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Der Welt-Detektiv Band 6

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Deutsche Märchen und Sagen 175

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

231. Der Geist zu Bingen

Nicht weit von der Stadt Bingen, da wo das Flüsschen Naas in den Rhein mündet, liegt ein Dorf, welches Camon heißt.

Da war im Jahre 858 ein Geist, welcher den Einwohnern viel schlimme Streiche spielte. Zuerst fing er an, unsichtbar die Leute mit Steinen zu werfen und ihnen an die Türen zu pochen. Bald danach gab er unter menschlichen Gestalten Antworten, verriet Diebstähle und stiftete Zwietracht und Uneinigkeit. Dann begann er Scheunen und Häuser anzuzünden und zu verbrennen.

Auf einen Mann hatte er es besonders abgesehen und wich nicht von dessen Seite, wohin derselbe sich auch wenden mochte, brannte ihm gar sein Haus ab.

Damit war er aber noch nicht zufrieden, er wollte die ganze Nachbarschaft aufheben, den armen unschuldigen Menschen zu töten, und log allen vor, der Ort sei durch dessen Verbrechen geschändet und was noch dessen mehr war.

Diese Quälerei dauerte so lange fort, bis der Erzbischof von Mainz Geistliche sandte, welche den Geist durch Weihwasser und Beschwörungen vertrieben.

232. Kobolde verjagt

Auf einem Pachthof bei Veurne diente eine Magd, die nie arbeitete und deren Arbeit doch stets getan war und besser getan, als es für jede andere möglich gewe­sen wäre. Wie das kam, das konnte sich niemand erklären.

Der Bauer passte der Magd darum einmal auf, denn er wollte durchaus wissen, wie das zuginge. Er sah aber nie, dass sie etwas am Tage tat, und schloss daraus richtig, dass die Arbeit des Nachts verrichtet würde. Er wachte also in der folgenden Nacht. Bald sah er von seinem Schlafzimmer aus, dass noch Licht in der Küche brannte. Er schlich auf den Strümpfen leise bis an die Tür und guckte durch das Schlüsselloch. Da waren denn, Gott weiß wie viel, kleine Männchen, Kobolde nämlich, beschäftigt, die einen mit Spülen, die anderen mit Waschen, wieder andere mit Scheuern und das ging ihnen so fix von der Hand, dass in weniger Zeit alles getan war.

Die Magd stand dabei ruhig am Herd und kochte in einem Topf Buttermilchbrei und als die Männchen fertig waren, stellte sie den auf den Tisch. Alle setzten sich herum und aßen lustig den leckeren Brei, ließen kein Teelöffelchen voll in dem Topf.

Man kann leicht denken, was der Bauer darüber für Augen machte. Er sagte aber nichts, schlich still zurück zu seinem Bett, dachte aber: Wart, ich will euch schon daran kriegen.

Am folgenden Abend warf er einige Zwiebel Knoblauch in die Buttermilch, die schon für den Brei bereitstand. Als er das Licht wieder sah, schlüpfte er wieder an die Küchentür, um sich einmal satt zu lachen über den Ausgang seines Streiches.

Die Magd, welche an nichts dachte, nahm die Buttermilch und kochte Brei davon. Kaum aber hatten die Männchen den gekostet, als sie riefen:

Look, look, look!
Klaboutermannekens weg
En
het geluk ook!1

Und alle wegliefen. Die Magd wurde am anderen Tag weggejagt, aber der Pächter, welcher bis dahin immer reicher geworden war, hatte nun jeden Tag ein neues Unglück und bereute hundertmal, dass er so unvorsichtig gewesen sei.

Show 1 footnote

  1. Lauch, Lauch, Lauch! Kobolde weg und das Glück auch.