namen Nesteln bekannt sind. Drei Knoten, die unter Wiedergabe gewisser Zauberformeln an einem Leichenstein ober an einem sonstigen ihr heiligen Ort gefertigt werden, machen zu allem Beischlaf den untüchtig, zu dessen Nachteil sie geschlungen werden. Wer von den Folgen des Nestelknüpfens befreit sein wollte, hatte ebenfalls eigene Gebräuche zu beobachten.

Frau Holle selbst beschäftigte sich mit der Anfertigung solcher Nesteln. Moosartige Missgewächse an wilden Rosenstöcken, die unter dem Namen Moos- oder Schlafrosen bekannt sind – sind es, die der Aberglaube für Nesteln der Frau Halle hält. Wer sie unter sein Schlafkissen legt, wird von ihr zu ihren Gelagen abgeholt ober in die Arme desjenigen geführt, der erwünscht wird. Eine andere Moosart, die aus langen dünnen Fasern besteht, welche in sich verschlungen sind und die Gestalt eines Haarzopfes haben, werden nach ihr ebenfalls Höllenzöpfe genannt. Noch zu Burkards Zeiten (1024), wo die Weberei hauptsächlich in den Händen der Frauen war, fand hierbei das Nesteln häufig statt. Man webte die Fäden unter Wiedergabe gewisser Zauberformeln, teils um jemandes Liebe dadurch zu bewirken, teils um die Fäden einer anderen Weberin so zu verwirren, dass nur eine neue Zauberei sie lösen konnte.

Kapitel 21

Ob nun die Frau Holle die Großmutter des Teufels ist, wird sich zwar mit diplomatischer Gewissheit nicht nachweisen lassen.

Allein sie war wenigstens dem Teufel sehr ähnlich, sie wird ein Weib in der Gestalt des Teufels genannt, und deshalb darf man eine nahe Verwandtschaft zwischen ihr und dem Teufel wohl annehmen. Denkt man nun ferner an die Redensart »der Teufel und seine Großmutter,« so muss man ferner glauben, dass der Teufel eine Großmutter gehabt hat, mit der er viel Umgang hatte. Dies ist auch deshalb nicht unwahrscheinlich, weil ja auch andere Götter der Deutschen Eltern und Großeltern hatten. Nicht ohne Grund darf man daher wohl die Frau Holle so lange für die Großmutter des Teufels halten, bis durch bessere genealogische Nachrichten ein anderer Grad der Verwandtschaft nachgewiesen ist.

Sie wurde ebenfalls verehrt auf Bergen, an Quellen, in Wäldern, an Felsen usw. Auf dem Harz befindet sich einer ihrer Verehrungsplätze, in einem Tale zwischen dem Rennekenberg und den Honeklippe, die dort befindliche Quelle war ihr heilig und hat daher den Namen Holle-Quelle (Quelle der Holle oder Holde).

Von ihr erhielt nicht nur das Tal, worin sie entspringt, den Namen Hölle (Tal der Holde, Holle, Hölle), sondern der durch die Quelle entstehende Bach wird zu ihrem Andenken noch heute Holdemme d. h. Wasser der Holde genannt. Von mehreren, in der Nähe von Schierke befindlichen Felsengruppen führt eine den Namen die Hölle (Klippe). Auch dieser Name sagt uns daher, dass hier ebenfalls ein, der Frau Holle geheiligter Ort war.

Kapitel 22

Die bisherige Darstellung berechtigt uns nun, anzunehmen:

1. dass der Name Hexe (Haxa) die allgemeine Bezeichnung der Diener der Götzen, und zwar der bösen Gottheiten, ist. Denn Hexerei ist Bewirkung von Bösen durch übernatürliche Mittel.

2. Unter den Hexen, welche in der Nacht vor dem ersten Mai zum Brocken ziehen, sind aber nur die Priesterinnen der Frau Holle zu verstehen.

3. Ihnen ist aber manches zugeschrieben, was in den Bereich anderer Hexen gehört. Dahin gehört zum Beispiel, dass sie nicht bloß in Beziehung auf die Liebe, sondern auch in anderen Rücksichten Böses zu bewirken suchen. Sie haben daher im Allgemeinen den Charakter des Teufels, und deshalb dürfen sie auch dessen Reitpferd, den Ziegenbock, zu ihren nächtlichen Ritten benutzen. Denn dass dieser dem Teufel eigentlich geweiht ist, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass man nur mithilfe eines schwarzen Ziegenbocks einen vom Teufel bewachten Schatz zu heben vermag. Das eigentliche Reitpferd der Hexen der Frau Holle dagegen ist die Katze, die dieser Unholdin heilig war, und weshalb auch Katzen die Ehre hatten, deren Wagen zu ziehen. Hexen können daher nicht nur die Gestalt des Lieblingstieres ihrer Frau annehmen, sondern der Unhold, den letztere den Hexen zu ihren besonderen Diensten übergibt, hat die Gestalt einer Katze.

4. Manche, in der Sage von den Hexen enthaltene Umstände gehören ursprünglich in dieselbe überhaupt nicht hinein, sondern sind spätere Zusätze. Dahin gehört zum Beispiel, dass sie nicht bloß auf Ziegenböcken und Katzen, sondern auch auf Ofengabeln, Besen und besonders auf jungen Tieren und Federvieh reiten. Hierzu ist wohl die Veranlassung in Folgendem zu suchen. An die, den Götzen geheiligten Orte durfte nämlich außer den Priestern nur derjenige kommen, der die Absicht hatte, ein Opfer zu bringen. Wer also an der Feierlichkeit auf dem Brocken teilnehmen wollte, durfte nicht mit leeren Händen kommen, sondern musste ein Opfertier mit zur Stelle bringen. Zum Zweck der Opfer waren ferner gewisse Gerätschaften erforderlich, die ebenfalls auf den Brocken zu transportieren waren. Als sich in dem Harzbereich neben den slawischen Völkern auch Deutsche niedergelassen hatten, konnte es nicht fehlen, dass sie es bemerkten, wie die Besucher des Brockens dahin nicht nur verschiedene Geräte, sondern auch verschiedene Tiere führten. Sie erfuhren bald, dass den Götzen, denen man hier opferte, die Kraft zugeschrieben wurde, in der Luft umherfliegen zu können. Sie bemerkten ferner, dass die Opferfeuer des Brockens es verkündeten, hier sei der Ort der Feierlichkeit.

Aus Unkenntnis über den Verlauf der Wege und Stege gelang es ihnen aber nicht, auf den Brocken zu gelangen, den sie ständig vor sich sahen. Sie fanden nicht nur in den Wäldern, sondern auch so den, den Brocken umgebenden Sümpfen ein unabwendbares Hindernis, sich dem Brocken zu nähern. Nichts ist daher wohl natürlicher, als dass sie in den Glauben versetzt wurden, dass die Slawen, welche ungeachtet der Wälder und Sümpfe auf der Spitze des Brockens auf den ihnen allein bekannten Wegen angelangt waren, dahin geflogen seien, und zwar auf den Tieren und Dingen, die man dahin führen gesehen hatte. Auf diese Weise wurde daher die Zahl der Reitpferde so sehr vermehrt, dass man in späteren Zeiten alles Mögliche zu ihnen zu rechnen, sich für befugt erachtet hat.