Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Die Gespenster – Dritter Teil – 38. Erzählung

Die Gespenster
Kurze Erzählungen aus dem Reich der Wahrheit von Samuel Christoph Wagener
Allen guten Schwärmern, welchen es mit dem Bekämpfen und Ablegen beunruhigender Vorurteile in Absicht des Geisterwesens ernst ist, liebevoll gewidmet von dem Erzähler Friedrich Maurer aus dem Jahr 1798
Dritter Teil

Achtunddreißigste Erzählung

Des Pastors Moritz Faustkampf mit dem Teufel

Jacob Moritz, so schreibt mir Herr Prediger Böldicke zu Vieritz im Magdeburgischen, war vom Jahre 1670 an einer meiner Vorfahren im Amt und ein Zeitgenosse vom damaligen Landrat Balthasar Friedrich von Katte, seinem Kirchenpatron. Er hatte, bevor er in das Dorf Güsen versetzt wurde, der Verdrießlichkeiten mancherlei und selbst der Teufel ließ ihn nicht ungeschoren. Mit Stillschweigen übergehen wir die ersten, denn wozu sollten wir unsere Leser mit kleinen Neckereien aus einem längst vergangenen Jahrhundert bekannt machen? Dagegen wollen wir nun von dem eigentümlichsten Faustkampf, in welchem je ein Prediger in Amtskleidung und Berufsgeschäften mit dem pferdefüßigen Schwarzen begriffen war, eine kurze Nachricht geben.

Als Pastor Moritz eines Sonntags im vollen Ornat nach Bützer, einem Filialdorf von Vieritz, ging, um daselbst zu predigen, so überfiel ihn in der Gegend des sogenannten Papenstegs, welches in einer feuchten und schmutzigen Niederung einer jene beiden Dörfer trennende Lache für die Fußgänger gelegt ist, unversehens der Teufel in seiner ganzen Furchtbarkeit. In der einen Klaue hielt er eine mörderische Keule, in der anderen drohend ein Messer. Der ganze Körper, das scheußliche Antlitz nicht ausgenommen, war rabenschwarz. Kaum hatte Moritz das erste unwillkürliche Entsetzen überwunden, so entwand er sich kräftig dem bösen Feind und machte in einer vorteilhaften Stellung und völlig entschlossen, Front gegen den Verfolger. Mit barscher Stimme fragte er den Schwarzen, was diese Posse bedeuten solle und mit wem er es zu tun habe.

»Mit dem Teufel«, erscholl es aus dem furchtbaren Rachen des Höllenfürsten, noch zehnmal barscher. Scheußlich und einem brüllenden Löwen gleich stand er da wie auf der Lauer und wie mit einem Sprung ging er auch dem armen einsamen Pastor wieder zu Leibe. Diesen stärkte indessen das Bewusstsein, dass er in seinem Berufe sei. So viel Geistesgegenwart auch immer dazu erforderlich war, in einer so äußerst misslichen Lage bei gutem Mut zu bleiben, so gelang es ihm doch in der herzhaften Gegenwehr, dem Teufel – was man zu nennen pflegt – ein Beinchen zu setzen und dem scheußlichen Widersacher auf diese Art zu Fall zu bringen und völlig zu überwältigen. Seine erste Sorge war nun, ihm das scharfe Mordinstrument aus der Hand zu winden. Auch dieses glückte ihm, ohne sich selbst zu verletzen. Herr vom Messer, war er nun auch Herr vom Teufel, der, wahrscheinlich fallend, und ganz wider die Absicht seines Überwinders, einen Schnitt in das Gesicht bekommen hatte.

Dessen freute sich der Pastor; nicht, als ob er schadenfroh hätte Schmerzen verursachen wollen, sondern weil er von dem scheußlichen schwarzen Teufelsangesicht ein schönes rotes Menschenblut herabtröpfeln sah und zugleich einzelne, unwillkürlich hervorgestoßene Bittseufzer vernahm. Wahrscheinlich bangte dem Teufel, dass der über all seine Erwartung beherzte alte Mund in seinem gerechten Amtseifer noch ernstere Schnitte in den Teufel hinein machen werde, wie der Zufall schon getan hatte.

Aber nein! Zwar genügte dem schlauen Pastor die Gesichtswunde als Wiedererkennungszeichen noch nicht völlig; aber blutgierig wie sein Widersacher war er nicht. Vielmehr machte er, um ein doppeltes Wiedererkennungszeichen zu haben, einen anderweitigen Gebrauch von dem Messer. Er hatte, indem er den blutenden Überwältigten in dem Schlamm der Lache herumwälzte, bemerkt, dass unter dem umgehängten weiten schwarzen Mantel des Teufels eine bordierte Weste hervor sah. Dieser Westenbesatz machte ihn nach einem Zipfelteil desselben lüstern. Rasch schnitt er dem Übelangelaufenen einen halben Westenschoß ab und ging damit seine Straße, indem er dem Lügenteufel, der eilig den Rückzug in bester Ordnung machte, noch eine ernste Lehre auf den Weg gab.

Es zeigte sich bald, dass die Sonntagsweste mit dem gezeichneten Schoß einem im Gesicht bepflasterten Bedienten vom adligen Hof zu Vieritz angehörte, denn das Siegeszeichen des braven Pastors passte auf das Genaueste an den verkürzten Westenschoß. So blieb nun kein Zweifel übrig, dass niemand anders als eben dieser Bediente seine boshafte Geisterrolle so schlecht gespielt hatte und für seine Bemühung so übel angelaufen war.

Viel trauriger für eine andere Teufelsmaske endete folgende Gaukelei, die ich wegen ihrer Ähnlichkeit mit der eben erzählten hier anhänge.

Im September des Jahres 1791 sprach in W., dem Dorf eines Fürstbischofs im südlichen Schwaben, ein handfester Metzger beim Glas Wein ziemlich beleidigend von der dortigen katholischen Geistlichkeit. An einem anderen Tisch saß bei hoch gefüllter Weinflasche der Dorfprobst. Der horchte, schwieg und entfernte sich. Der Metzger ging gegen Abend seines Weges, kam durch einen Wald und traf da den leibhaftigen Teufel an, so wie er mit Bockshörnern, Geißfüßen und einem feuerspeienden Rachen gewöhnlich abgebildet wird.

Fürchterlich brüllte der Satan: »Ich komme, dich zu zerreißen, verfluchter Ketzer! Was hast du im Wirtshaus gesprochen? Doch geh, sag es deinen Mitbrüdern, dass ich sie bald alle holen und ihre Leichname auf den Anger werfen werde.«

Der Metzger dachte unverzagt: Ei wie? Der Teufel ein Bußprediger?

Er hetzte seinen Hund auf ihn. Dieser packte den Satan unsanft beim Fell und riss ihn zu Boden. Da fiel auch der Metzger mit seinem knotigen Wanderstab über ihn her.

Der Teufel fing jämmerlich an zu schreien. »O Jesus, Maria und Joseph!« Endlich verstummte der Teufel.

Der Metzger glaubte, er wäre tot, ging zurück ins Dorf und zeigte die Tat an. Einige Bauern gingen mit und fanden da einen ihrer Mitbürger mit dem Tod ringen. Er lebte noch eine Stunde, gestand, dass ihn jener beleidigte Dorfprobst aus tollem Eifer, eine Ketzerseele zu retten, zu dieser schwarzen Maskerade verleitet habe, und starb.