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Der Welt-Detektiv Band 6

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Adventskalender 2020 Türchen Nr. 12

 

Der Teufel ist los

oder das Märlein, wie der Teufel den Branntwein erfand

Es hatten einmal zwei Landesherren einen Grenzstreit. Da waren auf jeder Seite Zeugen, die das Recht behaupteten, und darunter waren zwei, die hatten vom Teufel die Schwarzkunst erlernt und ihm dafür ihre Seelen verschrieben.

Diese beiden haben einmal ein jeder in der Nacht wollen falsche Grenzsteine setzen, so, wie jeder von ihnen die Grenze behauptete, und haben die Steine mit schwarzer Kunst wollen machen, dass sie aussähen, als ob sie schon viele, viele Jahre da gestanden hätten. Da sind sie alle zwei als feurige Männer hinauf auf die Höhe gegangen. Und wie der eine hinauf kommt, da ist der andere schon da. Aber keiner hat etwas von dem anderen gewusst, dass dieser denselben Gedanken hatte.

Da fragte der eine den anderen: »Was machst du da?«

»Was hast du danach zu fragen? Sage mir zuvor, was du da machen willst?«

»Grenzsteine will ich setzen, und will den Grenzzug machen, wie dieser eigentlich sein muss.«

»Das habe ich selbst schon getan, und da stehen die Steine, und so geht der Grenzzug.«

»Das ist nicht richtig, und so geht der Grenzzug. Mein Herr hat gesagt, ich hätte recht, und ich solle nicht nachgeben.«

»Wer ist denn dein Herr? Das wird auch ein schöner Musjö sein!«

»Der Teufel ist mein Herr! Hast du nun Respekt?«

»Das ist nicht wahr, das ist mein Herr, und mein Herr hat mir gesagt, ich habe recht und solle nicht nachgeben. Packe dich den Augenblick oder es geht dir schlecht!«

So kamen die zwei hintereinander, und zuletzt da gab der eine feurige Mann dem anderen eine Maulschelle, dass ihm der Kopf herabflog und kullerte den ganzen Berg hinab. Der feurige Mann ohne Kopf rannte hinter seinem feurigen Kopf her und wollte ihn haschen und ihn sich wieder aufsetzen. Aber er konnte ihn nicht einholen bis ganz unten im Graben.

Wie nun der eine dem anderen die Maulschelle gegeben hatte, und jener hinter seinem Kopf herlief, da kam auf einmal ein dritter feuriger Mann dazu und fragte den, der oben blieb: »Was hast du da gemacht?«

»Was geht es dich an und was hast du mir zu befehlen? Den Augenblick packe dich deiner Wege oder ich mache es dir gerade so wie jenem.«

»Halunke! Hast du nicht mehr Respekt vor mir? Weißt du nicht, dass ich dein Herr, der Teufel, bin?«

»Und wenn du zehnmal der Teufel selbst bist, so liegt mir daran gar nichts. Du kannst mich meinetwegen recht schön rein machen!«

»Diesen Gefallen will ich dir tun, du sollst aber dein Lebtag daran gedenken!«

Und da fing der Teufel an und machte ihn rein, dass die Feuerputzen auf dem ganzen Bergrücken herumflogen.

Aber wie er ihn so rein machte, da sah mein feuriger Mann den günstigen Augenblick, griff hin und erwischte den Teufel im Nacken, hielt ihn fest und sagte ihm: »Nun bist du in meiner Gewalt. Nun sollst du sehen, dass du in der Menschen Händen bist! Du hast dein Leben lang genug armen Leuten den Hals herumgedreht, nun sollst du auch selbst einmal erfahren, wie es tut, wenn einem der Hals umgedreht wird!«

Er fing an und wollte dem Teufel den Hals umdrehen. Wie der Teufel sah, dass der feurige Mann Ernst mit ihm machte, legte er sich aufs Bitten und gab ihm die himmelbesten Worte, er solle ihn doch gehen lassen und solle ihm den Hals nicht herumdrehen; er wolle ihm auch alles tun, was er nur von ihm verlangte.

Da sagte ihm der: »Weil du also erbärmlich tust, so will ich dich nur gehen lassen; aber zuvor musst du mir meine Verschreibung wiedergeben, in welcher ich dir meine Seele verschrieben habe, und musst mir auch versprechen, ja du musst mir das bei deiner Großmutter beschwören, dass du kein Teil mehr an mir haben willst, auch all deine Lebtage von keinem Menschen dir wieder die Seele verschreiben lassen.«

Wollte der Teufel wohl oder übel, einmal steckte er in der Klemme, und wenn er los kommen wollte und wollte nicht den Hals herumgedreht haben, so musste er in einen sauren Apfel beißen und gab ihm seine Verschreibung wieder und versprach es ihm und verschwor sich bei seiner Großmutter, dass er keinen Teil mehr an ihm haben wolle, und wolle auch alle seine Lebtage von keinem Menschen sich wieder lassen die Seele verschreiben. Wie er das alles getan hatte, ließ jener den Teufel los.

Wie aber der Teufel wieder frei war, da tat er einen Sprung zurück, dass ihn jener nicht etwa unversehens noch einmal erwische, und stellte sich hin und sagte: »So, nun bin ich wieder frei; wenn ich dir, du Schalksnarr, nun auch deine Verschreibung wiedergegeben habe und habe dir versprochen und beschworen, dass ich kein Teil mehr an dir haben wolle, so habe ich dir doch nicht versprochen, dass ich den Hals dir nicht auch umdrehen wolle, so ich wieder frei wäre. Und auf dem Flecke da sollst du alleweil sterben, dafür, dass du mich gegurgelt hast, und hast mir wollen den Hals umdrehen!«

Damit fuhr der Teufel auf ihn hinein und wollte ihm den Garaus machen, der aber riss aus und lief zum Wald hinein. Und der Teufel immer hinter ihm her. Endlich sah es jener und kam an eine alte Buche, die war hohl und hatte unten ein Loch. Da kroch er geschwind hinein und wollte sich verstecken vor dem Teufel. Aber er war nicht weit genug hineingekrochen und die Fußzehe guckte ihm noch heraus. Weil er über und über feurig war, da leuchtete die Zehe durch die Nacht, und der Teufel wurde es gewahr, wo jener sich versteckt hatte, und kam und wollte ihn an der Fußzehe erwischen.

Aber der in seinem Baum hörte es, wie der Teufel getappt kam, wie er nach ihm greifen und ihn erwischen wollte. Da zog er sich vollends hinein und machte sich weiter im Baum hinauf. Da kroch der Teufel auch hinein, und jener machte immer weiter im Baue hinauf und der Teufel immer hinter ihm her. Endlich da hatte der Baum oben in der Höhe ein weites Astloch, da kam jener dran und kroch heraus. Und wie er draußen war, da nahm er etwas und verkeilte das Astloch, wo er herausgekrochen war, und stieg geschwind herab und verkeilte auch das untere Loch, machte es mit schwarzer Kunst so fest, dass es der Teufel selbst und seine Großmutter und die ganze Hölle nicht wieder aufbringen konnten. Darnach ging er seiner Wege.

Da steckte nun der Teufel in der alten Buche und konnte nicht herauskommen. Es half ihm alles nichts, er musste drin stecken bleiben. Da hat er lange Zeit darin gesteckt, und vielmal zu jener Zeit, wenn Leute des Wegs über jenen Berg gegangen sind, da haben sie ihn darin hören blöken und grunzen in seiner Buche. Endlich aber, wie der Holzschlag dort hinaufgekommen war, da wurde die Buche gefällt. Da war er endlich wieder herausgekommen und wieder frei geworden, der Teufel. Wie er nun wieder los war, da machte er sich auf und ging heim in die Hölle und wollte sehen, wie es aussähe? Aber da war alles leer darin, wie es in der Kirche in der Woche ist, und war keine Seele mehr zu hören noch zu sehen. Seit der Teufel damals fortgegangen und nicht wieder gekommen war, und auch kein Mensch nicht gewusst hatte, wo er hingekommen war, da war nicht eine einzige Seele wieder in die Hölle gekommen. Da war seine Großmutter aus Herzeleid gestorben, und wie die tot war, da packten alle die armen Seelen, die dazumal in der Hölle waren, auf, und machten sich auf und davon und gingen alle miteinander in den Himmel. Und da stand er, Maus-Mutter-Stern-allein in der Hölle, und wusste seines Leides keinen Rat, wie er es wohl anfinge, dass er wieder arme Seelen bekäme, weil er es nicht mehr tun durfte, und hatte es damals bei seiner Großmutter schwören müssen, dass er von keinem Menschen sich wieder wollte die Seele verschreiben lassen, und auf andere Weise bekam er damals keine Menschen in die Hölle. Da stand er und wusste seines Herzeleids kein Ende und wollte sich die Hörner aus dem Kopf raufen vor lauter Herzeleid und Jammer. Da fiel ihm auf einmal etwas ein.

Wie er in der alten Buche gesteckt hatte und nicht herauskonnte, da war ihm zuletzt die Zeit lang geworden. Da hatte er über allerlei nachsimuliert und den Branntwein erdacht und erfunden. Das fiel ihm alleweil mitten in seinem Herzeleide wieder ein, und da dachte er sich, das müsse ein Mittelchen sein, wie er doch wieder arme Seelen in die Hölle bekommen könne.

Da packte er auf der Stelle auf, ließ die Hölle Hölle sein, ging nach Nordhausen, wurde ein Schnapsbrenner, machte Branntwein drein und drauf und schenkte ihn in die Welt hinein. Und er zeigte auch den Nordhäusern allen miteinander, wie der Schnaps gemacht wird, und versprach ihnen viel Geld und Gut, wenn sie es lernten und Branntwein brannten. Und die Nordhäuser ließen es sich auch nicht zweimal sagen, wurden alle Schnapsbrenner, machten Branntwein und schenkten ihn in die Welt hinein. Seit dieser Zeit schreibt es sich her, dass bis auf den heutigen Tag so viel Branntwein in Nordhausen gebrannt wird, wie an keinem anderen Ort in der ganzen Welt.

Aber wie es sich der Teufel gedacht hatte, so ging es auch. Wenn die Leute erst ein wenig Branntwein im Leibe hatten, da fingen sie an zu fluchen und zu schwören, und fluchten und schworen ihre Seele zum Teufel, dass sie der Teufel bekam, wenn sie gestorben waren, und brauchte ihnen darum nicht zu dienen, wie er sonst hatte tun müssen, wenn er eine arme Seele hatte haben wollen. Und wenn sie sich den Kopf erst richtig vollgesoffen hatten im Branntwein, da fingen sie auch an, zankten sich und prügelten sich und brachen sich selber die Hälse, dass sich der Teufel nicht erst brauchte die Mühe zu geben und sie ihnen herumzudrehen. Und wenn der Teufel sonst mit aller Mühe und Not hatte alle Wochen einmal eine arme Seele in die Hölle bekommen können, da kamen sie nun dutzend- und schockweise alle Tage hinein. Es dauerte kein Jahr, da war die Hölle zu klein geworden und konnte der Teufel die Seelen nicht mehr unterbringen und musste ein ganz neues Stück lassen anbauen an die Hölle.

Kurz und gut, seit der Teufel aus der alten Buche jenes Mal wieder losgekommen ist, seit der Zeit ist der Branntwein aufgekommen, und seit der Branntwein in der Welt ist, da kann man erst recht eigentlich sagen: »Der Teufel ist los!«

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