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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die wundersamen Märlein vom Berggeist Rübezahl – 18. Kapitel

Heinrich Döring
Die wundersamen Märlein vom Berggeist Rübezahl
Verlag C. F. Schmidt, Leipzig, ca. 1840

Achtzehntes Kapitel

Wie Rübezahl den jungen Waidmann Franz freundlich tröstete

Wer irgendetwas von dem Berggeist Rübezahl wusste, von seiner Großmut und Milde, wie von manchen losen Possen und Streichen, die er verübt haben sollte, wenn er auch das Böse, das er angerichtet hatte, immer wieder reichlich vergalt durch mannigfache Wohltaten – mit einem Wort, wem Rübezahls Leben und Treiben bekannt war, der wusste auch mancherlei davon zu erzählen, wie er das edle Waidwerk absonderlich liebte, und daher wackeren Jägern von jeher hold war. Erschien er doch, wenn er sich nicht als Köhler zeigte, meistens am liebsten in einem grünen Jägerkleid.

So mochte es auch wohl sehr zugegangen sein, dass er längst einen jungen und wackeren Burschen liebgewonnen hatte, der den Hirschfänger auf dem Rücken und die Jagdtasche um den schlanken Leib schnallte, oft fröhlich daher zog durch das Riesengebirge. Viel Liebes und Gutes hatte er besagtem jungen Burschen, der Franz geheißen, von jeher unsichtbar erwiesen, und hatte namentlich seiner Büchse Lauf immer so geschickt gelenkt, dass jener nie ohne reiche Beute heimkehrte von seinem fröhlichen Jagen.

Höchlich aber verwunderte sich Rübezahl, als er ihn einst daherkommen sah, den Kopf zu Boden gesenkt und so düster vor sich hinschauend, wie es sonst gar nicht seine Gewohnheit war. Da trat er ihm entgegen in eines hochbejahrten Kohlenbrenners Gestalt, begrüßte ihn freundlich, und sprach: »Wie mögt Ihr, junger Freund, den ich oft so fröhlich und guter Dinge in diesem Gebirge einherziehen gesehen habe, so trüb und trostlos vor euch hinschauen, als sei Euch das Leben gleichgültig und verhasst, als hättet ihr gar keine Freude mehr zu hoffen in der Welt. Nehmt es mir nicht übel, aber das will sich, meine ich, nicht ziemen für einen Waidmann überhaupt, und zumal für einen, wie Ihr seid, der noch da steht in der Blüte der Jahre. Dabei scheint Ihr mir gesund und kräftig. Doch vertraut mir Euer Leid, es wäre doch möglich, dass ich Euch dienen könnte mit irgendeinem guten Rat.«

Als der alte Köhler so sprach, schaute Franz, Tränen in den Augen, ihm in sein treuherziges Antlitz. Es wollte ihm bedünken, dass so freundliche Teilnahme eines Unbekannten wohl Offenheit heische. Er erzählte daher, wie er sich lange fruchtlos beworben habe um eine gar holdselige Pfarrerstochter, Rosette geheißen, und wie, obwohl ihm das Mädchen längst geneigt war, er doch immer, ohne zureichenden Grund auf seine wiederholten Anträge eine harte und abschlägige Antwort von ihrem unerbittlichen Vater erhalten habe.

Wie nun Franz so dem alten Köhler sein Leid erzählte, ohne zu wissen, dass Rübezahl unter dessen Gestalt verborgen war, nahm der Berggeist das Wort und sprach: »Wohl habt Ihr recht, wenn Ihr äußert, Eure Sache stehe schlimm, da eigentlich gar kein vernünftiger Grund vorhanden ist, warum der Pfarrer Euch durchaus nicht zu seinem Eidam haben will. Handelte es sich bloß um das lumpige Metall, worauf nun einmal so mancher versessen und erpicht ist, da ließe sich allenfalls wohl noch Rat schaffen. Aber …«

»Es ist alles verloren!«, unterbrach ihn Franz in trostloser Verzweiflung, »und mir bleibt nichts übrig, als dass ich diese Büchse lade und für immer meinem traurigen Dasein ein Ende mache.« Fast unheimlich aber wurde es ihm zu Mute, als Rübezahl die Hände in die Seiten stemmte und plötzlich in sein gellendes Hohngelächter ausbrach.

»Pfui, junger Freund«, sprach er, »wie mögt Ihr so töricht sein, Euch selbst das Leben zu nehmen, und so alle Hoffnungen, zu denen Euch Eure Jugend berechtigt, rasch abzuschneiden für immer? Pfui? Das sind Narrenspossen! Ihr tätet gut, Eure Kugel für etwas Besseres aufzusparen. Doch immerhin! Wenn Ihr einmal Euch nicht raten lassen wollt, so …« Mit diesen Worten wandte sich der Köhler rasch um, im Begriff, ihn zu verlassen.