Heftroman der Woche

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Ich bin ein Fan – und das ist gut so!

Okay, es ist an der Zeit, eine Lanze für den Fan zu brechen. Nachdem er andernorts als geistig wirr und ohnehin nicht ernst zu nehmender Depp dargestellt wird, möchte ich an dieser Stelle für den Fan eintreten.

Schauen wir uns einmal an, was einen Fan ausmacht – auf den Heftroman bezogen, denn Sportvereine sind nicht unbedingt unser Thema.

Was also zeichnet den Fan aus?

  • ?Er liest jede Folge eines Romans.
  • ?Er kennt sich im jeweiligen Serien-Universum aus.
  • ?Er leidet mit den Figuren.
  • ?Er spricht mit anderen darüber und drückt auch seinen Unmut aus.

Fan sein, das hat wenig mit Logik zu tun. So wenig, wie man die Liebe zu einem anderen Menschen erklären kann, so wenig kann man die Liebe zu einem Verein oder einer fiktionalen Welt mit Logik erklären.

Betrachtet man den Aspekt des Fan-Seins unter diesem Gesichtspunkt, erklärt dies auch die teils heftigen verbalen Entgleisungen, die man in bestimmten Foren findet.

Das ist vergleichbar mit dem Rempler in der Stadt, der jedoch nicht einen selbst trifft, sondern die geliebte Frau (oder den geliebten Mann) an seiner Seite.

Ob und wie diese Aufwallungen logisch gerechtfertigt sind, spielt dabei erst einmal keine Rolle. Der Fan liebt das Produkt und erwartet, dass seine Schöpfer verantwortungsvoll damit umgehen. Geschieht das in seinen Augen nicht, ist der Shitstorm vorprogrammiert.

Sich lächelnd darüber zu erheben und den Fan als Wirrling darzustellen, den man getrost ignorieren kann, wird daher weder dem Produkt noch dem Fan gerecht.

Natürlich kann kein Autor jeden Wunsch eines Fans berücksichtigen. Eine Serie entwickelt sich, die Charaktere entwickeln sich und es kann vorkommen, dass man dabei den Fan in seinen Gefühlen verletzt. Gleichzeitig stellt sich jedoch die Frage, ob der Autor oder der Verlag dieses Entsetzen des Fans nicht abmildern kann, indem er nachvollziehbare Entwicklungen einführt, die sich über einen gewissen Zeitraum erstrecken.

Wird eine Figur von heute auf morgen »neu erfunden« und plötzlich anders dargestellt, als es zuvor der Fall war, reagiert der Fan allergisch darauf. Schließlich kennt er die Charaktere der Serie, er fühlt sich mit ihnen vertraut. Entwickeln sie sich langsam, kann er diese Veränderung nachvollziehen.

Da hilft es in meinen Augen wenig, mit dem Finger auf die Fans zu zeigen und zu behaupten, sie würden Wirklichkeit und Fiktion vertauschen.

Ich behaupte an dieser Stelle, dass jeder Fan zwischen Realität und Roman unterscheiden kann. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass die jeweilige Serie ein Teil des realen Lebens ist. So, wie für andere ein Fußballklub Teil des realen Lebens ist oder eine Musik-Band.

Man lässt etwas in sein Leben hinein, baut eine Beziehung dazu auf und möchte damit glücklich sein. Ob das nun eine Heftroman-Serie ist, oder der FC Irgendwas, der in dem einen Jahr keinen Titel holt, dafür im nächsten Jahr das Triple schafft und zwei Jahre später absteigt, spielt keine Rolle. Man leidet und freut sich mit den Helden, auch wenn sie natürlich im Alltag keine Rolle spielen. Der Fußballfan weiß, dass er nicht plötzlich Besuch von Spieler XY bekommt oder sein Leben irgendwie mit dem Schicksal des Vereins verknüpft ist. Und auch der Heftroman-Fan weiß, dass sein Leben nichts mit den Ereignissen in den Heften zu tun hat.

Das ändert aber nichts daran, dass die gedruckten Abenteuer Teil des wöchentlichen Lebens sind, vielleicht auch ein Ritus, der mit dem Kauf am Kiosk beginnt. So, wie ein Fußballfan den Samstag rituell bei Sky oder mit der Sportschau verbringt, so er nicht Hunderte von Kilometern zurücklegt, um seine Mannschaft anzufeuern.

Der Fan ist ein Liebender, und Liebende reagierten selten logisch oder rational. Das kann ein Verlag nutzen, etwa, indem er die Fans einbindet. Oder er kann es ignorieren und sich so den Zorn der Fans zuziehen. Sich über sie lustig zu machen und sie abzustempeln ist jedoch in meinen Augen völlig falsch.

Copyright © 2013 by Gunter Arentzen