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Die Gespenster – Dritter Teil – 32. Erzählung

Die Gespenster
Kurze Erzählungen aus dem Reich der Wahrheit von Samuel Christoph Wagener
Allen guten Schwärmern, welchen es mit dem Bekämpfen und Ablegen beunruhigender Vorurteile in Absicht des Geisterwesens ernst ist, liebevoll gewidmet von dem Erzähler Friedrich Maurer aus dem Jahr 1798
Dritter Teil

Zweiunddreißigste Erzählung

Der spukende Trommelschläger und Feuerlärm

Mein seliger Vater, der zu Berlin verstorbene Hofprediger Gronau, machte nach vollendeten Universitätsjahren eine wissenschaftliche Reise durch die vereinigten Niederlande und schiffte sich am Südersee für Amsterdam ein. Da er nie die kleinste Seereise gemacht hatte und gerade jetzt ein sehr ungestümes Wetter einfiel, so wurde ihm diese Reise sehr beschwerlich. Indessen kam er nach einer völlig schlaflosen Nacht und unter heftigen Kopfschmerzen des Morgens früh glücklich in Amsterdam an. Sein erster Gang war zu einem ihm empfohlenen Gasthof. Hier bestellte er sogleich Tee und schlief, indem er sich mit dem Kopf auf den Tisch lehnte, ein wenig ein. Allein kaum eingeschlummert, wurde er von einem starken Lärm aufgeschreckt. Er hörte Feuerlärm schlagen und lief zum Fenster, um zu sehen, ob das Feuer in seiner Nähe wäre. Er bemerkte mehrere Trommelschläger, die im vollen Lärmschlagen begriffen waren. Auch sah er die herbeigeführten Löschgerätschaften. Das bei solchen Gelegenheiten so gewöhnliche Durcheinanderlaufen der Leute auf der Straße ließ ihn fürchten, dass die Gefahr dringend und vielleicht in seiner Nähe sei. Eilig lief er daher in das untere Stockwerk hinab, um den Wirt zu sprechen. Er hörte beim Heruntergehen noch immer die Feuertrommel. Seine erste Frage war, wo denn das Feuer sei.

Der Wirt sah meinen Vater mit großen Augen an und fragte ihn: »Well myn Heer, drom you?«1 (Wie, mein Herr! Träumen Sie?)

Mein Vater, der seinen Sinnen mehr als dem ihn zurechtweisenden Wirt glaubte, bat diesen inständig selbst ans Fenster zu treten, um sich mit eigenen Sinnen vom Feuerlärm zu überzeugen. Allein, wie wurde mein armer Vater überrascht und beschämt, als er nun durchaus keine Spur des eingebildeten Feuers sah oder hörte; auch nachher von einem jeden, bei dem er sich nach dem Feuer erkundigte, die Versicherung erhielt, dass er sich geirrt haben müsse.

»Ich glaube nicht zu irren«, schreibt mir der gütige Einsender dieser Geschichte, »wenn ich die- en kleinen Beitrag zum dritten Teil Ihrer Erzählungen für lehrreich halte, indem durch ihn bis zur Evidenz einleuchtend wird, welch eine allmächtige Gewalt die Einbildungskraft, unter gewissen Umständen (und wer kann immer wissen, ob man sich nicht in diesen Umständen befinde) auf uns hat.«

Hätte die Einbildungskraft meinem Vater mit eben der Lebhaftigkeit ein Gespenst vorgegaukelt, mit welcher er die Feuertrommel sah und hörte: Wer weiß, ob er, bei aller seiner Unbefangenheit, Philosoph genug gewesen wäre, um dieser gewissermaßen sinnlichen Erfahrung zu widersprechen? Unter Hunderten möchte es nicht einer sein. Besonders merkwürdig scheint mir aber hier die Wirkung der Einbildung auf zwei Sinne zugleich, auf das Gesicht und das Gehör.

Show 1 footnote

  1. Ich bediene mich hier mit Fleiß des holländischen Ausdrucks, indem ich mich ganz eigentlich erinnere, dass, wenn mein seliger Vater diese Geschichte erzählte, er die ipsissima verba des Wirts anzuführen pflegte.