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Raumpatrouille Orion – Eine Legende wird 45 Jahre alt – Teil 2

Im September 2011 feiert nicht nur die amerikanische Science Fiction Serie Raumschiff Enterprise ihren 45. Geburtstag, sondern auch eine, wenn nicht die deutsche Science Fiction Serie Raumpatrouille Orion das identische Jubiläum. Beide erschienen im September 1966 zum ersten Mal auf der schwarz-weiß-Mattscheibe des Fernsehers. Der Unterschied liegt nur in einer Woche, doch da kannte in Deutschland noch niemand die amerikanische Serie.
Schon zu Beginn der Sechziger Jahre entwickelte der deutsche Hörspiel- und Fernseh-Autor Rolf Honold, der 1979 im Alter von 60 Jahren starb, ein Konzept für eine Science Fiction Fernsehserie. 1962 hatte Rolf Honold das Gesamtkonzept zur Raumpatrouille Orion den Verantwortlichen vorgelegt. Lange Zeit blieb es unbeachtet, wurde dann jedoch aus der Schublade geholt, um die Bavaria Film Gesellschaft in Gaselgasteig mit der Umsetzung zu beauftragen. Die Produktionskosten, die die Fernsehanstalten schließlich ausgaben, betrugen etwa 3,4 Millionen DM. Die Drehbücher wurden von Rolf Honold selbst und W. G. Larson geschrieben. Hinter dem Sammelpseudonym Larson verbargen sich die Regisseure Michael Braun und Theo Mezger. Dazu kamen die Produzenten Hans Gottschalk, Oliver Sorz und Helmut Krapp.
Im Mittelpunkt der sieben Fernseh-Episoden steht Commander Cliff Allister McLane. Zu Beginn der Serie zur Raumpatrouille strafversetzt muss er sich bald darauf mit den Gegnern der Erde auseinandersertzen. Die bösen Exoterristier werden als Frogs bezeichnet. Die Besatzung des schnellen Raumkreuzers Orion VII, der noch in der Serie verschrottet und durch die Orion VIII ersetzt wird, besteht aus dem Italiener Mario de Monti als Armierungsoffizier, dem Schweden Hasso Sigbjörnson als Bordingenieur, den japanischen Astrogator Atan Shubashi und der französischen Raumüberwacherin Helga Legrelle. Commander der Mannschaft ist der Amerikaner Cliff Allister McLane, der als Aufpasserin die Russin Tamara Jagellovsk erhält.
Die siebenteilige Serie, im vierzehntägigen Abstand zur besten Sendezeit ausgestrahlt, war lange Zeit eine der teuersten deutschen Fernsehproduktionen, die pro Episode ca. 360.000 DM kosten sollte. Die Herstellung der Serie war auch deshalb so teuer, weil einige der benötigten Effekte nur durch das aufwändige Blue-Screen-Verfahren erzielt werden konnten. Bei einer Schwarz-Weiß-Serie bedeutete dies natürlich, dass einige Szenen logischerweise in Farbe gedreht werden mussten. Dadurch stiegen die Produktionskosten gleich noch einmal an. Es war klar, dass der federführende Westdeutsche Rundfunk die Kosten nicht allein tragen konnte und wollte. Daher wurde die fran-zösische ORTF als Partner mit in die Produktion geholt.
Mit einem Fünftel der Produktionskosten beteiligte sich das als Partner gewonnene französische Fernsehen. Der Titel der französischen Serie lautet übrigens »Commando spatial – Les aventures fantastiques du vaisseau d’espace ORION«. Diese Partnerschaft hatte zur Folge, dass einige Szenen speziell für Frankreich mit französischen Schauspielern gedreht wurden. Dadurch ist zwar die Handlung gleich, doch die Darsteller sind unterschiedlich. So wurde in der Folge Kampf um die Sonne die Stelle der Matriarchin auf Chroma in Deutschland von Margot Trooger, für Frankreich von Christiane Minazolli gespielt. Die Darsteller der Serie sind selbst heute nicht vergessen, obwohl einige von ihnen bereits verstorben sind. Nach fünfundvierzig Jahren ist Dietmar Schönherr als Cliff Allister McLane immer noch ein Begriff, ebenso wie seine charmante Gegenspielerin Eva Pflug als Tamara Jagellovsk. Aber auch der Darsteller des Atan Shubashi, Friedrich G. Beckhaus und Claus Holm als Leutnant Hasso Sigbjörnson und Ursula Lillig als Leutnant Helga Legrelle erlangten mit ihren Rollen nationale Berühmtheit. Obwohl sie alle danach weitere Kino- und Fernsehfilme drehten, wurden sie immer wieder von den Fans auf die Serie angesprochen.

Ein Film ist aber immer nur so gut wie die Leute, die vor und hinter der Kamera tätig sind. Ein großes Lob gilt natürlich dem damaligen Regisseur Theo Mezger, dem Trickspezialisten und inzwischen Produktions-Designer Götz Weidner. Eine besondere Rolle spielte selbstverständlich die Musik, die aus der Feder des Komponisten Peter Thomas stammt. Legendär und immer wieder gern verwendet ist zum Beispiel die Robotstimme, die den Countdown zählt. Von besonderer Eleganz besticht der Gesellschaftstanz, der am Grund des Meeres im Starlight Casino ausgeführt wurde.
Ende der 1960er Jahre stellten die Filme etwas Besonderes dar. Die Produzenten erarbeiteten bereits, seit etwa 1962, ein in sich stimmiges 30stes Jahrhundert. Viele Dinge wurden bereits im Vorfeld festgelegt, sodass die entstandene Welt nur noch mit Handlung und Schauspielern mit Leben erfüllt werden musste.
Die Produzenten und ihre Mitarbeiter arbeiteten auf höchst kreative Art und Weise. Hauptverantwortlicher für die Dekorationen war Rolf Zehetbauer, einer der bekanntesten Filmarchitekten Deutschlands. Dabei arbeitete er eng zusammen mit Werner Achmann und Johann Nothof. Der größte Teil der Kulisse bestand aus Kunststoff. Die neue Welt sollte unbedingt futuristisch aussehen. So wurde vieles genommen, was es im normalen Haushalt gab und für die Orion zweckentfremdet. Heute, fünfundvierzig Jahre später, sind die Bügeleisen der Firma Rowenta, die Bleistiftspitzer als Bedienelemente, Wasserhähne und anderes mehr eher humoristisch zu sehen. Damals waren sie eine ganz besonders moderne Art von Material und für die Zukunft bestens geeignet. In der Kulisse wurden kilometerweise Kabel verlegt, um überall Lampen zum Blinken zu bringen. Im Gegensatz zu anderen Fernsehserien stellten die Blinklichter nicht nur hübsche Effekte dar, sondern sie sollten darüber hinaus eine gewisse Funktion darstellen. Darüber hinaus wurden für die Serie sehr viele Designer-Möbel, Designer-Lampen und ähnliches Beiwerk bestellt. Bekannte Namen wie Ludwig Mies van der Rohe, Yrjö Kukkapuro und andere mehr bürgten für futuristisches Aussehen.
Jahrzehntelang wurde im deutschen Fernsehen die Serie wiederholt, zwar nicht mehr als der Straßenfeger von einst, aber immer noch mit großem Erfolg. In den 1980er und 1990er Jahren wurde der Film wieder Kult. In den Programmkinos von Deutschland wurden plötzlich Orion-Nächte geboten. Alle sieben Sendungen, immerhin sieben Stunden, am Stück oder an mehreren Tagen hintereinander. Von Hamburg bis München fanden Kino-Veranstaltungen statt als ein nächtliches Groß-Event, wie man das auf Neudeutsch so schön sagt. Jahrzehntelang wurde der Ruf nach neuen Abenteuern der Orionmannschaft laut. Die Science Fiction Szene in Deutschland hatte jedoch nicht das Gehör gefunden, das nötig gewesen wäre.

Im Jahr 2003 wurden die Fernsehfilme zusammengeschnitten und mit Zwischentexten von Elke Heidenreich als Nachrichtensprecherin Helma Krap ergänzt, als Kinofilm veröffentlicht. Unter dem Titel Raumpatrouille Orion – Rücksturz ins Kino wurden die deutschen Kinosäle neu gefüllt. Im Spiegel erschien am 25.07.2003 dazu ein ausführliches Interview mit Filmarchitekt Rolf Zehetbauer.
Das Märchen von übermorgen, wie es in der Vergangenheit angekündigt wurde, ist heute eine Produktion von vorgestern und hat nach fast fünf Jahrzehnten nichts von seinem Charme verloren. Raumpatrouille Orion ist auch heute der beste Beweis, dass man in Deutschland sehr wohl spannende und erfolgreiche Science Fiction produzieren kann.

Die Haupt-Darsteller:

  • Major Cliff Allister McLane – Dietmar Schoenherr
  • Leutnant Tamara Jagellovsk – Eva Pflug
  • Leutnant Hasso Sigbjoernsen – Claus Holm
  • Leutnant Mario de Monti – Wolfgang Voelz
  • Leutnant Atan Shubashi – Friedrich G. Beckhaus
  • Leutnant Helga Legrelle – Ursula Lillig
  • General Winston Woodrov Wamsler – Benno Sterzenbach
  • Oberst Henryk Villa – Friedrich Joloff
  • Sir Arthur – Franz Schafheitlin
  • Marschall Kublai-Krim – Hans Cossy
  • General Lydia van Dyke – Charlotte Kerr
  • Ordonanz-Leutnant Michael Spring-Brauner – Thomas Reiner

Weitere Darsteller:

  • Angriff aus dem All
    Ingrid Sigbjoernsen – Liselotte Quilling
  • Planet außer Kurs
    Dr. Schiller – Herbert Fleischmann von Wennerstein
    HYDRA-Crew – Heinz Beck, Gerhard Jentsch, Norbert Gastell, Emil Stoehr
  •  Hüter des Gesetzes
    Rott – Alfons Hoeckmann
    Kommodore Ruyther – Helmut Brasch
    GSD-Ordonanz – Nino Korda
    Richard Hall – Herwig Walter
    TRAV-Ordonanz – Christine Isensee
    Weitere: Kunibert Gensichen, Siegfried Fetscher, Hans Wengefeld
  • Deserteure
    Professor Sherkoff – Erwin Linder
    Rott – Alfons Hoeckmann
    GSD-Ordonanz – Nino Korda
    Weitere: Gerhard Jentsch, Norbert Gastell, Wolf Petersen, Hans-Dieter Asner
  • Der Kampf um die Sonne
    Sie – Margot Trooger
    Dr. Schiller – Herbert Fleischmann
    Dr. Heine – Alexander Hogarth
    Rott – Alfons Hoeckmann
    Dr. Stass – Sigfrit Steiner
    Ordonanzen auf Chroma: Vivi Bach, Rosemarie von Schach
    Wissenschaftler auf Chroma: Walter Gnilka, Wilfried von Aacken
  • Die Raumfalle
    Tourenne – Wolfgang Buettner
    Peter-Poul Ibsen – Reinhard Glemnitz
    Minister – Hans Epskamp
    Verbannter – Sigurd Fitzek
  • Invasion
    Dr. Heine – Alexander Hegarth
    Chefingenieur Kranz – Konrad Georg
    Dr. Requardt – Maurice Teynar
    von Wennerstein – Emil Stoehr
    Weitere: Wolf Rathjen, Gerhard Jentsch, Erich Fritze, Albert Hehn, Paul Glawlon, Willy Schaefer

Die Erstausstrahlung:

  • Angriff aus dem All 17.09.1966
    L’attaque de l’espace
  • Planet außer Kurs 01.10.1966
    Planète en dérive
  • Hüter des Gesetzes 15.10.1966
    Les gardiens de la loi
  • Deserteure 29.10.1966
    Les déserteurs
  • Der Kampf um die Sonne 12.11.1966
    La lutte pour le soleil
  • Die Raumfalle 26.11.1966
    Le piège de l’espace
  • Invasion 10.12.1966
    L’invasion

Drehorte:

Die Aufnahmen wurden größtenteils in den Münchner Studios der Bavaria Film in Geiselgasteig gemacht.

Außenaufnahmen außerdem in Schloss Höhenried, Pechkohle-Bergehalde in Peißenberg, Königsplatz in München, Golfplatz eines Golf-Clubs in Feldafing und Aquarium des Berliner Zoos

Spezialeffekte beim Dreh:

Raumpatrouille Orion lebte nicht nur von den Schauspielern, sondern gleichsam auch von den für das Fernsehen neuen Tricktechniken. Die Hauptsache stellten wohl die sehr teuren, weil in Farbe gedrehten, Blue-Screen-Effekte dar. Die angewandten Techniken für die Spezialeffekte waren sehr einfach dafür umso einfallsreicher. Manch einer verglich die Technik mit der des Altmeisters und Übervaters der Tricktechnik Ray Harryhausen. Dessen Spezialität waren die Einzelaufnahmen bewegter Figuren. Nicht weit davon entfernt waren die Trickaufnahmen etwa des Planeten außer Kurs. Für die Supernova wurde eine Holzkugel mit Brandpaste bestrichen und an einem Nylonfaden aufgehängt. Für den Feuerschweif fand ein ebenfalls mit Brandpaste versehener Blechstreifen Verwendung. Die einzeln aufgenommenen Bilder von Kugel und Blechstreifen wurden später zusammenkopiert. Für diese Technik waren Theo Nischwitz und seine Mannschaft zuständig. Für die Aufnahmen des Raumschiffs Orion wurden drei verschiedene Modelle hergestellt. Die kleinste Orion besaß einen Durchmesser von dreißig, das größte Modell von einhundertsechzig Zentimetern. Die verwendeten Materialien waren Gips und Plexiglas, Aluminium und Holz und die nahezu unverzichtbaren, weil unsichtbaren Nylonfäden, an denen die Modelle hingen. Für die Flugszene wurden die Modelle an den Fäden vor einem schwarzen Hintergrund gehängt. Der Sternenhimmel wurde extra aufgenommen und später mit den Aufnahmen der Orion zusammenkopiert. Für den Flug über einen Planeten oder den Start aus der Basis wurden Bilder, etwa vom Münchner Königsplatz, ebenfalls in die Szene einkopiert.
Ein anderer wichtiger Platz, der in der Serie mehr als einmal auftauchte, war der bereits erwähnte Königsplatz in München. Die in den australischen Gewässern angesiedelte Tiefseebasis 104 wurde dort aufgenommen. Die Häuser wurden mit entsprechenden anderen Szenen überkopiert und schon befand man sich unter Wasser. Um den Effekt noch etwas aufzupeppen, wurden im Berliner Aquarium Aufnahmen von Fischen einkopiert. Gerade in den Szenen mit dem berühmten Starlight-Casino finden sich die Bilder wieder. Um die entsprechenden Effekte zu erzeugen, wurden blaue Tücher aufgehängt. Bei der Wiedergabe wurden die Größenverhältnisse verändert, sodass der Eindruck von großen Fischen entstand.
Der Unterwasserstart von der Basis 104 fand immer wieder Bewunderung. Der Strudel, aus dem die Orion auftaucht, wurde durch Windmaschinen hergestellt und die Luftblasen entstanden durch eine Brausetablette, die mit einer auf dem Kopf stehenden Kamera aufgenommen wurden. Dadurch konnten nachher die Blasen entsprechend in die Startszenen einkopiert werden. Eine andere, ebenso wichtige Maschinerie waren die Roboter. Es gab lediglich zwei originalgroße Modelle, der Rest wurde als 30cm-Klon gebastelt und später in die Szenen gebracht.
Die Frogs erhielten ihre Namen durch die Bezeichnung der fremden Raumschiffe. Fremde Raumschiffe Ohne Galaktische Serienkennung. Statisten in blauen Anzügen wurden aufgenommen und in der Wiedergabe in die Höhe gezogen. Auf die Körper der Fremden wurden mit fotomechanischen Tricks die fluoreszierenden Effekte aufgebracht.
Alleine über die unterschiedlichen Tricktechniken ließen sich ganze Bücher füllen. Und was sich nicht mit Tricktechnik machen ließ, wurde durch Materialien erreicht, die sich kaufen ließen und futuristisch genug aussahen.

Musik:

Die Musik wurde von Peter Thomas komponiert. Sie stellte eine Art von psychedelischer Musik eines Jean-Michelle Jarre, jazzigen Einschlägen und das, was heutzutage als Techno bezeichnet wird, dar. Die erste Langspielplatte erschien bereits 1966 in einer sehr aufwändigen Aufmachung. Das Plattencover war aufklappbar und mit vielen Filmfotos versehen. Innen wurde zudem noch eine zusätzliche Seite mit weiteren Informationen zu den Filmen angebracht. Auf den beiden Seiten der Vinylscheibe befanden sich achtzehn Musikstücke. Inzwischen kann man entsprechende CDs mit den Liedern kaufen, die mit unveröffentlichten Titeln ergänzt wurden.

Copyright © 2011 by Erik Schreiber


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