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Geister, Slaterman und der Wilde Westen


Geister heißt das Wort der Stunde, schließlich ist dieser Name bei unserem Online-Magazin Programm und das mit dem heutigen Tag bereits seit genau sechs Jahren.
Es ist inzwischen fast schon zu einer Art Tradition geworden, dass die Mitarbeiter und Freunde des Geisterspiegels jedes Jahr zum Geburtstag desselben Artikel, Storys und Interviews der speziellen Art verfassen, die immer wieder einmalig sind. Anscheinend müssen die Herausgeber des Magazins in dieser Hinsicht ein besonderes Händchen für Bestechungen, Bedrohungen oder Belohnungen haben.
Oder ist genau dieser Jubiläumstag der Anlass für uns alle, im Netz darzustellen, wie facettenreich das Magazin ist. Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass diese Beiträge mit der Erkenntnis geschrieben werden, dass man stolz darauf ist, Teil des Geisterspiegels zu sein.
Und nein, auch ich wurde nicht bedroht oder mit einem Koffer voller Geld geködert, um zum Jubiläum diesen Bericht zu verfassen.
Obwohl ich am Anfang so meine Zweifel hatte, ein Artikel über Geister und Wilder Westen, geht das eigentlich?
Nach einer flüchtigen Durchsicht meiner Unterlagen war mein erster Eindruck, dass dies prinzipiell schon möglich wäre. Es gab einst sogar eine Geister-Western-Romanheftserie, aber das war dann doch zu trivial. Also machte ich mich etwas intensiver auf die Suche nach einer Verbindung zwischen dem Wort Geister und eben jenem Begriff Wilder Westen.
Herausgekommen ist bei der ganzen Sache nun ein Bericht über Geisterstädte im Wilden Westen. Man sieht, der Kreis hat sich tatsächlich geschlossen.
Aber jetzt genug der Worte, nun sollen Taten folgen.
In diesem Fall respektive der bereits erwähnte Artikel.
Ghost Towns nennen die Amerikaner die meist nur noch kläglichen Überreste jener unzähligen Siedlungen, die in der Pionierzeit des Landes in vielen Gegenden wie Pilze aus dem Boden schossen, meistens als Folge eines ungestümen Gold- und Silberrausches, aber auch durch die Förderung von Kohle, Kupfer, Zink und Öl. In fast allen Fällen wurden solche Siedlungen nach dem rigorosen Abbau durch die Fördergesellschaften nach und nach wieder aufgegeben. Aus Städten, die einst als bauliche Zeugen für Fortschritt und Wohlstand galten und für die Hoffnungen, Wünsche und Träume von Tausenden von Menschen standen, wurden nach dem versiegen der Bodenschätze nicht mehr und nicht weniger als traurige Ansammlungen von zerfallenen Häusern aus Holz, Stein oder Adobe mit windschiefen Dächern und mit Unkraut überwucherten Straßen.
Von den einst berühmten Saloons, Tanzhallen und Bordellen, den ganzen Minenanlagen und Eisenbahnverbindungen ist nicht mehr geblieben als verrottete Materialrutschen, baufällige Häuser und verbogene Gleise.
Die Geschichte hat beinahe vollständig den Mantel des Vergessens darüber ausgebreitet.
Aber nur beinahe, denn die Geisterstädte haben ihren eigenwilligen Charme nie verloren und besitzen immer noch jenen gewissen Reiz, der im Laufe der Jahrzehnte bei vielen Menschen nichts von seiner Anziehungskraft verloren hat.
Im Gegenteil, die Zahl derer, die Abenteuer und Freiheit suchen, oder auf der Suche nach ihrem wahren Ich sind, wird immer größer. Für sie ist das Gefühl unbeschreiblich, in der Einsamkeit der Wildnis durch die verlassenen Siedlungen zu gehen, wenn der Wind entwurzelte Dornenbüsche durch die ausgestorbenen Straßen treibt und der Klang eines klappernden Fensterladens oder einer Tür, die in ihren rostigen Angeln quietscht, an ihre Ohren dringt.
Die meisten Geisterstädte liegen heute abseits der bekannten Straßen und Wege und lohnen nicht einmal mehr einen kurzen Zwischenstopp. Nur wenige von ihnen sind durch den Tourismus inzwischen wieder zu neuem Leben erblüht. Durch ihre restaurierten Gebäude im alten Stil, die man jetzt als Hotels, Restaurants, Souvenirläden oder kleine Museen hergerichtet hat, sind sie nicht nur für den Durchreisenden wieder einen Besuch wert.
Lake Valley in New Mexico zum Beispiel, die heute als Inbegriff einer Geisterstadt gilt, oder Frisco, die alte Silberminenstadt im Südwesten von Utah ist gar der Topfavorit für viele Ghost Town Fans. Jerome, am Hang der Mingus Mountains in Arizona gelegen, zählt ebenfalls zu den Städten dieser Art, wobei dort das Leben noch am längsten pulsierte. Der Niedergang erfolgte erst 1953, als die Phelps Dodge Company ihren Betrieb endgültig einstellte, nachdem sie dort fast achtzig Jahre lang Gold, Kupfer und Zink abgebaut hatte und dabei die Bevölkerungszahl der Ortschaft auf zeitweise bis zu 15 000 Einwohner anwuchs.
Heute lockt der einst verfallene Ort mit Kunstgalerien, Andenkengeschäften, zwei Bergbaumuseen und dem wiederentstandenen Old Connor Hotel von 1898 zahlreiche Touristen nach Jerome. Sogar das House of Joy, das einstige Domizil für das älteste Gewerbe der Welt, wurde wiederbelebt, jedoch nicht wieder als solches, sondern als Speiserestaurant. Das übrigens so erfolgreich bewirtschaftet wird, dass Tage im Voraus eine Reservierung nötig ist, um einen der Tische zu ergattern.
Das alte Bergbaustädtchen Silverton in Colorado, eingerahmt von den Viertausendern der San Juan Mountains, ist wie die bereits erwähnten Orte ebenso durch den Tourismus wieder zu neuem Leben erweckt worden.
Um 1870 begann hier im Animas-Tal der Abbau von silberhaltigem Erz, der ziemlich rasch einen beträchtlichen Umfang annahm. Silverton wurde für Jahrzehnte zum Silberzentrum. In den Anfangsjahren musste das Erz noch mit Wagenkolonnen über die Berge transportiert werden, 1882 wurde dann innerhalb von nur neun Monaten eine Schmalspurbahn durch das Tal gelegt. Heute befördert der Silverton Train hauptsächlich Touristen in die Bergarbeiterstadt, die statt der einstmals 37 Saloons jetzt mit historischen Holzhäusern, Restaurants und Souvenirläden aufwartet. Ein Blickfang ist dabei immer noch das im viktorianischen Stil errichtete Grand Imperial Hotel mit seiner überdimensionalen Kirschholzbar, die einst in London gebaut und 1879 per Schiff und Pferdewagen ihren Weg nach Silverton fand.
Wer Tourismus und Kommerz meiden will und auf der Suche nach dem ursprünglichen ist, findet vorwiegend zwischen Albuquerque und Santa Fe an der State 14 in Madrid und Cerrillos und in Hillsboro und Kingston an der State 90 noch das wahre Feeling der sogenannten Geisterstädte. Bei einem Spaziergang durch diese Orte spürt man noch den Atem der damaligen Zeit, das Vorhandensein von Legenden und vielleicht sogar, in einer mondhellen Nacht, die Anwesenheit von etwas, das auch heute noch durch die verlassenen Siedlungen geistert.
Wer sich für Geisterstädte und Geister im speziellen interessiert, dem seien nachfolgende Seiten empfohlen:

bei dem es einige Episoden über unerklärliche, geisterhafte Ereignisse aus der Zeit des Wilden Westens zu sehen gibt, die sich tatsächlich so zugetragen haben sollen.

Slaterman und die Geister lassen grüßen!

Quellennachweis:

  • Werner Rockstroh – USA, der Südwesten DuMont Buchverlag Köln
  • H. J. Stammel – Der Cowboy Verlagsgruppe Bertelsmann

Copyright © 2012 by Slaterman

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