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George Orwell

George Orwell – ein hochpolitischer und streitbarer Geist

Leben:

Der Name George Orwell ist das wohl bekannteste der Pseudonyme des im Juni 1903 in Britisch-Indien geborenen Eric Arthur Blair, der durch seine Bücher Farm der Tiere und 1984 weltbekannt wurde und heute zu den bedeutendsten englischen Schriftstellern zählt.

Orwell war der Sohn britischer Eltern und hatte noch eine ältere und eine jüngere Schwester. Als er ein Jahr alt war, zog seine Mutter mit ihm und ihrer älteren Tochter nach England. Der Vater blieb in Indien.

In England besuchte George, als er das Schulalter erreicht hatte, zunächst eine Kirchenschule, dann auf Empfehlung dieser Schule ein Internat für Kinder der englischen Oberschicht. Er war ein sehr guter Schüler. Wegen seiner Leistungen wurde seinen Eltern die Hälfte des Schulgeldes erlassen. Das Internat verhalf ihm dann zu einem Stipendium des Königs für Studienplätze in Wellington und Eton. Orwell ging zuerst nach Wellington, später aber nach Eton, wo er bis 1921 blieb. In Eton lernte er Cyril Connolly kennen, der in seinem Magazin viele Kurzberichte Orwells veröffentlichte und zum Freund auf Lebenszeit wurde.

1921 wurde Orwell Mitarbeiter der britischen Kolonialpolizei in Burma. Von den Methoden dieser Polizei (deren Teil er war) angewidert, quittierte er den Dienst und kehrte 1927 nach England zurück – er hatte bereits diverse Essays verfasst –, um dort als Schriftsteller zu leben.

1928 zog er dann nach Paris. Er hoffte, dort als Englischlehrer sein Brot verdienen zu können, doch weder die Schriftstellerei, noch die Aufträge als Lehrer, konnten ihn ernähren. Schließlich schlug er sich als Tagelöhner (z.B. Hopfenpflücker und Tellerwäscher) durch und wurde dabei krank. Wieder zurück in England blieb seine Situation dieselbe. Er war  sogar obdachlos. Erst kleinere Schreibaufträge von Freunden halfen ihm ein wenig aus seinem schrecklichen Dasein heraus, aber er blieb trotzdem arm, so arm, dass er noch 1936 bei seiner Hochzeit mit Eileen O´Shaughnessy keine Eheringe bezahlen konnte. Über seine Aufenthalte in Paris und London um diese Zeit schrieb er 1933 das Buch Erledigt in Paris und London.

1937 nahm er auf der Seite der POUM, einer trotzkistischen Arbeiterpartei, am spanischen Bürgerkrieg teil und erlitt dabei einen Halsdurchschuss. Er floh vor der Verfolgung durch moskautreue Kommunisten aus Spanien und entging so der lebenslangen Inhaftierung, einem Schicksal, das viele seiner damaligen Kameraden erlitten. Auch über den Spanischen Bürgerkrieg, wie über viele seiner eigenen Erlebnisse, schrieb er einen analytischen Bericht (Mein Katalonien).

Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges arbeitete Orwell als Buchkritiker, da er wegen seiner latenten Tuberkulose nicht zum Militär musste. Im Juni 1941 erhielt er dann aufgrund seiner guten schriftstellerischen Arbeit ein Angebot der BBC und befasste sich dort mit der Produktion von Kriegspropaganda. Während dieser Arbeit bei der BBC musste er sich allerdings der Zensur unterwerfen, worunter er stark litt. So gab er die Stelle 1943 trotz guter Bezahlung auf. In dieser Zeit gewann er große Erfahrung mit englischer, deutscher und russischer Propaganda, die sich in seinem Roman 1984 wiederfindet. Von 1943 bis 1945 arbeitete er dann als Kriegsberichterstatter für den »Observer«, 1944 in Paris und 1945, nach dem Ende des Krieges, kurze Zeit im besetzten Deutschland.

1945, mit dem Erscheinen der Fabel Farm der Tiere, gelang ihm endlich der erhoffte Durchbruch als Schriftsteller. Das Buch wurde in Westeuropa und den USA als Arbeit gegen den Totalitarismus und dann im Kalten Krieg als Werk gegen den Kommunismus vermarktet.

Im Juni 1949 wurde schließlich sein bekanntestes Buch, die Anti-Utopie 1984, veröffentlicht, das prägnante Ausdrücke wie »big brother is watching you«, »doublethink«, »Altsprech« und »Neusprech« enthält, die heute vielen Menschen bekannt sind, und das als einer der Science-Fiction-Romane schlechthin gelten muss.

1950 – im Alter von gerade 46 Jahren – starb George Orwell an Tuberkulose. Diese Krankheit hatte er sich wahrscheinlich als Obdachloser zugezogen. Er hatte zuvor  zehn Jahre lang Lungenprobleme gehabt und sich immer wieder zu Kuraufenthalten in diverse Kliniken zurückziehen müssen.

Kurz vor seinem Tod heiratete er Sonia Brownell.

Er wurde in Sutton Courtenay, Oxfordshire, bestattet.

Während seines Lebens hatte Orwell als Buchkritiker persönliche oder Briefkontakte zu berühmten Autoren wie Aldous Huxley, H.G. Wells, Arthur Koestler, James Joyce und Jewegeni Samjatin. Er selber war ein Sozialist, der sich dem demokratischen Sozialismus verschrieben hatte, der seiner Meinung nach einzig zukunftsträchtigen Staatsform. Er stand für ein geeintes Europa unter dieser Prämisse und war ein entschiedener Gegner des Imperialismus sowie des Totalitarismus nationalsozialistischer wie auch stalinistischer Prägung. Er selber wurde durch den britischen Inlandsgeheimdienst MI 5 in den Jahren 1929 bis zum Zweiten Weltkrieg überwacht.

Ausgewählte Werke:

Die Farm der Tiere

In diesem Roman von 1945 beschreibt George Orwell in Form einer Fabel  beispielhaft die Personen und Ereignisse in der jungen Sowjetunion, hier symbolisiert durch die Farm der Tiere.

Beginnend mit den Wurzeln des Kommunismus bei Marx und Lenin und der Unterdrückung des russischen Volkes durch Zar Nikolaus II. listet er nach und nach die Februar- und Oktoberrevolution in Russland, die Entwicklung des Kommunismus und dessen Verkehrung in den Stalinismus mit anschließender Gewaltherrschaft auf, indem er fiktive Ereignisse auf der Farm beschreibt.

Hierbei nehmen die handelnden Personen der geschichtlichen Ereignisse meistens die Gestalt von Tieren an. So ist der Keiler Old Major wohl eine Figur, die Marx und Lenin gleichermaßen darstellt und den Tieren die Ideologie liefert, die schließlich zu ihrer gewaltsamen Übernahme der Farm von Bauer Jones führt. Schneeball, der weiße Eber und Gegenspieler von Eber Napoleon (Stalin), soll Leo Trotzki versinnbildlichen, der von Stalin, bzw. dessen Geheimpolizei vertrieben wird, die hier durch von Napoleon großgezogene, scharfe Hunde gezeichnet wird. Schwatzwutz, ein Schwein mit großer Redebegabung und Sprecher Napoleons verkörpert Molotov und den gesamten Propagandaapparat Moskaus, an der Spitze die Zeitung Prawda.

Die wenigen Menschen der Fabel, z.B. der Alkoholiker und Farmbesitzer Mr. Jones, der Zar Nikolaus II. entspricht, stellen meist die außersowjetischen Mächte dar. So ist Mr. Pilkington, der Besitzer einer großen, verwahrlosten Nachbarfarm, eine Verkörperung der westlichen Mächte USA und Großbritannien. Er kooperiert anfangs mit Napoleon (Zweiter Weltkrieg), doch am Ende des Buches kommt es zum Streit zwischen beiden, eine Vorschau auf den Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion. Mr. Frederick, der Besitzer einer kleinen, gut organisierten Nachbarfarm, ist Adolf Hitler, der zuerst Geschäfte mit der Farm der Tiere macht (deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt), dann aber versucht, sie einzunehmen und dabei vernichtend geschlagen wird (Stalingrad). Mr. Whymper, im Roman der Verbindungsmann der Farm der Tiere zu den Menschen, steht für die westlichen Intellektuellen wie G.B. Shaw, die 1919 die Sowjetunion besuchten und ihren Gastgeber anschließend lobten.

Am Ende der Geschichte gebraucht George Orwell schließlich einen Satz, den viele Leute später als bezeichnend für den Kommunismus in der Sowjetunion übernahmen: »Alle Tiere sind gleich, doch einige sind gleicher.«

1984

Der zuerst 1949 erschienene Roman 1984 ist eine Anti-Utopie, in welcher der Autor eine Welt darstellt, die im Jahr 1984 von den drei Überwachungsstaaten Ozeanien, Ostasien und Eurasien beherrscht wird. Mit der Umkehrung des Datums 1948 zu 1984 spielte Orwell darauf an, dass eine solche Welt in gar nicht ferner Zukunft Realität werden könne.

Hauptfigur des Romans ist Winston Smith, ein Mitglied der »Äußeren Partei« Ozeaniens (ganz Amerika und Großbritannien), der im Ministerium für Wahrheit (Propagandaministerium) in London arbeitet. Seine Aufgabe dort besteht darin, die Geschichte zu fälschen und umzuschreiben.

Winstons tägliches Leben beinhaltet Versorgungsprobleme, ständige Überwachung durch Teleschirme, die überall aufgehängt sind und durch welche die Menschen beobachtet werden können, Angst und fehlende persönliche Beziehungen. Zudem schlagen ständig Raketen in seiner Stadt ein, die angeblich auf einen permanenten Krieg zwischen den drei Superstaaten hinweisen.

Winston kann sich schon lange nicht mehr mit der Parteidoktrin identifizieren, und es fällt ihm schwer, dies, was in seinem Staat ein sogenanntes »Gedankenverbrechen« ist, geheim zu halten. Schließlich führt er heimlich Tagebuch. Später trifft er auf eine hübsche Frau, die er zunächst für ein Mitglied der »Gedankenpolizei«, der Geheimpolizei des Landes hält. Zudem sucht er immer wieder die Elendsviertel der sogenannten »Proles« (der Proletarier) auf. Ein dortiger Ladenbesitzer namens Charrington führt ihn in ein möbliertes Zimmer, das scheinbar keinen Teleschirm besitzt. Winston überlegt, es zu mieten.

Später begegnet Winston erneut der hübschen Frau. Sie stürzt, und er hilft ihr auf. Dabei steckt sie ihm einen Zettel zu, auf dem steht, dass sie ihn liebt. Bei einem Treffen einige Zeit später erfährt er, dass sie Julia heißt und heimlich gegen die Partei und deren Werte rebelliert. Sie treffen sich zunächst auf dem Land. Dann mieten sie das Zimmer des Ladenbesitzers Charrington. Dort leben sie künftig ihre Sexualität aus, ebenfalls ein Schwerverbrechen. Schließlich treffen sich beide mit O´Brien, einem Mitglied der »Inneren Partei«, der sich als Aktivist der Untergrundbewegung »Die Bruderschaft« ausgibt und seinen Teleschirm für kurze Zeit ungestraft ausschalten kann. Er schenkt Winston ein Buch des Staatsverräters Emmanuel Goldstein. Winston liest es und sagt anschließend, er verstehe das »Wie« des Terrorstaates, nicht aber das »Warum«.

Bei einem neuerlichen Treffen Winstons mit Julia im gemieteten Zimmer werden die beiden gestellt und verhaftet. Der Ladenbesitzer Charrington ist Mitglied der Gedankenpolizei und hat sie die ganze Zeit durch einen hinter einem Bild verborgenen Teleschirm beobachten lassen.

Anschließend wird Winston verhört, gefoltert und umerzogen.  Verhöroffizier ist O´Brien, der ihn betrogen hat. Endlich verrät er sogar seine Liebe zu Julia, indem er O´Brien anfleht, diese zu foltern und nicht ihn. Sein Widerstand ist endgültig gebrochen.

Nach seiner Entlassung ertappt er sich selbst dabei, wie er beim Ansehen der Kriegsberichte mit der Masse fiebert. Am Ende des Buches stirbt er durch eine Kugel der Gedankenpolizei und bekennt zuvor seine Liebe zum »Großen Bruder«. Die Gehirnwäsche des Terrorstaates hat Erfolg gehabt.

Quellen:

Bilder :

  • Foto: George Orwell 1933, Public Domain.
  • Foto: Grabstätte George Orwells, Fotograf: Lord Harris. Vom Urheber zur Nutzung freigegeben.
  • Buchcover von »Farm der Tiere«, mit freundlicher Genehmigung des Diogenes-Verlags.
  • Buchcover von »1984«, mit freundlicher Genehmigung des Ullstein-Verlages.

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